Yaşamın Kıyısında

Yaşamın Kıyısında
Filmdaten
Deutscher Titel: Auf der anderen Seite
Produktionsland: Deutschland, Türkei
Erscheinungsjahr: 2007
Länge: 122 Minuten
Originalsprache: Deutsch, Türkisch, Englisch
Altersfreigabe: FSK 12[1]
Stab
Regie: Fatih Akın
Drehbuch: Fatih Akın
Produktion: Corazon International, Anka Film
Musik: Shantel
Kamera: Rainer Klausmann
Schnitt: Andrew Bird
Besetzung

Auf der anderen Seite (türkisch: Yaşamın kıyısında; englisch: The Edge of Heaven) ist ein sowohl in Deutschland als auch in der Türkei produzierter Spielfilm von Fatih Akın nach eigenem Drehbuch. Der vielfach ausgezeichnete Film ist der zweite Teil einer geplanten Trilogie namens „Liebe, Tod und Teufel“, die 2004 mit Gegen die Wand begann.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Das vor allem in Bremen, Hamburg und Istanbul spielende Drama erzählt in drei durch Zwischentitel abgegrenzten Kapiteln die Geschichten von sechs Menschen.

Handlungsstrang „Yeters Tod“

Nejat ist ein türkischstämmiger, introvertierter Germanistikprofessor, dessen Vater Ali eine Beziehung mit Yeter beginnt, einer türkischen Prostituierten. Als diese später bei einem Streit mit Ali von diesem geschlagen wird und dabei zu Tode kommt, beschließt Nejat, Yeters verschollene Tochter Ayten zu suchen. In Istanbul kommt Nejat unversehens in den Besitz eines deutschen Buchladens, gleichzeitig versucht er anhand eines Fotos von Yeter, Ayten ausfindig zu machen. Sein Vater, mit dem er den Kontakt abbricht, verbüßt in Bremen eine Haftstrafe wegen Totschlags und wird später aus Deutschland ausgewiesen.

Handlungsstrang „Lottes Tod“

In einem zweiten Erzählstrang erfährt man, dass Ayten eine Politaktivistin ist und in der Hoffnung auf politisches Asyl aus Istanbul nach Deutschland flieht. In Bremer Schuhgeschäften sucht sie nach ihrer Mutter. In einer Uni lernt sie die gleichaltrige Lotte kennen, die gegen den Willen ihrer Mutter Susanne beschließt, die illegal in Deutschland lebende Türkin zu beschützen. Nachdem diese entdeckt und in die Türkei abgeschoben wird, reist Lotte ihr nach, kann der inzwischen Inhaftierten jedoch nicht helfen. Bei einem Besuch in der Haftanstalt bittet Ayten ihrer Freundin, die auf einem Hausdach versteckte Pistole an sich zu nehmen. Ein Mitglied ihrer politischen Gruppe werde sie dann bei ihr abholen. Dabei kommt Lotte jedoch ums Leben.

Zusammenführung „Auf der anderen Seite“

Im abschließenden Filmabschnitt reist Susanne nach Istanbul, in der Hoffnung, ihrer Tochter näher zu sein, wenn sie den gleichen Weg geht. Gleichzeitig passieren sie und Ali den Zoll. Lotte hat kurz vor ihrem Tod Nejats Buchladen besucht, was dazu geführt hat, dass er ihr ein Zimmer zur Untermiete anbietet. So kommt es im weiteren Verlauf zu einer Begegnung zwischen ihm und ihrer Mutter, die sich inzwischen um die inhaftierte Ayten kümmert. Kurz bevor das zu ahnende Zusammentreffen der Protagonisten der vorigen Kapitel stattfindet, endet der Film mit einem am Strand auf seinen Vater wartenden Nejat.

