Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes

Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes

Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes oder Befehlshaber der SiPo und des SD, kurz BdS, waren vom Reichssicherheitshauptamt (RSHA) in von den Nationalsozialisten besetzen Gebieten eingesetzte Leiter einer Art RSHA-Außenstelle. Mehrere „Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD“ (KdS) waren einem BdS untergeordnet. Sie hatten im Wesentlichen dieselben Aufgaben wie die Einsatzkommandos.

In Verbindung und jeweils auf gleicher Hierarchie standen „Befehlshaber der Ordnungspolizei“ (BdO) und „Kommandeure der Ordnungspolizei“ (KdO).

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die mit Beginn des Polenfeldzuges im September 1939 zunächst im Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete, dann auch in den übrigen Rückwärtigen Armeegebieten zur „Durchführung besonderer sicherheitspolizeilicher Aufgaben außerhalb der Truppe“ eingesetzten Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD (bestehend aus Einsatzkommandos bzw. Sonderkommandos) entsprachen in ihrer Gliederung dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA), so dass diese auch als „mobiles RHSA“ bzw. als „RSHA im Kleinen“ bezeichnet wurden.

In den rückwärtigen Bereichen der besetzten Gebiete, in denen keine Kampfhandlungen mehr stattfanden und sich die Besatzungsverwaltung bereits gefestigt hatte, wurden die Einheiten der Einsatzgruppen in stationäre Institutionen für bestimmte räumliche Bereiche umgewandelt, in diesen sie ähnliche Aufgaben wahrzunehmen hatten wie die Sicherheitspolizei im Reich. Sie waren auch – wie zuvor die Einsatzgruppen – neben nachrichtendienstlichen Tätigkeiten mit „Sonderbehandlungen“ der Juden befasst.

Einsatzgebiete und Aufbau

Für jedes besetzte Land wurde ein Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) eingesetzt. Ausnahmen bildeten nur Elsaß, Lothringen, der Warthegau, das Generalgouvernement und die Reichskommissariate „Ostland“ und Ukraine, für die jeweils ein eigener BdS bestellt wurde. Auf unterer regionaler Ebene waren mehrere „Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD“ dem BdS unterstellt.

Im Osten wurden zwei „Reichskommissariate“ gebildet, nachdem die Front im Winter 1941/42 erstarrt war:

In diesen war für die polizeilichen Angelegenheiten jeweils ein BdS und ein BdO („Befehlshaber der Ordnungspolizei“) eingesetzt. Ein für die Belange der gesamten Polizei zuständiger HSSPF (Höherer SS- und Polizeiführer) war dem BdS und BdO übergeordnet. Die Reichskommissariate waren wiederum in „Generalkommissariate“ oder auch „Generalbezirke“ eingeteilt, in denen es analog den KdS und den KdO („Kommandeur der Ordnungspolizei“) sowie den SSPF (SS- und Polizeiführer) gab. Jedem KdS unterstanden wiederum mehrere Außendienststellen.

Analog zum Verhältnis von BdS zu KdS hatte der BdO die Aufsicht über alle „Kommandeure der Ordnungspolizei“ (KdO) in einem Reichskommissariat. Der BdO befehligte die Schutzpolizei in den Städten, die Gendarmerie auf dem Land sowie die für den Kriegsfall aufgestellten Polizeitruppen in Form von Polizeibataillonen.

Der Befehlsweg lief somit vom RSHA an die BdS und von diesen an die KdS bzw. vom Hauptamt Orpo an die BdO und an die KdO. Für Sonderaufgaben des Reichsführers-SS konnten sich allerdings auch die Himmler direkt unterstellten Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) aller Einheiten der SS und der Polizei bedienen und waren daher gegenüber den BdS bzw. BdO weisungs- und befehlsbefugt (z. B. für die Partisanenbekämpfung durch den HSSPF Russland-Mitte und „Chef der Bandenkampfverbände“, SS-Obergruppenführer und General der Polizei Erich von dem Bach-Zelewski). Von zweitrangiger Bedeutung blieb in der Praxis die fallweise zu entscheidende Unterstellung unter die Zivilverwaltung der besetzten Gebiete.

Aufbau einer Dienststelle gemäß dem RSHA

  • Abteilung I - Personal
  • Abteilung II - Verwaltung
  • Abteilung III - SD
  • Abteilung IV - Gestapo
  • Abteilung V - Kriminalpolizei

Personelle Besetzungen

(Liste beispielhaft und unvollständig!)

