- Torfbeere
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Moltebeere Systematik Ordnung: Rosenartige (Rosales) Familie: Rosengewächse (Rosaceae) Unterfamilie: Rosoideae Gattung: Rubus Untergattung: Chamaemorus Art: Moltebeere Wissenschaftlicher Name Rubus chamaemorus L. 1753 Die Moltebeere (Rubus chamaemorus), auch Multebeere, Multbeere, Schellbeere oder Torfbeere genannt, ist eine Pflanzen-Art aus der Gattung Rubus und einziger Vertreter der Untergattung Chamaemorus und gehört zur Unterfamilie der Rosoideae innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Die Moltebeere ist in Mitteleuropa sehr selten. Es gibt keine Vorkommen in Österreich und der Schweiz. Die sehr geringen Vorkommen in Norddeutschland sind streng geschützt. Der Bekanntheitsgrad stieg mit der Abbildung der Moltebeere auf der finnischen 2-Euro-Münze. Diese Pflanzenart ist ein Wahrzeichen Lapplands.
Inhaltsverzeichnis
Name
Der botanische Name entstammt dem Griechischen: chamai = „auf der Erde“ und mōros = „Maulbeere/Brombeere“, bedeutet also „Bodenbrombeere“. Die Bezeichnung „Molte-“ ist in den skandinavischen Sprachen verbreitet und kam über das Dänische ins Deutsche. Der Begriff ist verwandt mit dem Wort „schmelzen“ und bezieht sich auf die im Reifezustand sehr weiche Frucht. Auf Finnisch wird sie als Lakka, in Nordfinnland auch als Hilla bezeichnet. Im Schwedischen nennt man sie Hjortron.
Pflanzenbeschreibung
Die Moltebeere ist eine mehrjährige Pflanze und erreicht Wuchshöhen zwischen 5 und 25 Zentimetern. In Vergesellschaftung mit Zwergsträuchern wie Rauschbeere, Sumpfporst werden auch Wuchshöhen bis 45 cm beobachtet. Aus einer unterirdischen Grundachse treiben aufrechte, unverzweigte, nicht verholzende und unbedornte Stängel. Die wechselständigen Laubblätter sind schwach handförmig, fünf- bis siebenlappig und am Rand gesägt. Am Blattansatz befindet sich ein wenige Millimeter großes Nebenblatt. Die Blätter sind bis zu 20 Zentimeter breit. Im Herbst verfärbt sich das Laub stark rot.
Ab Mitte Mai bilden sich weiße, gelegentlich auch rötliche, einzeln endständige Blüten mit je vier bis acht, meist fünf, Kron- und Kelchblättern. Sie sind kurzlebig und bei Regenfall schnell entblättert. Die weibliche Blüte trägt zahlreiche grünliche Fruchtblätter, wogegen die männliche Pflanze viele Staubfäden mit gelben Staubbeuteln trägt. Die Befruchtung erfolgt durch Insekten. Die Blütezeit reicht bis Ende Juni, entsprechend ungleichzeitig ist auch die Reife der Früchte. Bis zum Juli reifen Sammelsteinfrüchte mit einer Größe bis zu 2,5 Zentimeter[1], bestehend aus bis zu 25 Steinfrüchten. Die reifenden Früchte sind zunächst grünlich und vollständig von den Kelchblättern umschlossen, dann blassrot, schließlich gelborange. Bei geringer Sonneneinstrahlung wird das rote Stadium übersprungen. Sobald sich die äußeren Blütenhüllblätter von der Frucht wegrollen, ist die Moltebeere reif. Dann ist sie sehr weich und entsprechend schwer zu pflücken. Daher werden oft unreife Früchte gepflückt, die dann an der Sonne nachreifen.
Verbreitungsgebiet
Das Hauptverbreitungsgebiet der Moltebeere liegt in borealen und zirkumpolaren Zonen zwischen 78° und 54° nördlicher Breite in den drei nordeuropäischen Staaten Schweden, Finnland und Norwegen sowie in Schottland und England. Einzelne Vorkommen finden sich auch in West-, Mittel- und Osteuropa sowie etwas häufiger im Baltikum als eiszeitliche Überreste, sogenannte Glazialrelikte. In Grönland erreicht sie ihren nördlichsten Verbreitungspunkt. Das südlichste Vorkommen liegt in den Sudeten, sowohl in Polen als auch in Tschechien, im Riesengebirge.
