Verätzung

Verätzung
Klassifikation nach ICD-10
T20.- bis T32.- Verbrennungen oder Verätzungen
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
Ätzend
Leichte Verätzungen (links kurz nach, rechts einen Tag nach Kontakt) einer Hand nach Berührung mit verdünnter Silbernitrat-Lösung

Verätzung bezeichnet eine Verletzung von Haut oder Schleimhäuten durch chemische Stoffe, in der Regel starke Säuren oder Laugen. Der Grad der Schädigung hängt von der Art und Konzentration der ätzenden Stoffe, aber auch von der Menge und Dauer der Einwirkung ab.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Säuren führen zu sogenannten Koagulationsnekrosen der benetzten Haut oder Schleimhaut. Dabei gerinnen die Zelleiweiße ähnlich wie beim Erhitzen eines Hühnereis in der Pfanne. Durch die Verklumpung der Eiweißmoleküle wird die ätzende Flüssigkeit daran gehindert, tiefer in das Gewebe einzudringen. Dagegen verursachen Laugen sogenannte Kolliquationsnekrosen, bei denen das geschädigte Gewebe verflüssigt wird. Hierdurch bahnt sich die ätzende Flüssigkeit sozusagen einen Weg in die Tiefe; Verätzungen durch Laugen führen daher zu weit ausgedehnteren Schädigungen.

Symptomatik

Im Rahmen von Verätzungen steht, ähnlich wie bei Verbrennungen, der Flüssigkeitsverlust im Bereich der Kontaktstelle im Vordergrund. Außerdem sind viele ätzende Substanzen zusätzlich für den menschlichen Organismus giftig. Der Flüssigkeitsverlust und starke Schmerzen können zum Schock führen (hypovolämischer Schock). Bei Verätzungen im Bereich des Mund- oder Rachenraumes kann es zu Schwellungen und damit zur Verengung der Atemwege kommen. Ein drohender Atemstillstand bedeutet Lebensgefahr für den Patienten. Zusätzlich können beim Schlucken von Säuren oder Laugen Speiseröhrenvenen verletzt werden und zu starkem Blutverlust in den Magen führen. Verätzungen im Augenbereich (insbesondere durch Branntkalk) führen oft innerhalb kürzester Zeit zur Trübung der Hornhaut und damit zu Erblindung.

Behandlung

Verätzungen der Haut werden initial mit fließendem Wasser gespült (bei hoher Konzentration sollte die Säure/Lauge jedoch vorher mit einem Tuch entfernt werden, da sonst hohe Temperaturen bei der Reaktion mit dem Wasser entstehen). Ausgeprägte Verätzungen erfordern die Behandlung durch Rettungsdienst und Notarzt.

Bei Verätzungen der Augen ist es wichtig, dass das Auge lange und mit viel Wasser gespült wird. Bei Verätzungen durch ungelöschten Kalk (Zement) darf allerdings kein zusätzliches Wasser mit dem Auge in Verbindung gebracht werden. Dieses hätte weitere Verätzungen zur Folge. Ungelöschter Kalk muss durch einen Augenarzt mechanisch aus dem Auge entfernt werden.

Wenn in einem Chemielabor frische, einprozentige Natronlösung (bei Verätzungen des Auges durch Säuren) oder frische, einprozentige Borsäure (bei Verätzungen durch Laugen) für Augenwaschflaschen bereitstehen, können auch diese Lösungen zur Augenspülung eingesetzt werden. In der Regel wird jedoch eine schnelle Spülung mit viel Wasser oder handelsüblichen Augenspüllösungen (Phosphatpufferlösungen) vorzunehmen sein, zumal bei einem Unfall weder Zeit noch Ruhe bleibt, eine solche Spüllösung frisch und genau ausgewogen anzusetzen.

Sollte es zu einer Verätzung im Mund- und Rachenbereiches gekommen sein, ist es wichtig Erbrechen zu vermeiden, da sonst die Chemikalie erneut die bereits betroffene Stelle passieren müsste.

Siehe auch

Weblinks

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