Wochenbettdepression

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Klassifikation nach ICD-10
F53 Psychische oder Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert
F53.0 Leichte psychische und Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert
postpartale Depression
F53.1 Schwere psychische und Verhaltensstörungen im Wochenbett, anderenorts nicht klassifiziert
Puerperalpsychose
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Postpartal beschreibt Zustände nach der Geburt (lat. partus=Entbindung, Trennung). Es wird auch der Begriff postnatal (lat. post=nach; natus=Geburt) verwendet. Die psychischen Krisen, in die eine Mutter nach der Geburt des Kindes geraten kann, gliedern sich in drei verschiedene Kategorien, welche oft fließend ineinander übergehen: das Postpartale Stimmungstief (Baby-Blues), die Postpartale Depression (PPD) und die Postpartale Psychose (PPP). Diese stehen oft ursächlich in Beziehung zur Schwangerschaftsdepression.

Inhaltsverzeichnis

Postpartales Stimmungstief

Hierbei handelt es sich um ein kurzfristiges Stimmungstief, welches in den ersten 10 Tagen nach der Entbindung auftritt und meist 3-5 Tage anhält. Die Symptome vergehen meist schnell und von selbst. Die Betroffenheitsrate liegt bei 50 % — 80 %, aufgrund dessen wird das Stimmungstief heute schon als Normalzustand angesehen. Es bleibt dabei aber zu beachten, dass wenn es länger als zwei Wochen anhält, es sich auch zu einer dauerhaften Depression entwickeln kann. Kennzeichen für das Stimmungstief sind Traurigkeit, häufiges Weinen, Erschöpfung, Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Schlaf- und Ruhelosigkeit, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten.

Postpartale Depression (PPD, Wochenbettdepression)

Sie kann jederzeit im ersten bis zweiten Jahr nach der Geburt entstehen. Typisch für die PPD ist eine schleichende Entwicklung; sie wird meist erst aufgrund von körperlichen Symptomen erkannt. Die Betroffenheitsrate liegt hier bei 10-20%. Kennzeichen für die PPD sind Energiemangel, Traurigkeit, inneres Leeregefühl, Schuldgefühle, ambivalente Gefühle dem Kind gegenüber, allgemeines Desinteresse, Teilnahmslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Tötungsgedanken (auf sich, auf das Kind oder andere Familienmitglieder bezogen), sexuelle Unlust, Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, extreme Reizbarkeit, Taubheitsgefühle, Zittern, Schwindel, Konzentrations-, Schlafstörungen, Ängste, Panikattacken, Zwangsgedanken.

Postpartale Angstzustände können als eigenständige Kategorie gesehen werden, da diverse Angststörungen nicht zwangsläufig eine Depression bedeuten. Sie treten in den ersten zwei bis drei Wochen auf und umfassen schwere, wiederkehrende Angst- und/oder Panikgefühle, die meist mit dem Wohlergehen des Babys in Bezug stehen. Unbehandelte Symptome der Angstgefühle können zu einer Depression führen.

4% der Väter leiden nach der Geburt eindeutig unter einer postpartalen Depression. [1]

Postpartale Psychose (PPP)

Sie ist die schwerste Form der Krisen. Sie entsteht vorwiegend in den ersten 2 Wochen nach der Entbindung, kann sich aber auch aus einer Depression entwickeln. Von 1000 Müttern sind 1-3 Mütter betroffen. Es gibt drei Formen, welche sich bei der PPP oft als eine Mischform zeigen:

Manie: Es zeigen sich eine starke Antriebssteigerung, motorische Unruhe, Verworrenheit, Größenwahn, gehobene Stimmungslage mit Euphorie, Enthemmung und ein vermindertes Schlafbedürfnis. Eine Gefährdung resultiert in diesen Fällen durch falschen Umgang mit dem Kind bzw. eine Störung der allgemeinen Urteilsfähigkeit.

Depression: Es äußern sich Angstzustände, Antriebs-, Bewegungs- und Teilnahmslosigkeit.

Schizophrenie: Zeigt sich durch Halluzinationen und Wahnvorstellungen, die betroffene Frau glaubt Stimmen zu hören oder Dinge zu sehen, die nicht existieren.

