Universität Gießen

Universität Gießen

Vorlage:Infobox Hochschule/Träger fehlt

Justus-Liebig-Universität Gießen
Logo
Gründung 1607
Ort Gießen
Bundesland Hessen
Staat Deutschland
Leitung Stefan Hormuth
Studenten 22.900 (WS 2008/09)[1]
Mitarbeiter 2.436,82 (1. Okt. 2006)[2]
davon Professoren 285,60 (1. Okt. 2006)[2]
Jahresetat 297,6 Millionen Euro (2008)[3]
Website www.uni-giessen.de
Gründungsurkunde der Universität 1607
Siegel der Ludoviciana, 1607
Siegel der Medizinischen Fakultät von 1607
Kollegiengebäude von 1615
Hauptgebäude der JLU
Universitätsjubiläum 1957: Liebigs Laborgebäude auf einer deutschen Briefmarke

Die Universität in Gießen wurde 1607 von Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt als „Academia Gissena“ gegründet und hieß bis 1945 nach ihrem Gründer Ludwigsuniversität oder auch Ludoviciana. Bei der Hochschul-Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt sie den Namen ihres berühmtesten Wissenschaftlers, Justus Liebig, und heißt seit 1957 Justus-Liebig-Universität Gießen, abgekürzt JLU. Die zweitgrößte hessische Hochschule ist die älteste Universität des heutigen Bundeslandes Hessen, die kontinuierlich hessische Landeshochschule war.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Gießener Universität verdankt ihre Entstehung dem Zeitalter der Glaubenswirren um die Reformation und Gegenreformation. Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt gründete die lutherische Landesuniversität, da die benachbarte Marburger Universität (gegründet 1527) mit der Teilung des Landes Hessen 1605 calvinistisch geworden war. Die protestantischen Theologen, die die Wende zum Calvinismus nicht vollziehen wollten, wurden entlassen und begaben sich nach Gießen. Noch 1605 gründete Ludwig V. ein „Gymnasium illustre“ mit angeschlossenem „Paedagogium“ als Überbrückung bis zur Erteilung des kaiserlichen Patents am 19. Mai 1607, durch Rudolf II. Mit dem Wintersemester 1607/1608 begann der Lehrbetrieb der Academia gissena.

Vom 25. Mai 1625 bis zum 5. Mai 1650 zog die Universität wegen der Pest und des 30-jährigen Krieges nach Marburg, zwischendurch 1633 weilte sie für 12 Monate wieder in Gießen.

Von 1787 bis 1833 lehrte hier der Kameralist und Statistiker August Friedrich Wilhelm Crome, der als Rektor und Mitglied einer sogenannten Kriegskommission den Raub der Universitätsbibliothek durch die französischen Besatzer verhindern konnte. Ende des 18. Jahrhunderts litt die Universität unter den Koalitionskriegen. 1792 dienten einige Universitätsgebäude der Munitionsproduktion[4]. 1796 verzeichnete die Lehranstalt nur noch 36 Immatrikulationen, wobei gerade einmal fünf Studenten sich wirklich in Gießen aufhielten. Damit war der Lehrbetrieb der Universität zum Erliegen gekommen[5].

Im 19. Jahrhundert arbeiteten Wissenschaftler wie Wilhelm Conrad Röntgen und Justus von Liebig an der Universität. Vor allem Letzterem ist der Zuwachs an internationaler Bedeutung in dieser Zeit zu verdanken.

Durch die Veränderungen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Zweiten Weltkrieg wurde die Universität stark verkleinert.

Im Dezember 1944 während der Angriffe auf Gießen wurde ein großer Teil der Universität zerstört. Auch das Hauptgebäude der Universität brannte aus. Der Bereich der Universitätsklinik war besonders schwer betroffen, 42 Treffer gingen in diesem Bereich nieder. Etwa 90 % der Literaturbestände wurde vernichtet. Trotz allem ging der Hochschulbetrieb am 10. Januar 1945 weiter. Der erneute Bombenangriff am 14. März 1945 traf vor allem den Veterinärmedizinischen Bereich. Mit der Besetzung durch US-amerikanische Truppen am 14. März wurde die Universität wieder geschlossen. Am 26. Juni 1945 wurde Karl Bechert Rektor der Universität und trieb den Wiederaufbau der Universität voran. Die Kontakte zur neuen Großhessischen Regierung waren eher schlecht und der amerikanische Universitätsoffizier Hartshorne zeigte wenig Interesse am Erhalt der Universität in Gießen. Ende März 1946 wurden die Fachbereiche Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften geschlossen und die Bestände der Bibliotheken an umliegende Universitäten vergeben. Am 13. April 1946 trat Karl Bechert zurück und Cermark wurde sein Nachfolger. Am 27. Mai 1946 wurde die „Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinärmedizin“ eröffnet. 1957 erhielt die Hochschule den Universitätsstatus zurück.