Entstehung

Der Ensemblefilm ist nach Gegen die Wand der zweite Teil der „Liebe, Tod und Teufel“-Trilogie des deutschen Regisseurs. Produziert wurde der Film von Akıns eigener Filmproduktionsfirma Corazon International. Er wurde Teilhaber Andreas Thiel gewidmet, der kurz vor Ende der Dreharbeiten verstarb. Co-Produzenten waren der NDR und Filmfirmen in Italien und der Türkei. Noch kurz vor dem Festival in Cannes hatte der Regisseur seinen Film komplett neu geschnitten.

Akın gibt Guillermo Arriaga als seinen dramaturgischen Berater bei dem Film an.[2] Seinem Cutter Andrew Bird sprach Akın bei der Verleihung des Europäischen Drehbuchpreises ebenfalls großen Anteil an der letztendlichen Filmdramaturgie zu.

Der NDR-Dokumentarfilm Fatih Akin - Tagebuch eines Filmreisenden dokumentiert die Arbeit des Regisseurs an Auf der anderen Seite. Fatih Akins Kurzfilm Das schwarze Meer (2008) erzählt eine Episode aus dem Film Auf der anderen Seite, die bei der schlussendlichen Schnittfassung keine Berücksichtigung mehr fand.

Themen

Ausgehend von dem Problem einer Mutter/Tochter- bzw. Vater/Sohn-Beziehung zeigt Auf der anderen Seite, „dass die Tragik des Todes auch eine verbindende Kraft sein kann, die es erlaubt, dass Menschen einander neu begegnen“.[3] Neben Abschied und Tod bilden auch Heimkehr und Vergebung das Themenspektrum des Filmes.[4]

Die Filmfigur Nejat schenkt seinem Vater in ihrer ersten gemeinsamen Szene ein Buch, bei dem es sich um den Roman Die Tochter des Schmieds von Selim Özdoğan handelt.

Rezeption

Premiere in Cannes und Verbreitung

Seine Weltpremiere hatte der Film 2007 auf dem 60. Filmfestival von Cannes, wo er als deutscher Beitrag im Wettbewerb um die Goldene Palme vertreten war und den Preis für das beste Drehbuch sowie den Sonderpreis „Prix du Jury oecuménique“ gewann. Das Filmfestival in Cannes wurde in den türkischen Medien 2007 besonders unter dem Aspekt der Teilnahme eines von einem türkischstämmigen Regisseur aus Deutschland stammenden Filmes beachtet. Dies nutzte Akın für ein politisches Statement bei der Preisverleihung in Richtung des Herkunftslandes seiner Eltern.

Auf der anderen Seite sahen in der Türkei am Startwochenende 65.000 Zuschauer. In Deutschland rangierte der Film, nach einem guten bis mäßigen Start ebenfalls fünf Wochen unter den obersten 10 der Besucherlisten.[5] Auch in weiteren Ländern lief er erfolgreich. Nach dem Gewinn des Filmpreises Lux wird Auf der anderen Seite in alle 22 Amtssprachen der EU übersetzt. Der Film wurde darüber hinaus als deutscher Beitrag für die Oscarverleihung 2008 ausgewählt, kam allerdings nicht in die Endauswahl.

Auf der anderen Seite lief in zahlreichen Ländern der Welt im Kino, z.B. Frankreich, Finnland, Thailand, Philippinen, Kanada, Deutschland, Österreich, Türkei, Italien, Belgien, Tschechien, Hongkong, Niederlande Australien und UK.

Filmkritik

Schwerpunkte in der deutschsprachigen Presse

In der deutschsprachigen Filmkritik gab es Stimmen, die den Film als bedeutungsvoll für die Kinematografien Deutschlands wie der Türkei einschätzten;[6] er verhelfe Akin zu internationaler Geltung,[7] und zum Aufstieg in die Riege von Weltfilmern wie Iñárritu, Meirelles und Egoyan.[8] Er sei Ausdruck eines neuen globalisierten Kinos, das als kritische Ergänzung zu Hollywood nationale Kategorien verwischt.[8] Er baue Brücken zwischen Kulturen,[9] und das Handeln der Figuren sei ein Vertrauenssignal in einer misstrauischen Welt; er wirke „wie ein Serum gegen die "Krieg der Kulturen"-Hysterie.“[10]

