Vicus von Eriskirch

Vicus von Eriskirch

Der Vicus von Eriskirch ist eine römische Siedlung (vicus) am Ort des heutigen Eriskirch, einer baden-württembergischen Gemeinde nahe der Mündung des Flusses Schussen in den Bodensee.

Dort fand man Reste einer mehrphasigen römischen Brücke, die zeigt, dass hier die römische Bodenseegürtelstrasse die Schussen überquerte. Nahe der Brücke wurden von dem Archäologen Eric Breuer Reste einer römischen Siedlung entdeckt und vom Kulturverein Eriskirch in einem Buch monographisch vorgestellt.

Die in Eriskirch aufgedeckten römischen Strukturen sind typisch für vici der römischen Kaiserzeit: Kellergruben langrechteckiger Streifenhäuser, Hüttenlehm und Pfostengruben mit teilweise erhaltenen römerzeitlichen Holzpfosten, sowie holzverschalte Brunnen und Latrinenschächte westlich der Schussen (in Flucht zur Brückenanlage) deuten auf eine Holzbebauung entlang eines west-östlichen Verkehrsweges. Der Straßenkörper ist durch mehrere 3-5 m breite, fluchtende, sandig-kiesige Aufschotterungen anzunehmen. Unmittelbar südlich und nördlich dieses sandigen Kiesbandes wurden römische Funde und Baureste nachgewiesen. Am westlichen Ende der Siedlung in ungefähr 300-400 m Entfernung von der Brückenkonstruktion fanden sich Überreste mehrerer römerzeitlicher Töpferöfen. Auch am östlichen Rand des Siedlungskomplexes, bereits auf dem östlichen Schussenufer (vgl. Flurname Maurenried!) konnten römische Töpferöfen nachgewiesen werden, so dass die Siedlung von zwei Töpfereibereichen am ihren Rändern begrenzt wird. Aufgrund der Siedlungsspuren zu beiden Seiten der Brücke kann man von einer Doppelsiedlung sprechen und die Siedlung in einen West- und Ost-vicus untergliedern.

Die bisherige Forschung und auch E. Breuer gehen aufgrund des Fundmateriales von einer Entstehung in claudischer Zeit aus, während der Freiburger Archäologe M. Meyer eine Datierung in flavische Zeit für möglich hält. Wie lange sie bestand, ist noch nicht erforscht. In Eriskirch fanden sich Töpferöfen, Nachweise von Metallbearbeitung und Reste von hölzernen Häusern, Brunnen und Latrinen.

Aufgrund fehlender Inschriften und dünner antiker Quellenüberlieferung ist der römerzeitliche Name der Siedlung unbekannt. Geht man jedoch davon aus, dass in dem Name eris-kirch, nicht der Name eines (frühmittelalterlichen) Kirchenstifters im Genitiv genannt ist, sondern ein (antiker) Ortsname, so käme man unter Berücksichtigung spätantik-frühmittelalterlicher Lautverschiebungen auf *<ari -... , was möglicherweise zu *< Ad Risam bzw. *< Ad Riusiava (nach dem zu querenden Fluss) oder *< Arisiacum ergänzt werden kann.

Die archäologische Bedeutung des vicus von Eriskirch erklärt sich dadurch, dass dies die erste bekannte derartige Siedlung nördlich des Bodensees ist, sowie durch die dort gefundenen sehr frühen frühkaiserzeitlichen Münzen und Fibeln und vor allem durch die sonst sehr seltene Erhaltung von römerzeitlichem Holz in den römischen Brunnen von Eriskirch, was sogar archäologisch verwertbare chronologische Dendrodaten lieferte.

Von Topographie und Fundmaterial gleicht der vicus von Eriskirch jenem von Eschenz. Die Entstehung und die Blüte der Siedlung ist durch die Lage an wichtigen Wasserwegen und Verkehrsstrassen zu erklären. Neben der Bodenseegürtelstrasse ist auch mit regem Warenverkehr auf dem Bodensee in West-Ost-Richtung zu rechnen. Daneben bildet die Wasserverbindung von Arbon nach Eriskirch, über den Fluss Schussen zum Fluss Riß bis an die Rißmündung in die Donau bei dem dem römischen Kastell Rißtissen und vicus Rißtissen eine bislang völlig unterschätzte Verkehrsader.

Literatur

  • Eric Breuer: Römer am nördlichen Bodensee. Eriskirch und Umgebung in römischer Zeit. Heimatkundliche Schriften des Kulturvereins Eriskirch e.V. Bd. 3. Tettnang 2001. ISBN 3-8881-2190-6
  • Marcus Meyer: Eriskirch. Römische Brücke und Siedlung. In: Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. Römerstätten und Museen von Aalen bis Zwiefalten. Theiss, Stuttgart 2005, S. 79-80. ISBN 3-8062-1555-3

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