Uruk-Zeit

Uruk-Zeit

Als Uruk-Zeit (je nach Periodisierung ca. 3900/3700 bis 3100/2900 v. Chr.) bezeichnet man die letzte prähistorische Epoche in der Geschichte Mesopotamiens. Sie folgt auf die Obed-Kultur und ist durch mehrere signifikante Veränderungen in der Lebensweise der Menschen charakterisiert. Zu diesen gehört die Entwicklung der schnellen Töpferscheibe, die eine Massenproduktion von Keramik ermöglichte, die Entwicklung von Verwaltungsinstrumenten wie Rollsiegeln und der Schrift, die Urbanisierung und die Erfindung des Rades.

Namensgebend für diese Epoche und die in ihr vorherrschende archäologische Kultur ist der südmesopotamische Fundort Uruk. Dieser gilt bis heute als erste Stadt der Menschheitsgeschichte und man ging davon aus, dass er die Keimzelle für die Urbanisierung des gesamten Vorderen Orients darstellte. Unterstützt wurde diese Hypothese durch die Erkenntnis, dass sich die Uruk-Kultur in der Mitte des 4. Jahrtausends über Südmesopotamien hinaus ausdehnte (sog. Uruk-Expansion). Jüngere Forschungsergebnisse, insbesondere aus Nordmesopotamien, weisen jedoch darauf hin, dass sich die Urbanisierung in der Urukzeit gleichzeitig an mehreren Orten im Vorderen Orient vollzog und dass die Uruk-Kultur bei ihrer Ausdehnung auf bereits entwickelte urbane Zentren traf.

Inhaltsverzeichnis

Periodisierung

Uruk-Zeit
Datierung Santa Fe-Periodisierung[1] klassische Bezeichnung Südmesopotamien[2] Nordmesopotamien[3] Ereignisse
4200 - 4000 v. Chr.
Spätchalkolithikum I
Ubaid transitional
Eanna XVI - XIV
Gawra XII
4000 - 3800 v. Chr.
Spätchalkolithikum II
Früh-Uruk
Eanna XII - X
Gawra XI - X / Gawra A
3800 - 3600 v. Chr.
Spätchalkolithikum III
frühes Mittel-Uruk
Eanna IX - VIII
Gawra IX - VIII
beginnende Uruk-Expansion
3600 - 3400 v. Chr.
Spätchalkolithikm IV
spätes Mitteluruk
Eanna VII - Eanna IVb
Norduruk A[4] - B
3400 - 3000 v. Chr.
Spätchalkolithikum V
Späturuk
Eanna IVa - Eanna III
Ninive IV
früheste Keilschrifttafeln
3000 - 2900 v. Chr.
---
Eanna III-II
Ğemdet Nasr-Zeit
Ninive IV-V
Elam-Schrift

Vorstehende Periodentabelle ist stark vereinfacht. Es existieren mehrere Periodisierungssysteme nebeneinander, die sich nicht einwandfrei miteinander verbinden lassen. Dank moderner Datierungsverfahren ist die zeitliche Einordnung außerdem einem steten Wandel unterlegen.

Keramik

Die Möglichkeit der Massenproduktion von Keramik mittels einer schnelldrehenden Töpferscheibe führte zur Herstellung unverzierter Keramik in großem Umfang. Typische Formen sind die so genannten Vier-Ösen-Gefäße. Eine weitere, allerdings nicht auf der Töpferscheibe hergestellte Keramikform, ist der so genannte Glockentopf.

Wirtschaft

Eine Trockenperiode führte zur Rückläufigkeit von Sumpfgebieten, jedoch vermehrter Notwendigkeit des organisierten Baus von Kanälen und Bewässerungsanlagen.

Durch den sich entwickelnden Handel mit dem Mittelmeer-Raum, Syrien, Türkei, Persien, Golf-Region und dem erforderlichen Dokumentations- und Rechnungswesen kam es über Markierungen auf Tonkugeln und -Tafeln über Rollsiegel später zur Entwicklung der Schrift. Wegen der reichlichen Funde Uruk-typischer Kulturschöpfungen und Handelswege absichernden Niederlassungen im gesamten vorderen Orient hat man auch von einer Kolonisation durch Uruk gesprochen.

Siedlungswesen

In der späten Uruk-Zeit entstanden die ersten organisierten und befestigten Städte als Herrschafts- und Verwaltungszentren, mit beruflichen Spezialisierungen und Verfestigung einer Führungs- und Herrschaftsschicht. Uruk war damals die führende Stadt. Die neue gesellschaftliche Struktur spiegelte sich in der Architektur: Es entstanden große Versammlungsgebäude, monumentale Tempel und Palastanlagen mit repräsentativem Dekor und erstmals mit Großplastiken. In der späten Uruk-Epoche findet sich erstmals in der Menschheitsgeschichte eine wahre städtische Lebensform. Die Verzehnfachung der Bevölkerung war in dieser Zeit beispiellos und das Wachstum setzte sich in der folgenden Dschemdet-Nasr-Zeit noch fort.

Entdeckungen der letzten Jahre zeigten, dass auch außerhalb Südmesopotamiens in der Uruk-Zeit Städte entstanden. Wichtige Fundorte hierfür waren besonders Habuba Kabira am mittleren Euphrat, Tell Brak in der Gezira-Ebene, Tepe Gawra am Tigris und Hacinebi in Südost-Anatolien.

Sozialstruktur

Die Priesterherrschaft entwickelte sich zu einem religiös legitimierten Königtum. Auf Hochterrassen hervorgehobene Gebäude gelten als Vorläufer der späteren Tempeltürme (Zikkurat).

Literatur

  • Hrouda B.: Mesopotamien – Die antiken Kulturen zwischen Euphrat und Tigris. C. H. Beck, München 1997, 4. Auflage 2005. ISBN 3-406-46530-7
  • Selz G. J.: Sumerer und Akkader – Geschichte, Gesellschaft, Kultur. C.H. Beck, München 2005. ISBN 3-406-50874-X
  • Caubet A., Pouyssegur P.: Der alte Orient – von 12.000 bis 300 v. Christus. Komet Verlagsgesellschaft, Frechen (ohne Jahr, französische Originalausgabe 2001). ISBN 3-89836-192-6
  • Reinhard Bernbeck, Die Auflösung der häuslichen Produktionsweise: das Beispiel Mesopotamiens. Berliner Beiträge zum Vorderen Orient 14 (Berlin, D. Reimer 1994).
  • Mitchell S. Rothman (ed.): Uruk Mesopotamia & Its Neighbors. Cross-Cultural Interactions in the Era of State Formation. (engl.) School of American Research Press, Santa Fe, 2001. ISBN 1-930618-03-4

Anmerkungen

  1. vgl. Rothmann (2001): 7
  2. Referenzfundort ist Kulturbezirk Eanna in Uruk
  3. Referenzfundort ist Tepe Gawra
  4. beginnt schon in vorausgehender Epoche

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