Unterhalbgruppe

Unterhalbgruppe
Halbgruppe (Axiome EA)

berührt die Spezialgebiete

ist Spezialfall von

umfasst als Spezialfälle

In der Mathematik ist eine Halbgruppe eine algebraische Struktur bestehend aus einer nichtleeren Menge mit einer inneren zweistelligen Verknüpfung, die dem Assoziativgesetz genügt (also ein assoziatives Magma). Auf die Anforderung der Nichtleerheit kann auch verzichtet werden, dann ist die leere Menge trivialerweise eine (dann die kleinste) Halbgruppe.

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Halbgruppe

Eine Halbgruppe \boldsymbol S = (S,*) besteht aus einer nichtleeren Menge S und einer inneren zweistelligen Verknüpfung

*\colon\, S\times S \to S,\, (a,b) \mapsto a*b,

die assoziativ ist, d. h. für alle a,b,c \in S gilt

a * (b * c) = (a * b) * c.

Man muss nicht voraussetzen, dass S nichtleer ist. Die leere Menge \emptyset bildet dann auch eine Halbgruppe bezüglich der leeren Verknüpfung

\emptyset\colon\, \emptyset\times\emptyset \rightarrow \emptyset,

die leere oder triviale Halbgruppe (\emptyset,\emptyset) genannt wird.

Bemerkungen zur Notation

Häufig wird für die Verknüpfung * das Symbol \cdot benutzt, man spricht dann von einer multiplikativ geschriebenen Halbgruppe. Wie auch bei der gewöhnlichen Multiplikation üblich, kann in vielen Situationen der Malpunkt \cdot weggelassen werden.

Eine Halbgruppe lässt sich auch additiv notieren, indem für die Verknüpfung * das Symbol + benutzt wird.

Mit der Gültigkeit des Assoziativgesetzes lässt sich eine vereinfachte klammerfreie Notation einführen, denn sei

a_1*\cdots*a_n := (a_1*\cdots*a_{n-1})*a_n für jedes n \geq 3,

dann haben alle Verknüpfungen von a_1,\ldots,a_n, die sich nur in der Klammerung von a_1*\cdots*a_n unterscheiden, das gleiche Ergebnis wie a_1*\cdots*a_n (allgemeines Assoziativgesetz, Beweis: vollständige Induktion über n), man kann also für jede dieser Verknüpfungen einfach nur a_1*\cdots*a_n schreiben.[1]

Unterhalbgruppe

Seien \boldsymbol S = (S,*) eine Halbgruppe und U \subseteq S. Ist dann \boldsymbol U := (U,*) eine Halbgruppe ( * ist hier eine vereinfachte Schreibweise für die Einschränkung *|_{U\times U} von * auf U\times U), so heißt \boldsymbol U Unterhalbgruppe von \boldsymbol S. \boldsymbol U ist genau dann eine Unterhalbgruppe von \boldsymbol S, wenn U abgeschlossen ist bezüglich * , d. h. es gilt

a*b \in U für alle a,b \in U.

\boldsymbol S nennt man dann auch Oberhalbgruppe von \boldsymbol U.

Faktorhalbgruppe

Ist \boldsymbol S = (S,*) eine Halbgruppe und R\subseteq S\times S eine mit * verträgliche Äquivalenzrelation auf S, so bildet die Faktormenge S / R von S nach R zusammen mit der durch

[a] {\;*}_{R\;} [b] := [a*b]

definierten Verknüpfung {\;*}_{R\;} ebenfalls eine Halbgruppe. Diese Halbgruppe \boldsymbol S/R = \left(S/R,*_R\right) heißt die Faktorhalbgruppe oder Quotientenhalbgruppe von \boldsymbol S nach R. Die Verknüpfung {\;*}_{R\;} wird die durch die Äquivalenzrelation induzierte Verknüpfung oder die kanonische Verknüpfung der Faktorhalbgruppe genannt.

