Wallander

Wallander
Henning Mankell bei einer Signierstunde anlässlich der Verleihung des Ripper Awards in Unna am 2. März 2009

Henning Mankell (Betonung auf der ersten Silbe des Nachnamens; * 3. Februar 1948 in Stockholm, aufgewachsen in Sveg), ist ein schwedischer Theaterregisseur und Schriftsteller. Bekanntheit in Deutschland erlangte er vor allem durch seine Kriminalroman-Reihe über Kurt Wallander.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Henning Mankell wurde in Stockholm als Sohn von Ivar Henningsson Mankell und Ingrid Birgitta Mankell (geb. Bergström) geboren. Sein Großvater war der Komponist Henning Mankell. Als Mankell ein Jahr alt war, ließen sich seine Eltern scheiden. Er lebte danach zusammen mit seinem Vater und einer älteren Schwester, zuerst in Sveg in Härjedalen, wo sein Vater als Richter arbeitete und danach in Borås in Västergötland. Seine Mutter beging Selbstmord, als Mankell in den Zwanzigern war.

Bereits als Junge wollte Mankell Schriftsteller werden, interessierte sich aber auch für das Theater, weshalb er in Skara ein Schauspielstudium aufnahm. Henning Mankell begann 1966 als Regieassistent am Riks-Theater in Stockholm seine Theaterlaufbahn. Mit dem Ziel, die „Gesellschaft zu demaskieren“, schrieb und inszenierte er bereits als 20-jähriger selbständig Stücke in Collageform. Zu dieser Zeit war Mankell in der schwedischen 68er-Bewegung politisch aktiv und beteiligte sich unter anderem an Protesten gegen den Vietnamkrieg, Portugals Kolonialkrieg in Afrika und gegen das Apartheidsregime in Südafrika.[1] Er war auch in der kulturpolitischen Vereinigung Folket i Bild/Kulturfront engagiert.[1]

Nachdem er eine norwegische Frau getroffen hatte, zog er nach Norwegen, wo er dann in den 1970er Jahren überwiegend arbeitete und lebte. Hier begann er Anfang der 1970er Jahre, auch Prosa zu verfassen. 1973 veröffentlichte er mit Bergsprängaren seinen ersten Roman. Während seiner Zeit in Norwegen kam Mankell in Kontakt mit der maoistischen Arbeidernes Kommunistparti und beteiligte sich aktiv daran, ohne jedoch Mitglied zu werden.[1] Viele dieser persönlichen Motive und Erfahrungen werden in seinem 2008 erschienenen Kriminalroman Der Chinese verarbeitet.

Bis heute nehmen politische und gesellschaftliche Themen in seinen Büchern viel Raum ein. Seit den 1980er Jahren verlegte er seine Wirkungsstätte immer mehr nach Mosambik, dort beteiligte er sich am Aufbau eines Theaters.

In seinem Roman Mörder ohne Gesicht schuf er die Figur des Kriminalkommissars Kurt Wallander. Seitdem hat er über den knorrigen Polizisten eine äußerst erfolgreiche Serie von Kriminalromanen veröffentlicht. Diese Romane stehen in der Tradition der von den Autoren Maj Sjöwall und Per Wahlöö verfassten Bücher über den Kriminalkommissar Martin Beck.

Mankell lebt abwechselnd in Schweden und in Maputo (Mosambik), wo er ein Theater leitet. Als Autor hat er mehrere Bücher veröffentlicht, die seine afrikanischen Erfahrungen verarbeiten. Mankell hat deutsche Vorfahren. Er ist ein Ururenkel von Johann Hermann Mankell, der in Niederasphe, einem Ortsteil von Münchhausen im hessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf, geboren wurde und später nach Schweden auswanderte. Er ist in dritter Ehe mit der zweiten Tochter von Ingmar Bergman verheiratet, der Theaterregisseurin Eva Bergman. Das von seinem Vater geerbte Hofgut in Sveg hat Mankell 2009 dem schwedischen Dramatikerverband vermacht.[2]

