Widmark-Formel

Widmark-Formel

Die Blutalkoholkonzentration (BAK) ist die Menge von Alkohol im Blut, üblicherweise angegeben in Promille. Durch den Genuss bzw. Konsum alkoholischer Getränke gelangt der Alkohol ins Blut. Die Konzentration ist ein Maß für die Alkoholisierung, die Einschränkung der Konzentrations- und Zurechnungsfähigkeit durch Alkohol. Die BAK kann durch eine Blutprobe, aus der Atemluft, oder durch Näherungsformeln über den Alkoholkonsum abgeschätzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Abschätzen der BAK

Die Alkoholkonzentration im Blut hängt ab von:

  • der Menge des konsumierten Alkohols
  • der Resorptionsrate des Alkohols im Körper
  • der Menge des Bluts, in dem sich der Alkohol verteilt
  • der Abbaurate des Alkohols im Blut.

Innerhalb von 1–2 Stunden ist der Alkohol vollständig resorbiert, lediglich ca. 3 % werden über die Lunge, 1–2 % über die Nieren ausgeschieden. Bei Männern liegt die Abbaurate bei 0,1–0,2 Promille/h, für Frauen gleicher Konstitution ca. 15 % niedriger. Die einfachen Schätzformeln für BAK geben Anhaltspunkte, in welcher Menge Blut sich der aufgenommene Alkohol verteilt. Da die Abbaurate konstant ist und die Resorptionszeit nur wenig variiert, kann der Alkoholgehalt in Abhängigkeit von der Zeit abgeleitet werden.

Widmark-Formel

Der schwedische Chemiker Erik M. P. Widmark hat folgende Formel zur Bestimmung der theoretischen maximalen BAK entwickelt:

c = \frac {A}{m\cdot r}

wobei

  • c die Alkoholkonzentration im Blut in Gramm pro Gramm Blut
  • A die aufgenommene Masse des Alkohols in Gramm (g),
  • r den Verteilungsfaktor im Körper:
    • Männer: 0,68–0,70
    • Frauen / Jugendliche: 0,55–0,60
    • Säuglinge / Kleinkinder: 0,75–0,80
  • m die Masse der Person in Gramm (g) ist.

Um bei einem Getränk die Masse A des Alkohols herauszufinden, muss das Volumen V des Getränkes (gemessen in Milliliter, damit das Ergebnis in Gramm vorliegt) mit dem Alkoholvolumenanteil e (auf dem Getränkebehälter zu finden, z. B. Bier: 0,05) und der Dichte von Alkohol (ρ ≈ 0,8 kg/l bzw 0,8 g/ml) multipliziert werden: A = V \cdot e \cdot \rho. Hat beispielsweise ein Liter (also 1000 ml) Bier einen Volumenanteil von 0,05 (d. h. 5 %) Alkohol, so entsprechen die 50 ml Alkohol einem Gewicht von 40 g.

Von der errechneten Blutkonzentration müssen zwischen 10 % und 30 % abgezogen werden, da der Alkohol nicht vollständig resorbiert wird. Als stündlicher Abbauwert ist ein Wert zwischen 0,1 ‰ und 0,2 ‰ anzunehmen. In der forensischen Literatur geht man auch von einer Abbaurate von ca. 1 g Alkohol pro Stunde und pro 10 kg Körpergewicht aus.

Um die Konzentration in Promille zu erhalten, muss das Ergebnis mit 1000 multipliziert werden.

Watson-Formel

Eine genauere Formel lieferte Watson.[1] Er ermittelte empirisch die Abhängigkeit des Verteilungsfaktors r von Geschlecht, Körpermasse m (kg), Körpergröße h (cm) und Alter t (in Jahren).

Über eine Abschätzung des im Körper enthaltenen Wassers (Gesamtkörperwasser GKW (Liter)) kann der Verteilungsfaktor r genauer bestimmt werden.

