Urnenfelder-Kultur

Urnenfelder-Kultur

Die Urnenfelderkultur (in Fachkreisen als „UK“ abgekürzt) gilt als eine der wichtigsten Kulturen der Späten Bronzezeit in Europa. Daher wird die mitteleuropäische Spätbronzezeit manchmal insgesamt als „Urnenfelderzeit“ bezeichnet. Ein solcher Sprachgebrauch ist jedoch irreführend, da in Mitteleuropa neben der Urnenfelderkultur zu dieser Zeit (etwa 1300 v. Chr. bis 800 v. Chr.) auch noch andere Kulturgruppen existierten. Vielen, aber nicht allen dieser spätbronzezeitlichen Kulturgruppen ist gemein, dass sie ihre Toten auf Scheiterhaufen verbrannt und den Leichenbrand in Urnengräbern beigesetzt haben. Auf diesen Bestattungsritus geht der Begriff „Urnenfelderkultur“ zurück, obwohl in der Spätbronzezeit Mitteleuropas auch andere Bestattungsarten vorkommen. Als Definitionskriterien für die Urnenfelderkultur im engeren Sinne gilt daher nicht allein die Bestattungssitte, sondern auch eine Reihe typischer Bronze- und Keramikformen, die als Beigaben in den Gräbern auftreten.

Die Urnenfelderkultur folgte auf die Hügelgräberkultur der Mittleren Bronzezeit. In den meisten Teilen ihres Verbreitungsgebietes wird die Urnenfelderkultur mit Beginn der frühen Eisenzeit durch die Hallstattkultur abgelöst.

Inhaltsverzeichnis

Chronologie

Der Zeitraum, in dem die Urnenfelderkultur existierte, umfasst mehrere relativchronologische Stufen, die forschungsgeschichtlich als Bronzezeit D (Bz D) sowie Hallstatt A und B (Ha) bezeichnet werden, da zunächst die Unterscheidung zur folgenden früheisenzeitlichen Hallstattkultur nicht deutlich war. Hermann Müller-Karpe und andere Forscher führten eine weitere Untergliederung der Stufen durch (s. auch Späte Bronzezeit). Für den Bereich der süddeutschen Urnenfelderkultur wurde die Chronologie von Lothar Sperber weiter verfeinert.

Stufen nach H. Müller-Karpe Stufen nach L. Sperber Absolute Chronologie
Bz D SB Ia und SB Ib etwa 1300–1200 v. Chr.
Ha A1 SB IIa etwa 1200–1100 v. Chr.
Ha A2 SB IIb etwa 1100–1050 v. Chr.
Ha B1 SB IIc etwa 1050–950 v. Chr.
Ha B2 SB IIIa etwa 950–880 v. Chr.
Ha B3 SB IIIb etwa 880–800 v. Chr.

Verbreitung der Urnenfelderkultur

Vereinfachte Karte der mitteleuropäischen Kulturen in der Spätbronzezeit; die Verbreitung der Urnenfelderkultur ist rot dargestellt

Die Urnenfelderkultur war über weite Teile des südlichen Mitteleuropa verbreitet. Im Westen reicht ihr Kerngebiet bis in das Pariser Becken, im Osten bis nach Niederösterreich und Slowenien. Auch Teile der übrigen Donauländer sowie Belgiens und der Niederlande, Südfrankreichs (bis hinab nach Katalonien) und Norditaliens lassen sich, je nach Definition, ihrem Verbreitungsgebiet zurechnen. Die Grenzen zwischen ihrem Verbreitungsgebiet im engeren Sinne und Regionen, die lediglich unter mehr oder weniger starkem Einfluss der Urnenfelderkultur standen, sind dabei nicht immer deutlich zu ziehen, zumal sie sich im Verlauf der Spätbronzezeit mehrfach verschieben.

