Windkante

Windkante

Unter einer Windkante versteht man im Radsport-Fachjargon eine Situation, in der für die Radrennfahrer ein starker Gegenwind schräg von vorn einfällt. In dieser Situation können die Fahrer nur dann im Windschatten fahren, wenn sie sich jeweils seitlich versetzt zum Vordermann positionieren. Dies führt zu so genannten „Windstaffeln“, diagonal über die Straße verlaufenden Fahrerreihen.

Da die Breite der Straße begrenzt ist, „reicht der Platz“ so nur für eine bestimmte Anzahl von Fahrern im ersten Kreisel, der sich in dieser Situation spontan bildet. Bei Landstraßen ist die Zahl der Fahrer, die in dieser ersten Gruppe fahren können, auf etwa 25 begrenzt (d. h. die Straße kann in diesem Fall zwei Reihen von Fahrern à ca. zwölf Mann aufnehmen, es ist also eine Breite von etwa 40 cm x 12 = ca. 5 m erforderlich).

Auf diese Weise kommt es bei Amateurrennen zu einer schnellen Selektion der Fahrer, die die Möglichkeit bekommen, in dieser ersten Gruppe fahren zu „dürfen“. Dabei spielen folgende „Auswahlkriterien“ eine Rolle: Fahr-, insbesondere Ablösetechnik, Stärke und gleichmäßig ausdauernde Fahrweise und Durchsetzungskraft.

Wer letztlich in dieser Gruppe verbleibt, bildet sich im freien Spiel der Kräfte heraus. Für den Rest des Feldes ergibt sich eine schwierige Aufgabe: Entweder versuchen sie doch noch, in diesen ersten Kreisel zu gelangen bzw. andere daraus zu verdrängen oder sie bilden einen neuen Kreisel. Bei Profirennen, in Ländern wie Belgien, Niederlande und Frankreich, die für ihre langen Windkantenpassagen bspw. an Küstenstraßen bekannt sind, auch bei Amateurrennen, gelingt dies. In Deutschland schleppt die Kopfgruppe meist einen langen Schwanz von hintereinander aufgereihten Fahrern mit sich, der irgendwann in unzählige kleine Grüppchen zerfällt, wenn die Windkante zu lang ist.

Zum genaueren Verständnis der Bedeutung des Ausdrucks muss man den Kontext heranziehen. Folgende Ausdrücke werden mit Windkante gebildet:

  • Jemanden beziehungsweise die anderen Fahrer „auf die Windkante nehmen“ bedeutet: auf der der Windeinfallsrichtung entgegengesetzten Straßenseite fahren, sodass die anderen keine Möglichkeit haben, sich seitlich versetzt im Windschatten aufzureihen, sondern jeder „voll im Wind steht“.
  • Jemanden beziehungsweise die anderen Fahrer „auf der Windkante abhängen“ bedeutet: andere durch Anwendung der oben beschriebenen Taktik distanzieren. Die Anwendung der Taktik auf die Windkante nehmen muss nicht notwendigerweise geschehen, um andere zu distanzieren, es kann auch eine Zermürbungstaktik sein.
  • Aussagen wie „Es gab viel Windkante/Windkantenfahren“ bedeuten, dass es viele oder/und lange Passagen gab, auf denen der Wind von schräg vorne kam.

Der bildhafte Ausdruck Windkante hat im Radsport die Funktion eines feststehenden Fachausdrucks, mit dem klar umrissene Sachverhalte bezeichnet werden. Zu beachten ist, dass mit „Windkante“ nicht das Gegenteil von „Windschatten“ ausgedrückt wird. Ein Fahrer, der auf der Windkante fährt, hat zwar keinen oder nur ungenügenden Windschatten, umgekehrt gilt aber keineswegs, dass alle Fahrer ohne Windschatten auf der Windkante fahren. Mehr zu den unterschiedlichen Techniken des Windschattenfahrens und der Vermeidung der Windkante findet sich unter Windschatten.

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