Akin sei gegenüber seinen vorangegangenen Werken stilistisch gereift.[7] Er erzähle nicht weniger intensiv, aber raffinierter als zuvor,[11] spannend,[12] „ruhig, beinahe meditativ“,[7] unspektakulär, unaufgeregt und besonnen;[9][8] er spreche sanft[10] mit einer leise nuancierten Inszenierung.[13] „Dem Film geht alles Behäbige ab. Akin hat es nicht eilig, aber er hält sich auch nirgends länger auf als nötig.“[12] Es sei mutig, dass er in Zeiten eines ungeduldigen Publikums eine langsame, emotionale, beschwerliche, für ein richtiges Melodrama aber unumgängliche Erzählweise gewählt habe.[6] Der Tonfall wird auch als zarten Melancholie[13] oder virtuose, „fesselnde Balance aus Realismus und Künstlichkeit“ beschrieben.[9] Die F.A.Z. meint, Akin bringe den Figuren und Dingen eine seltene Zugeneigheit entgegen und erweise sich als genauer Beobachter und ökonomischer Erzähler. [12] Spiegel Online hingegen aüßert Bedenken, für Akin-Anhänger sei der Stil eine Zumutung, denn bis anhin habe er instinktiv erzählt und die Figuren gepackt, nun aber sei er verstörend formalistisch geworden. Er nähere sich den Figuren nur zögerlich, so dass sie teilweise fremd bleiben.[8]

Drei Zwischentitel reichen dem Publikum im Voraus den weiteren Handlungsverlauf und machten es so zum Mitwisser des Schicksals. Alles Bemühen der Figuren, den vorgezeichneten Weg abzuändern, sei vergebens, meint der film-dienst.[9] Die gegenüber dem Zuschauer stets transparente, vorgezeigte Erzählstruktur erweise sich als Brechtscher Effekt, der uns vom völligen Abtauchen in die Tragödie abhält und zum Nachdenken anregt, ergänzt die Neue Zürcher Zeitung.[14] Die Welt stellt fest, Akin erzähle im Telegrammstil, aber mit Telegrammen, die statt Fakten „lieber deren emotionalen Nachhall“ übermitteln, was sich nur wenige, sehr gute Regisseure trauen und beim Publikum ein eigenes Nachdenken anstoße. [10] „Dass die hochkonzentrierte Dramatik des Geschehens dabei ihren Spannungsbogen ungebrochen halten kann und niemals in billige Sentimentalität abgleitet, verdankt sich dem von Akin selbst verfassten, klug konstruierten Drehbuch.“ (NZZ)[14] Andere Rezensionen urteilen, hier liege kein „episodischer Einheitstepich“ vor in der Art von Babel (Film) (2006),[6]die Handlungsstränge seien geschickt verflochten,[11][14] die Figuren, ihre Geschichten und Orte fügten sich Sinn ergebend zu einem Ganzen,[9] die Einzelteile überzeugten ebenso wie die Summe.[9] Einzig Focus fand die Verbindungen in der Handlungskonstruktion etwas erzwungen.[13]