Auszeichnungen

Werke

Die Figur Kurt Wallander

Mariagatan in Ystad

Kurt Wallander ist die fiktive Hauptfigur der meisten Kriminalromane von Henning Mankell. Der grüblerische, introvertierte Kriminalkommissar aus der südschwedischen Kleinstadt Ystad wohnt in der Mariagata. Die Figur durchläuft in allen Romanen, beginnend mit Mörder ohne Gesicht, eine kontinuierliche Entwicklung. Mankell verbindet auf diese Weise die Auflösung der Verbrechen eng mit der Biographie des Protagonisten und zeigt einen Mann, dessen Leben seit seiner Scheidung typische Anzeichen einer Midlife Crisis aufweist: Einsamkeit, das Erwachsenwerden seiner Tochter Linda Wallander, zeitweilige Alkoholsucht, später mit der Diagnose Diabetes konfrontiert, mit erheblichen Gewichtsproblemen und im permanenten Kampf mit der immer noch starken Libido trotz abnehmender äußerer Attraktivität. Wallander leidet oftmals angesichts der Schlechtigkeit der Welt und sieht in grausamen Verbrechen eine Begleiterscheinung der negativen Entwicklung in der westlichen Zivilisation. Damit fungiert die Figur in den Romanen als Sprachrohr des Autors und formuliert dessen Gesellschaftskritik. Sein hohes Identifikationspotential verdankt Wallander seinen moralischen Ansprüchen, seiner an Aufopferung grenzenden Selbstdisziplin und der trotz aller Aufklärungserfolge stets gegenwärtigen Idee des Scheiterns. Der Kommissar wird in den Romanen trotz eines entschlossenen, furchtlosen und mutigen Engagements nicht als klassischer Held, sondern als normaler Mensch dargestellt, dem seine persönlichen Probleme ebenso zu schaffen machen wie vielen anderen.

Die detailreiche Schilderung von Wallanders Heimat (Straßennamen und Gaststätten in den Romanen sind allesamt authentisch) hat Ystad und Schonen in den letzten Jahren einen touristischen Wallander-Boom vor allem aus den deutschsprachigen Ländern beschert. Entsprechend halten zahlreiche Reiseunternehmen spezielle Angebote für Wallander-Fans bereit.

