- Geordnete abelsche Gruppe
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Eine geordnete abelsche Gruppe ist eine mathematische Struktur. Es handelt sich um eine abelsche Gruppe, auf der zusätzlich eine mit der Gruppenstruktur verträgliche Ordnungsrelation gegeben ist, die man üblicher Weise mit
bezeichnet (man liest kleiner-gleich). Dadurch ist es möglich, die Elemente einer Gruppe der Größe nach zu vergleichen.
Viele Begriffsbildungen aus der Theorie der geordneten Vektorräume lassen sich auf abelsche Gruppen übertragen, indem man die skalare Multiplikation durch die
-Modul-Struktur ersetzt, allerdings entfallen geometrische Betrachtungen wie Konvexitätsargumente.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Eine geordnete abelsche Gruppe ist ein Tripel
bestehend aus einer abelschen Gruppe (G, + ) und einer Relation
, so dass folgendes gilt:
- Für alle
gilt
, das heißt
ist reflexiv.
- Aus
und
folgt
für alle
, das heißt
ist transitiv.
- Aus
folgt
für alle
, das heißt
ist mit der Gruppenstruktur verträglich.[1]
Positive Menge
Die Menge
heißt die positive Menge und ist eine Unter-Halbgruppe, die das neutrale Element 0 enthält. Dabei steht
natürlich für
.
Ist umgekehrt in einer abelschen Gruppe (G, + ) eine Unterhalbgruppe U, die das neutrale Element enthält, gegeben und definiert man
durch
, so ist
eine geordnete abelsche Gruppe, für die G + = U gilt. Demnach kann man eine geordnete abelsche Gruppe auch als abelsche Gruppe, in der eine Unterhalbgruppe ausgezeichnet ist, definieren. Viele Eigenschaften geordneter abelscher Gruppen lassen sich sowohl mittels der Ordnungsrelation als auch mittels Eigenschaften der Unterhalbgruppe G + beschreiben.
Ist
von endlicher Ordnung n, so ist auch
. Wenn alle Elemente der Gruppe endliche Ordnung haben, so ist daher G + eine Untergruppe und die Ordnung nichts weiter als eine Äquivalenzrelation. Substantielle Anwendungen der Ordnungstheorie wird man daher nur für Gruppen mit Elementen unendlicher Ordnung erwarten, insbesondere sind die in der Theorie auftretenden Gruppen unendlich.
Positive Abbildungen
Seien
und
zwei geordnete abelsche Gruppen, Verknüpfung und Ordnungsrelation sind hier mit denselben Symbolen bezeichnet.
Eine Abbildung
heißt positiv oder monoton, falls aus
stets
folgt für alle
.
Ein Gruppenhomomorphismus
ist genau dann positiv, wenn
.
In der Kategorie der geordneten abelschen Gruppen sind die Morphismen die positiven Gruppenhomomorphismen.
Weitere Begriffsbildungen
Sei
eine geordnete abelsche Gruppe.
Antisymmetrische Ordnung
Die Ordnung auf G heißt antisymmetrisch, falls aus
und
stets x = y folgt. Die Ordnung ist genau dann antisymmetrisch, wenn
.
Manche Autoren nehmen die Antisymmetrie mit in die Definition auf und sprechen bei fehlender Antisymmetrie von einer Präordnung bzw. von einer prägeordneten Gruppe, so zum Beispiel in [2]. Eine antisymmetrische Ordnung wird auch strikte Ordnung genannt.
Gerichtete Ordnung
Die Ordnung auf heißt gerichtet, falls es zu je zwei Elementen
stets ein
gibt mit
und
. Die Ordnung ist genau dann gerichtet, wenn G = G + − G + .
Ordnungseinheiten
Ein Element
heißt eine Ordnungseinheit, falls es zu jedem
ein
gibt mit
.
Im Beispiel
mit der natürlichen Ordnung ist jedes Element aus
eine Ordnungseinheit. Der Folgenraum c0, als geordnete abelsche Gruppe aufgefasst, hat keine Ordnungseinheiten.
Skalierte, geordnete abelsche Gruppen
Eine Skala in G ist eine Teilmenge
mit folgenden Eigenschaften[3]:
- Aus
folgt
- S ist gerichtet, das heißt zu je zwei Elementen
gibt es ein
mit
und
.
- S ist erzeugend, das heißt jedes
ist endliche Summe von Elementen aus S.
Das Paar (G,S) heißt dann skalierte, geordnete abelsche Gruppe. Oft wird eine solche Skala durch eine Ordnungseinheit e definiert, es ist dann
und man schreibt (G,e) an Stelle von (G,S). In der Kategorie der skalierten, geordneten abelschen Gruppen betrachtet man als Morphismen zwischen (G,SG) und (H,SH) diejenigen positiven Gruppenhomomorphismen
, für die
gilt.
Archimedische Ordnung
In Analogie zum archimedischen Axiom nennt man die Ordnung auf G
- archimedisch, falls aus
für all
stets
folgt.
