Wirtschaftsschule (Bayern)

Wirtschaftsschule (Bayern)

Die Wirtschaftsschule ist eine Schulform, welche eine allgemeine Bildung und eine berufliche Grundbildung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung vermittelt und auf eine entsprechende berufliche Tätigkeit vorbereitet. Sie verleiht nach bestandener Abschlussprüfung den Wirtschaftsschulabschluss, der einen Mittleren Schulabschluss darstellt (früherer Begriff: Mittlere Reife)

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Informationen

Es existiert eine 2-stufige, 3-stufige und eine 4-stufige Form der bayerischen Wirtschaftsschule.

Struktur der bayerischen Wirtschaftsschule

Die 4-stufige Form schließt an die 6. Jahrgangsstufe der Hauptschule an, die 3-stufige Form an die 7. Jahrgangsstufe der Hauptschule. Beide Formen können auch von Gymnasiasten oder Realschülern besucht werden.

Die 2-stufige Form schließt an den Qualifizierenden Hauptschulabschluss an.

Zum Übertritt in die Eingangsstufe des vier- oder dreijährigen Zweiges der Wirtschaftsschule kann ein Übertrittszeugnis der Hauptschule vorliegen, welches die Eignung des Schülers zum Besuch der Wirtschaftsschule bestätigt. Zur Anmeldung ist die Vorlage des Zwischenzeugnis der Hauptschule ausreichend. Ist der Notendurchschnitt in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik schlechter als 2,66, muss der Schüler an einem dreitägigen Probeunterricht in den Fächern Deutsch und Mathematik teilnehmen. Wenn im Probeunterricht mindestens die Noten 3 und 4 erzielt werden, ist der Probeunterricht bestanden. Bei zweimal Note 4 können die Eltern entscheiden, ob die Wirtschaftsschule besucht werden soll oder nicht.

Zum Übertritt in die Eingangsstufe des zweijährigen Zweiges der Wirtschaftsschule muss der bestandene Qualifizierende Hauptschulabschluss und mindestens die Note 3 im Fach Englisch des Hauptschulabschlusses vorliegen. Schüler aus der Realschule oder aus dem Gymnasium benötigen zum Eintritt in die zweijährige Wirtschaftsschule die Versetzung nach Jahrgangsstufe 10 oder die Note 4 in Deutsch und Englisch.

Schulabschluss

Durch den besonderen beruflichen Bezug besteht für erfolgreiche Absolventen der Wirtschaftsschule nach der Berufsfachschulanrechnungsverordnung ein Rechtsanspruch auf Verkürzung der Ausbildungszeit in 38 Ausbildungsberufen. Mit dem erfolgreichen Abschluss der Wirtschaftsschule erhält man den Wirtschaftsschulabschluss, der gemäß Art. 25 BayEUG einen mittleren Schulabschluss darstellt (früherer Begriff: Mittlere Reife).

Ausbildungsrichtungen

In der 4-stufigen sowie in der 3-stufigen Form der Wirtschaftsschule existieren zwei verschiedene Ausbildungsrichtungen, die kaufmännische oder alternativ die mathematisch-naturwissenschaftliche. Nach dem erfolgreichen Besuch der 7. Jahrgangsstufe des 4-jährigen Zweiges bzw. mit dem Eintritt in die 8. Jahrgangsstufe des 3-jährigen Zweiges muss ein Schüler sich entscheiden, ob er bis zum Abschluss der Wirtschaftsschule eine kaufmännische oder mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildungsrichtung einschlägt. In der 2-stufigen Wirtschaftsschule existiert ausschließlich die kaufmännische Ausbildungsrichtung.

Kaufmännische Ausbildungsrichtung (H-Zug, nach dem alten Begriff "Handelsschule")

In der kaufmännischen Ausbildungsrichtung sind wirtschaftliche Fächer (Rechnungswesen, Betriebswirtschaft) stärker vertreten. Diese Ausbildungsrichtung eignet sich vor allem für Schüler, die nach dem Abschluss der Wirtschaftsschule eine Lehre in einem kaufmännischen, informations- oder verwaltungstechnischen Beruf beginnen möchten. Das Pflichtfach Mathematik wird in der achten Jahrgangsstufe durch das Fach Wirtschaftsmathematik ersetzt. Ab der neunten Jahrgangsstufe kann Mathematik nur als Wahlpflichtfach oder als Wahlfach belegt werden.

