- Psychopax
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Strukturformel Allgemeines Freiname Diazepam Andere Namen Summenformel C16H13ClN2O CAS-Nummer 439-14-5 PubChem 3016 ATC-Code N05BA01
DrugBank APRD00642 Kurzbeschreibung weißlich-gelbes, geruchloses, kristallines Pulver Arzneistoffangaben Wirkstoffklasse Wirkmechanismus Fertigpräparate - Diazepam (D)
- Diazep-CT (D)
- Faustan (D)
- Gewacalm (A)
- Psychopax (A)
- Psychopax Rectiole(A)
- Stesolid (D, A)
- Stesolid Rectiole(A)
- Valiquid (D)
- Valium (D, CH)
- Valocordin (D)
Verschreibungspflichtig: Ja, teilweise BtmG Eigenschaften Molare Masse 284,74 g·mol−1 Aggregatzustand Feststoff
Dichte 1,26 g·cm−3
Schmelzpunkt Siedepunkt 497,4 °C (760 mmHg)
pKs-Wert 3,3 (20 °C)
Löslichkeit Sicherheitshinweise Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Xn
Gesundheits-
schädlichR- und S-Sätze R: 21/22 S: 36/37 Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln LD50 WGK 2 – wassergefährdend [1] Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Diazepam ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der langwirksamen Benzodiazepine. Es wird insbesondere als Psychopharmakon zur Behandlung von Angstzuständen, in der Therapie epileptischer Anfälle und als Schlafmittel angewendet. Da es bei einer Langzeittherapie mit Diazepam zu einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit kommen kann, wird der Wirkstoff vorrangig in der Akuttherapie – das heißt nicht länger als vier bis sechs Wochen – eingesetzt.[2] Diazepam wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die „Liste der unentbehrlichen Medikamente“ aufgenommen, welche zum Ziel hat, allen Menschen weltweit Zugang zu den notwendigsten Arzneimitteln zu sichern.[3]
Inhaltsverzeichnis
Klinische Angaben
Diazepam wirkt anxiolytisch (angstlösend), antikonvulsiv (antiepileptisch), muskelrelaxierend (muskelentspannend) und sedierend (beruhigend). Es besitzt eine lange Halbwertszeit (24–48 h), zeigt einen raschen Wirkungseintritt wegen der hohen Lipidlöslichkeit und der daher guten Passage der Blut-Hirn-Schranke aber hat wegen einer raschen Umverteilung aus dem Gehirn nur eine kurze Wirkdauer (i.v. Bolus Diazepam nur 10-20 min). Auch seine Abbauprodukte sind pharmakologisch aktiv (Halbwertszeit 50–80 h). Der Abbau von Diazepam ist altersabhängig. Die Halbwertszeit beträgt bei Erwachsenen mittleren Alters ca. 30 h, während sie bei 60- bis 90-Jährigen um die 81 h liegt.
Anwendungsgebiete (Indikationen)
Neben seiner Anwendung zur symptomatischen Behandlung von akuten Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen wird Diazepam in der Prämedikation vor chirurgischen und diagnostischen Eingriffen eingesetzt. Ebenso findet es Verwendung als Muskelrelaxans und als Notfalltherapeutikum zur Behandlung epileptischer Grand-mal-Anfälle sowie, falls Anzeichen vorher bemerkbar sind, zu deren Vermeidung (siehe Antikonvulsivum). Wegen der Gefahr einer Abhängigkeitsentwicklung sollte die Behandlungsdauer so kurz wie möglich sein. Diazepam sollte bei Patienten mit Alkohol-, Arzneimittel- oder Drogenabhängigkeit in der Vorgeschichte nur mit äußerster Vorsicht verwendet werden.[4]
Anwendung in der Schwangerschaft
Bei einigen Studien wurden Herzfehlbildungen, Lippen-/Gaumenspalten und komplexe andere Fehlbildungen beschrieben. Andere Studien konnten teratogene Effekte nicht bestätigen. Es liegen nicht genügend Studien über die spätere Entwicklung des Kindes vor, um darüber sichere Aussagen treffen zu können.[5] Es liegen einzelne Fallberichte über Fehlbildungen und geistige Behinderung der pränatal exponierten Kinder nach Überdosierungen und Vergiftungen vor. Tierversuche haben Hinweise auf Verhaltensstörungen bei Nachkommen von Muttertieren, die Diazepam erhielten, ergeben.[4]
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Diazepam wird über das Cytochrom P450-Enzymsystem (CYP 3A4) abgebaut. Hemmstoffe dieses Enzymsystems (z. B. Cimetidin) führen zu einem verlangsamten Abbau von Diazepam verbunden mit dessen verlängerter oder verstärkter Wirkung.
Diazepam verstärkt die Wirkung anderer Muskelrelaxantien sowie die Wirkung von Lachgas und Analgetika.
Eine Beeinträchtigung der Wirkung der Antibabypille ist möglich.[5]
Die Anwendung von Diazepam und Omeprazol, Cimetidin, Ketoconazol, Fluvoxamin, Fluoxetin sollte vermieden werden, da diese Substanzen den Abbau von Diazepam verlangsamen.[6] Die Anwendung von Diazepam und Betablockern ist nicht indiziert, da Wechselwirkungen nicht vorhersehbar sind.