- fast archimedisch, falls aus
für alle
stets x = 0 folgt.
Ist die Ordnung antisymmetrisch, so sind archimedische Ordnungen fast archimedisch.
Unperforierte Ordnung
Folgt aus
für ein
0" border="0"> stets
, so heißt die Ordnung unperforiert.
Unperforierte und antisymmetrische Gruppen müssen torsionsfrei sein, denn aus
für ein
0" border="0"> folgt wegen der Unperforiertheit
und
, also x = 0 wegen der Antisymmetrie.
Archimedische, gerichtete Gruppen sind unperforiert.[4]
Rieszsche Interpolationseigenschaft
Wie auch in der Theorie der geordneten Vektorräume betrachtet man weitere Eigenschaften der Ordnung, etwa die nach Frigyes Riesz benannte Rieszsche Interpolationseigenschaft das heißt[5]:
- Sind
endliche Teilmengen mit
für alle
, so gibt es ein
mit
für alle
. (Es genügt, zweielementige Mengen
zu betrachten.)
Eine geordnete abelsche Gruppe
mit antisymmetrischer Ordnung heißt Verband oder genauer verbandsgeordnete Gruppe, wenn es zu je zwei Elementen
ein Supremum gibt. Dies ist ein Element
mit
und
, das kleinstes Element mit dieser Eigenschaft ist, das heißt für jedes
mit
und
folgt
. Man zeigt, dass z eindeutig durch x und y bestimmt ist. Man spricht daher von dem Supremum von x und y und schreibt dafür
. Ganz analog existiert dann auch zu je zwei Elementen x und y das Infimum
.
Offenbar haben verbandsgeordnete Gruppen die Rieszsche Interpolationseigenschaft, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Es stellt sich heraus, dass verbandsgeordnete Gruppen stets distributive Verbände sind.[6]
Beispiele
- Das bekannteste Beispiel einer geordneten abelschen Gruppe ist die Gruppe
der ganzen Zahlen mit der üblichen Ordnungsrelation. Diese Ordnung ist strikt und es ist
. Die Gruppenhomomorphismen auf
sind genau die Abbildungen
, wobei
. Die positiven Gruppenhomomorphismen sind genau die Abbildungen fn, wobei
.
- Analog zum ersten Beispiel sind auch
und
Beispiele geordneter abelscher Gruppen.
- Auf
definiere
genau dann, wenn
und
. Dann ist
eine geordnete abelsche Gruppe mit
.
- Auf
definiere
genau dann, wenn x1 < y1 oder x1 = y1 und
; das ist die sogenannte lexikographische Ordnung. Auch
ist eine geordnete abelsche Gruppe, die positive Menge ist
.
- Betrachtet man zu einer abelschen Gruppe die Unterhalbgruppe {0}, so ist die zugehörige Ordnungsrelation die Gleichheit.
- Ist H eine Halbgruppe und
die zugehörige Grothendieck-Gruppe, so definiert das Bild von H in G eine Halbgruppe und somit eine Ordnung auf G. Die in der K-Theorie betrachtete K0-Gruppe eines Ringes ist eine solche Grothendieck-Gruppe und daher in natürlicher Weise eine geordnete abelsche Gruppe.
- Jeder geordnete Vektorraum ist eine geordnete abelsche Gruppe, wenn man die skalare Multiplikation vergisst und den Vektorraum nur als abelsche Gruppe betrachtet.
Anwendungen
- Die abzählbaren, unperforierten geordneten abelschen Gruppen mit der Rieszschen Interpolationseigenschaft sind genau diejenigen Gruppen, die als K0-Gruppe einer AF-C*-Algebra auftreten.
- In der Bewertungstheorie definiert man zu einem Bewertungsring A mit Quotientenkörper K die Faktorgruppe K * / A * der Einheitengruppen mit der Ordnung
genau dann, wenn
. Die positive Halbgruppe ist durch die Restklassen der Elemente aus A gegeben.
Einzelnachweise
- ↑ Graham Jameson: Ordered Linear Spaces, Springer, Lecture Notes in Mathematics 141 ( 1970), 1.1
- ↑ K. R. Goodearl: Partially Ordered Abelian Groups with Interpolation (Mathematical Surveys and Monographs), American Mathematical Society (2010), ISBN 0821849808, chapter 1, Basic Notions
- ↑ K. R. Davidson: C*-Algebras by Example, American Mathematical Society (1996), ISBN 0821805991, IV.3 Dimension Groups
- ↑ K. R. Goodearl: Partially Ordered Abelian Groups with Interpolation (Mathematical Surveys and Monographs), American Mathematical Society (2010), ISBN 0821849808, Satz 1.24
- ↑ K. R. Goodearl: Partially Ordered Abelian Groups with Interpolation (Mathematical Surveys and Monographs), American Mathematical Society (2010), ISBN 0821849808, chapter 2, Interpolation
- ↑ Graham Jameson: Ordered Linear Spaces, Springer, Lecture Notes in Mathematics 141 ( 1970), Satz 2.2.7
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