Halbgruppenhomomorphismus

Eine Abbildung \varphi\colon\, S\rightarrow S' zwischen zwei Halbgruppen \boldsymbol S = (S,*) und \boldsymbol S' = (S',*') heißt Halbgruppenhomomorphismus, wenn gilt:

\operatorname{\varphi}(a*b)=\operatorname{\varphi}(a)*'\operatorname{\varphi}(b)

für alle a,b \in S. Ist aus dem Zusammenhang klar, das es sich um einen Homomorphismus zwischen Halbgruppen handelt, so lässt man den Zusatz Halbgruppen- auch weg. Je nachdem, ob \varphi injektiv oder surjektiv oder beides ist, heißt der Homomorphismus \varphi Mono-, Epi- bzw. Isomorphismus. Gilt S = T so heißt der Homomorphismus Endomorphismus von H und der Isomorphismus Automorphismus von H.

Eigenschaften

Es folgt eine Übersicht über grundlegende algebraische Eigenschaften, interpretiert und angewandt auf Halbgruppen. Genauere Informationen finden sich in den entsprechenden Hauptartikeln.

Kommutativität

Die Halbgruppe \boldsymbol S = (S,*) heißt kommutativ oder auch abelsch, wenn

b * a = a * b

für alle a,b \in S gilt. Die Verknüpfung * selbst wird hierbei auch als kommutativ bezeichnet.

Idempotenz

Ein Element a \in S einer Halbgruppe \boldsymbol S = (S,*) heißt idempotent, wenn

a * a = a

gilt. Man nennt \boldsymbol S idempotent, wenn jedes a \in S diese Eigenschaft hat.

Neutrales Element

Ein Element e_l \in S (bzw. e_r \in S) einer Halbgruppe \boldsymbol S = (S,*) heißt linksneutral (bzw. rechtsneutral), wenn für alle a \in S gilt:

el * a = a (bzw. a * er = a).

Ist e \in S sowohl links- als auch rechtsneutral, so heißt es neutral. Gibt es in einer Halbgruppe sowohl ein links- als auch ein rechtsneutrales Element, so sind diese identisch und somit neutral. In einer Halbgruppe gibt es höchstens ein neutrales Element (ansonsten nur links- oder nur rechtsneutrale oder weder noch), man spricht dann von dem neutralen Element von \boldsymbol S. Eine Halbgruppe mit neutralem Element nennt man auch Monoid.

Hinweis: In den folgenden Definitionen wird nur die linksseitige Variante stellvertretend für die entsprechende rechts- und beidseitige Variante aufgeführt; die rechts- und beidseitigen Varianten sind in der Mathematik analog definiert.

Absorption

Ein Element o_l \in S heißt linksabsorbierend in (S, * ), wenn für alle a \in S gilt:

ol * a = ol.

Es gibt höchstens ein absorbierendes (d. h. links- und rechtsabsorbierendes) Element in einer Halbgruppe.

Kürzbarkeit

Ein Element k \in S heißt linkskürzbar oder auch linksregulär in \boldsymbol S = (S,*), wenn für alle a,b \in S gilt:

k*a = k*b \implies a = b.

Ist jedes Element aus S linkskürzbar, so heißt \boldsymbol S linkskürzbar oder linksregulär. Eine endliche, kürzbare (d. h. links- und rechtskürzbare) Halbgruppe ist eine Gruppe.

Invertierbarkeit und Inverses

Mit neutralem Element

Besitzt \boldsymbol S = (S,*) ein linksneutrales Element e \in S, so heißt ein Element a \in S linksinvertierbar in \boldsymbol S, wenn ein a' \in S existiert mit

a' * a = e.

In diesem Falle nennt man a' ein Linksinverses von a.

Ist jedes Element aus S linksinvertierbar, so ist auch jedes Element rechtsinvertierbar und alle Inversen eines Elements stimmen überein, \boldsymbol S ist dann eine Gruppe.

Ohne Neutrales Element

Besitzt \boldsymbol S = (S,*) kein linksneutrales Element, so heißt ein Element a \in S linksinvertierbar in \boldsymbol S, wenn für alle b \in S ein a' \in S existiert mit

a' * (a * b) = b.

