- Radsport
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Als Radsport, schweizerisch auch Velosport, bezeichnet man Sportarten, die mit dem Fahrrad ausgeführt werden.
Dazu gehören der Straßenradsport mit dem Straßenradrennsport, dem Radmarathon, der Radtouristik und den Jedermann-Rennen, weiter der Bahnradsport, Mountainbike, Cyclocross, Trial (Geschicklichkeitsfahren), BMX, Mountainbike-Orienteering sowie die Hallenradsportarten Kunstradfahren, Radball und Radpolo. Als Trainingsform und auch als eigenständiges Fitnesstraining hat sich das Spinning, bzw. Indoor Cycling entwickelt. Im Langstreckenbereich (200 bis 1200 km) gibt es Brevets und Audax-Veranstaltungen für Amateure.
Inhaltsverzeichnis
Radsport bei den Olympischen Spielen
- Straßenradsport[1]
- Straßenrennen (Männer: seit 1896; Frauen: seit 1984)
- Einzelzeitfahren (Männer: seit 1996 wieder im Programm; Frauen: seit 2000)
- Mannschaftszeitfahren (Männer: von 1960 bis 1992)
- Bahnradsport
- Sprint (Männer: seit 1896; Frauen: seit 1988)
- Zeitfahren (Frauen: nur im Jahr 2000; seit 2004 als Disziplin nicht mehr im Programm)
- Einerverfolgung (Frauen: seit 1992; ab 2012 als Disziplin nicht mehr im Programm)
- Mannschaftsverfolgung (Männer: seit 1908 mit Unterbrechungen)
- Punktefahren (Männer: seit 1984; Frauen: seit 1996; ab 2012 als Disziplin nicht mehr im Programm)
- Keirin (Männer: seit 2000; Frauen: ab 2012)
- Team-Sprint[2] (Männer: seit 2000; Frauen: ab 2012)
- Zweier-Mannschaftsfahren (Männer: von 2000 bis 2008)
- Omnium (ab 2012 für Männer und Frauen)
- Mountainbike (seit 1996 für Männer und Frauen)
- BMX (seit 2008 für Männer und Frauen)
- BMX-Race
Frühgeschichte
Die frühen Typen des Fahrrads vor der Entwicklung des heute üblichen Niederrads – also die oft Draisine genannte Laufmaschine in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts und vor allem das Hochrad der 70er und 80er Jahre des 19. Jahrhunderts – waren davon geprägt, dass das Fahrrad kein Nutzgefährt war, sondern als Sport- und Spaßgerät benutzt wurde. Hochradfahrer galten als mutige Hasardeure und erregten dementsprechend seit den 1870er Jahren mit Abenteuertouren große Aufmerksamkeit. So soll die erste Weltumradelung auf zwei Rädern dem Amerikaner ´Thomas Stevens von 1884 bis 1886 gelungen sein.
In Deutschland wurde mit dem Eimsbütteler Velocipeden-Club am 17. April 1869 der erste Radsportclub in Altona/Elbe aus der Taufe gehoben. Schon am 10. September veranstalteten die Fahrradfans während einer Industrieausstellung im selben Jahr ein erstes Rennen mit Teilnehmern aus Frankreich, Dänemark und England.[3]
Bald verlagerte sich das Interesse der Öffentlichkeit von den Abenteuerfahrten, die eher Entdeckungsreisen als Sportausübungen glichen, auf Rekordfahrten, bei denen einzelne Rennfahrer eine bestimmte Langstrecke (etwa die größtmögliche Entfernung auf der britischen Insel vom Cornwall nach Nordschottland von 1400 km) in möglichst kurzer Zeit abzufahren hatten. Damit konnte den skeptischen Zeitgenossen die Überlegenheit des Fahrrads über alle anderen individuellen Verkehrsmittel der Jahrhundertwende demonstriert werden.
