Zehn-Punkte-Plan

Zehn-Punkte-Plan

Das Zehn-Punkte-Programm bezeichnet qualitativ die Forderungen des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl zu Neuregelungen für eine Vereinigung Deutschlands und Europas in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 28. November 1989.

Nachdem am 9. November 1989 die Mauer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik geöffnet wurde, mussten grundlegende Festlegungen getroffen werden, was die Zukunft der beiden deutschen Staaten betrifft. Helmut Kohl tat dies insofern, als er ein Programm erarbeitete, welches in zehn Punkten den Umgang mit der DDR beschreibt und stellvertretend für deutschlandpolitische Konsequenzen nach dem 9. November gesehen werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Punkt 1 – Sofortmaßnahmen humanitärer Art

Es muss die Möglichkeit bestehen, frei in die DDR ein- sowie auszureisen. Dies ist eine sachliche Voraussetzung, damit Hilfe im humanitären und medizinischen Bereich greifen kann.

Punkt 2 – Umfassende Wirtschaftshilfe

Die Bundesrepublik Deutschland ist bereit, wirtschaftlich, wissenschaftlich-technologisch und kulturell eng mit der DDR zusammenzuarbeiten. Dazu muss aber eine Angleichung der Verhältnisse geschaffen werden, indem zum Beispiel das marode und spärliche Telefonnetz der DDR und Eisenbahnverbindungen jeglicher Art von Grund auf saniert und erweitert werden. Überregionale Verbindungen wie Hannover-Berlin oder Moskau-Warschau-Berlin-Paris sind wieder aufzunehmen.

Punkt 3 – Ausbau der Zusammenarbeit beider Staaten

Die Bundesrepublik Deutschland zielt auf eine umfassende Ausweitung der Zusammenarbeit, wenn ein grundlegender Wandel des politischen und wirtschaftlichen Systems in der DDR vollzogen wird. Das heißt im konkreten, dass die Suprematie der SED abgeschafft wird und freie, geheime Wahlen eingeführt werden, das Recht auf Opposition eingeführt wird und der Staat ein demokratisches Antlitz erhält, das politische Strafrecht abgeschafft wird und politische Gefangene freigelassen werden und die bürokratische Planwirtschaft der Vergangenheit angehört.

Punkt 4 – Vertragsgemeinschaft

Es ist zunächst eine Vertragsgemeinschaft anzustreben. Diese beinhaltet ein dichtes Netz von Vereinbarungen und in naher Zukunft auch gemeinsame Institutionen. Bereits bestehende oder neu gegründete Kommissionen könnten neue Aufgaben in Wirtschaft, Verkehr, Umweltschutz, Wissenschaft und Technik, Gesundheit oder Kultur übernehmen.

Punkt 5 – Schaffung konföderativer Strukturen

Es ist sogar denkbar konföderative Strukturen zu erschaffen, um in Deutschland eine bundesstaatliche Ordnung zu errichten. Voraussetzung für einen solchen Schritt ist allerdings eine vom Volk legitimierte und demokratisch gewählte Regierung der DDR. Vorstellbar sind in diesem Rahmen ein gemeinsamer Regierungsausschuß zur ständigen Konsultation und politischen Abstimmung, gemeinsame Fachausschüsse, ein gemeinsames parlamentarisches Gremium. Sogar eine deutsche Einheit ist greifbar, wenn dies im Sinne der Entwicklung in der DDR ist.

Punkt 6 – Einbettung des dt. Einheitsprozesses in gesamteuropäische Entwicklung

Der deutsche Einheitsprozess ist in die gesamteuropäische Entwicklung einzubetten. Ein neues Deutschland muss von seiner Architektur her in den europäischen Kontext passen. Ein vereintes Deutschland ist ein Zeichen für die Vereinigung Europas.

Punkt 7 – EG-Beitritt reformorientierter Ostblockstaaten

Die reformorientierten Ostblockstaaten sollen der Europäischen Gemeinschaft beitreten und samt der DDR an den westlichen Markt heran geführt werden, damit das wirtschaftliche und soziale Gefälle in Europa abgebaut werden kann. Soweit die Staaten Mittel- und Südosteuropas die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, sind sie auch willkommen, dem Europarat und insbesondere auch der Konvention zum Schutze der Menschenrechte beizutreten.

Punkt 8 – Forcierung des KSZE-Prozesses

Forcierung des KSZE-Prozesses. Innerhalb dieses Prozesses sollen sich die jeweiligen Mitgliedstaaten über Menschenrechte, wirtschaftliche Zusammenarbeit, kulturelles Erbe und Umweltfragen verständigen.