Von der JLU ausgehend begann im Herbst 1997 eine bundesweite Protestwelle: der Studentenstreik 1997, genannt Lucky Streik. Die mehrwöchige Schließung der Universität, bei der unter anderen das Hauptgebäude besetzt wurde, ging einher mit Demonstrationen und Protesten, die bis zum Beginn des Frühjahrs 1998 anhielten. Gründe für den Streik waren die geringe finanzielle Ausstattung der Hochschulen, überfüllte Veranstaltungen u.ä.

Am 26. April 2006 hat sich der Senat mit großer Mehrheit gegen die Einführung von Studiengebühren ausgesprochen. Entgegen diesem Votum begann die Unileitung aber bereits früh damit, die zusätzlichen Mittel zu verplanen. Darüber hinaus hat die Universität Beschwerde gegen eine Entscheidung des Gießener Verwaltungsgerichts eingelegt, dem zufolge Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Studienbeitragsgesetzes bestehen (30. November 2007). Nach dem endgültigen Urteil vom 27. März 2008 vertritt der Hessische Staatsgerichtshof die Auffassung, Studiengebühren seien verfassungskonform. Zum 1. Juli 2008 wurden die Studiengebühren durch den Hessischen Landtag wieder abgeschafft.

Entwicklung der Studentenzahlen

Nachfolgend die Entwicklung der Studentenzahlen[6]

Gegenwart

Plastik Wiehernder Hengst von Gerhard Marcks (Philosophikum I)

Die Justus-Liebig-Universität hat seit ihrer Neustrukturierung 1999 elf Fachbereiche:

  1. Rechtswissenschaft
  2. Wirtschaftswissenschaften
  3. Sozial- und Kulturwissenschaften
  4. Geschichts- und Kulturwissenschaften
  5. Sprache, Literatur und Kultur
  6. Psychologie und Sportwissenschaft
  7. Mathematik und Informatik, Physik Geographie
  8. Biologie und Chemie
  9. Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement
  10. Veterinärmedizin
  11. Medizin

Die JLU etablierte eine Reihe schwerpunktbildender Zentren, in denen Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche zusammen arbeiten. Das von Odo Marquard gegründete Zentrum für Philosophie und Grundlagen der Wissenschaft gibt es seit den 1960ern. Das Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung wurde 1998 gegründet. Das Interdisziplinäre Forschungszentrum für biowissenschaftliche Grundlagen der Umweltsicherung (IFZ) nahm im Jahr 2000 seine Arbeit auf. Das Zentrum für Medien und Interaktivität besteht seit 2000, das Gießener Graduiertenzentrum Kulturwissenschaften seit 2001. Durch eine hessenweite Schwerpunktbildung wurde 2006 das Gießener Zentrum Östliches Europa gegründet.

Der Open-Air-Hörsaal am Fachbereich für Wirtschaft und Jura

Die JLU bietet als Volluniversität über 150 Studiengänge an, die meisten davon werden derzeit modularisiert und auf gestufte Abschlüsse Bachelor/Master umgestellt. Im Wintersemester 2008/2009 waren 22.900 Studenten an der Universität immatrikuliert [1]. Die beliebtesten Studiengänge sind die Betriebswirtschaftslehre, die Ökotrophologie sowie die Lehramtsstudiengänge und die zulassungsbeschränkten Medizinfächer Human- und Veterinärmedizin.

Partnerhochschulen

Mit weiteren Universitäten in unterschiedlichen Ländern bestehen Kooperationen.