In Nordamerika wächst sie von Kanada (in den dünnbesiedelten Wäldern nördlich von Québec sowie auf den Magdalenen-Inseln im Sankt-Lorenz-Strom) bis in die USA (Alaska, Maine, Minnesota, New Hampshire, New York), ist aber vielfach bereits bedroht. Auch in Sibirien und Nordjapan ist sie einheimisch.
In Deutschland ist die Art nur noch in Niedersachsen in Moorgebieten an Weser und Elbe rezent, zum Beispiel im Plackenmoor, wo die Bestände zumeist durch Verbuschung bedroht sind. Die Moltebeere ist in Deutschland nach der Bundesartenschutzverordnung streng und besonders geschützt.
Standortbeschreibung
Die Moltebeere wächst in Regenmooren auf erhöhten Torfmooskuppen (Bulte) und an trockeneren Regenmoorrändern, in Zwischenmooren und Heiden bis in eine Höhe von zirka 1400 Meter NN. In Skandinavien kommt sie außerdem in lichten Wäldern und an Waldrändern vor. Die Moltebeere erträgt nämlich große Kälte im Winter, reagiert aber sehr empfindlich auf Kälteeinbrüche nach Beginn ihrer Vegetationsphase, so dass ihr in südlicheren Lagen ein paar schöne Sonnentage im April schon zum Verhängnis werden, weshalb sie dort nur im Halbschatten wächst. Sie gedeiht auf sauren Böden (pH-Wert zwischen 3,5 und 5,2), toleriert bis zu −38 °C Kälte und leichte bis mittelschwere Waldbrände, reagiert aber empfindlich auf Salze. In Regenmooren ist die Moltebeere Bestandteil der „Bunten Torfmoosgesellschaft“ (Sphagnetum magellanici) und ist hier unter anderen mit Torfmoosen wie Sphagnum magellanicum und Moosbeere (Vaccinium oxycoccos) vergesellschaftet.
Ökologie
Die Moltebeere ist eine robuste Pflanze, wie viele Rosengewächse aber unter anderem anfällig für Sternrußtau und die Brennfleckenkrankheit.
Die Moltebeere ist Futterpflanze für etliche Schmetterlingsraupen, beispielsweise für jene des Kleinen Nachtpfauenauges (Saturnia pavonia). Verschiedene Tiere schätzen die Beeren als Nahrung. Aus Jakutien wird berichtet, dass Braunbären bereitwillig große Entfernungen in der Tundra zurücklegen, um an die Früchte zu gelangen [2].
Vermehrung
Die Moltebeere vermehrt sich überwiegend vegetativ über ihr Rhizom und bildet so an ihren Wuchsorten umfangreiche Kolonien gleichgeschlechtlicher Pflanzen. Die Vermehrung durch Samen ist demgegenüber nachrangig. Anders als viele Rubus-Arten ist die Moltebeere nicht selbstbefruchtend. Die zweihäusige Pflanze (nur selten werden zwittrige Pflanzen gefunden) bedarf zur Befruchtung jeweils einer Pflanze des anderen Geschlechtes. Eine Aufnahme der Früchte durch Vögel und andere Tiere fördert die Ausbreitung der unverdaulichen Samen über deren Ausscheidung. Die Moltebeere ist ein Kaltkeimer. Ihre Samen bedürfen einer 270-tägigen Stratifikation und keimen dann erst bei Temperaturen ab 18 °C [3]. Moltebeeren sind oktaploid, das heißt, sie besitzen einen mehrfachen Chromosomensatz.
Verwendung
Verwendung als Lebensmittel
Die Moltebeere ist reich an Vitaminen und Spurenelementen[4] und daher ein wertvolles Nahrungsmittel.
