Weingartener Liederhandschrift

Weingartener Liederhandschrift
Eine Seite der Weingartner Liederhandschrift

Die Weingartner Liederhandschrift, seltener Stuttgarter Liederhandschrift, in der Germanistik kurz auch Handschrift B genannt, ist eine Sammlung von Minnelyrik aus dem frühen 14. Jahrhundert. Ausnahmen sind ein Sangspruch von Walther von der Vogelweide, Fragmente einer Marienklage (die in Handschrift C Gottfried von Straßburg zugeschrieben wird, jedoch nicht von diesem stammt), die Minnelehre des Johann von Konstanz und ein späterer Eintrag von zehn Zeilen auf Seite 310. Sie wurde wahrscheinlich zwischen 1310 und 1320 in Konstanz angefertigt. Die Handschrift B versammelt alle bedeutenden Lyriker des Hochmittelalters, die zwischen 1270/80 und 1230/40 gewirkt haben.

Die Handschrift enthält 33 Textblöcke in gotischer Minuskel auf I + 157 Blatt Pergament und wurde von fünf Händen geschrieben. Das Buch ist mit 15 x 11,5 cm sehr kleinformatig. Das Werk wurde von späterer Hand paginiert. Die letzten sieben Seiten und einige Seiten im Corpus sind leer. Die Texte sind auf vorlinierten Blättern ohne Spaltengliederung strophenweise eingetragen (Ausnahme ist hier die Marienklage, S. 229–238). Die Vers-Enden wurde nicht berücksichtigt, nur teilweise durch Reimpunkte markiert.

Es sind 31 Dichtersammlungen, von denen bei 25 nur Autorennamen angegeben und 6 tatsächlich identifizierbar sind. Bei den genannten Autorennamen handelt es sich mittelhochdeutsche Versdichter vom Ende des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Sammlung ist in einer hierarchischen Ordnung aufgebaut (Beginn bei Kaiser Heinrich), die sich später zu einer anderen Ordnung formiert.

Inhaltsverzeichnis

Erster Teil (S. 1–170)

Der erste Teil enthält 25 Dichtersammlungen. Die Strophenanfänge sind in rot-blauem Initialwechsel markiert und laufen zum Teil in Schnörkeln aus. Dazu gibt es 25 ganz- und halbseitige Abbildungen der Dichter, die jedoch weniger individuelle Miniaturen (Porträts) als vielmehr typisierte Darstellungen ihres Berufsstandes sind.

Zweiter Teil

Nach sieben leeren Seiten beginnt auf Seite 178 der zweite Teil und endet auf Seite 251. Dieser Teil ist nur teilweise ausgeschmückt. Miniaturen fehlen ganz, stattdessen sind Seiten freigelassen.

Dritter Teil

Der dritte Teil beginnt auf Seite 253. Hier finden sich neue nur rote Verzierungen der Initialen und einiger weiterer Buchstaben. Die Seiten 306–309 und 311–312 sind leer. Im oberen seitlichen Rand der einzelnen Sammlungen finden sich von späterer Hand hinzugefügt gelegentlich Namen der Autoren.

Die Handschrift war möglicherweise ursprünglich Teil der Dombibliothek Konstanz. Als Vorbesitzer der Liederhandschrift wird der Konstanzer Bürgermeister Marx Schulthais genannt. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde sie der oberschwäbischen Abtei Weingarten geschenkt. Johann Jakob Bodmer nahm 1780 in das Manuskript Einsicht, 1781 teilte Leonhart Meister zuerst einige Stellen des Texts mit. Heute befindet sich die Handschrift in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart als Cod. HB XIII 1.

Die Weingartner Handschrift gilt neben den anderen beiden oberdeutschen Liederhandschriften, der Großen und der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift, als Hauptquelle unserer Kenntnis der Blütezeit des Minnesangs.

Autoren

Die Handschrift führt folgende Autoren auf:

  1. Kaiser Heinrich
  2. Rudolf von Fenis
  3. Friedrich von Hausen
  4. Burggraf von Rietenburg
  5. Meinloh von Sevelingen
  6. Otto von Botenlauben
  7. Bligger von Steinach
  8. Dietmar von Aist
  9. Hartmann von Aue
  10. Albrecht von Johansdorf
  11. Heinrich von Rugge
  12. Heinrich von Veldeke
  13. Reinmar von Hagenau
  1. Ulrich von Gutenburg
  2. Bergner von Horheim
  3. Heinrich von Morungen
  4. Ulrich von Munegur
  5. Hartwig von Raute
  6. Ulrich von Singenberg
  7. Wahsmuot von Kunzich
  8. Hiltbolt von Schwangau
  9. Wilhelm von Heinzenburg
  10. Leuthold von Seven
  11. Rubin
  12. Walther von der Vogelweide
  13. Wolfram von Eschenbach (ohne Bild und Namensnennung)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Codex Manesse — Folio 371r, Johannes Hadlaub The Codex Manesse, Manesse Codex, or Große Heidelberger Liederhandschrift[1] is a Liederhandschrift (medieval songbook), the single most comprehensive source of Middle High German Minnesang  …   Wikipedia

  • Манесский кодекс — …   Википедия

  • Literarischer Verein in Stuttgart — Literarischer Verein in Stuttgart, eine Vereinigung von Gelehrten und Literaturfreunden zum Zweck der Neuherausgabe wichtiger älterer Denkmäler der deutschen Literatur, der Geschichte und Kulturgeschichte, deren Publikationen jedoch nicht in den… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Kloster Weingarten — Die mittelalterlichen Gebäude des Klosters Weingarten 1525 Die Benediktinerabtei St. Martin liegt auf dem Martinsberg in Weingarten (früher Altdorf) bei Ravensburg. Sie ist das Haus und Stammkloster der Welfen. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Abtei Weingarten — Kloster Weingarten um 1500, aus der „Bauernkriegs Chronik“ des Klosters Weißenau von Jacob Murer, 1525 …   Deutsch Wikipedia

  • Dombibliothek Konstanz — Der Apostel Paulus in einem Kodex aus der Dombibliothek Konstanz Die Dombibliothek von Konstanz war die Bibliothek der Bischöfe von Konstanz und des Domkapitels. Sie ist heute nicht mehr als Bestand erhalten, sondern über mehrere Bibliotheken… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich VI. (HRR) — Heinrich VI. und Konstanze von Sizilien; Liber ad honorem Augusti des Petrus de Ebulo, 1196 Heinrich VI. aus dem Geschlecht der Staufer (* November 1165 in Nimwegen; † 28. September 1197 in Messina) war ab 1169 …   Deutsch Wikipedia

  • Minnesinger — (Minnesänger) werden, mit besonderer Hervorhebung des von ihnen vorzugsweise behandelten poetischen Stoffes, die deutschen Lyriker des 12. und 13. Jahrh. in ihrer Gesamtheit genannt. Eigentlich lyrische Dichtungen treten in Deutschland erst in… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”