GKW_\mathrm{m\ddot{a}nnlich} = 2{,}447 - 0{,}09516 \cdot \frac{t}{\mathrm{Jahre}} + 0{,}1074 \cdot \frac{h}{\mathrm{cm}} + 0{,}3362 \cdot \frac{m}{\mathrm{kg}}

GKW_\mathrm{weiblich} = -2{,}097 + 0{,}1069 \cdot \frac{h}{\mathrm{cm}} + 0{,}2466 \cdot \frac{m}{\mathrm{kg}}

Eine von Axel Eicker stammende Modifikation enthält auch bei Frauen eine Altersabhängigkeit. Hier ist ein Parameter allerdings nur einstellig, was zu einem deutlichen Genauigkeitsverlust führen muss:


GKW_\mathrm{m\ddot{a}nnlich} = 2{,}447 - 0{,}09516 \cdot \frac{t}{\mathrm{Jahre}} + 0{,}1074 \cdot \frac{h}{\mathrm{cm}} + 0{,}3362\cdot \frac{m}{\mathrm{kg}}


GKW_\mathrm{weiblich} = 0{,}203 - 0{,}07 \cdot \frac{t}{\mathrm{Jahre}} + 0{,}1069 \cdot \frac{h}{\mathrm{cm}} + 0,2466 \cdot \frac{m}{\mathrm{kg}}

r ergibt sich nun wie folgt (ρBlut = Dichte des Blutes, durchschnittlich 1,055 \tfrac{\mathrm{g}}{\mathrm{cm}^3}):


r = \frac{\rho_\mathrm{Blut} \cdot GKW}{0{,}8 \cdot m}

Der Faktor 0,8 gibt den Anteil des Wassers im Blut an. Setzt man dies in die Widmark-Formel ein, so erhält man:


c = \frac{0{,}8 \cdot A}{\rho_\mathrm{Blut} \cdot GKW}

Berechnung des Blutalkoholgehalts zur Tatzeit auf Grund der Trinkmengen

Wurde eine Blutprobe nicht entnommen, muss in der Regel eine Berechnung der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit nach Trinkmengen vorgenommen werden. Anhand der Trinkmenge, des Körpergewichts und des Körperbaus wird mit Hilfe von Tabellenwerken, die auch Auskunft über die Alkoholgehalte vieler Getränke geben, zunächst die Blutalkoholkonzentration festgestellt, die theoretisch erreicht worden wäre, wenn die gesamte Alkoholmenge auf einmal in den Körper gelangt wäre (Theoretische Konzentration). Von diesem Wert ausgehend ist folgende Berechnung anzustellen:

Höchstmögliche Blutalkoholkonzentration
Theoretische Konzentration
minus Resorptionsdefizit 10 %
Abbau je Stunde 0,1 ‰
Niederstmögliche Blutalkoholkonzentration
Theoretische Konzentration
minus Resorptionsdefizit 30 %
Abbau je Stunde 0,2 ‰
Sicherheitsabschlag einmalig 0,2 ‰

Je länger die Tat zurückliegt, umso problematischer wird die Rückrechnung der BAK zum Tatzeitpunkt, insbesondere wegen des sog. Nachtrunks. Trinkt der Täter nach der Tat – etwa beim Eintreffen der Polizei oder während der Fahrt zur Wache – in kurzer Zeit größere Mengen Alkohol (Flachmann mit Hochprozentigem im Handschuhfach) wird die nachträgliche Bestimmung der BAK zum Tatzeitpunkt in der Regel nicht mehr möglich sein.

Berechnung des Blutalkoholgehalts zur Tatzeit auf Grund einer später entnommenen Blutprobe

Wurde eine Blutprobe entnommen, gelten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Grundsätze, die auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, allgemein gültig sind und dem Zweifelssatz gerecht werden (BGHSt 37, 231 = NJW 1991, 852; individuelle Abbauwerte erkennt die Rechtsprechung nicht an). Über diese Grundsätze darf sich auch ein Sachverständiger nicht hinwegsetzen. Nach diesen Grundsätzen ist die Tatzeitblutalkoholkonzentration nach Blutprobe wie folgt zu berechnen:

Höchstmögliche Blutalkoholkonzentration

Zugunsten des Angeklagten ist von abgeschlossener Resorption auszugehen. Abbau je Stunde 0,2 ‰; Sicherheitszuschlag einmalig 0,2 ‰ von der ersten Stunde an.