Als ein mögliches Entstehungszentrum kommt vor allem der nördliche, östliche und südöstliche Voralpenraum und dabei insbesondere die Laugen-Melaun-Kultur in Frage. Von dort aus verbreiteten sich wichtige Merkmale der Urnenfelderkultur in alle Himmelsrichtungen. Wenige Jahrhunderte später ist sie in Italien, wo sie von der Villanovakultur abgelöst wird, und in Siebenbürgen wieder verschwunden. In Südfrankreich und Nordostspanien hingegen breitete sie sich erst gegen Ende der Spätbronzezeit (etwa im 9. Jh. v. Chr.) aus.

In Deutschland gehörten Baden-Württemberg, Bayern, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Süd- und Mittelhessen sowie der südliche Teil des Thüringer Waldes zum Verbreitungsgebiet der Urnenfelderkultur. In Österreich zählten der Alpen- und Donauraum zum Kernbereich der Urnenfelderkultur.[1] Das Gebiet der UK wird in einen westlichen und einen östlichen Kreis gegliedert. In der älteren und mittleren Urnenfelderzeit lag die Grenze zwischen den beiden Kreisen im Bereich Strudengau–Dunkelsteiner Wald, in der jüngeren Phase gehörten auch der oberösterreichisch-salzburgische Raum zu Ostkreis[1].

Anhand von Unterschieden in der Keramik lassen sich, innerhalb des westlichen UK-Kreises, seit Beginn der Hallstattzeit A (Ha A, 1200–1000 v. Chr.) drei größere Regionalgruppen unterscheiden: die rheinisch-schweizerische, die untermainisch-schwäbische und die oberbayerisch-salzburgisch-südoberösterreichische Gruppe. Die Definition der rheinisch-schweizerischen sowie der untermainisch-schwäbischen Gruppe geht dabei auf Emil Vogt und Wolfgang Kimmig zurück. Die Grenze dieser beiden Gruppen fällt annähernd mit der Ost- und der Nordgrenze Südbadens und weiter nördlich mit dem Rhein zusammen. Die Ostgrenze der untermainisch-schwäbischen Gruppe ist entlang der Westgrenze Oberfrankens, Mittelfrankens und Niederbayerns und südlich entlang der Isar zu fassen.

Während der Hallstattzeit A und der Hallstattzeit B (Ha B, 1000–800 v. Chr.) bildete die rheinisch-schweizerische Gruppe mit der Urnenfelderkultur des ost- und zentralfranzösischen Raumes eine mehr oder minder einheitliche Keramikprovinz heraus. Die oberbayerisch-salzburgisch Gruppe grenzt im Westen an die untermainisch-schwäbische Gruppe und im Norden grenzt sie an die niederbayerisch-südoberpfalzische Keramikprovinz. Sie endet an der Inn/Salzach-Linie.

Die Lausitzer Kultur, die im Nordosten an das Verbreitungsgebiet der Urnenfelderkultur grenzt, ähnelt ihr im Bestattungsbrauch und in manchen Aspekten der materiellen Kultur. Von manchen Forschern wird sie deshalb ebenfalls zur Urnenfelderkultur gerechnet.

Bestattungsritus

ausgegrabenes spätbronzezeitliches Urnengrab im Botanischen Garten Marburg
Urnen, Fundort: Lahnberge (heute: Botanischer Garten Marburg)

Die Toten wurden auf Scheiterhaufen verbrannt, die Knochenreste und die Asche wurden anschließend in Grabgruben, in Behältnissen aus Stoff oder Holz sowie in tönernen Urnen auf Urnenfeldern beigesetzt. Dabei können schlichte Brandgräber und aus Steinen errichtete Grabkammern unterschieden werden. Im einzelnen ist der Bestattungsritus in den verschiedenen Regionen unterschiedlich ausgeprägt und war auch im Verlauf der Spätbronzezeit gewissen Änderungen unterworfen. Bei den Bestattungssitten und den Grabformen kommen entsprechend viele Varianten vor; es gab Brandgruben-, Brandschüttungs-, Urnen- und sogenannte Glockengräber, aber auch Gräber mit Steinschutz.