Warnhinweise
Während der Einnahme von Diazepam darf kein Alkohol konsumiert werden. Bei der Kombination von Diazepam mit anderen zentral wirkenden Pharmaka wie Neuroleptika, Anxiolytika/Sedativa, Antidepressiva, Hypnotika, Antikonvulsiva, Narkoanalgetika, Anästhetika und sedierenden Antihistaminika ist zu berücksichtigen, dass ihre Wirkungen sich gegenseitig verstärken können. Es ist bekannt, dass es bei Verwendung von Diazepam zu paradoxen Reaktionen wie Ruhelosigkeit, Agitation, Reizbarkeit, Aggressivität, Wahnvorstellungen, Wutausbrüchen, Alpträumen, Halluzinationen, Psychosen, auffälligem Verhalten und anderen Verhaltensstörungen kommen kann. Beim Absetzen von Diazepam können Rebound-Symptome auftreten. Die ursprünglichen Symptome, die zur Behandlung mit Diazepam führten, können verstärkt auftreten.[4]
Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)
Diazepam führt zu einer Reduktion des Skelettmuskeltonus und zur Schläfrigkeit und beeinträchtigt dadurch das Reaktionsvermögen auf längere Zeit.
Diazepam kann bei regelmäßiger Einnahme über einen längeren Zeitraum insbesondere psychische, aber auch physische Abhängigkeit hervorrufen. Dies gilt nicht nur für die missbräuchliche Verwendung, sondern auch für den therapeutischen Dosisbereich. Es sind in Deutschland ca. 1,9 Millionen Menschen von der Stoffklasse der Benzodiazepine abhängig. Beim plötzlichen Absetzen der Therapie nach längerer Anwendung können starke Entzugserscheinungen eintreten. Entzugserscheinungen können sein: Angstzustände, Halluzinationen, Krampfanfälle, Psychosen, Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen und Licht, optische Wahrnehmungsverzerrung, übermäßiges Gefühlserleben.
Mögliche Nebenwirkungen bei Diazepam sind:
Müdigkeit, starke Tagessedierung, Benommenheit, Schläfrigkeit, Mattigkeit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, Ataxie, verlängerte Reaktionszeit, Verwirrtheit, anterograde Amnesie. Überhangeffekte (Konzentrationsstörungen, Restmüdigkeit), Beeinträchtigung d. Reaktionsfähigkeit.
Bei hohen Dosen und besonders bei Langzeitbehandlung mit Diazepam: Artikulationsstörungen, Bewegungsunsicherheit u. Gangunsicherheit, Doppelbilder, Nystagmus, Erregungszustände, Angst (Wirkungsumkehr), vermehrte Muskelkrämpfe, Einschlafstörungen u. Durchschlafstörungen bei Diazepam Benzodiazepin, Wutanfälle, Halluzinationen, Suizidalität. Derealisations- und Depersonalisationserleben sowie Gefühlskälte und Kritikschwäche sind typisch für eine Langzeitanwendung mit Diazepam.
Erscheinungen bei einer Abhängigkeitsanamnese:
Persönlichkeitswandel: Gleichgültigkeit, Antriebsverlust, dysphorische Verstimmung, gleichgültige bis euphorische Grundstimmung (inhaltloses Glücksgefühl), fehlende Belastungs- und Konfliktfähigkeit, fehlende Vorausplanung („in den Tag hineinleben“), Einschränkung der Aufmerksamkeit, Konzentrationsstörung, allgemeine seelisch-körperliche (psychomotorische) Verlangsamung, Reaktionszeitverlangsamung mit potentiell gefährlichen Folgen im Verkehr, Beruf und Haushalt, Vergesslichkeit (Erinnerungslücken): Gedächtniseinbußen hinsichtlich der Aufnahme neuer Informationen in den Langzeitspeicher, nicht dagegen hinsichtlich der Erinnerungsfähigkeit an früher (vor dem Missbrauch) gelernter Inhalte, hirnorganisches Psychosyndrom bzw. arzneimittelbedingte Demenz bei älteren Personen, deren Stoffwechsel langwirkende Benzodiazepine und ihre aktiven Zwischenprodukte nur sehr langsam abbauen kann, mangelnde Belastbarkeit mit Leistungsabfall, dysphorisch-depressive Verstimmung, wechselnde Verstimmungszustände, gemütsmäßiger Kontrollverlust mit Reizbarkeit und aggressiven Durchbrüchen, manchmal regelrecht feindseliges Verhalten, innere Unruhe, Nervosität, Fahrigkeit, unerklärliche und unbestimmte Angstzustände: Tranquilizer verstärken langfristig die ursprünglich vorhandene Angst (nach spätestens 4 Monaten bleiben angst-dämpfende Effekte überhaupt aus), zunehmende Furchtbereitschaft (vor Situationen, Personen, Dingen), Flucht vor der Realität (Vermeidungsverhalten), gelegentlich Orientierungsstörung (örtlich, zeitlich, zur eigenen Person, im Extremfall Verwirrtheitszustände), unerklärliche Bewusstseinstrübungen, delirähnliche Zustände, wahnhafte Reaktionen mit Trugwahrnehmung.
