Feuerhalle Simmering

Feuerhalle Simmering
Feuerhalle Simmering

Die Feuerhalle Simmering ist ein Krematorium mit angeschlossenem Friedhof im 11. Wiener Gemeindebezirks Simmering. Sie wurde am 17. Dezember 1922 als erstes österreichisches Krematorium eröffnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Urnenhain, im Hintergrund Schloss Neugebäude

Die Befürworter der Feuerbestattung, vor allem der Verein Die Flamme, setzten sich bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts für die Errichtung eines Krematoriums in Österreich ein, diesbezügliche Anträge wurden aber stets zurückgewiesen. 1921 genehmigte schließlich der Wiener Gemeinderat unter dem ersten sozialdemokratischen Bürgermeister Jakob Reumann die Errichtung eines Krematoriums in Wien. Ursprünglich war geplant, die Anlage auf dem Areal des aufgelassenen Sankt Marxer Friedhofs zu bauen, die Entscheidung fiel jedoch zugunsten des ehemaligen Gartens des Schlosses Neugebäude, der sich zwischen dem Schloss und der Simmeringer Hauptstraße befindet und zudem in unmittelbarer Nähe zum Wiener Zentralfriedhof liegt. Ein ausgeschriebener Wettbewerb zur Gestaltung der Feuerhalle im Rahmen der siebenten Erweiterung des Zentralfriedhofs wurde zwar von Josef Hoffmann gewonnen, es wurde aber der drittplatzierte Entwurf von Clemens Holzmeister gewählt, da dieser die bestehende Architektur des Schlossgartens am besten in das Projekt zu integrieren verstand.

Am 17. Dezember 1922 erfolgte die feierliche Eröffnung der Feuerhalle als erstes österreichisches Krematorium durch Bürgermeister Jakob Reumann, obwohl ein noch am Vortag vom christlichsozialen Minister Richard Schmitz eingebrachter Antrag dies verhindern sollte. Es folgte eine Klage gegen Reumann beim Verfassungsgerichtshof, der schließlich 1924 zugunsten der Feuerhalle entschied. Die erste Einäscherung fand am 17. Jänner 1923 statt.

Bereits in den 1920er und 1930er Jahren erfolgten erste Erweiterungen sowie Um- und Anbauten, da es einen deutlichen Anstieg bei der Anzahl der Einäscherungen gab. Während der Schlacht um Wien im April 1945 wurden sowohl das Krematorium als auch der Urnenhain von Bomben getroffen und schwer beschädigt. Das Krematorium konnte erst nach etwa einem Jahr wieder den Betrieb aufnehmen. Von 1967 bis 1969 erfolgte nach Plänen Holzmeisters eine Erweiterung der Anlage. In den 1980er Jahren wurden die bisher mit Koks und Gas betriebenen Einäscherungsöfen durch elektrische ersetzt. 2008 wurden eine neue Filteranlage sowie ein Lift für einen barrierefreien Zugang eingebaut.

Als Anfang 2008 die Wiener Städtischen Friedhöfe aus der Magistratsabteilung 43 ausgegliedert und zur Friedhöfe Wien GmbH als Tochterunternehmen der Wiener Stadtwerke wurden, kam die Feuerhalle Simmering zu der ebenfalls neu gegründeten und zu den Stadtwerken gehörenden Krematorium Wien GmbH. Der Urnenhain wird von der Friedhöfe Wien GmbH verwaltet. Die Feuerhalle Simmering und der Urnenhain verfügen über eine Gesamtfläche von über 215.000 m². In den 46.279 Grabstellen sind über 240.000 Urnen beigesetzt.

Gestaltung

Arkadengang mit Urnennischen
Urnennischen in der Umfassungsmauer

Das Areal der Feuerhalle und des Urnenhains entspricht etwa dem südlichen Schlossgarten (Oberer Baumgarten) des Schlosses Neugebäude und wurde im Eingangsbereich um einen schmalen Geländestreifen erweitert. Teile der Einfriedungsmauer mit ihren charakteristischen Schwalbenschwanzzinnen sowie die zehn Türme und das Gebäude des ehemaligen Wasserwerkes sind noch Bausubstanz aus Zeiten der Nutzung als Schlossgarten und wurden im Zuge der Errichtung des Krematoriums adaptiert. Die ehemalige Einfriedung des inneren Lustgartens sowie dessen Ecktürme waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden.