Roh gegessen hat die Moltebeere einen bitter-säuerlichen Geschmack. Vielfach wird aus ihr Marmelade oder Gelee hergestellt, oder sie wird zum Aromatisieren von Süßspeisen verwendet. In Schweden isst man sie gefroren mit Zucker („Björnkulla“), in Finnland zusammen mit dem sogenannten „Leipäjuusto“ („Brotkäse“, einem harten, teigartigen Käsegericht) und viel Zucker. Ebenfalls in Finnland bereitet man einen Likör namens „Lakka“ aus ihnen (Lakka ist der finnische Name der Moltebeere), in Kanada wird die Frucht unter anderem zur Aromatisierung einer Bierspezialität verwendet und in Schweden dient sie zur Essigbereitung. Der Ertrag der Moltebeere ist gering, daher ist sie die teuerste der wild gesammelten Beeren. In Finnland werden Sammlern mindestens sechs Euro je Kilogramm bezahlt.[5]
Obwohl auch heutzutage, insbesondere in Norwegen, die Nachfrage als Delikatesse größer ist als das Angebot (Norwegen importiert jährlich 200 bis 300 Tonnen der Früchte aus Finnland), ist sie nach wie vor eine reine Wildfrucht. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die norwegische Regierung in Zusammenarbeit mit finnischen, schwedischen, schottischen und russischen Stellen im „Northberry“-Forschungsprojekt darum bemüht, die Moltebeere als Agrarfrucht zu kultivieren. Die ersten optimierten Pflanzen (männliche Sorten „Apolto“ und „Apollen“, weibliche Sorten „Fjellgull“ und „Fjordgull“) werden seit 2002 an die Landwirtschaft abgegeben.
Verwendung als Heilkraut
Die Frucht wurde wegen ihres hohen Ascorbin- und Benzoesäure-Gehaltes (letzterer bewirkt eine äußerst gute Lagerbarkeit) von nordischen Seeleuten und amerikanischen Inuit gleichermaßen als Mittel gegen Skorbut geschätzt.
Die Blätter der Moltebeere werden aufgrund ihres Gehaltes an Gerbsäure gegen Durchfall verwendet. Die Pflanze enthält darüber hinaus Diosgenin, ein Steroid und Vorstufe des weiblichen Hormons Progesteron, das gegen Gicht und Rheuma angewandt wird.[6]
Quellenangaben
- ↑ H. Kokko: Northern Berries. in: Teknia News. Gelesen am 4.7.2006
- ↑ Innokentiy Innokentievich Mordosov: Yakutia Brown Bear Foods. In: International Bear News. Bd 11, No. 2. Portland, Flagstaff Ariz 11.2002,2. ISSN 1064-1564
- ↑ Carol C. Baskin, Jerry M. Baskin: Propagation protocol for production of container Rubus chamaemorus L. plants. University of Kentucky, Lexington Kent. In: Native Plant Network. University of Idaho, College of Natural Resources, Forest Research Nursery. Moscow ID 2002. Online, ISSN 1522-8339
- ↑ Online (Finnisch)
- ↑ Berry Provinces Project: Wild Berries. Gelesen am 4.7.2006
- ↑ Harald Nielsen, Verner Hancke: Lægeplanter i farver. Politikens Forlag, København 1976, S.151. ISBN 8756723555
Literatur
- I. Martinussen, K. Rapp, T.V. Bhuvaneswari, O. Junttila: Flower Development in Cloudberry (Rubus Chamaemorus L.). in: acta horticulturae proceedings of the ISHS symposium on in vitro culture and horticultural breeding. International Society for Horticultural Science, Leuven 585.2002, 143-147. ISBN 90-6605-815-3 ISSN 0567-7572
- Daniel R. Campbell, Line Rochefort: Germination and seedling growth of bog plants in relation to the recolonization of milled peatlands. in: Plant Ecology. Springer, Dordrecht 169.2003, 71–84. ISSN 1385-0237
- Jean-Yves Daigle: Peatlands - Cloudberry cultivation as a peatland reclamation option. In: Technology Alert. Bd 1, No. 2. Coastal Zones Research Institute. Aquaculture, Fisheries & Marine Products. Shippagan New Brunswick Ca 1.2003,2, S.4 (pdf).
- Christian Wolkersdorfer: Rubus chamaemorus (Multebeere) als Zeigerpflanze am Sæterfjell (Nordland/Norwegen). in: Der Aufschluss. VFMG, Heidelberg 45.1994,2, 82-86. (PDF) ISSN 0004-7856
- Gustav Hegi, Hans J. Conert, Eckehart J. Jäger, Joachim W. Kadereit: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Bd 4,2A. Blackwell Parey, Berlin 1995. ISBN 3-8263-3082-X
- Heinrich E. Weber: Die Gattung Rubus L. (Rosaceae) im nordwestlichen Europa. In: Phanerogamarum monographiae. Cramer, Vaduz 7.1972,100. ISSN 0079-1369
- Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel - Boston - Berlin 1996. ISBN 3-7643-2390-6
Weblinks
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