Niederstmögliche Blutalkoholkonzentration

Abbau je Stunde 0,1 ‰, nach beendeter Resorption. Diese kann bis zu zwei Stunden dauern. Deshalb bleiben für die Rückrechnung zwei Stunden nach Trinkende außer Betracht (BGHSt 25, 246, 250 = NJW 1974, 246).

Liegen lediglich „Alcotest Handmessgerät“-Testergebnisse über die Atemluftkonzentration vor, dürfen diese wegen der noch bestehenden Mess-Ungenauigkeiten nicht zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden. Einer Verwertung zugunsten des Angeklagten steht aber nichts entgegen (BGH NStZ 1995, 96). Die Messwerte sind dann ebenso zurückzurechnen wie Blutprobenergebnisse (BGH NStZ 1995, 96).

Mit diesem Vortest-Gerät zur Feststellung einer Alkoholisierung, basierend auf einem elektrochemischen Sensor, welches seit 1995 die polizeilich früher verwendeten Alcotest-Prüfröhrchen ersetzt, wird in einer digitalen Anzeige die gemessene Atemalkohol-Konzentration in mg/l angezeigt. Mit dem handlichen Dräger Alcotest 7410-Gerät, welches bei polizeilichen Kontrollen oder bei Unfallaufnahmen in der Regel auf der Straße eingesetzt wird, kann praktisch überschlägig ermittelt werden, welche Alkoholkonzentration der Betroffene im Körper hat. Bei einer zu hohen wird entweder eine exakte Atemalkoholmessung mit dem allein zur Verfügung stehenden und weitaus aufwendigeren Messgerät Alcotest 7110 Evidential MK III oder aber eine Blutalkoholmessung (mit einer geringen Blutabnahme) bei dem Betroffenen durchgeführt.

Rechtliche Bedeutung

Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht spielt die BAK des Täters vor allem bei der Beurteilung seiner Schuldfähigkeit eine Rolle. Zudem setzen bestimmte Straftatbestände eine Alkoholisierung des Täters bzw. Opfers voraus. Zivilrechtlich kann eine Alkoholisierung zur Nichtigkeit von Willenserklärungen führen (§ 105 BGB). Die nachfolgenden Werte sind überwiegend nicht gesetzlich festgelegt, sondern als ständige Rechtsprechung das Ergebnis jahrelanger Justizpraxis.

Grenzwerte

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Deutschland

Das Führen eines Kraftfahrzeugs in nicht fahrtüchtigem Zustand ist verboten.

Für Fahranfänger in der Probezeit gilt mit der Einführung des neuen § 24 c StVG in Deutschland ab 1. August 2007 zusätzlich auch ein absolutes Alkoholverbot. Denn ordnungswidrig handelt, wer in der Probezeit nach § 2a StVG oder vor Vollendung des 21. Lebensjahres als Führer eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr alkoholische Getränke zu sich nimmt oder die Fahrt antritt, obwohl er unter der Wirkung eines solchen Getränks steht.