Ursachen

Für die Erklärung der Ursachen gilt ein multifaktorieller Ansatz, der bei jeder Frau verschiedene Gewichtung haben kann.

Biologische Ursachen

Zum einen die physische Erschöpfung und Umstellung nach der Geburt, durch die große körperliche Anstrengung während der Geburt und der plötzlichen körperlichen Veränderung von Bauch, Brüsten, Stoffwechsel und der Verdauung. Auch spielt das (Un-)Gleichgewicht der Hormone eine Rolle. Durch den plötzlichen Abfall des Progesteron kann es zu Depressionen kommen und der Abfall von Östrogenen führt zu erheblichen Schlafstörungen. Frauen, die am prämenstruellen Syndrom (PMS, besondere Reizbarkeit, hervorgerufen durch Hormonveränderungen) leiden, sind meist häufiger von einer PPD betroffen.

Auch ein Mangel an Schilddrüsenhormone (Unterfunktion) kann zu depressiven Symptomen und/oder Angst und Panikattacken nach der Geburt führen. Die Autoimmunerkrankung Hashimoto Thyreoiditis bricht oft nach der Geburt aus und führt zu einer Schilddrüsenunterfunktion mit ihren Symptomen wie Kraftlosigkeit, Müdigkeit/Erschöpfung, Depression usw. Ebenfalls kann eine Schilddrüsenüberfunktion zu Angst und Panikattacken führen. Meist wird sie durch die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow ausgelöst, die auch postpartal ausbrechen kann.

Psychische Ursachen

Die Geburt ist ein sehr einschneidendes Erlebnis. Die Frau wird dabei sehr stark mit ihren Ängsten, wie Versagens- oder Schmerzangst und einem unrealistischen und überzogenen Mutterbild konfrontiert. Geburt kann auch bedeuten, dass die Frau sich von ihrer eigenen Kindheit verabschieden muss, noch vorhandene Defizite oder unverarbeitete Erlebnisse erschweren diesen Prozess. Neue soziale Strukturen können zu einer psychischen Belastung werden, z. B. war die Frau zuvor berufstätig und bleibt nun als Mutter zu Hause, dies kann zur Isolation führen. Frauen mit einem starken Kontrollbedürfnis, einem ausgeprägten Perfektionismus oder solche, die schon Panikattacken oder Depressionen hatten, sind eher gefährdet.

Psychosoziale Ursachen

Sie liegen besonders im aktuellen gesellschaftlich vermittelten Mutterbild begründet. Nicht selten fühlen sich Frauen dem Bild einer immer perfekten, immer glücklichen Mutter nicht gewachsen, z. B. wenn Probleme beim Stillen des Kindes auftreten. So geraten die Frauen unter psychischen Druck, der aus der Wahrnehmung resultiert, den eigenen und fremden Erwartungen an die Situation nicht gerecht zu werden. Zur Verinnerlichung dieser Erwartungen an die junge Mutter tragen Kultur (Werbung, Filme, Literatur, ...), Freunde und Verwandte bei. Auch bei Männern kann es zu postpartalen Symptomen kommen, diese werden jedoch oft nicht rechtzeitig erkannt oder nicht ernst genommen.

Mißbrauchs-/Vergewaltigungserfahrungen

Sie stellen in besonderer Form massive traumatische Lebenserfahrungen dar. Forschungsergebnisse zeigen, dass für Überlebende die Gefahr einer Retraumatisierung durch Schwangerschaft und Geburt in besonderem Ausmaß möglich ist, wobei alle drei oben genannten Ursachen in verstärktem Ausmaß wirksam werden können. Dies wiederum macht postpartale Problematiken wahrscheinlicher als bei nicht in dieser Weise vorbelasteten Frauen.

Aufgrund der vermuteten hohen Dunkelziffern von Sexualstraftaten sollte der Erforschung dieser Ursache weitaus mehr Bedeutung zugemessen werden als bislang praktiziert. Ebenso spielt die Vermittlung spezifischer psychologischer Kenntnisse im Umgang mit betroffenen Frauen vor, während und nach der Geburt in der Ausbildung des Fachpersonals noch keine oder eine zu geringe Rolle.

