Urnengrab

Urnengrab

Unter Feuerbestattung, auch Kremation, Kremierung oder Einäscherung, früher Leichenverbrennung, versteht man die Veraschung einer Leiche. In westlichen Ländern wird dieser Vorgang im Krematorium durchgeführt. Die Beisetzung der Überreste erfolgt gewöhnlich in einer Aschekapsel.

Moderner Verbrennungsofen

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Frühgeschichte

Die Verbrennung des Körpers eines Verstorbenen ist in vielen Kulturen bekannt und gebräuchlich. Die Asche wurde verstreut oder aufbewahrt. Das Verstreuen erfolgte je nach den regionalen Besonderheiten an Land oder in einem Gewässer. Um die Asche aufzubewahren wurden besondere Urnen, aber auch Vasen oder Krüge benutzt. Das Urnengrab ist in Mitteleuropa eine Erscheinung der Bronzezeit, die sich mit der Urnenfelder-Kultur zwischen 1250 und 750 v. Chr. weit verbreitet. Es gibt keine Anzeichen, dass dies ein Übergang von der Körper- zur Brand- oder Feuerbestattung war. Der Leichenbrand wurde bereits im Neolithikum aufgesammelt und ggf. mit Beigaben im Brandgrab (Leichenbrandlager, -schüttung) deponiert. Von den Trägern der Schönfelder-Kultur wurde er erstmals in oft besonders gestalteten Urnen (Gesichtsurnen) auf regelrechten Friedhöfen (Urnenfeldern) in die Erde verbracht. In der Jungbronzezeit schützen mitunter kleine Steinkisten die Urnen, wie Funde in Dohren im Landkreis Harburg belegen. Urnengräber sind auch noch in der Eisenzeit gebräuchlich und werden wie beim Urnenfeld im Ruser Steinbusch mitunter sogar durch Steinsetzungen markiert.

Christentum

Im Christentum wurde die Feuerbestattung jahrhundertelang abgelehnt. Der Grund ist in einem engen, wörtlichen Verständnis der Auferstehung der Toten zu suchen. Wenn der Körper des Verstorbenen bei der Auferstehung von Gott wieder zum Leben erweckt würde, bedeutete es eine Missachtung Gottes, den Körper durch Feuer zu zerstören. Demgegenüber orientiert sich die christliche Erdbestattung an der Grablegung Jesu Christi.

In einem Dekret von Karl dem Großen aus dem Jahre 789 wurde die Verbrennung von Toten verboten. Im Mittelalter diente der Feuertod als Todesstrafe, mit der Gunst, dass der Leib für die Auferstehung nicht verstümmelt wurde.

Der § 814 des Preußischen Allgemeinen Landrechts (1794) steht für das Bewusstwerden der hygienischen Probleme der Leichenbehandlung, darin wurde die Bestattung von Leichen in bewohnten Gebieten untersagt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkte sich die Forderung nach einer Feuerbestattung aus mehreren Gründen. Die Ärzteschaft lobte die Feuerbestattung als die hygienischere Bestattungsform, die Arbeiterverbände und aufkeimende Sozialdemokratie sah hier eine kostengünstigere Bestattungsart, und die sich ausbreitenden areligiösen Verbände wie die Freidenker propagierten die Feuerbestattung gezielt, auch in bewusster Abgrenzung zur christlichen Bestattungskultur, da das Konzept der Auferstehung abgelehnt wurde.

Das erste Krematorium in Deutschland wurde 1878 eingerichtet, das zweite folgte 1891. Der kulturelle Wandel hielt jedoch an und führte 1905 zur Gründung des Verbandes „Freidenker für Feuerbestattung“ und zahlreicher Vereine, die Privatfriedhöfe für Urnengräber errichteten. In Österreich setzte sich seit Ende des 19. Jahrhunderts vor allem der Verein Die Flamme für die Errichtung eines Krematoriums ein. Doch das erste österreichische Krematorium - die Feuerhalle Simmering in Wien - wurde erst 1922 eröffnet.

