Pankratisches System

Pankratisches System
Aufnahmen mit einem Zoomobjektiv
Das Resultat einer Brennweitenverstellung mit dem Zoomobjektiv während einer Aufnahme

Ein Zoomobjektiv oder kurz Zoom ist ein Objektiv mit variabler Brennweite.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnungen

Man sagt „das Zoom“ wenn das Zoomobjektiv, und „der Zoom“ wenn der Zoomvorgang gemeint ist. „Zoom“ ist eine englische Onomatopoesie (lautmalerische Umschreibung)[1] für eine schnelle Bewegung, so wie etwa „Husch“ im Deutschen. Die Größe des Arbeitsbereichs eines Zoomobjektivs wird mit dem Zoomfaktor beschrieben.

Gebräuchlich sind auch Bezeichnungen wie Vario-Objektiv oder Vario-System, Gummilinse (in den 1970ern gebräuchlich, mittlerweile unüblicher), seltener (das) Transfokar oder (der) Transfokator. Die technisch korrekte Bezeichnung für derartige Objektive ist pankratisches System (von altgriechisch pan = alles und kratos = Macht, das heißt also: eine „allmächtige“, über alle Vergrößerungen, d. h. Brennweiten verfügende optische Konstruktion).

Funktion

Strahlenverlauf in einem Zoomobjektiv (Prinzipdarstellung)
Auswirkung unterschiedlicher Brennweiten auf die Bildwirkung. Das Motiv in der Bildmitte ist immer etwa gleich groß abgebildet.

Das Verschieben von Linsenelementen im Objektiv (durch Drehen oder Verschieben eines Rings am Objektiv oder Drücken einer Zoomtaste bei motorisch gesteuerten Zooms, zum Beispiel von Digitalkameras) bewirkt eine Veränderung der Brennweite. Bei hochwertigen Kameras ist damit eine stufenlose Anpassung des Bildausschnitts an das Motiv möglich, bei manchen einfacheren Modellen analog wie digital oft nur mehr oder weniger grob abgestuft. Bei manchen Kameras und Objektiven ist es möglich, ein so genanntes Stufenzoom zu aktivieren, bei dem nur einige typische Brennweiten angewählt werden können, was zum Beispiel bei der Anfertigung von Panoramen sehr nützlich sein kann.

Zoomobjektive sind eine kostengünstige und gewichtssparende Alternative zu einem Satz von Objektiven mit fester Brennweite, die den Bereich von Weitwinkel- bis zu Teleobjektiven abdecken. Im Gegensatz zu einem festbrennweitigen Objektiv wird nicht eine Brennweite, sondern der abgedeckte Brennweitenbereich auf dem Objektiv angegeben (zum Beispiel 35–80 mm oder 80–200 mm). Zoomobjektive lassen sich auch vorteilhaft einsetzen, wenn keine Zeit (sich schnell ändernde Motive) oder Gelegenheit (Staub, Sand, Feuchtigkeit, Unterwasser, Bergsteigen etc.) für einen Objektivwechsel ist.

Zoomen verändert allerdings nur den Bildausschnitt, nicht jedoch die Aufnahmeperspektive. Die bequeme Handhabung verführt ungeübte Fotografen leicht zur Vernachlässigung dieses wichtigen Gestaltungsmittels in der Fotografie. Beim Film etwa kann Zoomen in keinem Fall eine Kamerafahrt ersetzen. Allerdings sind viele kreative Gestaltungen im Filmbereich nur mit Zooms zu erreichen, so beispielsweise eine Kamerafahrt mit einem gleichzeitigen Zoom.

Zooms vom leichten Weitwinkelbereich bis leichtem Tele (beim Kleinbildformat etwa 35 mm bis 80 oder 115 mm) gehören immer öfter zur Grundausstattung von Systemkameras; bei kompakten Digitalkameras sind sie praktisch Standard geworden. Für Systemkameras gibt es auch reine Weitwinkel- oder Telezooms. Objektive mit einem Zoomfaktor von mehr als fünf werden oft als Superzooms bezeichnet (Beispiele: 28–200/3.5–5.6 oder gar 18–200/3.5–6.3).

Zoomobjektive mit elektromechanischer Verstellung des Brennweitenbereichs werden gelegentlich Power Zoom genannt.

Eigenschaften

Canon EF 70–200 mm F2.8L

Die Konstruktion und Fertigung von Zoomobjektiven ist um Faktoren komplexer und aufwändiger als die von Festbrennweitenoptiken. Somit ist, abgesehen von Höchstleistungs-Zoomobjektiven wie z. B. der Hersteller Cooke oder Angenieux, die vor allem im Filmmarkt ihre Verwendung finden und hohe fünfstellige Summen kosten, die Abbildungsleistung von Zoomobjektiven in der Regel schlechter als die von Objektiven mit einer Festbrennweite, da ihre Konstruktionsweise stets einen Kompromiss der notwendigen Korrekturlinsen für die einzelnen Brennweiten erzwingt. Außerdem sind Zoomobjektive in der Regel lichtschwächer, das heißt: die minimale Blendenzahl ist größer. Beim Kleinbildformat sind etwa 4,5–5,6 bei 28–100-mm-Objektiven (vereinzelt werden 2,8 bis 2,6 erreicht) typisch, wohingegen Festbrennweitenobjektive ein Öffnungsverhältnis von 1:2,8 bis 1:1,4 (im Extremfall 1:0,95) erreichen. Für die Available-Light-Fotografie sind Zooms daher weniger geeignet.