Am 8. Dezember 1867 fand das erste Eintagesrennen der Welt in Paris statt. Etwa 100 Teilnehmer fanden sich auf der Avenue des Champs-Élysées ein und starteten zum rund 23 km entfernten Schloss Versailles.[4]
Das erste von Frauen bestrittene Radrennen wurde am 1. November 1868 in Bordeaux ausgetragen.[5][6] Schauplatz des Ereignisses war der Parc Bordelais.[7] Vier Frauen absolvierten ein Rennen auf einer 500 m langen Strecke.[8]
Das erste Straßenrennen soll schon 1865 in Amiens (Frankreich) stattgefunden haben. Viele der damals initiierten Rennen sind noch heute „Klassiker“ wie etwa die „Frühjahrsklassiker“ Lüttich–Bastogne–Lüttich (seit 1892), Paris-Roubaix (seit 1896) oder Mailand-San Remo (seit 1907).
Vor allem ab den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts fanden Distanzrennen zunehmende Aufmerksamkeit beim Publikum, bei denen eine größere Zahl von konkurrierenden Rennfahrern Entfernungen von fast immer über 500 km hinter sich bringen mussten.
1903 schließlich wurde als erstes Etappenrennen die Tour de France ins Leben gerufen, bei der ähnliche Streckenlängen wie bei den Distanzrennen absolviert werden mussten – in diesem Falle allerdings an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. In sechs Etappen wurden damals 2428 km absolviert, der Schnitt des Siegers betrug beachtliche 26 km/h.
Neben den Straßenrennen waren aber auch Radveranstaltungen auf der Bahn, wie etwa Sechstagerennen und Steherrennen schon in der Frühzeit des Radsports äußerst populär.
Einen wichtigen Aspekt des Radsports stellt die Tatsache dar, dass hier das erste systematische Sponsoring im modernen Sport praktiziert wurde: Von Beginn an wurden alle Arten des Radsports von Fahrradfirmen unterstützt und beeinflusst, weil dadurch die zunächst oft bezweifelte Leistungsfähigkeit des Produkts Fahrrad an sich und später der verschiedenen Fabrikate im Speziellen exzellent veranschaulicht werden konnte. Schon in den 1910er Jahren fuhren die Radprofis bei der Tour de France nicht in Nationalmannschaften, sondern wie heutzutage auch in Firmenteams. Dies verdeutlicht die gänzlich andere Entwicklung als in jahrzehntelangen Amateursportarten wie Turnen, Fußball oder Leichtathletik.
Generell wird der Radsport von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg von Historikern als die neben dem Boxen vielleicht bedeutendste und beliebteste Sportart überhaupt eingeschätzt.
Popularität des Straßenradsports
In West- und Mitteleuropa hat sich die Beliebtheit des Straßenradrennsports seit den Anfängen bis heute erhalten. Große Popularität genießt der Radsport in Frankreich, Italien, Spanien (vor allem im Baskenland) und der Schweiz, was seinen Ausdruck in den hier etablierten großen Landesrundfahrten Tour de France, Giro d’Italia, Vuelta a España und Tour de Suisse findet, sowie in Belgien (vor allem Flandern), Luxemburg und den Niederlanden. Dort finden viele wichtige Eintagesrennen statt, vor allen die sogenannten Frühjahrsklassiker. Auch in anderen Ländern erfreuen sich der Radsport und seine Idole hoher Beliebtheit, so in Großbritannien, Irland und den skandinavischen Ländern.
Außerhalb Europas sind die USA, Kolumbien und Australien zu nennen, in denen Straßenradsportler durch Erfolge bei den großen europäischen Rennen zu Idolen werden können. Allerdings fanden die seit 1921 ausgetragenen UCI-Straßen-Weltmeisterschaften bis 1976 ausschließlich und auch danach überwiegend in europäischen Ländern statt.
