Türkisch-Islamische Union

Türkisch-Islamische Union
DİTİB-Moschee in Bielefeld

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (türk. Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DİTİB) wurde am 5. Juli 1984 in Köln nach bürgerlichem Recht gegründet. Sie untersteht der dauerhaften Leitung, Kontrolle und Aufsicht[1] des staatlichen Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Türkei in Ankara und damit indirekt dem türkischen Ministerpräsidenten. Die DITIB arbeitet als bundesweiter Dachverband für die Koordinierung der religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der angeschlossenen türkisch-islamischen Moscheegemeinden. Der Sitz des Verbandes ist in Köln-Ehrenfeld. DİTİB ist nach eigenen Angaben heute die mitgliederstärkste Migrantenorganisation in Deutschland und ist seit April 2007 Gründungsmitglied des Koordinierungsrats der Muslime‎‎.

Inhaltsverzeichnis

Organisationsstruktur

Yavuz-Sultan-Selim-Moschee in Mannheim

DİTİB gilt als anerkanntes Mitglied in der Gruppe von Anstalten und Einrichtungen mit religiöser und sozialer Zielsetzung in der Bundesrepublik Deutschland. DİTİB vertritt ein Islamverständnis, das sich mit der türkischen Variante des Laizismus arrangiert hat. Zu den Satzungszwecken der Organisation zählen die religiöse Betreuung, Aufklärung und Unterweisung der in Deutschland lebenden türkischen Muslime, Einrichtung und Unterhalt von Gebets- und Unterrichtsstätten und die Ausbildung von Laienpredigern, außerdem die Veranstaltung von sozialen und kulturellen Aktivitäten und Sprachkursen sowie die Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen.[2] DİTİB unterhält außerdem einen Bestattungsfond zur Finanzierung und Organisation der Überführung und Beisetzung verstorbener türkischer Muslime in die Türkei.

Im Gründungsjahr 1984 waren 230 Vereine angeschlossen, im Jahr 2002 waren es über 770 Moscheevereine mit jeweils ca. 130 bis 150 Mitgliedern[2], im Jahr 2005 waren es nach Angaben des Verbandes 870 Vereine, im Jahre 2007 bereits über 880.[3] Die angeschlossenen Ortsgemeinden haben ihren Sitz zumeist in größeren westdeutschen Städten und betreiben dort Moscheen. Sie sind rechtlich und wirtschaftlich selbstständige eingetragene Vereine, die die Prinzipien und satzungsgemäßen Zwecke der DİTİB verfolgen und die DİTİB als Dachverband anerkennen. Allerdings begeben sich viele Mitgliedsorganisationen in eine verstärkte Abhängigkeit zur DİTİB-Zentrale, indem sie dieser ihre Immobilien überschreiben. Im Jahr 2001 wurden 55 von 66 Moscheeneubauvorhaben in Deutschland von Moscheegemeinden getragen, die der DİTİB angehörten.[2]

DİTİB regelt die Entsendung hauptamtlicher Hodschas (etwa: Gemeindeleiter und Vorbeter) aus der Türkei, die als Staatsbedienstete für rund vier Jahre in die Bundesrepublik kommen und vom jeweiligen Konsulat besoldet und beaufsichtigt werden. Es wird bemängelt, „dass diese Vorbeter oft weder die genauen Lebensumstände der Türken in Deutschland kennen noch die deutsche Sprache in ausreichendem Maße beherrschen“.[2]

Österreich

In Österreich ist die Organisation als „Türkisch Islamische Union für Kulturelle und Soziale Zusammenarbeit in Österreich“ unter dem Kürzel „ATIB“ bekannt (ATİB bezeichnet allerdings in Deutschland einen anderen Moscheeverband).[4] Sie wurde 1990 mit 31 Mitgliedsvereinen gegründet und umfasst heute 59 Mitgliedsvereine.[5]

Aktuell

DİTİB-Moschee in Mosbach

Unter der Präsidentschaft von Rıdvan Çakır 2003–2007 legte die DİTİB besonderes Augenmerk auf ihre Darstellung als integrationsbereiter Faktor in der deutschen Gesellschaft. Sie war Mitinitiator der Massenveranstaltung „Gemeinsam für Frieden und gegen Terror“. An dieser Demonstration in Köln nahmen am 21. November 2004 über 20.000 Muslime teil. Unter den Gastrednern waren die grüne Politikerin Claudia Roth, der bayerische Innenminister Günther Beckstein und der Nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens. Ziel der Veranstaltung war es, Gewalteinsatz im Namen des Islam zu verurteilen.

Die Organisation rief auch zum Protest gegen die Tatort-Folge „Wem Ehre gebührt“ auf, durch die sich in erster Linie alevitische Muslime in Deutschland diffamiert fühlten.[6]

Seit April 2007 ist Sadi Arslan, Botschaftsrat in der türkischen Botschaft, Vorsitzender. Generalsekretär wurde Ali Ihsan Ünlü. Erstmalig wurde mit Ayten Kiliçarslan eine Frau in den DİTİB-Vorstand gewählt und sogleich zur stellvertretenden Generalsekretärin bestimmt.

Die DİTİB unterhält eine eigene Abteilung für den Interreligiösen Dialog. Deren Leiter, Bekir Alboga, war vom 1. Oktober 2007 bis 31.März 2008 Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland.

Gegenwärtig plant die DİTİB in Köln auf dem Gelände ihrer Zentrale den Bau einer Zentralmoschee..

Kritik an der DİTİB

Die enge Türkeibindung wird der DITIB oftmals vorgehalten, weil – so etwa Levent Tezcan (Universität Bielefeld) im Jahre 2005 – „die Pflege der nationalen Identität unter den türkischen Einwanderern, eins der erklärten Ziele, scheinbar mit den Vorstellungen von einem 'Euro-Islam' bzw. 'deutschen Islam' kollidiert, der sich von der Herkunftskultur völlig loslösen soll“.[7] Kritisiert wird auch die Rekrutierung der Imame aus der Türkei, deren mangelnde Sprachkenntnisse und begrenzte Dienstzeit, die die Imame daran hindern, sich mit den kulturellen Gepflogenheiten in den jeweiligen Ländern vertraut zu machen. Der Verband zeige sich allerdings gegenüber der Imam-Ausbildung in Deutschland inzwischen positiv eingestellt.[8]

Weblinks

  • DİTİB: deutsche Homepage
  • ATIB: österreichische Homepage (Anmerkung: Die ATIB in Österreich entspricht der DITIB in Deutschland)

Einzelnachweise

  1. Regina Mönch: „Es geht um alles, was Europas Freiheit ist“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. März 2008
  2. a b c d Sevket Kücükhüseyin: Türkische politische Organisationen in Deutschland, Konrad-Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin 2002, ISBN 3-933714-55-9
  3. Vorstellung der DİTİB der offiziellen Website, Letzter Zugriff am 30. November 2007
  4. ATİB Österreich
  5. ATİB Österreich – Gründung
  6. Romana Reich und Manfred Schröder: „Wem »die Ehre« wirklich gebührt“, Weltexpress, 30. Dezember 2007
  7. Levent Tezcan: „DITIB - eine Institution zwischen allen Stühlen“, Webpage der Heinrich-Böll-Stiftung, 2005[1]
  8. vgl. Tezcan, a.a.O.

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