Bei Brandgrubengräbern wurde der Scheiterhaufen direkt über der späteren Grabgrube errichtet und seine Reste nach dem Abbrennen an Ort und Stelle mit Erdreich oder Steinen überdeckt. Bei Brandschüttungsgräbern wurden die aus dem Scheiterhaufen aufgelesenen Knochenreste und die Asche der Toten auf den Boden eines separat vom Scheiterhaufen angelegten Grabes gestreut. Danach hat man auch hier den Leichenbrand mit Erde oder Steinen bedeckt. Bei Urnengräbern wurden die Knochenreste in größere Urnen geschüttet, hinzugegeben wurden noch die meist fast vollständig verbrannten Beigaben. Die Urne wurde meistens mit einer Schale abgedeckt. In oder neben die Urne wurde häufig ein vier- bis sechsteiliges Keramikservice gestellt. Bei Glockengräbern wurde die Urne mit einem größeren Tongefäß (meist ein großes Vorratsgefäß) überstülpt. Der Steinschutz spätbronzezeitlicher Gräber kommt in Form von Steinpackungen, Steinunterlagen und Wandsteinen vor. Daneben treten auch vollständig aus Steinplatten konstruierte Steinkistengräber auf, die sowohl Aschestreuungen als auch Urnen- und Körperbestattungen enthalten können.

In vielen Regionen wurden in der Urnenfelderkultur große Gräberfelder angelegt (beispielsweise Kelheim mit mehr als 258, Ingolstadt-Zuchering mit mehr als 316, Franzhausen mit über 400[1] Gräbern). Vor allem westlich des Rheins sind die Gräberfelder sehr viel kleiner, was vielleicht auf andere gesellschaftliche Organisationsformen schließen lässt. Teilweise wurden die Urnen mit Kreisgräben eingefasst oder in Grabhügeln bestattet. Auf manchen Gräberfeldern wurden nur ausgewählte Bestattungen so behandelt, was möglicherweise ebenfalls als Hinweis auf eine besondere Stellung des jeweiligen Toten gedeutet werden kann.

Die Urnenfelderzeit Bayerns kennt einige wenige Gräber einer hochgestellten Oberschicht, der sogenannte „Wagenfahrer“, welche auf dem Scheiterhaufen zusammen mit vierrädrigen Repräsentationswagen verbrannt wurden (beispielsweise aus Poing).

Die Waffenbeigabe im Grab kennzeichnet vermutlich eine Kriegerschicht mit einer führenden gesellschaftlichen Rolle. Schwerter wurden dabei allerdings nur in sehr wenigen Gräbern gefunden. Anstatt der Beigabe im Grab kommt es im Lauf der Spätbronzezeit vermehrt zur Deponierung von Waffen und Geräten in Gewässern – ein Ritus mit vermutlich kultischem Hintergrund.

Keramik

Die typische Keramik der Urnenfelderkultur variiert von Großgefäßen wie henkellosen Zylinder-, Trichter- und Kegelhalsgefäßen, Amphoren sowie doppelkonischen Gefäßen bis hin zu Kleingefäßen, wie Bechern, Krügen, Knickwandschalen, konischen Schalen, tellerartigen flachen Schälchen und Näpfen.

In den Formen, vor allem aber in der Verzierung der Keramik lassen sich zeitliche und regionale Unterschiede beobachten. Der untermainisch-schwäbischen Gruppe z. B. ist die Ausschmückung von Innenflächen generell fremd, eine Gliederung oder Verzierung erfolgt normalerweise nur auf der Außenseite der Keramik, wobei eine plastische Verzierung mit Riefen und z. T. auch Buckeln ein besonders charakteristisches Merkmal der untermainisch-schwäbischen Gruppe bildet. Dagegen stellt die Verzierung von Innenflächen, besonders bei Schalen, ein Charakteristikum der rheinisch-schweizerischen Gruppe dar. Unter den verschiedenen Verzierungstechniken sind Kammstrich, Ritz- und Stempelverzierung sowie polychrome Verzierung typisch für die rheinisch-schweizerische Gruppe.