Eine zum Haupteingang der Feuerhalle führende Allee befindet sich an der Simmeringer Hauptstraße, schräg gegenüber dem Hauptportal des Zentralfriedhofs. Der historischen Einfriedungsmauer vorgelagert ist ein äußerer Eingangsbereich mit einem kleinen Pförtnergebäude. Über zwei an dem als Torbau fungierenden ehemaligen Wasserwerk vorbei führende Eingänge gelangt man in den Arkadenhof, an dessen Ende sich das nach Entwürfen von Clemens Holzmeister errichtete Hauptgebäude, das Krematorium befindet. Das 1922 fertiggestellte Bauwerk weist einen expressionistischen Stil mit orientalischen Einflüssen auf. Von 1965 bis 1969 wurdenerneut unter Holzmeistereinige Erweiterungen und Umbauten vorgenommen, unter anderem kamen neue Zeremonienhallen dazu und die 1927 von Anton Kolig gestalteten Ölbilder (Leben und Chronos) wurden in den Kuppelraum verlegt. In den 1980er Jahren kam es zu Renovierungsarbeiten durch den Architekten Christof Riccabona.

In der Mitte des hofartigen Vorplatzes des Krematoriums befindet sich das monumentale Urnengrab von Jakob Reumann, der 1925nur wenige Jahre, nachdem er den Bau der Feuerhalle durchgesetzt und diese schließlich eröffnet hattehier eingeäschert und beigesetzt wurde. Die beiden vom Krematorium ausgehenden, den Hof begrenzenden Längsseiten wurden als Spitzbogengänge mit Kolumbariennischen gestaltet.

Der Großteil der Gräber ist im Urnenhain als Erdgräber angelegt, die in sechs Abteilungen ringförmig gruppiert sind. Die ältesten Gräber befinden sich im so genannten Eichenhain. Urnennischen befinden sich in den Arkadengängen, an der Innenseite der Umfassungsmauer sowie in einem der zehn Türme.

Der aus 50 Stieleichen bestehende Eichenhain liegt in der Nähe der Arkadengänge und gilt als Naturdenkmal. Er wurde vermutlich bereits im Zuge der Errichtung von Schloss Neugebäude und seiner Gärten angelegt und 1649 in der Topographia Austriae beschrieben.[1]

Grabstätten bedeutender Persönlichkeiten

Ehrenhalber gewidmete Gräber

Urnengrab von Jakob Reumann, der sich für die Errichtung des Krematoriums einsetzte
Urnengrab Rudolf Eisler
Urnennische Ferdinand Hanusch
Urnennische Rudolf Saliger
Urnennische Alfred Piccaver

Der Friedhof der Feuerhalle Simmering weist 72 ehrenhalber gewidmete Gräber auf.[2] Viele davon befinden sich in den Wandnischen in den Arkadengängen.