  • BdS Generalgouvernement in Krakau
    • SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Bruno Streckenbach (1. November 1939 – 14. Januar 1941)
    • SS-Oberführer Karl Eberhard Schöngarth (14. Januar 1941 – 9. Juni 1943)
    • SS-Oberführer Walther Bierkamp (Juli 1943 – Februar 1945)
      • KdS Warschau
      • KdS Lublin
        • SS-Sturmbannführer Alfred Hasselbach (23. Oktober 1939 - Dezember 1939)
        • SS-Sturmbannführer Walter Huppenkothen (Januar 1940 - Juni 1941)
      • KdS Radom
        • SS-Hauptsturmführer Fritz Liphardt
        • SS-Sturmbannführer Wilhelm Bluhm (8. November 1940 - 28. Februar 1941)
      • KdS Krakau
      • KdS Litzmannstadt (Lodz)
        • SS-Obersturmbannführer Otto Bradfisch (Sommer 1943 - Dezember 1944)
  • BdS Ostland/Ukraine
    • SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Walter Stahlecker (8. November 1941 – 22. März 1942)
    • Walter Poltzelt, i.V. (22. März 1942 – 18. April 1942)
    • SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Heinz Jost (29. März 1942 – 8. September 1942)
    • SS-Standartenführer Erich Ehrlinger, i.V. (7. September 1942 – August 1943)
    • SS-Oberführer Humbert Achamer-Pifrader (26. September 1942 – 18. September 1943)
    • SS-Oberführer Friedrich Panzinger (18. September 1943 – 20. Mai 1944)
    • SS-Oberführer Wilhelm Fuchs (20. Mai 1944 – Oktober 1944)
    • SS-Sturmbannführer Albert Reipert ( ? )
  • BdS Rußland Mitte in Minsk
  • BdS Serbien in Belgrad
  • BdS Italien
  • BdS Frankreich in Paris
  • BdS Norwegen
    • SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Walter Stahlecker (ab Mai 1940 – Herbst 1940)
    • SS-Standartenführer und Oberst der Polizei Heinrich Fehlis (ab Herbst 1940 – Kriegsende)
      • KdS Oslo
        • SS-Standartenführer und Oberst der Polizei Heinrich Fehlis (ab Herbst 1940 – Kriegsende)
      • KdS Stavanger
        • SS-Sturmbannführer Karl-Heinz Stoßberg (April 1940 - November 1940)
        • SS-Obersturmbannführer Heinrich Jennessen (November 1940 - September 1941)
        • SS-Obersturmbannführer Friedrich Wilkens (September 1941 - April 1945)
        • SS-Sturmbannführer Franz Hoth (April 1945 - Mai 1945)
      • KdS Bergen
        • SS-Obersturmbannführer Gerhard Flesch (April 1940 -Oktober 1941)
        • SS-Obersturmbannführer Hans Wilhelm Blomberg (Oktober 1941 - April 1944)
        • SS-Obersturmbannführer Ernst Weimann (24. Juni 1944 - Mai 1945)
      • KdS Trondheim
        • SS-Sturmbannführer Ingo Eichmann (April 1940 - September 1940)
        • SS-Sturmbannführer Hermann Ling (September 1940 - Oktober 1941)
        • SS-Obersturmbannführer Gerhard Flesch (Oktober 1941 - Mai 1945)
      • KdS Tromsö (ab 1944 Narvik)
        • SS-Obersturmbannführer Hans Wilhelm Blomberg (Mai 1940 - Oktober 1941)
        • SS-Obersturmbannführer Heinrich Jennessen (Oktober 1941 - September 1942)
        • SS-Sturmbannführer Kurt Stage (Oktober 1942 - 27. Mai 1944)
        • SS-Obersturmbannführer Oswald Poche (Mai 1944 - November 1944)
  • BdS Böhmen und Mähren
  • BdS Griechenland in Athen
    • SS-Standartenführer Walter Blume (August 1943 – Ende 1944)
  • KdS Kassel
    • SS-Sturmbannführer Franz Marmon (März 1945)
  • KdS Sudetenland
  • KdS Rouen
    • SS-Obersturmbannführer Bruno Müller (Mai 1944 – November 1944)
  • KdS Charlon-sur-Marne
    • SS-Sturmbannführer und Regierungsrat Karl Lüdecke (24. Juli 1943 – 1944)
  • KdS Wallonien
    • SS-Obersturmbannführer Eduard Strauch (31. Mai 1944 – Oktober 1944)
  • KdS Estland
  • KdS Wolhynien
    • SS-Obersturmbannführer Bruno Müller (Oktober 1943 – März 1944)
  • KdS Kiew

siehe auch SS-Hauptämter (Organisationsschema)

Siehe auch

Literatur

  • Buchheim, Hans: Die SS – das Herrschaftsinstrument, in Buchheim, Broszat, Jacobsen, Krausnick: Anatomie des SS-Staates, Bd. I, dtv, München 1967

Weblinks


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