In diesem Falle nennt man a' ein Linksinverses von a.

Ist jedes Element aus S in diesem Sinne invertierbar (d. h. links- und rechtsinvertierbar), so folgt die eindeutige Existenz eines neutralen Elements und \boldsymbol S ist eine Gruppe.

Beispiele

Zur Entstehung des Namens

Die Menge \mathbb N_0 = \{0, 1, \ldots\} der natürlichen Zahlen bildet mit der gewöhnlichen Addition eine kommutative und kürzbare Halbgruppe (\mathbb N_0, +), die keine Gruppe ist. Da hier die negativen Zahlen fehlen, also die Hälfte der abelschen Gruppe (\mathbb Z,+) der ganzen Zahlen, lag der Name Halbgruppe für diese Struktur nahe. Tatsächlich wurde in der Vergangenheit der Begriff „Halbgruppe“ für ein nach den oben gegebenen Definitionen kommutatives, kürzbares Monoid verwendet,[2] später setzte sich dann die obige Definition allgemein durch.

(\mathbb{N}, +), (\mathbb{N}_0, \cdot) und (\mathbb{N}, \cdot) bilden Beispiele für kommutative Halbgruppen mit verschiedenen Eigenschaften bezüglich neutraler und absorbierender Elemente sowie der Kürzbarkeit.

Transformationshalbgruppen

Für eine beliebige Menge X sei X^X = \{f \mid f\colon\, X\rightarrow X\} die Menge aller Abbildungen (Transformationen) von X in sich. Bezeichnet \circ die Nacheinanderanwendung von Abbildungen f,g \in X^X, also g\circ f\colon\, x \mapsto g(f(x)), dann ist (X^X,\circ) eine Halbgruppe, die volle Transformationshalbgruppe oder symmetrische Halbgruppe auf X. Idempotente Elemente in XX sind z.B. für jedes c \in X die konstanten Abbildungen c_X\colon\, X\rightarrow X mit cX(x) = c für alle x \in X, aber auch die identische Abbildung \operatorname{id}_X auf X als neutrales Element. Unterhalbgruppen von (X^X,\circ) heißen Transformationshalbgruppen auf X.[3]

Anwendung

Formale Sprachen

Für eine beliebige Menge X \neq \emptyset sei

X^* := \bigcup_{n \in \mathbb N_0} X^n

die kleenesche Hülle von X. Definiert man für alle (x_1, \ldots, x_n), (y_1, \ldots, y_m) \in X^* eine Multiplikation durch

(x_1, \ldots, x_n) \cdot (y_1, \ldots, y_m) = (x_1, \ldots, x_n, y_1, \ldots, y_m),

dann ist (X^*, \cdot) eine Halbgruppe, die freie Halbgruppe über X. Schreibt man die Elemente (x_1, \ldots, x_n) \in X^* einfach in der Form x_1 \ldots x_n, dann heißen die Elemente in X * Worte über dem Alphabet X, \varepsilon := (\,) = \{\,\} ist das leere Wort und die Multiplikation \cdot bezeichnet man als Konkatenation.[4] In der theoretischen Informatik setzt man in der Regel voraus, dass ein Alphabet endlich ist, Teilmengen der kleeneschen Hülle eines Alphabets mit dem leeren Wort nennt man formale Sprachen.[5]

Funktionalanalysis, Partielle Differentialgleichungen

Halbgruppen spielen auch eine Rolle in der Lösungstheorie partieller Differentialgleichungen. Sei (A_t)_{t\geq 0} := (A_t)_{t\in [0,\infty)} eine Familie beschränkter Transformationen A_t\colon\, X\rightarrow X auf einem vollständigen metrischen Raum (X,d), d.h. zu jedem t \in [0,\infty) existiert ein m_t \in [0,\infty) mit

d(A_t(x),A_t(y)) \leq m_t\cdot d(x,y) für alle x,y \in X.

