Verstärkte Dogmen

Verstärkte Dogmen

Ein verstärktes Dogma (engl. re-inforced dogmatism[1]), auch verschärftes Dogma, doppelt verschanzter Dogmatismus[2] oder eingebauter Immunisierungsmechanismus ist eine Behauptung, die es dem Vertreter ermöglicht, in jeder Diskussion darüber immer recht zu behalten, und zwar auch dann, wenn sie in einem kritisch-rationalen Kontext geführt wird. Solche Behauptungen machen Aussagen über das Argumentieren selbst (aber nicht alle Behauptungen, die das tun, haben einen eingebauten Immunisierungsmechanismus). Sie ermöglichen es, jedes beliebige kritische Argument zur Bestätigung der Behauptung umzudeuten. Das Hauptbeispiel ist der metaphysische Determinismus: Aus ihm folgt, dass auch jedes vorgebrachte Argument sowie das Ergebnis einer Diskussion, die über den Determinismus selbst geführt wird, determiniert ist und dass folglich jede Diskussion über ihn sinnlos und illusorisch ist. Karl Popper hat Hegels Dialektik und Wittgensteins Tractatus in dieser Hinsicht kritisiert.[3]

Eine Theorie mit eingebautem Immunisierungsmechanismus bietet somit keine Möglichkeit zur Kritik durch sachbezogene Argumente. Solche Strategien werden im Kritischen Rationalismus als eine Ausflucht vor einer möglichen Kritik angesehen. Demnach schränken sie die Möglichkeiten des Erkenntnisfortschritts ein und sollten wenn möglich aus Aussagen entfernt werden. Dennoch kann die rationale Diskussion in Richtung einer Position mit einem Immunisierungsmechanismus führen. In Fällen wie dem metaphysischen Determinismus, kann das nach Bartley zu einem ‚Verzweifeln an der Rationalität‘ führen: Ein Rationalist würde dann vor die Tatsache gestellt, dass seine eigene Position sinnlos ist und er müsste, um rational zu bleiben, beginnen, seine eigene Methode zu verdammen.

Wenn eine Position, die eingebaute Immunisierungsmechanismen enthält, konsequent und rational vertreten wird, wird also bei Kritik eine Immunisierungsstrategie grundsätzlich logisch erzwungen, während dieses Vorgehen bei sonstigen Behauptungen nur eine Möglichkeit darstellt.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Siehe z.B.: Karl R. Popper, The Open Society and Its Enemies, London, 4. A. 1962, Bd. 2, 215; Kap. 11 n. 51 und Kap. 12 n. 33; What is Dialectic?, in: Mind 49/196 (1940), 403-326, 417
  2. Siehe z.B.: Karl R. Popper: Was ist Dialektik?. In: Ernst Topitsch (Hrsg.): Logik der Sozialwissenschaften 5, S. 262–290, (51968)
  3. What is Dialectic, 417; Open Society, Kap. 11 n 51

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