BAK in ‰ Rechtliche Bedeutung
0,0 Absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger in der Probezeit oder vor Vollendung des 21. Lebensjahres. Diese Ordnungswidrigkeit wird als schwerwiegende Zuwiderhandlung eingestuft und nicht nur mit einer Geldbuße von 125 Euro geahndet. Denn zusätzlich erhält man auch 2 Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg, was nach § 2a Abs.2 StVG zur Anordnung der Teilnahme an einem besonderen Aufbauseminar und zur Verlängerung der Probezeit um 2 Jahre führt.
0,3 Hier beginnt in Deutschland die sog. „relative Fahruntüchtigkeit“. Wenn typische Ausfallerscheinungen, Fahrfehler oder konkrete Gefährdungen hinzutreten, erfolgt Verurteilung in der Regel nach § 316 StGB (Trunkenheit im Verkehr). Die Fahrerlaubnis wird entzogen. Die Fahreignung ist nicht mehr gegeben.
0,5 Bei fehlenden Ausfallerscheinungen (in der Regel aufgrund entsprechender Alkoholgewöhnung): Ordnungswidrigkeit gem. § 24a StVG (erster Verstoß: 1 Monat Fahrverbot, 250 EUR Bußgeld; zweiter Verstoß: 3 Monate Fahrverbot, 500 EUR Bußgeld; weitere Verstöße: 3 Monate Fahrverbot, 750 EUR Bußgeld. Nach der zweiten entdeckten Alkoholfahrt wird - unabhängig von der Höhe der BAK - in der Regel eine MPU gefordert, um die Fahreignung zu überprüfen.
1,1 „Absolute Fahruntüchtigkeit“ bei PKW und Motorrad. Straftat gem. § 316 StGB. Entzug der Fahrerlaubnis
1,3 „Absolute Fahruntüchtigkeit“ beim Führen eines Motorsportboots auf dem Bodensee (OlG Karlsruhe als Schifffahrtsobergericht, Urteil vom 18. Januar 2001 - Ns 1/00: Nr. 78).
1,6 Anordnung einer MPU. Bei alkoholisierter Benutzung eines Fahrrads oder Mofas ebenfalls Anordnung einer MPU, die Frist beträgt normalerweise 2 Monate, bei Nichtvorlage eines positiven Gutachtens folgt der Entzug der Fahrerlaubnis
1,8 „Absolute Fahruntüchtigkeit“ beim Führen von Schiffen.
2,0 Verminderte Schuldfähigkeit gem. § 21 StGB ist möglich (außer Tötungsdelikte).
2,2 Verminderte Schuldfähigkeit gem. § 21 StGB bei Tötungsdelikten ist möglich (Verringerung der Hemmschwelle).
2,5 Verminderte Schuldfähigkeit gem. § 21 StGB ist wahrscheinlich. Schuldunfähigkeit gem. § 20 StGB (und damit auch actio libera in causa) ist möglich.
3,0 Schuldunfähigkeit gem. § 20 StGB ist (sehr) wahrscheinlich (außer Mord). Ein regelmäßiges Vorliegen von Schuldunfähigkeit wird nach neuester Rspr. des BGH nicht mehr angenommen (aber Indizwirkung).

§ 323a StGB Vollrausch möglich, wenn § 20 StGB nicht ausschließbar

3,3 Schuldunfähigkeit des Mörders ist (sehr) wahrscheinlich („Sicherheitszuschlag“, höhere Hemmschwelle)
3,5 Hier endet die Vernehmungsfähigkeit (§ 136a StPO). Das hat Bedeutung für die Verwertbarkeit der Aussage und eine mögliche Strafbarkeit des Vernehmenden.
>3,0 Der Wert der letalen Dosis wird in Fachliteratur mit 3,0 bis 4,0 Promille beschrieben. Es sind jedoch auch Fälle bekannt, die diese Werte deutlich überschreiten (siehe Weblinks).

Die Aufnahme des Alkohols samt Promillegehalt im Körper ist abhängig vom Körpergewicht:

Trinkt ein 70 kg schwerer Mann innerhalb einer Stunde 1 Liter Bier mit 5% Alkoholgehalt, erreicht er etwa 0,5 Promille, trinkt er aber 1 Liter Rotwein mit 14% Alkohol, erlangt er rund 2 Promille. Wichtig ist, die Größe und vor allem den Inhalt eines Weinglases zu beachten (oft 0,3 Liter). Durch eine Mahlzeit kann die Aufnahme des Alkohols etwas verlangsamt werden.

Haftung und Versicherung

Alkoholisierung ist bei Gerichtsverfahren nach Unfällen immer ein Grund, die Hauptschuld mit 100 % festzulegen, unabhängig von der Schuld anderer Unfallbeteiligter. Außerdem entfällt üblicherweise jeglicher Versicherungsschutz. Die meisten Kfz-Haftpflichtversicherungen übernehmen jedoch die Schadensabwicklung und nehmen den Versicherungsnehmer danach mit 5000 Euro in Regress[2].

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Literaturnachweise

  1. Watson PE, Watson R, Batt RD: Total body water volumes for adult males and females estimated from simple antropometric measurements. The American Journal of Clinical Nutrition 33: JANUARY 1980, pp. 27-39.
  2. Zuviel Alkohol kann Versicherungsschutz kosten, HUK-Coburg, 29. Januar 2007

Weblinks


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