Rote Bemalung und Graphitierung erscheinen in der Urnenfelderkultur erst mit der Stufe Ha B, ihr Auftreten ist hier so charakteristisch, dass sie ein wichtiges Datierungsmerkmal darstellt. Der Ursprung der Rotfärbung ist noch nicht völlig geklärt. Es dürfte aber kein Zufall sein, dass sie besonders im Gebiet der rheinisch-schweizerischen Gruppe aufkommt, steht doch die bunte und abwechslungsreiche Ornamentik der rheinisch-schweizerischen Urnenfelderkultur in starkem Gegensatz zum konventionellen Stil der untermainisch-schwäbischen Gruppe.

Bronzeerzeugnisse

Bronzekultwagen, aus Acholshausen

Die Metallbearbeitung erreichte in der Urnenfelderkultur einen hohen technischen Stand. Bronzeerzeugnisse wurden zum größten Teil in Gussformen aus Stein und gelegentlich auch aus Bronze gegossen, seltener hingegen wird wohl der arbeits- und zeitaufwendige Guss in verlorener Tonform gewesen sein. Auf Bronzegießerwerkstätten in Siedlungen der Urnenfelderkultur weisen bei Ausgrabungen gefundene Schmelztröpfchen hin.

Ein besonderes Charakteristikum der Urnenfelderkultur ist die große Anzahl an Gegenständen aus Bronzeblech. Die Anfertigung von bronzenen Tassen, Schöpfgefäßen, Sieben, Eimern, Helmen und Beinschienen erfolgte dabei durch die Technik des Treibens. Aus mehreren Teilen zusammengesetzte Stücke wurden durch Niete zusammengefügt, andere Objekte auch durch bronzene Klammern oder durch Umbiegen und Ineinandergreifen der Blechränder.

Sowohl aus Grab- als auch aus Depotfunden liegen viele unterschiedliche Typen von Schmuckstücken vor, wie Stirn-, Ohr-, Hals-, Brust-, Arm-, Finger- und Beinschmuck. Außer aus Bronze wurden Schmuckstücke aus Zähnen von Tieren, aus Knochen, Bernstein, Glas und Gold angefertigt. Der Formenreichtum an bronzenen Werkzeugen und Waffen spiegelt sich dagegen nicht so sehr in den Gräbern, sondern besonders in den zahlreichen Depotfunden der Urnenfelderkultur wider. Unter den Werkzeugen sind bronzene Beile und Sicheln am häufigsten. Zur Bewaffnung zählten dagegen Dolche, Schwerter, Lanzen, Speere sowie Pfeilspitzen. Bei den Dolchen, Lanzen, sowie bei Pfeil und Bogen kann man im einzelnen meist nicht mit Klarheit sagen, ob es sich um Jagd- oder Kriegswaffen handelt.

Besonders die Schwerter scheinen neben ihrer praktischen Funktion als Kriegswaffe z. T. auch eine Funktion als Statussymbol erfüllt zu haben. Je nachdem, wie die bronzene Schwertklinge und der Schwertgriff aus organischem Material miteinander verbunden waren, lassen sich Exemplare mit Griffzunge, -platte und -dorn unterscheiden. Um Statussymbole dürfte es sich aber vor allem bei Schwertern mit Griffen aus Bronze gehandelt haben (Vollgriffschwerter). Während der Stufe Bronzezeit D waren vor allem bronzene Riegsee-Schwerter (Vollgriffschwerter vom Typ Riegsee), Rixheim-Schwerter (Griffplattenschwerter vom Typ Rixheim) und vereinzelt frühe Griffzungenschwerter verbreitet. Während der Zeitstufe Ha A1 waren unter anderem Dreiwulstschwerter (Vollgriffschwerter mit drei Wülsten auf der Griffstange) üblich, die in der Stufe Ha B2/3 durch Antennen-, Schalenknauf, und Karpfenzungenschwerter abgelöst wurden.

Zum Ende der Urnenfelderkultur gelangten auch vereinzelt eiserne Gegenstände durch Tauschhandel in deren Verbreitungsgebiet. Solche Eisenfunde liegen unter anderem aus Südwestdeutschland vor.

