Unverzichtbare Arzneimittel

Unverzichtbare Arzneimittel

Unverzichtbare Arzneimittel sind nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) solche Arzneimittel, die benötigt werden, um die dringlichsten Bedürfnisse der Bevölkerung zur medizinischen Versorgung zu befriedigen[1].

Inhaltsverzeichnis

Erstellung der Liste unverzichtbarer Arzneimittel

Eine Musterliste unverzichtbarer Arzneimittel wird von einem Expertenausschuss der WHO nach den Kriterien der Krankheitshäufigkeit, der Wirksamkeit und Sicherheit sowie der Kosteneffektivität zusammengestellt. Die erstmals 1977 von der WHO veröffentlichte Liste wird alle zwei Jahre überarbeitet. Derzeit werden Arzneimittel mit zirka 300 verschiedenen Arzneistoffen, darunter auch viele Impfstoffe, gelistet.

Die von der WHO erstellte Liste unverzichtbarer Arzneimittel richtet sich primär an die nationalen Regierungen; diese sollten für ihre regionalen Bedürfnisse auf der Grundlage der WHO-Liste eigene Listen erstellen.

Zugang zu unverzichtbaren Arzneimitteln

Nach einer Veröffentlichung der Weltbank hat ein Drittel der Weltbevölkerung keinen effektiven Zugang zu unverzichtbaren Arzneimitteln. Zirka 65 Prozent aller Inder und 47 Prozent der Bevölkerung in Afrika südlich der Sahara können keine unverzichtbaren Arzneimittel erhalten, wenn sie diese benötigen[2]. Die Gründe dafür sind vielschichtig: mangelnde finanzielle Möglichkeiten, schlechte Infrastruktur und Logistik, ein generell schlecht entwickeltes Gesundheitssystem, teilweise auch durch Patentschutz zu hohe Arzneimittelpreise (siehe unten).

Den Zugang aller Menschen auf unverzichtbare Arzneimittel sicherzustellen ist ein erklärtes Ziel des Millennium-Gipfels.

Unverzichtbare Arzneimittel und Patente

Zirka 95 Prozent der Arzneistoffe auf der derzeitigen WHO-Liste sind nicht patentgeschützt. Diese Arzneimittel können somit weltweit kostengünstig als Generika hergestellt und gehandelt werden. Problematisch, weil patentgeschützt, sind aber die von der WHO gelisteten Virostatika zur Behandlung von Aids. Diese sind in der Regel nicht nur in den entwickelten Ländern patentgeschützt; durch das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) wurde dieser Schutz in den letzten Jahren auch auf Schwellen- und Entwicklungsländer ausgeweitet, was den Zugang zu diesen Mittel in solchen Ländern weiter erschwert hat. Es gibt Forderungen, das TRIPS-Abkommen so zu verändern, dass alle unverzichtbaren Arzneimittel in diesen Ländern vom Patentschutz ausgenommen sind[3].

Vernachlässigte Krankheiten

Ein weiteres Problem der unverzichtbaren Arzneimittel sind die Vernachlässigten Krankheiten. Darunter werden von der WHO Krankheiten verstanden, die vorwiegend oder ausschließlich in Entwicklungsländern auftreten, beispielsweise Tropenkrankheiten wie Malaria oder die Afrikanische Trypanosomiasis[4]. Für viele dieser Krankheiten wurden teils seit Jahrzehnten keine neuen Arzneimittel entwickelt, weil die Pharmaforschung in diesem Bereich für die Pharmaunternehmen nicht kostendeckend zu betreiben ist. In jüngster Zeit wurden aber einige neuere Entwicklungen in Form einer Public Private Partnership begonnen und zum Teil auch schon zum Erfolg gebracht, darunter ein neues, nicht patentgeschütztes Artesunat-Amodiaquin-Kombinationspräparat (ASAQ) zur Malariabehandlung.[5]

Quellen

  1. Unverzichtbare Arzneimittel bei der WHO
  2. Priorities in Health. World Bank 2006
  3. Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen
  4. Vernachlässigte Krankheiten bei der WHO
  5. ASAQ Zulassung auf DNDi.org

Literatur

  • Laing R, Waning B, Gray A, Ford N, 't Hoen E: 25 years of the WHO essential medicines lists: progress and challenges. Lancet 2003 361:1723-9 PMID 12767751

Weblinks


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