Weihwang

Weihwang
Otterswang
Koordinaten: 47° 57′ N, 9° 14′ O47.9583333333339.2283333333333619Koordinaten: 47° 57′ 30″ N, 9° 13′ 42″ O
Höhe: 619 m ü. NN
Fläche: 5,29 km²
Einwohner: 252
Postleitzahl: 88630
Vorwahl: 07552

Das Dorf Otterswang liegt etwa vier Kilometer nördlich von Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Geographische Lage

Otterswang liegt in der südlich der Schwäbischen Alb vorgelagerten Endmoränenlandschaft der letzten Eiszeiten im Tal des Kehlbachs. In der Kiesgrube bei Weihwang gibt es seltene, so genannte Kofferfalten.[1]

Ortsteile

Zu Otterswang gehören die Ortschaften Litzelbach und Weihwang.

Geschichte

Vor- und Frühgeschichte

Von einer vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung der Gemarkung zeugen im Wald zwischen Kappel und Otterswang vier keltische Grabhügel. Zwei liegen östlich der heutigen Ortschaft in den Gewannen Kälberweid und Kappeler Birken, dem bewaldeten Dreieck zwischen Kappel, Otterswang und Glashütte, sowie in der Nähe des Hilarihofes. Die Siedlung selbst konnte jedoch noch nicht archäologisch nachgewiesen werden.[2]

Die Otterswanger Grabhügel wurden seit dem 19. Jahrhundert mindestens drei Mal unvollständig untersucht. Im Jahr 1832 fand die erste vermerkte Untersuchung durch den Sigmaringer Straßenoberinspektor Hermann von Hövel statt. Eine spätere Untersuchung fand unter Pfarrer Baur aus Dietershofen statt, der im Jahr 1882 „in concentrischen Kreisen“ ausgraben ließ. Vermutlich handelt es sich bei dem durch Baur untersuchten Grabhügel um den noch heute im Wald gut sichtbareren Hügel, der einen Einschnitt eines ringförmigen Suchgraben aufweist. Es scheint, dass er damals unbemerkt mehrere Gräber angetroffen hat. Fundstücke von Otterswang werden bis heute in der Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlung im Schloss Sigmaringen verwahrt, darunter auch zwei eiserne Dolche aus der Ausgrabung von 1882. Auch Bruchstücke von verzierten Bronzeblechen sind erhalten, sogar Reste des Leders vom Gürtel, auf den die Bleche aufgenietet waren. Ringe aus Bronze schmückten Arme und Beine einer Frau, die offenbar ebenfalls in dem Hügel zur Ruhe gebettet war.[3]

Im Oktober 2007 veröffentlichte das Kiesbauunternehmen Valet und Ott Pläne, nach denen ab 2010 auf diesem Gebiet ein neues 48 Hektar großes Abbaugebiet entstehen soll, das bis zum Jahr 2040 die Förderung von sechs Millionen Kubikmeter Kies ermöglichen soll. Die daraufhin gegründete Bürgerinitiative „Schützt den Wald bei Otterswang/ Kappel/ Glashütte“ kritisiert den Verlust der sich im Zentrum des neuen Abbaugebiets befindlichen keltischen Grabhügel. Des Weiteren will sie die Rodung einer großen Waldfläche verhindern, die im Regionalplan Bodensee-Oberschwaben als schutzwürdiger Bereich ausgewiesen ist und auf der der Kiesabbau erst 2018 gestattet wurde.[4][5] Im Dezember 2007 sprach sich der Gemeinderat Pfullendorf im Gegensatz zum Gemeinderat Wald gegen die geplante Ausweisung von zusätzlichen 20 Hektar Kiesabbauflächen im Bereich Otterswang, Kappel und Glashütte aus. Er verweist auf den gültigen Beschluss aus dem Jahr 2004, in dem im Teilregionalplan „Oberflächennahe Rohstoffe“ lediglich 23 Hektar als Bereich zur Sicherung von Rohstoffvorkommen ausgewiesen sind, das heißt der Kiesabbau genehmigt ist.[6]