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Ausbildungsrichtung (M-Zug)

In der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Ausbildungsrichtung werden neben wirtschaftswissenschaftlichen verstärkt naturwisschenschaftliche Fächer gefördert (Mathematik, Physik, Chemie, etc.). Diese Ausbildungsrichtung ist für Schüler zu empfehlen, welche nach dem Abschluss der Wirtschaftsschule die Fortsetzung ihres schulischen Bildungsweges anstreben (z. B. Fachoberschule, Wirtschaftsgymnasium, Gymnasium), da an diesen weiterführenden Schulen Vorkenntnisse der 10. bzw. 11. Jahrgangsstufe verlangt werden und oft mathematische Eingangsprüfungen abzulegen sind. Diese Ausbildungsrichtung bietet auch Grundlagen für technische und handwerkliche Berufe.

Wahlpflichtfächer

In der 9. und 10. Jahrgangsstufe des 3- und 4-jährigen Zweiges sowie in der 10. und 11. Jahrgangsstufe des 2-jährigen Zweiges enthält die Stundentafel der Wirtschaftsschule sogenannte Wahlpflichtfächer. Dies bedeutet, dass ein Schüler der genannten Jahrgangsstufen eines von bis zu fünf Fächern (Siehe Stundentafeln des Bayerischen Kultusministeriums für Wirtschaftsschulenwählen muss. Ein Wechsel zwischen den Fächern ist nur im ersten Halbjahr möglich. Nach diesem Halbjahr ist der Wechsel nicht mehr möglich.

Besonderheiten

Die Wirtschaftsschule bietet als einzige Schulart die innovative Übungsfirma als Unterrichtsfach (Übungsfirmenarbeit) an. Highlight der bisherigen Arbeit war die 1. Bayerische Internationale Übungsfirmenmesse 2004, die in Rosenheim stattfand. Mehr als 100 Aussteller aus Bayern, Italien und Deutschland boten Ihre virtuellen Waren an. Seit dem Schuljahr 2005/2006 werden die einzelnen Übungsfirmen einem Qualitätstest unterzogen. Auf freiwilliger Basis besteht die Möglichkeit, die eigene Übungsfirma zertifizieren zu lassen.

Eine weitere Besonderheit stellt das Pflichtfach Projektarbeit dar. Themen der Projektarbeit können von der Schule beliebig angeboten werden, wirtschaftlich oder allgemein orientiert sein, und beispielsweise Theaterspiel, Malerei, die Errichtung einer Corporate Identity über Schulkleidung und deren Vermarktung oder beliebige andere Ideen zum Inhalt haben. Das Hauptziel besteht in der Förderung und Stärkung von Teamfähigkeit, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz etc. Die Wirtschaftsschule ist die einzige Schulform, an der solche - an anderen Schularten üblicherweise als freiwillige Workgroups bzw. AGs bezeichneten - Aktivitäten im Rahmen des Pflichtunterrichts von jedem Schüler mit 40 Unterrichtsstunden pro Schuljahr besucht werden müssen.

Die Wirtschaftsschule stellt die einzige Schulform in Deutschland dar, in der man in der 3- und 4-stufigen Form (nicht in der 2-stufigen) nach der 7. Jahrgangsstufe durch die Wahl des H-Zuges die Möglichkeit hat das Pflichtfach Mathematik zugunsten des Pflichtfaches Rechnungswesen abzuwählen. Wer den H-Zug gewählt hat, kann Mathematik nur noch als Wahlpflichtfach in der 9. und 10. Jahrgangsstufe besuchen. Ein Schüler des H-Zuges hat Rechnungswesen als Hauptfach (und Prüfungsfach). Ein Schüler des M-Zuges hat neben Mathematik als Hauptfach (und Prüfungsfach) zusätzlich Rechnungswesen als Nebenfach. In der 2-stufigen Form existiert Mathematik nur als Wahlpflichtfach.

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