Chronologische Übersicht der Romane

Erscheinungsjahr Originaltitel Deutscher Titel Wallander-Band ISBN der deutschen Ausgabe
Schweden Deutschland
1973 1998 Bergsprängaren      
1974   Sandmåleren      
1977   Vettvillingen      
1979 1997 Fångvårdskolonin som försvann Das Gefangenenlager, das verschwand   ISBN 3-7891-4224-7
1980   Dödsbrickan      
1981   En seglares död      
1982 1999 Daisy Sisters      
1983   Apelsinträdet      
1983   Älskade syster      
1984 1997 Sagan om Isidor      
1990 2004 Leopardens öga Das Auge des Leoparden   ISBN 3-423-13424-0
1990 1992 Hunden som sprang mot en stjärna Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war   ISBN 3-7891-4203-4
1991 1994 Skuggorna växer i skymningen Die Schatten wachsen in der Dämmerung   ISBN 3-7891-4206-9
1991 1993 Mördare utan ansikte Mörder ohne Gesicht Band 1 ISBN 3-423-20232-7
1992 2000 Katten som älskade regn Ein Kater schwarz wie die Nacht   ISBN 3-423-70766-6
1992 1993 Hundarna i Riga Hunde von Riga Band 2 ISBN 3-423-20294-7
1993 1995 Den vita lejoninnan Die weiße Löwin Band 3 ISBN 3-423-20150-9
1994 2001 Mannen som log Der Mann, der lächelte Band 4 ISBN 3-423-20590-3
1995 2002 Comédia infantil Der Chronist der Winde   ISBN 3-423-12964-6
1995 1997 Eldens hemlighet Das Geheimnis des Feuers   ISBN 3-7891-4211-5
1995 1999 Villospår Die falsche Fährte Band 5 ISBN 3-423-20420-6
1996 1998 Pojken som sov med snö i sin säng Der Junge, der im Schnee schlief   ISBN 3-423-70721-6
1996 1998 Den femte kvinnan Die fünfte Frau Band 6 ISBN 3-423-20366-8
1997 2000 Steget efter Mittsommermord Band 7 ISBN 3-423-20520-2
1998 2001 Brandvägg Die Brandmauer Band 8 ISBN 3-423-20661-6
1998 2007 Berättelse på tidens strand Die flüsternden Seelen   ISBN 3-5520-5335-2
1998   Resan till världens ände Die Reise ans Ende der Welt   ISBN 3-7891-4219-0
1999 2002 Pyramiden Wallanders erster Fall und andere Erzählungen Band 9 ISBN 3-423-20700-0
(1999) 2004 (Pyramiden) Die Pyramide aus Band 9 ISBN 3-423-25216-2
(1999) 2004 (Fotografens död) Der Tod des Fotografen aus Band 9 ISBN 3-423-25254-5
1999   I sand och i lera      
2000   Labyrinten      
2000 2002 Danslärarens återkomst Die Rückkehr des Tanzlehrers   ISBN 3-423-20750-7
2000 2001 Vindens son Die rote Antilope   ISBN 3-423-13075-X
2001 2003 Tea-Bag Tea-Bag   ISBN 3-423-13326-0
2002 2003 Innan frosten Vor dem Frost (Linda Wallanders 1. Fall) Band 10 ISBN 3-423-20831-7
2003 2004 Jag dör, men minnet lever Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt   ISBN 3-423-13479-8
2004 2005 Djup Tiefe   ISBN 3-423-20978-X
2005 2006 Kennedys hjärna Kennedys Hirn   ISBN 3-552-05347-6
2006 2007 Italienska skor Die italienischen Schuhe ISBN 3-552-05415-4
2008 2008 Kinesen Der Chinese ISBN 978-3-552-05436-3

Fernsehserie „Mankells Wallander“

In den Verfilmungen wird Wallander bis 2007 von dem schwedischen Schauspieler Rolf Lassgård dargestellt, der auch in den jüngsten Verfilmungen der Romane Mittsommermord und Die Brandmauer die Hauptrolle spielt. Diese Filme, zu sehen im ZDF, weichen zum Teil in ganz wesentlichen Punkten von der Romanvorlage ab, z. B. im Motiv des Mörders. Mit dem Film Wallanders letzter Fall, der auf Henning Mankells Kurzgeschichte Die Pyramide basiert, findet die Serie mit Rolf Lassgård ihren Abschluss.

Seit 2005 gibt es auch eine bislang dreizehnteilige internationale Co-Produktion, in welcher der schwedische Schauspieler Krister Henriksson die Rolle des Kommissars Wallander übernommen hat. Den Auftakt bildete die Verfilmung von Vor dem Frost. Die 13 Filme der Serie wurden ab Juni 2006 bis April 2007 in unregelmäßigen Abständen im deutschen Fernsehen gezeigt.

Folgende Darsteller gehören zur festen Besetzung der Serie:

  • Krister Henriksson: Kurt Wallander
  • Johanna Sällström: Linda Wallander
  • Ola Rapace: Stefan Lindman
  • Mats Bergman: Nyberg
  • Douglas Johansson: Martinsson
  • Fredrik Gunnarsson: Svartman
  • Angela Kovacs: Ann-Britt Höglund
  • Marianne Mörk: Ebba
  • Stina Ekblad: Karin Linder
  • Chatarina Larsson: Lisa Holgersson

Die Darstellerin von Linda Wallander, Johanna Sällström, starb am 13. Februar 2007 völlig unerwartet im Alter von nur 32 Jahren.