Nach anfänglicher Duldung der Feuerbestattung durch die römisch-katholische Kirche verbot der Heilige Stuhl (Papst Leo XIII.) am 19. Mai 1886 diese sowie die Zugehörigkeit zu Feuerbestattungsvereinen, weil die Feuerbestattung eine „barbarische Sitte“ und eine Verletzung der natürlichen Pietät sei, die zudem geeignet sei, dem Materialismus den Weg zu ebnen. Verstorbene, die letztwillig ihre Verbrennung verfügt hatten, konnten daraufhin nicht mehr eingesegnet und kirchlich bestattet werden. Auch die Bestattung in der „geweihten Erde“ eines (kirchlichen) Friedhofs war verboten. Erst 1964 wurde im katholischen Kirchenrecht das Verbot der Feuerbestattung aufgehoben, sofern damit nicht die explizite Leugnung des Glaubens an die Auferstehung zum Ausdruck gebracht werden soll. (Katholischer Erwachsenen-Katechismus)

Die Evangelischen Kirchen standen gegen Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts der Feuerbestattung zunächst auch überwiegend ablehnend gegenüber. Bald setzte sich aber eine tolerierende, wenn auch nicht fördernde Haltung durch.

In der orthodoxen Kirche wird die Feuerbestattung bis heute abgelehnt. In Griechenland wurde sie erst 2006 legalisiert.

Kremation in Ubud (Indonesien)
Darstellung einer japanischen Einäscherung

Andere Religionen

Bei den Hindus ist Leichenverbrennung (in offener Form) die gängige Bestattungsmethode.

In Japan werden Leichenverbrennungen bei niedrigeren Temperaturen als in Europa durchgeführt. Die Tradition begann im Jahre 700 mit der Verbrennung des Mönchs Dōshō, gefolgt von der des Jitō-tennō im Jahr 703 und des Mommu-tennō im Jahr 707 und wurde in der Nara-Zeit üblich. Durch die Art der Verbrennung verbleiben immer feste Teile in der Asche. Diese Stücke werden durch die Angehörigen, die eine Kette bilden, mittels Stäbchen weitergegeben und in die Urne gelegt. Dies ist der einzige Anlass, bei dem Japaner direkt etwas von einem Paar Stäbchen zum nächsten weiterreichen.

Für die Bahai-Religion verbot ihr Stifter Baha’u’llah 1873 in seinem Kitab-i-Aqdas die Feuerbestattung.

Sowohl im Judentum als auch im Islam ist die Feuerbestattung verboten.

Deutschland heute

In deutschen Großstädten sind heute mehr als die Hälfte aller Beisetzungen Feuerbestattungen. Die starke Zunahme der Feuerbestattung in den letzten Jahrzehnten hat ihren Grund zum einen in den deutlich höheren Kosten für eine Erdgrabstelle im Vergleich zum Urnengrab.

Andererseits spielen auch ästhetische und hygienische Überlegungen eine Rolle. Im Gegensatz zur Verwesung des Leichnams im Boden gilt die Verbrennung als sauber, etwa im Falle, dass der Verstorbene eine ansteckende Krankheit hatte. Auch ist die Schadstoffbelastung des Bodens nach der Verbrennung geringer, solange die Krematorien die Vorgaben einhalten.

Europa

Die Rate der Feuerbestattungen nimmt zu, in Deutschland wächst die Rate der Feuerbestattungen pro Jahr jeweils etwa um 1% [1] Die Einäscherungsraten steigen in Europa an. (1997[2])

  • Großbritannien: 70 Prozent
  • Dänemark: 65 Prozent
  • Schweden: 60 Prozent
  • Schweiz: 55 Prozent
  • Niederlande: 47,8 Prozent
  • Belgien: 29,5 Prozent

Es werden auch zunehmend Einäscherungen in den Nachbarländern Deutschlands genutzt. Andererseits sind in den Nachbarländern andere Bestattungsarten möglich, die nach deutscher Gesetzgebung noch untersagt sind.