Siedlungen

Die Siedlungsstrukturen mit Dörfern glichen denen der vorangegangenen Epochen. Neben Weilern gab es auch Siedlungszentren, vielfach lagen diese auf Inselbergen. Es waren dies oft 20 bis 30 Hektar große Siedlungen, die von Wall-Graben-Systemen umgeben waren. In Ormož (Slowenien) gab es eine 400 mal 380 Meter große Siedlung mit rechtwinklig angelegten, befestigten Straßen. Gut untersuchte Siedlungen sind auch der Freinberg in Linz und Rainberg in Salzburg. Je nach Art der Bauten gibt es zwei Typen von Siedlungen: beim ersten Typ gibt es nur gleichartige, kleine, rechteckige Gebäude. Im zweiten Typ gibt es kleinere Hütten neben großen hallenartigen, meist zweischiffigen Gebäuden. Letztere waren Wohn- und Gemeinschaftshäuser, die kleinen wahrscheinlich Werkstätten und Speicher.[1]

Bergbau

In den nördlichen Ostalpen war der Kupferbergbau von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Überregional bedeutend waren der Mitterberg und die Kelchalm am Jochberg bei Kitzbühel. Auf der 1500 Meter hoch gelegenen Kelchalm wurden zahlreiche Holzgeräte gefunden. Darunter auch Kerbhölzer, die zum Zählen dienten und ein Hinweis auf eine beginnende Verwaltung darstellen. In Altmännern wurden Reste der Verzimmerung, Sickertrogreste und Siebe als Hinweise auf eine Aufbereitung unter Tage, sowie ein Arschleder gefunden. In Wörgl wurde ein Gewerbeareal mit über 100 Feuerstellen gefunden. In Krumpenthal (Steiermark) wurde ein größeres Areal zur mehrphasigen Verhüttung gefunden mit Röstbetten, Schmelzöfen. Charakteristisch für den Ostalpenraum sind Zwillingsofenanlagen mit Röstbetten auf zwei Arbeitspodien.[1]

Die Salzgewinnung im Salzkammergut geht in die mittlere Bronzezeit zurück. Im 13. Jahrhundert begann jedoch der Untertagebau nach Bergsalz, das in fester Form abgebaut wurde. In Hallstatt reichen die Funde bis 215 Meter unter die Erdoberfläche. Holzwerkzeuge wie Fülltröge waren ganz gleichartig gefertigt, ebenso die Kienholzspäne. Dies lässt auf eine industrie-artige Produktion schließen.[1]

Forschungsgeschichte

Der süddeutsche Prähistoriker Ernst Wagner formulierte 1885 in seinem Werk „Hügelgräber und Urnen-Friedhöfe in Baden“ im Zusammenhang mit spätbronzezeitlichen Grabfunden erstmals die Bezeichnung „Urnen-Friedhöfe“. Die Publikation Ernst Wagners wurde 1886 von Otto Tischler in der „Westdeutschen Zeitschrift“ kommentiert. Dabei sprach Tischler von „Urnenfeldern der Bronzezeit“ und prägte damit den Begriff, der für die Urnenfelderkultur namengebend wurde.

Georg Kraft leistete 1927 weitere Grundlagenarbeit mit seiner Umschreibung der Gräbergruppe „Melz-Rixheim, Bz D“, sowie mit seiner Arbeit zu „Oberdingen“ für die Zeitstufe Ha A im Raum Württemberg.

Emil Vogt gliederte 1930, nur kurze Zeit später, die Urnenfelderkultur im südwestlichen Mitteleuropa aufgrund der Keramik in eine West- und eine Ostgruppe (diese beiden Gruppen sind nicht identisch mit dem oben im Abschnitt zur Verbreitung der Urnenfelderkultur genannten östlichen oder westlichen UK-Kreis, die sich auf sehr viel großräumige Gliederungseinheiten beziehen). Die beiden von Vogt aufgrund ihrer unterschiedlichen Keramikstile als Ost- und Westgruppe unterschiedenen Regionalgruppierungen umschrieb dann 1940 Wolfgang Kimmig als die rheinisch-schweizerische und die untermainisch-schwäbische Gruppe der Urnenfelderkultur. Kimmig wies in dieser Arbeit zur Urnenfelderkultur in Baden der untermainisch-schwäbischen Gruppe ganz Württemberg als Teilprovinz zu, die im Laufe der Zeit aber unter den Einfluss der rheinisch-schweizerischen Gruppe gelangt sei.

