Universität Alma Ernestina

Universität Alma Ernestina
Universitätskommisse

Die Alma Ernestina (auch: Academia Ernestina) in Rinteln im Weserbergland war eine 1619 gegründete Universität, die bis 1809 existierte. Sie war seinerzeit die einzige lutherische Volluniversität in Nordwestdeutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ausgangspunkt der Universität in Rinteln war das im Jahre 1610 von Graf Ernst III. von Holstein-Schauenburg in Stadthagen gegründete Akademische Gymnasium, das bereits vier Fakultäten und einen vollakademischen Unterrichtsbetrieb aufwies. Zur Anerkennung als vollwertige Universität fehlte noch das kaiserliche Privileg, das das Promotionsrecht verlieh.

Zur Erlangung des Privilegs musste Ernst dem damaligen Kaiser Ferdinand II. 100.000 Gulden als Darlehen geben, erhielt dafür aber noch zusätzlich den Fürstentitel. Bei Beantragung des Privilegs war bereits an eine Verlegung nach Rinteln gedacht worden, da diese Stadt aufgrund ihrer Lage an der Weser besser zu erreichen war.

Die neue Alma Mater Ernestina zog in Rinteln in das ehemalige katholische Jakobskloster ein. Die Einweihung war am 17. Juli 1621. An diesem Tag wurden auch die Statuten der Universität auf Schloss Bückeburg ausgefertigt.[1]

1623 wurde die Stadt von Christian, Herzog von Braunschweig-Lüneburg überfallen, erobert und geplündert. Die meisten Studenten verließen Rinteln, auch die Professoren, soweit sie die Möglichkeit dazu hatten. Der Rektor Johannes Gisenius (Giessenius) versuchte den Lehrbetrieb weiterzuführen, jedoch unter erheblichen Schwierigkeiten. Durch das Restitutionsedikt vom 6. März 1629 war das ganze Gebiet zwischen Rhein und Elbe der Gegenreformation ausgeliefert. Benediktinermönche aus Hildesheim kamen nach Rinteln und übernahmen die Universität. 1631 bestand vorübergehend eine katholisch-theologische Fakultät. Der an ihr lehrende katholische Dichter Friedrich Spee von Langenfeld war ein bekannter Gegner der Hexenprozesse. Er gab im gleichen Jahr seine Cautio criminalis heraus, die den Beginn des Kampfes gegen die Hexenprozesse darstellt. Das Buch von Friedrich von Spee war die Antwort auf das Standardwerk zur Theorie der Hexenlehre seines Kollegen Hermann Goehausen Processus juridicus contra sagas et veneficos aus dem Jahre 1630. Die Universität Rinteln, Universität Rostock ("Alma Mater Rostochiensis") und die Universität Wittenberg ("Leucorea") waren führende gutachterliche Universitäten während der Hexenprozesse. Die Spruchpraxis an den allgemeinen deutschen juristischen Fakultäten war recht unterschiedlich. Die juristischen Fakultäten der Universitäten Helmstedt ("Academia Julia") und Rinteln galten als "hardliner" in Sachen Hexenverfolgung (s.u. Weblinks).

Die Grafschaft Schaumburg wurde kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges geteilt, der nördliche Landesteil kam zur Grafschaft Lippe, der südliche mit der Universität Rinteln fiel an Wilhelm VI. Landgraf von Hessen-Kassel. Bis 1665 war Rinteln Gemeinbesitz zwischen Hessen und Lippe. Unter dem Landgrafen Wilhelm VI. wurde die Universität als lutherische Hochschule ausgebaut.

Im Jahre 1622 wurde Petrus Lucius (1590-1656) als Universitätsbuchdrucker an die Universität Rinteln bestellt. Zwischen 1627 und 1656 sind viele Leichenpredigten aus seiner Druckerei bekannt. 1639 und 1659 druckt er die Werke über Horaz von Andreas Heinrich Bucholtz. Bis zu seinem Tode stellt er seine Universitätsdrucke auch auf der Frankfurter Buchmesse aus; zuletzt ein Programm von 77 Büchern. Sein Sohn Anthonius Lucius (1635-1704) war ein bekannter Gelehrter seiner Zeit und wurde später, in der Zeit vom 4. April 1663 bis 1670 außerordentlicher Professor an der juristischen Fakultät in Rinteln.

Die Alma Ernestina in Rinteln dürfte nie mehr als 120 Hörer gehabt haben. Zudem ging die Zahl der Studenten nach der Gründung der Universität Göttingen weiter zurück. Die Universität Alma Ernestina in Rinteln wurde schließlich 1809 geschlossen, als Rinteln Teil des napoleonischen Königreichs Westphalen (König Jerome, jüngster Bruder Napoleons) war.

Bekannte Professoren

Bekannte Absolventen

Die Matrikellisten seit Gründung der Universität Rinteln sind in "Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, 59. Heft, Die Studenten der Universität zu Rinteln, von August Worringer, Leipzig 1939" sowie in "Schaumburger Studien, Heft 42 von Gerhard Schormann, Rinteln 1981, Rintelner Studenten des 17. und 18. Jh." aufgeführt. Sie sind unter anderem in der Stadtbücherei Rinteln und im Staatsarchiv Bückeburg vorhanden.

Literatur

  • Edward Schröder: Die Universität Rinteln, Rinteln 1927
  • Rudolf Feige: Das akademische Gymnasium Stadthagen und die Frühzeit der Universität Rinteln, Hameln 1956, ISBN B0000BHYOO
  • Willy Hänsel: Catalogus Professorum Rinteliensium: die Professoren d. Univ. Rinteln u. d. akad. Gymnasiums zu Stadthagen 1610-1810, Rinteln 1971, Schaumburger Studien Nr. 31
  • Gerhard Schormann: Aus der Frühzeit der Rintelner Juristenfakultät, Bückeburg 1977, ISBN 3924700060
  • August Woringer: Die Studenten der Universität zu Rinteln (Academia Ernestina), Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte 59, Leipzig 1939, Nachdruck Nendeln/ Liechtenstein 1980
  • Gerhard Schorman: Rintelner Studenten des 17. und 18. Jahrhunderts, Rinteln 1981 in: Schaumburger Studien Nr. 42, ISBN 3870850744
  • Gerhard Schormann: Academia Ernestina: Die Schaumburgische Universität zu Rinteln an der Weser 1618/21-1810, Braun-Elwert Marburg 1982, ISBN 3770807529

Quellen

  1. Herbert Kater: Die Statuten der Universität Rinteln/Weser 1621-1809. Lateinisch-deutsche Synopse mit ergänzenden Dokumenten als Sonderheft Einst und Jetzt 1992, S. 1-241.

Weblinks


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