- Volkstheater Rostock
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Das Volkstheater Rostock ist das städtische Theater der Hansestadt Rostock. Es verfügt über die drei Spielstätten Großes Haus, das Theater im Stadthafen sowie die Kleine Komödie und deckt die Sparten Schauspiel, Musiktheater/Oper, Ballett und Philharmonie ab. Speziell für Kinder und Jugendliche gibt es ein Kindertheater und einen Theaterjugendclub.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Bis in das 19. Jahrhundert hinein führten vornehmlich wandernde Schauspielergruppen Theateraufführungen in Rostock auf. Die Spielorte wechselten, vom mittelalterlichen Marktplatz über das Ballhaus im 17. zum Comödienhaus im 18. Jahrhundert, ehe 1786 das alte Stadttheater entstand, das durch einen Brand 1880 zerstört wurde. Es konnte jedoch schon 1895 ein größeres Theater südöstlich des Steintors eingeweiht werden. Dieses Haus wurde Ende April 1942 beim Bombenangriff der britischen Royal Air Force auf Rostock zerstört.
Das Rostocker Volkstheater entwickelte sich unter der Leitung von Hanns Anselm Perten (1917–1985), der ab 1952 Generalintendant war, zu einer der profiliertesten Bühnen der DDR. Chefdramaturg war von 1956 bis zu seinem Tod 1967 Kurt Barthel (* 1914). Zusammen boten sie ein politisches Theater, das auf die Interpretation der Wirklichkeit im Sinne des Sozialismus abzielte. Ein zur Offenheit tendierender Spielplan beinhaltete neben klassischem Erbe und der zeitgenössischen Dramatik aus der DDR und der Sowjetunion auch Stücke „progressiver“ Autoren aus dem Westen und Lateinamerika. Dabei erregte die produktive Zusammenarbeit mit dem Dramatiker Peter Weiss (1916–1982) besondere Aufmerksamkeit. Die DDR-Erstaufführung von Weiss' Stück Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade am 26. März 1965 stellte einen Höhepunkt dar und wurde auch international anerkannt.
Von 1974 an wirkte die aus chilenischen politischen Emigranten bestehende Schauspielgruppe „Teatro Lautaro“ am Rostocker Volkstheater.
Ambitionierte Pläne für einen Neubau wurden seit den 1970er Jahren diskutiert, aber nie verwirklicht. Stattdessen wurden die seit den 1940er Jahren als provisorische Spielstätten eingerichteten, über die Stadt verteilten Häuser allmählich ausgebaut und erweitert. Bereits zur Spielzeit 1942/43 wurde das damals Neues Haus genannte heutige Große Haus in der Doberaner Straße im Gebäude des ehemaligen Gast- und Konzerthauses Philharmonie eröffnet. 1954 war in einem ehemaligen Hotel in der Eselföterstraße das Kleine Haus (193 Plätze) geschaffen worden, 1960 das Intime Theater am Glatten Aal (67 Plätze), 1965 das Theater für Prozesse im ehemaligen Haus der Armee, 1968 in Warnemünde die Kleine Komödie (94 Plätze). Später wurde dann in der Kunsthalle das Studio 74 eingerichtet und in einer Baracke das Theater am Kehrwieder (bald Probehaus der Philharmonie). Das Große Haus wurde in den Jahren 1975 bis 1977 modernisiert und um einen neuen Eingangsbereich und ein Theatercafé erweitert. Freiluftplätze entstanden im Garten des Klosters zum Heiligen Kreuz sowie im Kurhausgarten die Sommerbühne am Meer.[1] Die Provisorien Kleines Haus, Intimes Theater, Theater für Prozesse und Studio 74 wurden nach der Revolution in der DDR 1989 geschlossen.
Als neue Spielstätte entstand das Theater im Stadthafen. Pläne, ein neues Theater als Ersatz für das unzureichende Große Haus zu bauen wurden (wieder einmal) nicht umgesetzt. Das Große Haus wurde, unter tatkräftiger Mithilfe des Theatervereins, erneut modernisiert.
Das Theater ist mit einem kompletten Tanztheater-, Musiktheater- und Schauspielensemble ausgestattet, die heute im Großen Haus, im Theater im Stadthafen und in der Kleinen Komödie Warnemünde spielen. Integraler Bestandteil des Volkstheaters ist darüber hinaus die Norddeutsche Philharmonie Rostock. Das A-Orchester ist der größte Klangkörper des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Regelmäßig finden Konzerte nicht nur im Großen Haus, sondern auch im Barocksaal und der Nikolaikirche statt.
Die äußerst angespannte Haushaltslage Rostocks führt zu ständig größer werdenden Einsparungsforderungen an das Theater, die seine Existenz als vollwertiges Vier-Sparten-Theater in Frage stellen.