Ein Erhalt der Hügelgräber ist nicht möglich und macht eine neuerliche Untersuchung der Grabhügel nötig. Noch könnten einzelne Gräber in den Hügeln stecken oder eingetieft zwischen den Hügeln liegen. Früher übersehene Bruchstücke müssten an die Funde im Museum angepasst werden. Mit den heutigen Grabungsmethoden kann man oft noch Spuren von Textilien oder hölzernen Grabkammern erkennen und rekonstruieren, wie die Hügel aufgebaut wurden - alles Informationen, die den Ausgräbern im 19. Jahrhundert entgangen sind. Das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Tübingen erklärte sich im November 2007 mit einer Archivierung einverstanden.

Otterswang lag in römischer Zeit auf dem Gebiet der römischen Provinz Raetia. Eine vom Lacus Brigantinus (Bodensee) kommende, auf Pfullendorfer Gemarkung als „Herweg“ bezeichnete Römerstraße führte an der einst keltischen Siedlung vorbei.[7] Aus dieser Zeit stammt die Bronzefigur eines Meer-[8], Fisch- oder Seegreifen[9], ein römisches Kohortenzeichen oder Legionszeichen[10][11] (Signum), die im Mai 1850 in der Sägemühle des Dorfes Otterswang, bei Grabungen eines Kellers 7 Fuss tief unter der Oberfläche des Bodens gefunden wurde.[12] Diese Fundbeschreibung steht im Widerspruch zu einem anderen, in der Literatur mit „im freien Felde“ „von einem Pfullendorfer Bürger“ bezeichneten, Fundort.[13]

Das aus Bronze gegossene und ciselirte Signum ist mit einer grünlich-grauen Patina überzogen. Es zeigt eine Greifenprotome mit zwei Vorderfüßen und Delphinschwanz. Zwischen den Vorderpranken hält er ein fragmentiertes Inschrifttäfelchen mit einer fast nur aus Abkürzungen bestehenden Inschrift mit altertümlichen Zeichen.[14] Auf ihr steht, in zwei Zeilen getrennt, CONATVS KE. V. K., dass nach Karl Zell mit „Conatus Centurio quintae cohortis oder centuriae“ zu deuten ist.[15] Das Signum besitzt, je nach Literatur, ein achtseitiger Untersatz, welcher unten eine Spitze hatte, bzw. eine trompetenförmige Tülle auf der Unterseite, und war demnach auf einem langen Schaft zu tragen. Stil und Qualität der Plastik weisen auf Italien (Raum von Arezzo, Cortona oder Perugia) als Herstellungsort hin. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Signum um ein Feldzeichen eines Truppenteils der XIV. Legion, das ihnen von Kaiser Nero ehrenhalber als Triumphalzeichen verliehen wurde, da sie sich im Kampf gegen das aufständische Britannien, zusammen mit dessen Statthalter C. Suetonius Paullinus, hervorragend bewährt hatten.

Die Übersetzung der ergänzten Inschrift könnte folgendermaßen lauten: „Für das (bestandene) gefahrvolle Wagnis. Der XIV. Legion (verlieh) das Signum, nachdem die Icener besiegt waren, (C. Suetonius) Paullinus.“ Nach Tacitus wurde die XIV. Legion im Jahr 67 aus Britannien abgezogen, um am Orientfeldzug teilzunehmen. Seit dem Jahr 70, nachdem sie im Bataver-Aufstand gekämpft hatte, gehörte sie wieder zu der am Oberrhein stehenden Armee und bezog bis zum Jahr 95 als Standlager ihre alte Garnison in Mogontiacum (Mainz). Dann wurde sie nach Pannonien abkommandiert, um unter Domitian am Krieg gegen Sueben und Sarmaten teilzunehmen. Beim Abmarsch der Legion könnte es in Obergermanien in Limesnähe zu einem Gefecht mit einem germanischen Stamm gekommen sein, in dessen Verlauf das Signum verloren ging und in den Boden des Otterswanger Ackers geraten ist.[16][17][18] In wie weit ein römisches Leichenfeld bei Bittelschieß in Verbindung mit dem Gefecht zu setzen ist, ist ungewiss.