Symptome der Überdosierung (Nebenwirkungen)
Bei Überdosierung können Schwindelgefühle und kurzzeitige Amnesie auftreten sowie starke Koordinationsstörungen und Lispeln. Dazu kann Diazepam in hoher Überdosierung eine Atemdepression bis hin zum Atemstillstand hervorrufen. Dabei kommt es unter anderem zum Blutdruckabfall bis hin zum Herzkreislaufstillstand. Bei Überdosierung sollte der Notarzt verständigt werden.
Wichtig ist auch der Hinweis zur Halbwertszeit von Diazepam: Die Halbwertszeit beträgt zwischen 48 und 60 Stunden, d.h. nach dieser Zeit wirkt noch die Hälfte der ursprünglichen Dosis im Körper. Bei wiederholter Einnahme an mehreren darauf folgenden Tagen kommt es zu einer Anreicherung der Substanz im Körper.
Pharmakologische Eigenschaften
Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)
Diazepam wirkt als allosterischer Modulator des GABAA-Rezeptors und verstärkt die inhibitorische Wirkung des Neurotransmitters γ-Aminobuttersäure (GABA). Dabei bindet Diazepam als Agonist an die Benzodiazepinbindungsstelle dieses Rezeptors (ein Chlorid-Ionenkanal) und bewirkt so seine konformationelle Änderung; diese erhöht die Rezeptor-Empfindlichkeit gegenüber GABA. Eine verstärkte GABA-Aktivität resultiert in einer erhöhten Öffnungsrate am Chloridkanal und damit in einem verstärkten Einstrom von Chloridionen in die Zelle. Die Erhöhung der intrazellulären Chloridkonzentration führt durch Hyperpolarisation zu einer verminderten Erregbarkeit der Zelle.
Pharmakokinetik
Diazepam wird nach oraler Einnahme fast vollständig resorbiert. Die Verstoffwechslung umfasst vorwiegend die Schritte N-Demethylierung und Hydroxylierung und liefert die aktiven Abbaustoffe Desmethyldiazepam, Temazepam und Oxazepam.
Toxikologie
Als Antidot (Gegengift) bei Vergiftungen mit Benzodiazepinen wird Flumazenil (Handelsname Anexate) verwendet (ein spezifischer Antagonist).
Chemie
Diazepam ist ein N-methyliertes Benzodiazepin. Als solches ist es durch eine Lactamstruktur gekennzeichnet. Diazepam wurde Mitte der 1950er-Jahre erstmals durch Leo Sternbach (1908–2005) ausgehend von Chlordiazepoxid synthetisiert[7]. Alternativ dazu veröffentlichte Leo Sternbach einen Syntheseweg ausgehend von p-Chloranilin über 2-Amino-5-chlorbenzophenon und Glycinethylesterhydrochlorid[8].
Geschichte
Diazepam wurde von Leo Sternbach entwickelt und erstmals 1963 von der Firma F. Hoffmann-La Roche unter dem Handelsnamen Valium auf den Markt gebracht. Nach Chlordiazepoxid (Librium) 1960 war es das zweite Benzodiazepin. In Deutschland war Diazepam noch 2005 das am häufigsten verordnete Benzodiazepin.[9]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Sicherheitsdatenblatt für Diazepam Sigma-Aldrich 30. November 2007
- ↑ Martin Wehling (Hrsg.:): Klinische Pharmakologie. 1. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005. S.487
- ↑ Essential Medicines 15th edition (March 2007) WHO Model List 2007) (PDF, 607 KB)
- ↑ a b c Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Valium, Stand der Informationen: Februar 2006
- ↑ a b Anke Rohde, Christof Schaefer: Schwangerschaft, Stillzeit und psychische Störungen Stand: 21. April 2008
- ↑ Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz: Paceum, Stnad der Informationen: Februar 2006
- ↑ Sternbach LH, et al. (1961): Quinazolines and 1,4-Benzodiazepines. III. Substituted 2-Amino-5-phenyl-3H-1,4-benzodiazepine 4-Oxides. In: J. Org. Chem. Bd. 26, S. 4488–4497. doi:10.1021/jo01069a069
- ↑ Übersicht über Syntheseverfahren
- ↑ ePsy.de Psychopharmaka in der Praxis 2005
Literatur
- L. H. Sternbach (1979): The Benzodiazepine Story. In: J. Med. Chem. Bd. 22, S. 1–7. PMID 34039
- Fachinformation für Valium, Roche Pharmaceuticals
- Borwin Bandelow et al. Handbuch der Arzneimitteltherapie, Bd. 1, Psychopharmaka, 2nd edition. Enke, 2004. ISBN 3-13-113041-5.
- Benkert, Otto et al. Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 5th edition. Springer, 2003. ISBN 3-540-21893-9.
Weblinks
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