Berühmte Persönlichkeiten (chronologisch)

Neben dem Namensgebenden Justus von Liebig haben zahlreiche Persönlichkeiten an der Universität gewirkt. Eine Liste findet sich unter Liste der Persönlichkeiten der Stadt Gießen sowie Liste der Hochschullehrer in Gießen

Ehrendoktorwürden

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Eva-Maria Felschow, Carsten Lind: Ein hochnutz, nötig und christlich Werck. Die Anfänge der Universität Gießen vor 400 Jahren. Justus-Liebig-Universität, Gießen 2007, ISBN 978-3-87707-697-2
  • Volker Roelcke: Die Medizinische Fakultät der Universität Gießen. Von der Wiedergründung bis zur Gegenwart. Frankfurter Societäts-Druckerei, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-7973-1063-7
  • Horst Carl, Eva-Maria Felschow, Jürgen Reulecke, Volker Roelcke, Corina Sargk (Hrsg.): Panorama. 400 Jahre Universität Gießen. Societätsverlag, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-7973-1038-5
  • Ludwig Brake, Heinrich Brinkmann (Herausgeber): 800 Jahre Gießener Geschichte, 1197–1997. Gießener Anzeiger, Gießen 1997, ISBN 3-922300-55-3
  • Peter Moraw: Kleine Geschichte der Universität Gießen. Ferber'sche Universitätsbuchhandlung, Gießen 1990, ISBN 3-927835-00-5
  • Hessisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg.): Hessische Universitäten und Studenten im Wandel der Zeit. 1527–1986. Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden 1986
  • Norbert Werner (Hrsg.): 375 Jahre Universität Gießen 1607–1982. Geschichte und Gegenwart. Verlag der Ferber'schen Universitätsbuchhandlun, Gießen 1982, ISBN 3-922730-22-1
  • Hans Georg Gundel, Peter Moraw, Volker Press (Hrsg.): Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 2 Bände, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1982, ISBN 3-7708-0724-3 und ISBN 3-7708-0723-5
  • Hans Georg Gundel: Rektorenliste der Universität Gießen 1605/07 -1971. Gießen 1979
  • Ludwigs-Universität, Justus-Liebig-Hochschule: 1607–1957; Festschrift zur 350-Jahrfeier. Schmitz, Gießen 1957
  • Die Universität Gießen von 1607–1907 : Beiträge zu ihrer Geschichte ; Festschrift zur dritten Jahrhundertfeier. Töpelmann, Gießen 1907
  • Frontabschnitt Hochschule. Die Gießener Universität im Nationalsozia­lismus. Gießen: Anabas Verlag und Focus Verlag 1982 (2. Aufl. 1983) (mit Beiträgen von Bruno W. Reimann u.a.)
  • Reimann, Bruno W. (zus. mit Angelika Albach u.a.): Antisemitismus und Nationalsozialismus in der Gießener Region (1890-1933), Katalog zur Ausstellung. Gießen: Magistrat der Universitätsstadt Gießen 1993, 596 S.
  • Reimann, Bruno W.: Avantgarden des Faschismus. Studentenschaft und schlagende Verbindungen an der Universität Gießen 1918-1937. Teil 2: Historische Dokumentation. Frankfurt a.M.: Cento Verlag 2002 (Materialien und Analyse zur politischen Geschichte Gießens, Bd. 5)
  • Reimann, Bruno W.: Avantgarden des Faschismus. Studentenschaft und schlagende Verbindungen an der Universität Gießen 1918-1937. Analyse. Frankfurt a.M. u. a. 2007
  • Reimann, Bruno W. (Hg.): Faschismus und Vorfaschismus in der Provinz. Gießen als Beispiel. Region - Universität - Studentenschaft. Gießen: Cento Verlag 2007 (EDV-Edition)

Weblinks

Fußnoten

  1. a b mö: Wenn der Hörsaal zur Stehtribüne wird. In: Gießener Allgemeine Zeitung, 17. Oktober 2008, S. 25
  2. a b Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (Hrsg.): Tabelle 7.3: Personalbestand der JLU: Istbesetzung in Vollzeitäquivalenten. In: Bericht des Präsidiums der Justus-Liebig-Universität Gießen für die Jahre 2004 bis 2006. Gießen 2007, S. 219 (http://hrza1.hrz.uni-giessen.de/rechenschaft2006/index.html ; Stand: 16. Januar 2007). 
  3. si: Haushalt der Universität steigt auf Rekordniveau. In: Gießener Allgemeine. Nr. 8, Gießen 10. Januar 2007, S. 20. 
  4. 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 106
  5. 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 105
  6. Quelle für 1980, 1985, 1990, 1995, 2000, 207: Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (Hrsg.): Bericht des Präsidiums, 2. Februar 2005
    Für den Sommer 1939: Brake, Ludwig [Hrsg.], 800 Jahre Giessener Geschichte, Gießen 1997, S. 464
  7. 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 107 und Bernadotte als Gießener Ehrendoktor

50.5803611111118.67722222222227Koordinaten: 50° 34′ 49,3″ N, 8° 40′ 38″ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”