Punkt 9 – Abrüstung und Rüstungskontrolle

Die Überwindung der Trennung Europas und der Teilung Deutschlands erfordern weitreichende und zügige Schritte in der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Vor Allem die Nuklearpotentiale der beiden Supermächte USA und UdSSR sollten auf ein strategisches Minimum reduziert werden. Konventionelle Streitkräfte in Europa sollen abgebaut und chemische Waffen weltweit verboten werden.

Punkt 10 – Deutsche Einheit

Mit dieser Politik wird auf einen Zustand des europäischen Friedens hingewirkt, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangen kann. Das politische Ziel der Bundesrepublik Deutschland ist und bleibt die völkerrechtliche Wiedervereinigung Deutschlands mit den derzeitigen Grenzen von Bundesrepublik Deutschland und DDR (Oder-Neiße-Grenze wird Westgrenze Polens).

Quelle


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Deutschland: Kohls Zehn-Punkte-Plan zur künftigen Deutschlandpolitik —   Am 8. November hatte Bundeskanzler Helmut Kohl vor dem Deutschen Bundestag einen Bericht zur Lage der Nation abgegeben und darin der DDR umfassende wirtschaftliche Hilfe zugesagt, wenn vorher »eine grundlegende Reform der politischen und… …   Universal-Lexikon

  • Sechs-Punkte-Plan — Die Präsidenten Südossetiens und Abchasiens unterzeichnen den Sechs Punkte Plan, 14. August 2008 Der Sechs Punkte Plan (russisch План Медведева Саркози, Plan Medwedewa Sarkosi Medwedew Sarkozy Plan ) ist ein Waffenstillstandsplan für Georgien,… …   Deutsch Wikipedia

  • Plan-Z — Z Plan ist die geläufige Bezeichnung für einen groß angelegten Flottenrüstungsplan, den die deutsche Kriegsmarine unter ihrem Oberbefehlshaber Erich Raeder 1938 / 1939 entwickelte und den Hitler am 27. Januar 1939 per Gesetz in Kraft setzte.… …   Deutsch Wikipedia

  • 11 Punkte — Jüdische Kolonisation der Wüste Negev. Rechts der Plan von 1939, links die Umsetzung der Operation Elf Punkte Elf Punkte (11 הנקודות) ist der Name einer 1946 durchgeführten Operation der Jewish Agency zur Besiedelung der Wüste Negev, die bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Elf Punkte —  Karte mit allen Koordinaten: OSM, Google oder Bing …   Deutsch Wikipedia

  • Ziel-Plan — Z Plan ist die geläufige Bezeichnung für einen groß angelegten Flottenrüstungsplan, den die deutsche Kriegsmarine unter ihrem Oberbefehlshaber Erich Raeder 1938 / 1939 entwickelte und den Hitler am 27. Januar 1939 per Gesetz in Kraft setzte.… …   Deutsch Wikipedia

  • Hatun Sürücü — Hatun Aynur Sürücü (* 17. Januar 1982 in Berlin; † 7. Februar 2005 ebenda) war eine Deutsche kurdischer Herkunft, die einem sogenannten Ehrenmord zum Opfer fiel. Sie wurde an einer Bushaltestelle in Berlin Tempelhof durch mehrere Kopfschüsse… …   Deutsch Wikipedia

  • Hatin Sürücü — Hatun Aynur Sürücü (* 17. Januar 1982 in Berlin; † 7. Februar 2005 in Berlin) war eine Deutsche kurdischer Herkunft, die einem sogenannten Ehrenmord zum Opfer fiel. Sie wurde an einer Bushaltestelle in Berlin Tempelhof durch mehrere Kopfschüsse… …   Deutsch Wikipedia

  • Sürücü — Hatun Aynur Sürücü (* 17. Januar 1982 in Berlin; † 7. Februar 2005 in Berlin) war eine Deutsche kurdischer Herkunft, die einem sogenannten Ehrenmord zum Opfer fiel. Sie wurde an einer Bushaltestelle in Berlin Tempelhof durch mehrere Kopfschüsse… …   Deutsch Wikipedia

  • deutsche Geschichte. — deutsche Geschichte.   Zur Vorgeschichte Mitteleuropa; zur Frühgeschichte Fränkisches Reich.    DIE ENTSTEHUNG UND FRÜHE ENTWICKLUNG DES »REICHS DER DEUTSCHEN«   Die Entstehung des deutschen Regnums (Reiches) ist als ein lang gestreckter… …   Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”