Ausnahme hiervon sind erneut die hochwertigen Objektive im Filmbereich, die oft Lichtstärken von 1:1,4 (und gegebenenfalls noch lichtstärker) bieten.

Tatsächlich erlaubte erst die Einführung asphärischer Linsen (also solcher, die kein Kugelsegment darstellen) die Konstruktion befriedigender pankratischer Systeme, die einen größeren Zoomfaktor als etwa 3:1 abdecken, insbesondere bei Zooms, die bis in den Weitwinkelbereich hineinreichen. Der enorme Rechenaufwand bei der Konstruktion von Optiken mit asphärischen Elementen – teilweise mit zehn oder zwölf Einzellinsen (und entsprechend vielen brechenden Flächen) – wurde wiederum erst durch die Computertechnik bewältigt.

Viele besonders kompakt konstruierte Digitalkameras verfügen über Zooms, die motorisch ins Kameragehäuse einfahrbar sind. Bei diesen Konstruktionen müssen oft Kompromisse zwischen optischen Erfordernissen und dem Zwang zur Kompaktheit eingegangen werden, so dass bei solchen Modellen Linsenfehler häufig nicht optimal auskorrigiert sind und deutlich sichtbare chromatische Aberrationen und massive Verzeichnungen besonders im Weitwinkelbereich auftreten. Einige Kameras bieten Korrekturfunktionen für einen Ausgleich dieser Fehler schon beim Speichern der Aufnahmen.

Die bei vielen Zooms angebotene Makro-Funktion für Nahaufnahmen ersetzt qualitativ kein speziell für große Abbildungsmaßstäbe berechnetes „echtes“ Makroobjektiv. Insbesondere die Bildfeldwölbung und die geometrischen Verzeichnungen führen im Nahbereich oft zu völlig unzureichender Bildqualität, so dass zum Beispiel Reproaufnahmen nicht sinnvoll machbar sind.

Im Filmbereich hingegen ergeben sich zahlreiche kreative Möglichkeiten durch den Einsatz von Zoomobjektiven, die mit Festbrennweite nicht zu erreichen sind. Hitchcock beispielsweise kombinierte in seinem Film Vertigo eine Kamerafahrt mit einem Zoom, was eine dynamische, beunruhigende Größenverhältnisänderung in der Szene erzeugte. Diese Gestaltung trägt seitdem den Spitznamen „Vertigo-Effekt“. Auch andere intensive Nutzer des Zoom-Effekts wie beispielsweise Sergio Leone, Stanley Kubrick oder Peter Jackson schufen vielfältige künstlerische Gestaltungen, die nur mit Zoomoptiken zu realisieren sind.

In der Kino- und Spielfilmproduktion verwendete Zooms sind die teuersten erwerblichen Objektive, deutlich teurer als Festbrennweiten. Die für Spielfilm weitverbreiteten Zooms der Angenieux-Optimo-Serie kosten ab 60.000 Euro pro Zoom-Objektiv aufwärts. Da es sich in der Regel um Einzelanfertigungen handelt, betragen die Lieferzeiten oft mehr als ein Jahr.

Geschichte

Eines der ersten Zoomobjektive für den Massenmarkt auf dem photographischen Sektor war das Zoomar 2,8/36–82 von Voigtländer, eingeführt im Jahr 1959 – mit einem noch eher bescheidenen Brennweitenbereich, aber immerhin schon erstaunlicher Lichtstärke (obgleich die Bildqualität heutigen Ansprüchen in keinem Fall mehr genügen dürfte). Zahlreiche ähnliche Konstruktionen für Spiegelreflexkameras folgten. Heute finden sich Objektive mit elektrischen Antriebselementen auch bei einfacheren Kleinkameras.

Im Film- und Fernsehsektor lösten Objektive mit variabler Brennweite die zuvor häufig eingesetzten Objektivrevolver ab. Jahrzehntelang prägten Fernsehkameras mit den bekannten kastenförmig verkleideten, nach Bedarf einschwenkbaren Objektiven mit jeweils fester Brennweite die professionelle TV-Produktion. Beim Super-8-Schmalfilmformat fanden sich allerdings schon frühzeitig Vario-Objektive teilweise enormer Lichtstärke, da bei den systembedingten Begrenztheiten des Formats Bildfehler weniger ins Gewicht fielen.

Digitalzoom

Der Digitalzoom ist kein "echter", also optischer, Zoom. Hierbei wird im Prinzip lediglich ein Teil des Bildes ausgeschnitten und auf die volle Größe gestreckt, was mit mehr oder weniger deutlichen Qualitätseinbußen verbunden ist. Meistens empfiehlt es sich auf den Digitalzoom zu verzichten und den Bildausschnitt am Computer manuell zu erstellen.

Quellen

  1. Definition von Zoom bei Merriam-Webster [1]

Siehe auch

Weblinks


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