Aktuelle Entwicklungen
Gab es vor der politischen Wende 1989 noch 700 Mitarbeiter, sind es heute keine 350 mehr. Die Diskussionen über den Etat des Theaters verstärkten sich im Laufe der 1990er Jahre, die Intendanten wechselten mehrfach. Die aus der angespannten Haushaltslage der Stadt Rostock resultierenden Etatkürzungen und die geplante Umwandlung des städtischen Theaters in eine GmbH gipfelten im Oktober 2007 in einem offenen Brief des Generalintendanten Steffen Piontek in der Presse, auf den Oberbürgermeister Roland Methling mit der Kündigung Pionteks reagierte, welche er mit der Verletzung der Loyalitätspflicht begründete. Die geplanten Sparmaßnahmen sahen vor, die städtischen Zuwendungen an das Theater von 7,8 Millionen Euro im Jahr 2007 auf 6,6 im Jahr 2008 und auf 4,8 Millionen Euro im Jahr 2009 zu kürzen. Laut Piontek hätte dies für 2008 den Wegfall eines großen Teils der Premieren, vieler Konzerte und fast aller Sonderveranstaltungen zur Folge gehabt, von 2009 an hätten Musiktheater, Ballett und die Norddeutsche Philharmonie ihre Tätigkeit einstellen müssen. Damit wären etwa 100 Stellen weggefallen.[2] Peter Leonard, der neuer Intendant werden sollte, stellte für die Amtsübernahme die Bedingung des Erhalts eines Vierspartenhauses. Leonard war von 2004 bis 2007 bereits Generalmusikdirektor am Volkstheater Rostock.
Schließung des Großen Hauses
Die schlechte Finanzsituation des Rostocker Theaters erreichte einen Höhepunkt mit der Ankündigung im Februar 2011, dass die zentrale Spielstädte, das Große Haus, bis mindestens Mai 2011 geschlossen bleiben würde. Als Grund wurden Brandschutzbestimmungen angegeben, welche aufgrund der Situation nicht erfüllt werden konnten.[3]. Erste Untersuchungen ergaben, dass die tatsächlichen Zahlen die Schätzungen aus dem Rathaus merklich überschreiten werden. Das Haus müsse bis mindestens Ende 2011 geschlossen bleiben und die Kosten der Sanierung würden eine sechs- bis siebenstellige Summe veranschlagen.[4]
Am 26. März 2011 sahen mehr als 300.000 Zuschauer weltweit die Internet-Aufführung von Theodor Fontanes „Effi Briest“ am Volkstheater Rostock. Zudem sahen rund 3000 Menschen das Stück auf Großleinwänden bei Public-Viewing-Veranstaltungen in ganz Deutschland sowie in Brasilien und Kanada angeschaut, sagte Dramaturgin Katharina de Vette. Sie wertete das Ergebnis als großen Erfolg. „Wir hatten eigentlich auf einen Misserfolg gehofft“, sagte sie. Mit der Online-Inszenierung wollte das Ensemble vor allem auf das geschlossene Haus (s.o.) hinweisen.[5]
Literatur
- Hansestadt Rostock, Presseamt (Hrsg.): Das musikalische Spielplanverzeichnis des Stadttheaters Rostock von 1786 bis 1944. 2 Bände. Hansestadt Rostock, Rostock 1999.
- Renate Meyer-Braun: Löcher im Eisernen Vorhang. Theateraustausch zwischen Bremen und Rostock während des Kalten Krieges (1956–1961): Ein Stück deutsch-deutscher Nachkriegsgeschichte. trafo, Berlin 2007.
- Michael Pietschmann: „Aus deinem Reiche muß ich fliehn – O Königin, Göttin! Laß mich ziehn!“: Wagners Werke am Stadttheater in Rostock. Tectum, Marburg 2002.
- Redieck & Schade GbR Rostock (Hrsg.): Redieck & Schade präsentieren Theater! Aus der Geschichte der Rostocker Bühnen. Norddeutscher Hochschulschriftenverlag, Rostock 1995.
- Freunde und Förderer Volkstheater Rostock (Hrsg.): Bauten und Projekte für das Theater der Hansestadt Rostock 1895-2005. Volkstheater, Rostock 2005.
- Wilhelm Schacht: Zur Geschichte des Rostocker Theaters (1756–1791). Adler, Rostock 1908.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Robert Rosentreter: Zur Geschichte der Rostocker Theaterbau-Visionen: Verhinderter Palast am Wall. In: Hanse Anzeiger. 31. Januar 2007, S. 2.
- ↑ Mykenae Verlag vom 25. August 2008
- ↑ Rostocker Journal vom 22. Februar 2011
- ↑ SPD für Sanierung des Großen Hauses.
- ↑ volksstimme.de
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