Steintor (Rostock)

Steintor (Rostock)
Grundriss des älteren und neuen Tors

Das Steintor in seiner heutigen Form ist ein 1574 bis 1577 im Renaissance- Baustil errichtetes Tor im Süden der historischen Rostocker Stadtbefestigung. Es gehörte neben dem Kröpeliner Tor, dem Petri- und Mühlentor zu den vier Haupttoren der Stadt und war Teil der 22 zum einstigen Mauerring gehörenden Tore.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte des Tors

Steintor in der Darstellung von Vicke Schorler
Steintor Stadtseite
Rekonstruktion der Situation in der zweiten Hälfte des 17. Jh.

Das erste Tor

Schon bald löste das 1279 gebaute Tor das etwas weiter östlich gelegene Kuhtor als Hauptportal der Stadt ab, was es das ganze Mittelalter über blieb. Wahrscheinlich ist, dass es in seiner Größe dem frühen Kröpeliner Tor glich, das zur gleichen Zeit entstand. Es wurde gebaut im Zuge der Errichtung einer Befestigung der Stadt Rostock mit einer Mauer, Türmen und Toren, nachdem sich die drei ursprünglichen Stadtkerne 1265 vereinten. Das Steintor führt bis heute über die Steinstraße direkt auf den Neuen Markt, der das Zentrum der Stadt ist und an dem sich sowohl das Rathaus als auch die Marienkirche befinden. Die Fürsten konnten auf dieser für sie gepflasterten (steinernen) Straße ohne Umwege in die Stadt einreiten.

In seiner ursprünglichen Form stand das Steintor aber nur knapp 300 Jahre. Bei Auseinandersetzungen Rostocks 1565 mit Schwerin ging es unter anderem um die Einführung einer Bieraktie zugunsten der Herzöge. Nachdem Rostock Johann Albrecht I. den formalen Huldigungseid verweigerte, zog dieser mit 500 Reitern durch das Steintor in die Stadt und ließ 1566 das Steintor, dessen Vortor, den Zwingerhof mit seinem Tor, einen Teil der Stadtmauer vom Wiekhaus am Dominikanerkloster bis zum Kuhtor und den "Turm auf dem Rammelsberg", den Vorgänger des heutigen Lagebuschturms (bzw. Fangelturms) mit Wällen, Gräben und Brücken, und auch Teile der Ost- und Südseite des Klosters schleifen, und ließ aus diesen Steinen eine Festung im heutigen Rosengarten bauen. Erst der Erste Rostocker Erbvertrag vom 21. September 1573, in dem den Landesfürsten die Erbherrschaft über die Stadt für Jahrhunderte garantiert wurde, Rostock sich also auf lange Zeit band, und sie außerdem als höchste Richter anerkannt wurden, beendete den Konflikt.

Das zweite Tor

Nachdem die Bürger sich vom Herzog das Recht dazu erkauften, schleiften sie im folgenden Frühjahr die Festung. Von 1574 bis 1577 erfolgte dann der teure Wiederaufbau der Mauer, sowie des Lagebuschturms und auch des Steintors im Stil der Niederländischen Renaissance. Eine Seltenheit für diesen Zeitraum ist, dass sich die verantwortlichen Bauleute für den Neubau direkt nachvollziehen lassen. So entstand das Tor unter der Leitung von Antonius Wahrholt, weiterhin beteiligt waren der Bildhauer Hans Borgloh, der Meister der Zimmerleute war Hinrich Kate, der für die Erdarbeiten der Wallmeister Otto.

In der Darstellung des Tors auf der Vicke-Schorler-Rolle ist seine damalige Form zu sehen. Die Ädikula über dem Tordurchgang geht dort über die ganze Breite des Gebäudes. In Schorlers Darstellung befinden sich im Gegensatz zu heute auch Kartuschen neben den wappentragenden Löwen. In der linken steht der Text: Wer Gott vertrawt hat wohl gebawt. (nach dem Anfang eines Chorals von Joachim Magdeburg, 1572), in der rechten Durch stilsein und hoffen werdet ihr sterck. (nach Jesaja 30,15). Auch die Inschrift unter den Wappen weicht von der heutigen ab - wenngleich die Bedeutungen sich nicht wesentlich unterscheiden. Beide beziehen sich direkt auf den Konflikt mit dem Herzog, der zum Abbruch des alten Tores geführt hatte. Bei Schorler heißt sie: Dominus confortet seras portarum et benedicat / filiis tuis. Intra te concordia, publica felicitas perpetua. (Der Herr stärke der Tore Riegel und segne deine Kinder in dir. Es herrsche in dir Eintracht und dauerhaftes öffentliches Wohlergehen). Der erste Teil ist die Umformung einer Aussage in eine Bitte von Psalm 147,13 der Bibel, wo es heißt: Quoniam confortavit seras portarum tuarum; benedixit filiis tuis in te. (nach Luther: Denn er (Jahwe) macht fest die Riegel deiner (Jerusalems) Tore, und segnet deine Kinder in deiner Mitte.) In der Zeile darunter steht in Schorlers Darstellung: Gemeiner Fried ein schoner stand, dadurch erhelt man stadt und land. Man kann annehmen, dass dieser Teil von Schorler zusätzlich eingefügt worden war.

In der heutigen Fassung lautet die Inschrift des Tors einfach: Sit intra te concordia et publica felicitas (In deinen Mauern herrsche Eintracht und öffentliches Wohlergehen.)

Auf der Darstellung Schorlers besteht das Dach aus Schindeln anstatt aus Schiefer.

Die Feldseite trägt ganz bewusst nur in einem kleinen Rechteck das Stadt- und Landeswappen. Außerdem sind die Steine für das Fallgitter und die Schießscharten zu sehen. Diese Schlichtheit auf der der Stadt abgewandten Seite zeigte Wehrhaftigkeit und demonstrierte Stärke. Reichtum dagegen wurde auf der Stadtseite dargestellt. Zwei Löwen tragen dort drei historische Wappen: das Wappen mit dem Greifen (Wappen der Fürsten), eines mit dem Stierkopf (das große Stadtsiegel) und den dreifarbigen Schild mit Greif (das hanseatische Stadtwappen). Darunter der Wahlspruch der Stadt.

Zur Feldseite des Tores stand außerdem der Zwinger, ein breiter Rundturm, der 1849 abgetragen wurde. Darüber hinaus hatte das Tor lange eine direkte Verbindung zur Stadtmauer, die wegen des Straßenverlaufs nicht erhalten wurde. Eine umfangreiche Restaurierung des Gebäudes war nach den Zerstörungen durch das Bombardement der Royal Air Force 1942 notwendig. Der Turmhelm war zerstört, das Tor bis auf die Umfassungsmauern ausgebrannt. Der Wiederaufbau erfolgte von 1950-1956 in ursprünglicher Form durch den Baumeister Grützmacher. 2005 wurde die fehlende Verbindung zur Stadtmauer symbolisch durch zwölf, nachts grün-leuchtende Stelen an der Ostseite wiederhergestellt.

Siehe auch

 Commons: Steintor Rostock – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • A. F. Lorenz: Zur Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung. Ein Rekonstruktionsversuch
  • Horst Witt (Hrsg.): Die wahrhaftige „Abcontrafactur“ der See- und Hansestadt Rostock des Krämers Vicke Schorler. Rostock 1989, ISBN 3-356-00175-2
54.08663055555612.140888888889

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