Das Greifensignum wurde als eine der schönsten Zierden der „Alterthumshalle zu Baden“ in die Hauptstadt des ehemaligen Landes Baden nach Karlsruhe verbracht.[13]. Es befindet sich heute in den Beständen des Badischen Landesmuseums.

Mittelalter bis heute

Das Dorf selbst wurde im frühen Mittelalter gegründet und fand 1083 als „Otoleuswanc“ erstmals urkundliche Erwähnung. Otterswang leitet seinen Namen nicht von Otter ab, sondern von einem mit „Ot“ beginnenden Personennamen. Im 13. Jahrhundert gehörte Otterswang den Herren von Reischach. Am 16. Juli 1312 wurde „Otoleuswanc“ für 22 Mark Silber vom Kloster Wald gekauft, damals erhielt es den Namen Otterswang. Der Weiler Litzelbach gehörte als Staufische Schenkung schon seit 1215 zum Besitz des 1212 gegründeten Klosters. Der Weiler Weihwang wird 1266 durch Hugo von Bittelschieß an das Kloster Wald gegeben.

Beinahe 500 Jahre lang gehörte Otterswang dem Kloster, der geschachtete Schrägbalken des Zisterzienserordens ist auch heute noch Teil des Wappens. Erst durch die Säkularisation aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses kam Otterswang 1806 zusammen mit dem restlichen Walder Gebiet an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. 1850 kam das Dorf als Teil von Hohenzollern-Sigmaringen als Hohenzollernsche Lande an Preußen, bis 1862 gehörte es zum preußischen Oberamt Wald und seitdem zum Oberamt und Kreis Sigmaringen.

Seit dem 1. Juli 1972 ist Otterswang eine Teilgemeinde der Stadt Pfullendorf.

Religion

Die Bevölkerung Otterswangs ist hauptsächlich katholisch. Die Kirchengemeinde gehört zur Seelsorgeeinheit Oberer Linzgau.

Politik

Ortsvorsteher

Derzeitiger Ortsvorsteher ist Willi Längle (CDU).

Ortschaftsrat

Der Ortschaftsrat besteht außer dem Ortsvorsteher aus sechs Ortschaftsräten folgender Parteien/Listen:

Wappen

Das Wappen von Otterswang zeigt ein gespaltenes Schild, vorne in Schwarz ein doppelreihig von Rot und Silber geschachter Schrägbalken (Zisterzienserbalken), hinten in Gold ein schwarzes Rad.

Der Zisterzienserbalken bringt die einstige Zugehörigkeit zum Kloster Wald zum Ausdruck.

Öffentliche Einrichtungen

Bildung

  • Sprachheilkindergarten Otterswang, eine Außenstelle des Hör-Sprachzentrums Wilhelmsdorf, ein Schulkindergarten mit Ganztagesangebot

Vereine

  • Musikverein Otterswang: Der Musikverein wurde im Jahre 1898 gegründet und hat derzeit rund 35 aktive Mitglieder.
  • Katholische Landjugendbewegung Otterswang
  • Kehlbachratten Otterswang e.V.: Der Narrenverein wurde am 26. Januar 1996 gegründet. Der Name der Kehlbachratten beruft sich auf den Dorfbach, den Kehlbach.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Die dem Hl. Fidelis geweihte Kirche wurde 1858/1859 im neugotischen Stil erbaut. Zum Inventar der Kirche gehören zwei wertvolle Darstellungen der Heiligen Barbara und der Heiligen Katharina, die um 1730 entstanden sind.
  • In Otterswang befindet sich eine Zehntscheuer, die im Mittelalter als Lagerhaus zur Aufbewahrung der Naturalsteuer Zehnt diente.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Alljährlich am Samstag nach dem Dreikönigswochenende findet das Guggenmusiktreffen, veranstaltet durch den Musikverein Otterswang, statt.
  • Des Weiteren findet am Sonntag nach Aschermittwoch das große Funkenfeuer des Narrenvereins Kehlbachratten statt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Unweit von Otterswang verläuft folgende Fernverbindung:

Der Öffentliche Nahverkehr wird durch den Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (naldo) gewährleistet. Otterswang befindet sich in der Wabe 448.