E. Gersbach teilte 1951 mit Hilfe württembergischer Funde die Zeitstufe Ha B in die Unterstufen Ha B1 und Ha B2 ein; im Jahr 1959 legte H. Müller-Karpe eine ähnliche Untergliederung für den gesamten süddeutschen Raum vor. Dabei gliederte er Ha A in Ha A1 und A2 sowie Ha B in Ha B1, B2 und B3.

Wiederum E. Gersbach versuchte 1961 ebenfalls, Ha B in drei Unterstufen zu teilen, die Forschung übernahm jedoch diese Dreiteilung von Ha B ebenso wenig wie jene von Müller-Karpe. Die Existenz einer Mittelstufe Ha B2 bleibt bis heute umstritten.

Erst 1972 sollte mit der Arbeit von R. Dehn eine Gesamtbearbeitung der Urnenfelderkultur in Nordwürttemberg vorliegen. Dehn unterteilte dabei Ha A1 nochmals in Ha A1a und Ha A1b. Auch er bezeichnete Nordwürttemberg als Teilgebiet der untermainisch-schwäbischen Gruppe, seine Hoffnung, in diesem Raum eine Kontaktzone zu anderen Urnenfeldergruppen zu finden, sollte sich nicht bestätigen. Nach dieser Arbeit von R. Dehn folgten weitere Arbeiten zur Stufe Bz D: 1971 von Ch. Unz zur Keramik, 1974 von H. Reim zur Bewaffnung, 1980 von A. Beck zu den Trachtbestandteilen. Diese Autoren betonten im Gegensatz zu den Arbeiten von W. Kimmig von 1948 bis 1950 einen kontinuierlich verlaufenden Kulturwandel von der Hügelgräber- zur Urnenfelderkultur. 1981 und 1987 folgten noch zwei Arbeiten von Stadelmann und Biel.

Die Ursachen für die Herausbildung der Urnenfelderkultur zu Beginn der Spätbronzezeit und für den damit verbundenen Kulturwandel gegenüber der vorangehenden Mittelbronzezeit wird in der Forschung nach wie vor kontrovers diskutiert.

Vor allem in der älteren Forschung weit verbreitet war die These, dass am Beginn der Spätbronzezeit in vielen Gebieten Europas Völkerwanderungen einsetzten, in deren Verlauf sich durch kulturelle Vermischung kleinerer Kulturgruppen schließlich die Urnenfelderkultur herausbildete. Als Ursache hierfür wurde zum Teil eine starke Bevölkerungszunahme vermutet, deren Auswirkungen durch einen kurzfristigen Klimaeinbruch zeitweise verstärkt worden sein könnten.

Richard Pittioni etwa vertrat 1938 die Ansicht, dass in der Lausitz, zwischen Sachsen, Brandenburg und Schlesien, im 13. Jhd. v.Chr. eine große Abwanderung der Bevölkerung eingesetzt habe. Als Folge der Begegnung verschiedener eingewanderter Menschengruppen mit der älteren einheimischen Bevölkerung entstanden nach Pittioni in verschiedenen Teilen Europas lokale Urnenfeldergruppen. Außerdem ging Pittioni aufgrund bestimmter Gemeinsamkeiten bei archäologischen Funden, wie etwa häufig wiederkehrende ähnliche Gefäßtypen, davon aus, dass die verschiedenen Urnenfeldergruppen einer Gemeinschaft mit derselben Sprache angehörten. So waren ihm zufolge alle Urnenfelderleute Alteuropäer, die weite Teile Europas in Besitz genommen hatten.

Andere Prähistoriker bezweifelten schon früh die These großer Völkerwanderungen, so zum Beispiel Georg Kraft. Er schloss diese Theorie 1927 nach der Untersuchung süddeutscher Urnenfelder aus.