Weitere Zusammenhänge

Bei einigen Faktoren kann es unklar sein, ob es sich um biologische, psychische oder kulturell bedingte Einflüsse handelt. So korreliert das Risiko einer Post-Partum-Depression mit dem Geschlecht des Kindes, die Korrelation scheint aber kulturell verschieden zu sein: Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Risiko in Frankreich höher sei, wenn das Neugeborene männlich ist,[2] in China hingegen dann, wenn es weiblich ist.[3] Die Zahl der diesen Studie zugrunde liegenden Fälle ist allerdings klein, und Zusammenhänge mit anderen Faktoren sind nicht auszuschließen.

Hilfsmaßnahmen

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Die Prognose der allermeisten psychotischen Erkrankungen nach der Geburt ist sehr gut. Die Zeit bis zur Genesung ist für die psychisch kranke Mutter meistens mit einem großen Leiden verbunden. Betroffene Frauen können in dieser Situation oft nicht mehr glauben, dass die Depression bei nahezu 100 % aller Betroffenen wieder vollständig abklingt. Die Hoffnungslosigkeit ist einerseits ein Symptom der Depression. Andererseits wird sie unterstützt durch den Mangel an Aufklärung und den Mangel an kompetenter professioneller Unterstützung auf diesem Problemfeld.

Professionelle Hilfe

Bei mittelschweren Depressionen kann Selbsthilfe begleitend eingesetzt werden. Auch Hilfe durch Partner, Familie und den Freundeskreis oder professionelle Unterstützung bei der Hausarbeit und der Babybetreuung (durch Familienpfleger) kann sich positiv auswirken.

Selbsthilfe allein reicht aber oftmals nicht aus, so dass Fachleute mit herangezogen werden sollten. Bei einer schweren postpartalen Depression oder gar Psychose ist eine sofortige professionelle Hilfe absolut notwendig. In einigen Fällen ist auch ein Klinikaufenthalt erforderlich, um das Leben von Mutter und Kind zu schützen. Unter anderem stehen folgende Wege der professionellen Behandlung, die miteinander kombiniert werden können, zur Verfügung: Psychotherapie, systemische Familientherapie, Musiktherapie, Psychopharmakotherapie, Hormon-Therapie, naturheilkundliche Therapie, Alternative Therapie, Stationäre Behandlung.

Es existieren Spezialambulanzen für postpartale psychische Störungen. Ein Beispiel ist die „Mutter-Kind-Ambulanz für postpartal psychisch erkrankte Mütter“ der LWL-Klinik Dortmund. Von einer solchen Spezialambulanz können Mütter in eine stationäre Behandlung vermittelt werden. So können Mütter zusammen mit ihrem bis zu einem Jahr alten Kind in der Mutter-Kind-Einheit im Westfälischen Zentrum Herten aufgenommen werden.[4]

Nachweise

  1. The Lancer Bd.56
  2. Male births are more likely to reduce quality of life and increase severe post-natal depression. 13. Februar 2008. Abgerufen am 28. Juni 2008. (englisch)
  3. In China, Women Who Give Birth to Girls Face An Increased Risk of Postpartum Depression. In: International Family Planning Perspectives, Vol. 33, Nr. 4. Dezember 2007. Abgerufen am 28. Juni 2008. (englisch)
  4. Stellt sich Mutterglück automatisch ein?. Abgerufen am 28. Juni 2008. (PDF)

Literatur

  • Gmür, Pascale: MutterSeelenAllein. Erschöpfung und Depression nach der Geburt. Zürich 2000, ISBN 3-7152-1013-3
  • Nispel, Petra: Mutterglück und Tränen. Das seelische Tief nach der Geburt überwinden. Freiburg i. Br. 1996/2001
  • Thies, K.: Eigentlich sollte ich glücklich sein. Psychische Krisen nach der Geburt. 1997
  • Dix, Carol: Eigentlich sollte ich glücklich sein: Hilfe und Selbsthilfe bei postnataler Depression und Erschöpfung. Zürich 1998
  • Shields, Brooke: Ich würde dich so gerne lieben. Über die große Traurigkeit nach der Geburt, Schröder, München, Februar 2006, ISBN 3547711045


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