Literatur

  • Maren Kuhn-Rehfus: Das Zisterzienserinnenkloster Wald (Reihe: „Germania sacra“, NF 30, „Das Bistum Konstanz“ 3). Berlin & New York: Walter de Gruyter, 1992. ISBN 3-11-013449-7.
  • Wilhelm Friedrich Laur, Karl Theodor Zingeler: Die Bau- und Kunstdenkmäler in den Hohenzollern’schen Landen (mit einer archäologischen Übersichtskarte von Hohenzollern). Stuttgart: Neff, 1896.

Anmerkung

  1. Holger Reuchlin: Die Kiesgrube Weihwang. http://www.geo-sites.de/andereGeosites/Weihwang/index.php
  2. Julia Lutz: Kiesabbau ist ein heißes Eisen. Südkurier vom 14. November 2007
  3. Falko Hahn: Kiesgrube im Grabhügel-Land. Südkurier vom 17. Oktober 2007
  4. Bürgerprotest gegen Kiesabbau. Südkurier vom 9. November 2007
  5. Gemeinderat. Unterschriften der Betroffenen führen nicht zu ablehnender Haltung. Schwäbische Zeitung vom 29. November 2007
  6. Siegfried Volk: Gemeinderat pocht auf Einhaltung der genehmigten Abbaufläche. Kein zusätzlicher Kiesabbau. Südkurier vom 22. Dezember 2007
  7. Peter Herrmann: Stadtgeschichte Pfullendorf. Folge 9. Zum Alter Pfullendorfs gibt es viele Theorien. Südkurier vom 30. Januar 2007
  8. Tafel 63 (rechts) Bronzefiguren a: Otterswang. Meergreif. In: Philipp Filtzinger, Dieter Planck, Bernhard Cämmerer (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. Konrad Theiss Verlag. Stuttgart/Aaalen 1976
  9. Schriften der Alterthumsvereine in Wirtenberg und Baden. In: Heidelberger Jahrbücher der Literatur. 48. Jahrgang. Erste Hälfte. Januar bis Juni. Heidelberg, Akademische Verlagshandlung von J. C. B. Mohr, 1855. hier: S. 183
  10. Laut Rheinisches Landesmuseum Bonn (Hrsg.): Bonner Jahrbücher. Jg. 1881. S. 99. als „Cohortenzeichen“ und auf S. 101. als Legionszeichen“ tituliert
  11. Peter Herrmann: Ein Bild und seine Geheimnisse. In der Südkurier-Ausgabe vom 23. Juni 2005
  12. Schriften der Alterthumsvereine in Wirtenberg und Baden. In: Heidelberger Jahrbücher der Literatur. 48. Jahrgang. Erste Hälfte. Januar bis Juni. Heidelberg, Akademische Verlagshandlung von J. C. B. Mohr, 1855. hier: S. 183f.
  13. a b Rheinisches Landesmuseum Bonn (Hrsg.): Bonner Jahrbücher. Jg. 1881. S. 101.
  14. Abbildung von Baier, siehe Doppelheft des badischen Altherthumsverein für 1845 und 1855
  15. Vgl. Karl Zell: Handbuch der römischen Epigraphik. S. 322. 1852
  16. Hans Ulrich Nuber: Antike Bronzen aus Baden-Württemberg. Schriften des Limesmuseum Aalen Nr. 40. Stuttgart 1988. S. 60. Abb. 59
  17. Römisch-Germanisches Museum (Hrsg.): Römer am Rhein. Ausstellung des Römisch-Germanischen Museums Köln. Köln 1967. S. 240. Taf. 88
  18. Elfriede Paschinger: Das Greifen-Signum in Karlsruhe. In: Die Österreichische Höhere Schule. Ausgabe 36/1. 1984

Weblinks


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