Insbesondere ist dann jedes At stetig und S := \{A_t\mid t\in [0,\infty)\} bildet eine kommutative Halbgruppe (S,\circ) mit neutralem Element \operatorname{id}_X, wenn gilt:

A_0 = \operatorname{id}_X und
A_{t+s} = A_t\circ A_s für alle t,s \geq 0.

Die Funktion (A_t)_{t\geq 0} ist ein Halbgruppenhomomorphismus von ([0,\infty),+) nach (S,\circ) und wird eine einparametrige Halbgruppe von Operatoren genannt (siehe auch: kontinuierliches dynamisches System). Ein At ist außerdem kontraktiv, falls

d(At(x),At(y)) < d(x,y) ist für alle x,y \in X, x \neq y.[6]

Sind alle At beschränkte lineare Operatoren auf einem Banachraum (X,\|.\|_X), dann heißt (A_t)_{t\geq 0} gleichmäßig stetig, wenn für die Operatornorm gilt:

\lim_{t\to 0^+} \|A_t - \operatorname{id}_X\| = 0.

Falls die Abbildungen

[0,\infty) \to X,\, t \mapsto A_t(x),

stetig sind für alle x\in X, wird die Halbgruppe stark stetig genannt. Ist (A_t)_{t\geq 0} eine stark stetige Halbgruppe, so existieren feste k,m \in \R mit m \geq 1, so dass

\|A_t(x)\|_X \leq me^{kt}\|x\|_X

gilt. Kann k = 0 gewählt werden, nennt man (A_t)_{t\geq 0} eine beschränkte einparametrige Halbgruppe.

Der auf der Teilmenge

D = \left\{x \in X \;\left|\; \lim_{t\to 0^+} \frac{A_t(x) - x}{t} \text{ existiert}\right.\right\}

von X definierte lineare Operator

G\colon\, D \to X,\, x \mapsto \lim_{t\to 0^+}\frac{A_t(x) - x}{t},

heißt infinitesimaler Generator oder Erzeuger der Halbgruppe (A_t)_{t\geq 0}.

Einzelnachweise

  1. Mario Petrich: Introduction to Semigroups. S. 4. P.A. Grillet: Semigroups: An Introduction to the Structure Theory. S. 4f.
  2. vgl. P. Lorenzen: Abstrakte Begründung der multiplikativen Idealtheorie. Math. Z. 45 (1939), 533–553.
  3. J.M. Howie: Fundamentals of Semigroup Theory. S. 6. P.A. Grillet: Semigroups: An Introduction to the Structure Theory. S. 2.
  4. U. Hebisch, H.J. Weinert: Halbringe: Algebraische Theorie und Anwendungen in der Informatik. S. 244.
  5. John E. Hopcroft, Jeffrey D. Ullman: Einführung in die Automatentheorie, formale Sprachen und Komplexitätstheorie. 2. Aufl., Addison-Wesley (Deutschland), Bonn, München u.a. 1990, ISBN 3-89319-181-x. S. 1.
  6. E. Hille: Methods in Classical and Functional Analysis. Addison-Wesley, Reading (Mass.) u.a. 1972. S. 165ff.

Literatur

  • Pierre Antoine Grillet: Semigroups: An Introduction to the Structure Theory. Marcel Dekker, New York 1995, ISBN 0-8247-9662-4.
  • Udo Hebisch, Hanns Joachim Weinert: Halbringe: Algebraische Theorie und Anwendungen in der Informatik. B.G. Teubner, Stuttgart 1993, ISBN 3-519-02091-2.
  • John F. Berglund, Hugo D. Junghenn, Paul Milnes: Analysis on Semigroups: Function Spaces, Compactifications, Representations. John Wiley & Sons, New York et al. 1989, ISBN 0-471-61208-1.
  • John M. Howie: Fundamentals of Semigroup Theory. Oxford University Press, Oxford 1995, ISBN 0-19-851194-9.
  • Mario Petrich: Introduction to Semigroups. Bell & Howell, Columbus, Ohio, 1973, ISBN 0-675-09062-8.

Siehe auch

Hierarchie mathematischer Strukturen


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