Durchführung und Technik

Besonderheiten vor der Feuerbestattung

Die Feuerbestattung bedarf in Deutschland einer gesonderten Genehmigung. Insbesondere dürfen keine Zweifel an der Identität des Toten und an der Todesursache bestehen, da eine nachträgliche Untersuchung der Leiche (Exhumierung) nach der Verbrennung nicht mehr möglich ist. Daher erfolgt vor der Kremierung eine zweite Leichenschau durch einen Amtsarzt oder Rechtsmediziner im Kühlraum des Krematoriums, in der Regel innerhalb von zwei Tagen.

Prozedur

Vor der Kremation wird der Tote im Sarg nochmals geprüft.

Der Leichnam wird mitsamt dem Sarg in einem Krematorium verbrannt. Dabei werden nicht geschraubte Särge aus Holz verwendet. In einigen modernen Verbrennungsöfen ist es auch möglich Särge, die aus anderen brennbaren, umweltneutralen Stoffen (z.B. Pappe) bestehen, zu verwenden. Ein Schamottestein mit einer Nummer, der auf den Sarg oder zum Leichnam gelegt wird, gewährleistet die eindeutige Zuordnung der Asche. Die Öfen in einem Krematorium sind nicht dafür ausgelegt, mehr als einen Sarg gleichzeitig aufzunehmen.

Brandrückstände vor dem Mahlen in der Aschenmühle

Die Kremierung selber erfolgt in einem Muffelofen, der auf etwa 900 °C vorgeheizt wird. Die Systeme verfügen heute in der Regel über Sicherheitseinrichtungen, die eine umwelt- und ressourcenschonende und für den Mitarbeiter sichere Verbrennung sicherstellen. Der Sarg wird meist automatisiert eingefahren, um einen übermäßigen Temperaturverlust zu vermeiden. Der Sarg entzündet sich durch die von der wärmespeichernden Schamotteauskleidung des Ofens abgegebene Hitze von selbst. Andererseits bringt die Verbrennung des Sarges auch die notwendige Energiemenge ein, um die Verbrennung am Laufen zu halten. Der Brand wird lediglich durch Zuführen warmer Luft unterstützt. Diese Phase dauert etwa 45 Minuten und endet mit dem Abblasen der Holzasche, bis dahin ist ein Einsatz der Gasbrenner nicht notwendig. Die Temperatur wird durch Zuschalten von Gasbrennern auf 1.200 °C erhöht, um verbliebene Bestandteile zu veraschen, im wesentlichen verbleiben so nur mineralische Knochenbestandteile, dazu Zähne und nichtbrennbare Implantate. Der Kremationsprozess dauert insgesamt etwa 90 Minuten, hängt im Einzelnen von der Körpermasse und dem Wassergehalt des Körpers ab.

Während der Einäscherung verbrennen die Organe und weichen Gewebeteile, es sind dann etwa 5 Prozent des Körpergewichtes aus Knochenresten, Implantaten und Sargbestandteilen verblieben. Eisenteile, wie Sargklammern, werden magnetisch aussortiert, Implantate aus Gold und Titan werden vor dem anschließenden Mahlgang in einem Urnenabfüllgerät ausgesondert. Das Mahlgut und die keramische Markierungstafel, die dem Sarg bei der Verbrennung beigelegt war, werden in eine Aschekapsel gefüllt und diese wird verschlossen. Außen auf dem Kapseldeckel wird der Name des Krematoriums, der Name des Verstorbenen und sein Geburts-, Todes- und Einäscherungsdatum sowie die Identifizierungsnummer geprägt. Viele Betreiber von Krematorien spenden die anfallenden Edelmetalle und andere Wertteile karitativen Organisationen. Je nach den bestehenden Vorschriften müssen bereits vor der Kremierung Herzschrittmacher und medizinische Hilfsmittel aus dem Körper entfernt werden, wegen der Explosionsgefahr bei Hitzeeinwirkung könnten Batterien den Ofen schädigen. Es können auch Vorschriften zur Vorbehandlung wegen radioaktiver Belastung des Leichnams bestehen.

Die Aschenkapsel wird oft in eine repräsentative oder dekorative Überurne eingesetzt. Die Überurne gibt der einfachen Aschekapsel ein würdiges Aussehen.