Straßenradsport in Deutschland
In Deutschland war der Radsport nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR eine sehr populäre Sportart. Nach dem Weltmeistertitel Gustav-Adolf Schurs wurde vor allem die Friedensfahrt als „Tour de France des Ostens“ begeistert verfolgt und vom Fernsehen ausführlich übertragen. In Westdeutschland erlebte der Radsport vor allem in den Zeit Rudi Altigs und Dietrich Thuraus größere Popularität. Nach der Wiedervereinigung kam es durch die Erfolge Erik Zabels und besonders Jan Ullrichs zu einer vorübergehenden Hochzeit, in der es drei deutschen Profiteams gelang, sich bei der Tour de France und damit über das Stadium einer Randsportart hinaus in der Öffentlichkeit zu etablieren: Team T-Mobile, Team Gerolsteiner und Team Milram. Nach Doping-Skandalen zogen sich die namengebenden deutschen Sponsoren der beiden ersten Teams Ende 2007 bzw. 2008 jedoch wieder zurück. Team T-Mobile fand einen kalifornischen Nachfolger, Team Gerolsteiner wurde ganz aufgelöst.
Den Zusammenhang zwischen der Beliebtheit des Sports und der Existenz von Idolen verdeutlicht die Verdoppelung des Marktanteils von Rennrädern in Deutschland nach Ullrichs Toursieg im Jahr 1997.[9] Parallel wurde die TV-Berichterstattung ausgeweitet: Während 1995 nur die dritten Programme der ARD halbstündig von der Tour de France berichteten, konnte man von 1998 bis 2006 täglich bis zu acht Stunden Radsport in ARD und ZDF verfolgen.
2007 wurde diese Berichterstattung als Reaktion auf den positiven A-Proben-Doping-Befund von Patrik Sinkewitz erstmalig während der Tour de France abgesetzt. Kritiker bemängeln an der ARD, dass die von ihr als öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalt geforderte Objektivität aufgrund ihrer zeitweiligen Rolle als Sponsor der Tour nicht gewährleistet gewesen sei.
Siehe auch
Literatur
- Johan Bruyneel mit Bill Strickland: Die Kunst zu siegen. Meine Erfolgsgeschichten von acht Siegen bei der Tour de France. Sportwelt Verlag, Betzenstein 2009, ISBN 978-3-941297-01-2
- Thomas Chapple: Grundlagentraining für Radsportler. Sportwelt Verlag, Betzenstein 2008, ISBN 978-3-9811428-8-4
- Lynda Wallenfels: Radtraining für Triathleten und Radtouristikfahrer. Sportwelt Verlag, Betzenstein 2007, ISBN 978-3-9811428-3-9
Weblinks
- Internationaler Radsport-Dachverband UCI (s. UCI)
- Bund Deutscher Radfahrer
- Swiss Cycling
- Kleine Geschichte des deutschen Radsports von 1868–2003 auf cycling4fans.de
Einzelnachweise
- ↑ Zusätzlich gab es Radsport-Disziplinen auf Bahn oder Straße, die nur einmal oder selten ausgetragen wurden oder heute fast unbekannt sind, wie Tandemrennen, 25-Meilen-Rennen oder 20-km-Rennen u.ä.
- ↑ bis 2001 Olympischer Sprint genannt
- ↑ Hamburger Abendblatt vom 18. April 2009: Terror mit Velociped, abgefragt am 14. Juni 2009
- ↑ Fahrradmonteur.de: Fahrradgeschichte, abgefragt am 14. Juni 2009
- ↑ Radsportgeschichte 1868-1918 auf cycling4fans.de
- ↑ Paul Rosen, Peter Cox, David Horton: Cycling and Society, Seite 50 Fußnote. ISBN 978-0-7546-4844-4, abgefragt am 31. Oktober 2009
- ↑ APA: Historisches Kalenderblatt 1. November, abgefragt am 31. Oktober 2009
- ↑ too-velo.com: Le Cyclisme Féminin, abgefragt am 31. Oktober 2009
- ↑ Mark-Werner Dreisörner: Die deutsche Fahrradindustrie hofft auf Jan Ullrich. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Juli 2004
Kategorien:- Radsport
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