In den Jahren 2008 und 2009 entstehen weitere 13 Episoden "Mankells Wallander" mit Krister Henriksson als Kurt. Seine Tochter Linda, zuvor verkörpert von Johanna Sällström, wird ebenso wie Stefan Lindman, dessen Darsteller Ola Rapace in der bisher letzten Episode "Dunkle Geheimnisse" den Serientod stirbt, nicht mehr dabei sein.

Zur Zeit in Vorbereitung bei der britischen BBC ist eine neue Wallander-Reihe mit Kenneth Branagh in der Titelrolle. Drei 90-Minüter werden 2008 on Location in Ystad/Schweden gedreht. Die Filme basieren auf den Romanen Sidetracked, Firewall und One Step Behind.

Chronologische Übersicht „Mankells Wallander“

Nummer Originaltitel Deutscher Titel Erstausstrahlung
(Schweden)
Erstausstrahlung
(Deutschland)
1 Innan frosten Vor dem Frost 14. Januar 2005 02. Juni 2006
2 Byfånen Tod in den Sternen 03. August 2005 04. Juni 2006
3 Bröderna Eiskalt wie der Tod 07. September 2005 05. Juni 2006
4 Mörkret Am Rande der Finsternis 15. Oktober 2005 22. Dezember 2006
5 Afrikanen Ein Toter aus Afrika 16. November 2005 23. Dezember 2006
6 Mastermind Der unsichtbare Gegner 13. Dezember 2005 26. Dezember 2006
7 Den svaga punkten Der wunde Punkt 15. März 2006 29. Dezember 2006
8 Fotografen Bilderrätsel 10. Mai 2006 30. Dezember 2006
9 Täckmanteln Tödliche Fracht 12. Juli 2006 06. Januar 2007
10 Luftslottet Tod im Paradies 23. August 2006 10. Februar 2007
11 Blodsband Heimliche Liebschaften 25. Oktober 2006 07. April 2007
12 Jokern Offene Rechnungen 01. November 2006 08. April 2007
13 Hemligheten Dunkle Geheimnisse 10. November 2006 09. April 2007

Dramen

  • Butterfly Blues
  • Zeit im Dunkeln
  • Antilopen
  • Der gewissenlose Mörder Hasse Karlsson enthüllt die entsetzliche Wahrheit, wie die Frau über der Eisenbahnbrücke zu Tode gekommen ist
  • Der Chronist der Winde

Kinderbücher

  • Ein Kater schwarz wie die Nacht, 2000.(Schwedisch: Katten som älskade regn. 1992)
  • Der Hund, der unterwegs zu einem Stern war, 1992
  • Die Schatten wachsen in der Dämmerung, 1994
  • Der Junge, der im Schnee schlief, 1998
  • Die Reise ans Ende der Welt, 1998

Siehe auch

Literatur

  • Henning Heske: Die Globalisierung des Verbrechens. Über die Kriminalromane von Henning Mankell. In: ders. (Hrsg.): Fausts Phiole. Über Poesie und Wissenschaft. Bernstein-Verlag, Bonn 2006, ISBN 3-9809762-3-8. 
  • Rainer Sens: Dem Kommissar auf der Spur (Taschenbuch). Stein (Conrad), Welver 2003, ISBN 978-3893925322. 
  • Kevin Kutani; ders. (Hrsg.): Gesellschaftskritik im schwedischen Kriminalroman am Beispiel von Henning Mankell. GRIN Verlag, München 2004, ISBN 978-3-640-26374-5. 

Einzelnachweise

  1. a b c Lars Åke Augustsson, Hansén, Stig: De svenska maoisterna, S. 162, Göteborg: Lindelöw 2001, ISBN 91-88144-48-8
  2. Meldung auf n-tv
  3. Remarque-Friedenspreis an Henning Mankell, Kleine Zeitung, 6. April 2009

Weblinks

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