Einige Krematorien bieten auf Nachfrage die Möglichkeit zur Besichtigung an. Angehörige können in besonderen Fällen bei der Kremierung anwesend sein.

Aschekapsel in ihrer Überurne nach 15 Jahren in der Friedhofserde

Beisetzungsmöglichkeiten der Asche

Es gibt zahlreiche Beisetzungsformen für die Asche Verstorbener. Trotz einiger Diskussionen in Deutschland besteht die gesetzliche Pflicht zur Beisetzung der Asche auf einem Friedhof (Friedhofszwang). So wird als letzte Ruhestätte der Urne die Beisetzung in der Erde oder eine Nische in einer Urnenwand ausgewählt.

Urnengemeinschaftsanlage zur Übergabe der Aschekapsel in die Erde
Urnenwand auf dem Friedhof in Hünfelden-Ohren

Sowohl in Deutschland und Österreich als auch in der Schweiz ist eine Bestattung der Asche in einer biologisch abbaubaren Urne im Wurzelbereich von Bäumen (Naturbestattung) möglich. Diese Art der Bestattung gründet auf einer Praxis des Schweizers Ueli Sauter. Diese Methode wird auch in Deutschland in genehmigten Wäldern, aus markenrechtlichen Gründen unter anderer Bezeichnung durchgeführt. Die Bestattung kann im Wurzelbereich alter Bäume (Baumfeld), aber auch bei gleichzeitiger Anpflanzung eines neuen Baumes erfolgen.

Entsprechend geänderten Bestattungsgesetzen ist in einigen deutschen Bundesländern[3] die anonyme Beisetzung in Form des Verstreuens der Asche auf einem Aschenfeld eines Friedhofs möglich. Gleichfalls wurde es so möglich Urnen in Kolumbarien einzustellen. Dabei handelt es sich um Urnenwände oder Stelen in speziellen Hallen, auch umgewidmeten Kirchengebäuden, wo die Urnen mindestens für die gesetzliche Ruhefrist aufbewahrt werden.

In der Schweiz gibt es keinen Friedhofszwang, das heißt, die Asche kann auch einfach in den Wald oder einen Fluss oder ähnliches gestreut werden. Auch die private Aufbewahrung in Haus oder Garten ist damit möglich.

In Österreich kann mit einer gesonderten Genehmigung die Asche auch im eigenen Garten beigesetzt werden.

Andere Formen die Asche der Natur oder der Ewigkeit zu übergeben sind seltener und entsprechen weniger einer ritualisierten Trauerbewältigung als einer kommerziell gewünschten Beeinflussung. In den Nachbarländern Frankreich und Tschechien besteht die Möglichkeit der so genannten „Ballonbestattung“, dabei wird die Asche aus einem Heißluftballon in der Höhe über einem Wald- oder einem Wiesengebiet verstreut. Bei einer Seebestattung wird eine wasserlösliche Urne von Bord eines Schiffes aus im Meer versenkt. Prinzipiell kann die Kremierung auch so geführt werden, dass aus Resten an amorphem Kohlenstoff der Körperasche ein Diamant gezüchtet, also kristallisiert, wird. Auch das Verbringen von Anteilen der Asche in den Kosmos mittels Raketen, ab 2009 mit Begleittafel auch auf den Mond, wird durchgeführt.

Literatur

  • Fischer, Norbert: Zwischen Trauer und Technik. Feuerbestattung - Krematorium - Flamarium. Eine Kulturgeschichte. Berlin: Nora Verlagsgemeinschaft Dyck & Westerheide 2002. ISBN 3935445954
  • Deinert / Jegust: Todesfall- und Bestattungsrecht. Sammlung bundes- und landesrechtlicher Vorschriften. ISBN 3-936057-18-4 sowie ISBN 3-89817-476-X
  • Zimmermann: Rechtsfragen bei einem Todesfall (Taschenbuch).. ISBN 3-423-05632-0
  • Gaedke: Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechtes.. ISBN 3-452-25310-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Angabe Deutscher Städtetag
  2. Euro-info
  3. Anmerkungen zum Friedhofszwang für Totenaschen

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