Mehrere Stimmen aüßerten die Ansicht, Akin habe fast schon zuviele Themen in den Film gepackt,[15] sie könnten auf drei Filme gestreckt werden.[10] Die Figuren wirkten wie Platzhalter für die vielen großen Themen, die Akin irgendwie im Film unterbringen wolle,[13][7] die Auszeichnung des Drehbuchs daher unangemessen;[13] manches laufe zu schnell ab.[10] Nach Einschätzung des film-dienstes repräsentieren die Figuren das ganze Spektrum unterlassener und versuchter, geglückter und gescheiterter Integration in eine andere Kultur, von Heimatsehnsucht und Heimatlosigkeit, sie sind zurückgezogen oder stehen im Leben.[9] Lob finden die präzisen Porträts,[7] die starke Leistung des Ensembles[11] und Akins geniale Schauspielerführung, die ihnen Entfaltungsraum gewähre und sie ansporne.[7] Er hole aus Schygullas Figur sehr viel heraus,[6] sie sei das Beste am Film,[12] ihre Rolle weiche erfrischend von den Auftritten ab, die man von ihr gewohnt sei.[14] Die Frankfurter Rundschau windet auch den Nebenfiguren ein Kränzchen und sieht durch ihre Stärke die Hauptfigur, den Germanistikprofessor Nejat, an den Rand gedrängt.[6]

Kritikenspiegel

  • epd Film Nr. 10/ 2007, S. 28-30, von Rainer Gansera (Akin erlangt zu Recht Weltgeltung; genial geführte Darsteller)
  • film-dienst Nr. 20/ 2007, S. 31-32, fd 38349, von Oliver Rahayel (volle Zustimmung; komplexe Figuren- und Handlungskonstellation sinnvoll verknüpft, verbindet überzeugend Realismus und Künstlichkeit)
  • F.A.Z., 24. Mai 2007, S. 37, von Michael Althen: Doppelt tot hält besser (ein Muss; spannend, ökonomisch und liebevoll erzählt, Schygulla ein Ereignis)
  • Focus, 24. September 2007, S. 74, von Harald Pauli: Du bist Deutschländer (konstruiert wirkendes Drehbuch, aber nuancierte Regie)
  • Frankfurter Rundschau, 27. September 2007, S. 33, von Daniel Kothenschulte: Hinter der Wand (bedeutungsvoll für deutsches wie türkisches Kino; mutig inszeniert, stark gespielt)
  • Hamburger Abendblatt, 20. September 2007, S. 8, von Volker Behrens: Mit dem Tod auf Augenhöhe („raffiniert, intensiv, gereift“; starke Darsteller)
  • Neue Zürcher Zeitung, 4. Oktober 2007, S. 49, von Alexandra Stäheli: Liebe ist stärker als der Tod (Bewunderung; Buch und Dramaturgie sind geschickt)
  • Spiegel Online, 25. September 2007, von Christian Buß: Jedem seine eigene Heimat (Akin schliesse zu Filmautoren wie Iñárritu, Meirelles und Egoyan auf)
  • Die Welt, 26. September 2007, S. 27, von Hanns-Georg Rodek: Reue und Vergebung (mutiger, sanfter Erzählstil)

Auszeichnungen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabekarte der FSK
  2. Interview des NDR mit Fatih Akin vom 20. September 2006
  3. http://www.auf-der-anderen-seite.de
  4. http://www.auf-der-anderen-seite.de
  5. http://www.tvtoday.de/entertainment/gossip_news/951628,,,Tuerkischer+Preissegen+fuer+Auf+der+anderen+Seite.html
  6. a b c d e Frankfurter Rundschau, 27. September 2007, S. 33, von Daniel Kothenschulte
  7. a b c d e f epd Film Nr. 10/ 2007, S. 28-30, von Rainer Gansera
  8. a b c d Spiegel_Online, 25. September 2007, von Christian Buß
  9. a b c d e f g film-dienst Nr. 20/ 2007, S. 31-32, fd 38349, von Oliver Rahayel
  10. a b c d e Die Welt, 26. September 2007, S. 27, von Hanns-Georg Rodek
  11. a b c Hamburger Abendblatt, 20. September 2007, S. 8, von Volker Behrens
  12. a b c d Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. Mai 2007, S. 37, von Michael Althen
  13. a b c d e Focus, 24. September 2007, S. 74, von Harald Pauli
  14. a b c d Neue Zürcher Zeitung, 4. Oktober 2007, S. 49, von Alexandra Stäheli
  15. Der Tagesspiegel, 26. September 2007, S. 26, von Daniela Sannwald

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