Name Lebensdaten Tätigkeit
H. C. Artmann 19212000 Schriftsteller
Friedrich Austerlitz 18621931 Journalist und Politiker
Wilhelm Franz Börner 18821951 Arzt, Pädagoge und Schriftsteller
Max Brand 18961980 Komponist, Pionier der elektronischen Musik
Hugo Breitner 18731946 Politiker
Robert Danneberg 18851942 Jurist und Politiker (Leere Urne, da 1942 im KZ Auschwitz ermordet)
Leopoldine Deutsch-Renner 18911977 Juristin, Tochter von Karl Renner
Annie Dirkens 18691942 Schauspielerin
Helmut Eisendle 19392003 Psychologe und Schriftsteller
Rudolf Eisler 18731926 Philosoph und Schriftsteller
Rudolf Ekstein 19122005 Psychoanalytiker
Matthias Eldersch 18691931 Politiker
Wilhelm Ellenbogen 18631951 Arzt und Politiker
Max Ermers 18811950 Kunsthistoriker
Roman Felleis 19031944 Politiker
Alfred Hermann Fried 18641921 Schriftsteller und Publizist
Carl Furtmüller 18801951 Pädagoge und Psychologe
Josef Gielen 18901968 Schauspieler, Regisseur und Direktor des Wiener Burgtheaters
Rudolf Goldscheid 18701931 Soziologe
Joseph Gregor 18881960 Theaterwissenschaftler und Schriftsteller
Heinrich Grün 18731924 Arzt und Politiker
Jacques Hannak 18921973 Schriftsteller und Journalist
Ferdinand Hanusch 18661923 Politiker
Irene Harand 19001975 Schriftstellerin
Florian Hedorfer 18651948 Politiker
Guido Holzknecht 18721931 Arzt und Pionier der Radiologie
Viktor Hufnagl 19222007 Architekt
Ferdinand Käs 19141988 Widerstandskämpfer und Beamter
Benedikt Kautsky 18941960 Bankier, Schriftsteller und Politiker
Stella Klein-Löw 19041986 Politikerin
Friedrich Knauer 18501926 Zoologe und Schriftsteller
Quirin Kokrda 18731937 Politiker
Rudolf Kraus 18681932 Bakteriologe und Immunologe
Ursula Kröber 19061982 Kunstbuchbindermeisterin
Leopold Langhammer 18911975 Volksbildner
Käthe Leichter 18951942 Gewerkschafterin und Schriftstellerin
Karl Leuthner 18691944 Politiker
Eduard Loibner 18881963 Schauspieler
Franz Maier 18511928 Volkssänger
Karl Mantler 18901965 Gewerkschafter, Präsident der Arbeiterkammer
Franz Mejzr 18681929 Gründer des Arbeiter-Sängerbundes Stahlklang
Jacob Levy Moreno 18891974 Psychiater, gilt als Begründer des Psychodramas und der Soziometrie
Julius Müller 18751933 Politiker
Karl Münichreiter 18911934 Opfer des Februaraufstandes 1934
Franz Nagy 19011934 Opfer des Februaraufstandes 1934
Frieda Nödl 18981979 Politikerin, Widerstandskämpferin
Alfred Piccaver 18841958 Opernsänger
Karl Pick 18671938 Gewerkschafter und Politiker
Oscar Pollak 18931963 Journalist, Chefredakteur der Arbeiter-Zeitung
Rudolf Prikryl 18961965 Im April 1945 provisorisch eingesetzter Drei-Tage-Bürgermeister von Wien
Gabriele Proft 18791971 Politikerin
Emil Reich 18641940 Philosoph, Autor und Literaturwissenschaftler
Jakob Reumann 18531925 Bürgermeister von Wien
Hermann Röbbeling 18751949 Theaterintendant, Direktor des Wiener Burgtheaters
Alexander Roda Roda 18721945 Schriftsteller und Publizist
Kurt Roger 18951966 Komponist und Musikschriftsteller
Karl Roretz 18811967 Philosoph
George Saiko 18921962 Schriftsteller
Rudolf Saliger 18731958 Techniker, Universitätsprofessor an der TU Wien
Georg Scheuer 19151996 Journalist und Publizist
Georg Schmiedl 18551929 Lehrer und Initiator zur Gründung des Vereins Naturfreunde
Franz Schulz 18911956 Politiker
Victor Theodor Slama 18901973 Maler und Graphiker
Leopold Ludwig Stark 18741930 Präsident des österreichischen Bühnenvereins
Peter Strasser 19171962 Politiker
Karl Streitmann 18581937 Opernsänger
Julius Tandler 18691936 Politiker
Helene Thimig 18891974 Schauspielerin
Max Albert Thober 18841950 Bezirksvorsteher
Anton Weber 18781950 Politiker
Laurenz Widholz 18611926 Politiker
Moritz Zalman 18831940 Jurist

Gräber weiterer Persönlichkeiten

Urnennischen Adele und Ferdinand Bloch-Bauer
Urnennische Franz Domes

Weitere bedeutende Persönlichkeiten, die auf dem Friedhof der Feuerhalle Simmering begraben sind:

Name Lebensdaten Tätigkeit
Manfred Ackermann 18981991 Politiker und Gewerkschaftsfunktionär
Hellmut Andics 19221998 Journalist, Publizist, Drehbuchautor
Alois Bauer 18791969 Politiker
Robert Balajthy 18561924 Schauspieler
Ernie Bieler 19252002 Schlagersängerin
Adele Bloch-Bauer 18811925 Unternehmergattin, wurde von Gustav Klimt mehrmals gemalt, unter anderem im Porträt Adele Bloch-Bauer I
Ferdinand Bloch-Bauer 18641945 Unternehmer und Kunstliebhaber
Franz Domes 18631930 Politiker
Emanuel Karl Ehrlich 18781959 Architekt
Emil Fucik 19121989 Politiker
Rudolf Hautmann (senior) 19071970 Widerstandskämpfer
Maria Hlawka 19142005 Politikerin
Siegmund Kaff 18641933 Schriftsteller und Journalist
Ernst Lachs 19041980 Jurist und Kontrollamtsdirektor
Minna Lachs 19071993 Germanistin, Pädagogin und Schriftstellerin
Fritzi Massary 18821969 Sängerin und Schauspielerin
Franz von Nopcsa 18771933 Paläontologe und Geologe
Max Pallenberg 18771934 Sänger und Schauspieler
Max von Portheim 18571937 Geschichtsforscher und Sammler
Vera Schwarz 18881964 Opernsängerin
Ferdinand Skaret 18621941 Politiker
Carl Sternberg 18721935 Pathologe
Erwin Weiss 19122004 Komponist und Musikpädagoge

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Die Wiener NaturdenkmälerStille im Eichenhain beim Zentralfriedhof
  2. www.friedhoefewien.atEhrenhalber gewidmete Gräber im Friedhof Feuerhalle Simmering, April 2008 (abgerufen am 11. Dezember 2008)

Literatur

  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Falter Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85439-335-0
  • DEHIO WienX. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Schroll, Wien 1996, ISBN 3-7031-0693-X.

Weblinks

 Commons: Feuerhalle Simmering – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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