Wigand Gerstenberg

Wigand Gerstenberg

Wigand Gerstenberg (* vermutlich 1. Mai 1457 in Frankenberg (Eder); † 22. August 1522 ebenda), eigentlicher Familienname wohl Bodenbender (auch Boddenbenders, Boddenbener), war ein Chronist am Übergang zwischen Spätmittelalter und Reformationszeit, der sowohl eine Geschichte der Stadt Frankenberg als auch eine Chronik des Hessenlandes verfasste.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Geboren und aufgewachsen in Frankenberg als Angehöriger einer Schöffenfamilie, die auch weitere Geistliche und Gelehrte hervorgebracht hat, studiert Gerstenberg ab 1473 an der Hochschule in Erfurt. 1476 erlebt er den verheerenden Brand mit, der seine Heimatstadt weitgehend zerstört und ihre Blüte als Handelsplatz beendet. Spätestens seit dem Jahre 1486 ist Gerstenberg als Altarist in der Frankenberger Pfarre tätig, also als Messpriester in einem der Altarpfründe ohne eigene Seelsorge.

Beziehungen zum Hofe des in Marburg residierenden Landgrafen Wilhelm III. von Oberhessen ermöglichen ihm die Aufnahme seiner Chronistentätigkeit. Im Jahre 1493 beginnt er mit seinen Arbeiten zur Kompilation der hessisch-thüringischen Landesgeschichte und pendelt nun zwischen Marburg und Frankenberg. Im Jahre 1500 stirbt Wilhelm III. kinderlos, und Oberhessen fällt in den Besitz des niederhessischen Landgrafen Wilhelm II. Gerstenberg lebt nun wieder ausschließlich in Frankenberg und beginnt sich mit der Erstellung seiner Stadtchronik zu befassen. Außerdem erstellt Gerstenberg Zusätze zum Stadtrecht seiner Heimatstadt. Doch schon nach wenigen Jahren gewinnt er wieder Zugang zum Hofe Wilhelms II. und fügt der Landeschronik weitere Einzelheiten hinzu, bis auch Wilhelm II. 1509 stirbt. Aus der Zeit danach sind nur noch wenige Aufzeichnungen überliefert. Gerstenberg stirbt im Sommer 1522, in einer Zeit, in welcher die Reformationsbewegung auch in Frankenberg an Einfluss zu gewinnen beginnt.

Werk

Frankenberger Bürger zünden die Burg der Stadt Frankenberg an - Illustration aus einem Werk Gerstenbergs

Durch seine Stellungen bei Wilhelm III. und Wilhelm II. besaß Gerstenberg Zugang zu zahlreichen historischen Dokumenten. In seinen Werken listet er diese Belege akribisch auf; andererseits fügt er Ausschmückungen, aber auch reine Eigenerfindungen hinzu. Dies gilt insbesondere für die Chronik der Stadt Frankenberg, in welcher zahlreiche nicht historisch korrekte Elemente enthalten sind, durch welche Gerstenberg seiner Stadt nachträglich eine größere Bedeutung zu verleihen versuchte. Dennoch ist das Werk Gerstenbergs von großer Bedeutung für die Geschichtsschreibung der Region, da sich die durch Dokumente belegten von den erfundenen Elementen zumeist recht gut trennen lassen.

Neben seinen beiden bedeutenden Chroniken, Landeschronik von Thüringen und Hessen bis 1247 und von Hessen seit 1247 sowie Stadtchronik von Frankenberg, sind noch verschiedene weitere Briefe und Urkunden von Wigand Gerstenberg erhalten.

Literatur

  • Arthur Wyß: Gerstenberg, Wigand. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 66 f.
  • Hermann Diemar: Die Chroniken des Wigand Gerstenberg von Frankenberg, in: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck. Chroniken von Hessen und Waldeck. Erster Band. Erste Auflage Marburg 1909 Online, Neuauflage Elwert Verlag, Marburg 1989, ISBN 978-3-7708-0911-0
  • Ursula Braasch-Schwersmann, Axel Halle (Hrsg.): Wigand Gerstenberg von Frankenberg 1457–1522. Die Bilder aus seinen Chroniken Thüringen und Hessen - Stadt Frankenberg. Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2007. ISBN 978-3-921254-86-8 (Rezension)

Weblinks


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