Wolfgang Kimmig bestritt 1964, dass die verschiedenen Urnenfeldergruppen einem Volk angehörten, aber wie auch Pittioni ging er von der These einer Wanderung aus, die neben Kulturkontakten sowie einem damit einhergehenden Kulturaustausch mit vielen verschiedenen Beeinflussungen für die Entstehung und Ausbreitung der Urnenfelderkultur verantwortlich gewesen sei. So führten nach Kimmig diese Wanderungen der Urnenfelderleute über Griechenland, die ägäischen Inseln bis nach Syrien, Palästina und Ägypten. Die Vielfalt der einzelnen Gruppen legte demnach den Schluss nahe, dass in der Urnenfelderkultur kein ethnisch einheitlicher Komplex vorliegt, sondern vielmehr vom Vorhandensein verschiedener Stämme ausgegangen werden muss, die später an der Herausbildung der verschiedenen eisenzeitlichen Volksgruppen beteiligt waren (Illyrer, Italiker, Iberer, Ligurer, Kelten). Eine geographische Zuordnung einzelner Regionalgruppen der Urnenfelderkultur zu erst Jahrhunderte später namentlich überlieferten Stämmern und Völkern ist anhand der archäologischen Funde jedoch nicht möglich.

Als bindende Gemeinsamkeit der Träger der Urnenfelderkultur darf die Annahme neuer religiöser Vorstellungen zu Beginn der Spätbronzezeit vermutet werden, was in weiten Teilen Europas zu einem Wandel der Bestattungssitten führte.

Nachfolgende Kulturen

Im westlichen Verbreitungsgebiet der Urnenfelderkultur bildete sich ab etwa 800 v. Chr. die eisenzeitliche Hallstattkultur heraus. Der Übergang zur Hallstattkultur erfolgte dabei ohne Brüche, also fließend. Geschirr, Waffen und Schmuckstücke blieben in weiten Bereichen gleich, auch die urnenfelderzeitlichen Siedlungen blieben bestehen, etliche Gräberfelder wurden weiterhin benutzt.[1]

Siehe auch

Literatur

  • G. Kraft: Die Stellung der Schweiz innerhalb der bronzezeitlichen Kulturgruppen Mitteleuropas. In Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Neue Folge 29 (1927), S. 1–16, 74–90, 137–148, 209–216.
  • Emil Vogt: Die spätbronzezeitliche Keramik der Schweiz und ihre Chronologie. Fretz, Zürich 1930 (= Denkschriften der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, Bd. 66, Abh. 1).
  • Wolfgang Kimmig: Die Urnenfelderkultur in Baden. Untersucht aufgrund der Gräberfunde. de Gruyter, Berlin 1940 (= Römisch-germanische Forschungen, Bd. 14).
  • Hermann Müller-Karpe: Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen. de Gruyter, Berlin 1959 (= Römisch-Germanische Forschungen, Bd. 22).
  • Lothar Sperber: Untersuchungen zur Chronologie der Urnenfelderkultur im nördlichen Alpenvorland von der Schweiz bis Oberösterreich. Habelt, Bonn 1987 (= Antiquitas Reihe 3, Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 29), ISBN 3-7749-1700-0.
  • Hans Joachim Behnke: Untersuchungen zu Bestattungssitten der Urnenfelderzeit und der älteren Eisenzeit am Hochrhein. Die hallstattzeitlichen Grabhügel von Ewattingen und Lembach und die urnenfelderzeitliche Siedlung von Ewattingen im Landkreis Waldshut. Leipziger Universitäts-Verl., Leipzig 2000, ISBN 3-934565-65-4.
  • Daniela Kern: Urnenfelderzeitliche Siedlungsfunde der unteren Holzwiese. Thunau am Kamp – Eine befestigte Höhensiedlung (Grabung 1965–1990). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2001 (= Mitteilungen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 41), ISBN 3-7001-2985-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Otto H. Urban: Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs. Ueberreuter, Wien 2003, S. 188–224. ISBN 3-8000-3969-9

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