Wallenstein (Golo Mann)

Wallenstein (Golo Mann)

Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann ist eine ausführliche Biographie Wallensteins und hat in mehrfacher Hinsicht eine Sonderstellung innerhalb der deutschen Geschichtsschreibung.

Zum einen ist der Verfasser Golo Mann, der einzige Historiker, der den angesehenen deutschen Literaturpreis, den Büchner-Preis, erhalten hat. Zum anderen behandelt Mann mit Wallenstein eine historische Person, die sich einer der bekanntesten deutschen Dramatiker, Friedrich Schiller, für sein ambitioniertes Theaterstück, die Dramen-Trilogie Wallenstein, gewählt hat.

Diese Sonderstellung kommt auch in dem ungewöhnlichen Titel Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann zum Ausdruck. Denn dieser betont, dass nicht so sehr eine Präsentation von Forschungsergebnissen, sondern eine Geschichtserzählung vorliegt.[1] Andererseits hat diese Biographie auch im Werk Golo Manns eine Sonderstellung, insofern Mann, der sonst eher durch Epochenüberblicke und als Herausgeber hervorgetreten ist, hier eine Monographie unter intensiver Quellenbenutzung vorlegt. Dass trotzdem literarische Gesichtspunkte eine Hauptrolle spielen, bezeugt bereits der Titel des Werkes, nicht der Inhalt. Hier wird man explizit an Doktor Faustus erinnert, den späten Roman seines berühmten Vaters Thomas. Thomas Manns Roman, entstanden 1943 bis 1947, ist in der Tat im Titel auffallend ähnlich: Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde.

Golo Mann arbeitet in seiner Wallenstein-Biographie heraus, dass der Konflikt, der schließlich zur Ermordung des Feldherrn führte, schon bei dessen Ernennung 1624 angelegt war, da weder Kaiser Ferdinand noch Wallenstein selbst die Truppen zu bezahlen imstande war und der wichtigste Bundesgenosse des Kaisers, Kurfürst von Bayern, der die Aufstellung der Truppen gefordert hatte, sofort nach dessen Ernennung zu Wallensteins Gegner wurde, weil dieser ein so großes Heer aufstellte, dass er zum Hauptfeldherrn der katholischen Liga werden musste.

In seiner Beurteilung von Wallensteins Friedenswillen unterscheidet sich Mann von der früher in der deutschen Geschichtswissenschaft vertretenen Position. Er meint, Wallenstein habe schon aufgrund seiner Gemütslage, die durch dauernde körperliche Erkrankungen auf Entspannung hin drängte, einen Frieden um seiner selbst willen angestrebt.[2] Dagegen seien die Anschuldigungen der Zeit, Wallenstein habe Vizekönig von Böhmen werden wollen, ganz haltlos. Allerdings hielt er von der Darstellung Diwalds[3], die zwei Jahre vor seiner eigenen Darstellung erschien und Wallenstein in einem recht positiven Licht sah, Abstand.[4]

Bibliographische Angaben

Golo Mann: Wallenstein. Sein Leben erzählt von Golo Mann. Fischer, Frankfurt/Main 1971. ISBN 3-1004-7903-3 (gebunden) und ISBN 3-596-13654-7 Taschenbuch).

Fußnoten

  1. Außerdem wird damit angedeutet, dass hier von einem Historiker mit literarischen Mitteln versucht wird, ein stimmigeres Bild Wallensteins zu zeichnen, als es Schiller in seiner Geschichtserzählung und seiner Trilogie gelungen ist.
  2. "Wenn die von ihm gelegentlich formulierten Bedingungen grimmig klangen, so war es Illusion des Augenblicks oder verbale Anpassung an das, was in Wien oder Prag geredet wurde. In der Logik seines Denkens lag es nicht, aber die mag ihm nur allmählich bewußt geworden sein." (G.Mann, S.586)
  3. Hellmut Diwald: Wallenstein. Eine Biographie. Ullstein TB-Verlag, Berlin 1987 [zuerst 1969], ISBN 3-548-27550-8.
  4. "Ein Historiker sollte alles Wesentliche kennen, was vor ihm gedruckt wurde. Von Gleichzeitigem darf, muß er sich unabhängig halten." (G.Mann, S. 1158)

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