- Vertigo-Effekt
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Der Dolly-Zoom, auch Travelling-Zoom oder Vertigo-Effekt genannt, ist ein Filmeffekt, der sich eine optische Täuschung zunutze macht.
Beim Dolly-Zoom bewegt sich die Kamera auf Schienen (Dolly), während das fokussierte Objekt durch eine gegenläufige Anpassung der Brennweite während der Fahrt unverändert im Bild bleibt. Dadurch wird der Bildausschnitt des Hintergrundes entweder größer (bei der Wegfahrt - dolly out, zoom in) oder kleiner (bei der Zufahrt - dolly in, zoom out) wodurch ein unnatürlicher sogartiger Effekt entsteht, der erstmals in Alfred Hitchcocks Film Vertigo – Aus dem Reich der Toten (1958) eingesetzt wurde, um Höhenangst auszudrücken. Als Erfinder dieses Effekts gilt Irmin Roberts, der damals für die Dreharbeiten zu Vertigo als Kameramann (Bildregisseur) der 2nd Unit verpflichtet worden war.[1]
Der erzielte Effekt wird auch von Fachleuten häufig verwechselt, da er zunächst widersprüchlich erscheint. Der Hintergrund scheint dem Betrachter entgegen zu kommen, wenn die Kamera sich von der Szene entfernt (siehe nebenstehende Grafik). Umgekehrt wird bei einem dolly in die Perspektive gestreckt. Selbst Hitchcock hat sich in einem seiner Gespräche mit Truffaut irrtümlich an einen dolly out erinnert, weil in den entsprechenden Einstellungen im Film Vertigo der Fußboden des Turms sich zu entfernen scheint.
Der Dolly-Zoom lässt sich nicht in der Postproduktion, sondern nur live am Set mit relativ großem Aufwand erzeugen und wurde daher seitdem eher selten und nur von sehr erfahrenen Regisseuren eingesetzt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Bewegung der Kamera, die Veränderung der Brennweite und die Korrektur der Schärfe eine gleichförmige Bewegung ergeben müssen, damit der Effekt perfekt wirkt.
Steven Spielberg verwendete den Dolly-Zoom in seinem Ozeanthriller Der weiße Hai. Hier sorgt es für einen Thrilleffekt, als Hauptdarsteller Roy Scheider Zeuge wird, wie ein Hai einen kleinen Jungen tötet, wobei sein erschrockenes Gesicht auf den Zuschauer zuzuspringen scheint. In der Spielberg-Produktion Poltergeist von 1982 wird innerhalb einer Einstellung sowohl ein Dolly Zoom in als auch ein Dolly zoom out verwandt, als Resultat entsteht hier der Eindruck, ein im Film gezeigter Korridor würde sich zunächst verkürzen und darauf wieder verlängern, wobei der Zoom out schließlich übergangslos in eine Kamerafahrt bis zum Ende des Korridors mündet, die eine Darstellerin verfolgt, wie sie in den Gang hineinrennt. Einerseits verleiht dieser Abschluss der Einstellung eine besondere Dynamik, andererseits wird der Dolly-Zoom jedoch auch ein Stück weit dadurch "enttarnt". Mittlerweile ist dieser Effekt weit verbreitet, ungewollt kann er aber auch entstehen, z.B. wenn aus einem fahrenden Auto in Fahrtrichtung gefilmt und gleichzeitig von einem kleineren Bildausschnitt ausgezoomt wird.
Eine semantisch richtige Benutzung des Effekts gelang bisher nur wenigen Regisseuren: Die „Hintergrundperspektive“ für das Objekt (den Darsteller) ändert sich radikal im Bezug zum Gesamtbild. So auch folgerichtig in der Handlung. Nicht nur im Kriminalfilm als Moment der Erkenntnis / des Entdeckens (und der Erkenntnisverschiebung) ist dieser Effekt gut einsetzbar.
Fußnoten
Literatur
Anton Fuxjäger: „Dolly ≠ Zoom, ergo Dolly-Zoom: Zur Technik und Semantik eines speziellen filmischen Effekts“. Online-Festschrift für Thomas Kuchenbuch. Hg. Stephen Lowry u. Hans J. Wulff, 2005.
Siehe auch
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