Zelter (Pferd)

Zelter (Pferd)
Jagdausflug, zwei zeltende Pferde. Monatsdarstellung aus den Très Riches Heures du Duc de Berry, Anf. 15. Jh.

Zelter bezeichnete im Mittelalter ein leichtes Reitpferd oder Maultier, das den besonders ruhigen und für den Reiter bequemen Zeltgang (die Spezialgangarten Pass und Tölt) beherrschte. Im Tempo steht der Tölt dem Trab keineswegs nach. Der moderne Begriff ist Gangpferd.

Es wird häufig angenommen, dass im Mittelalter die meisten Reittiere Zelter waren, da bei langen Reisen der Tölt und Passgang für alle Reiter bequemer war. Jedoch wurden insbesondere Reisepferde und Pferde für Frauen und Geistliche auf diese bequeme Gangart gezogen und ausgebildet. Für adlige Frauen waren damals Seitsättel üblich, auf denen die Reiterin quer zum Pferd sass. Dadurch wurde das Sitzen schwungvoller Gangarten wie Trab und Galopp unmöglich. Tölt konnte jedoch sogar im Quersitz gesessen werden, da er keine Schwebephase hat. Auch war es möglich von zwei Zeltern eine Sänfte tragen zu lassen, während das zwischen zwei trabenden Pferden unmöglich wäre. Elegante Zelter dienten als Paradepferde für Fürsten und Klerus. Zelter dienten nicht zum Kämpfen in der Schlacht; hierzu wurde größere, schwerere "Schlachtrösser" eingesetzt, die nur drei Gangarten zu beherrschen brauchten.

Die Veranlagung zu den Spezialgangarten ist bei Pferden vererbbar. Auch heute zeigen einige Pferde noch eine mehr oder weniger ausgeprägte Vorliebe dafür, die jedoch nur bei bestimmten Rassen erwünscht ist. Dazu gehört das Islandpferd und der Paso Peruano, ein Nachfahre der spanischen Berberpferde, die im Mittelalter gerne als Zelter ausgebildet und eingesetzt wurden.

In den Ritterromanen des Mittelalters und der frühen Neuzeit werden kostbare und geschmückte Zelter als Damenpferde gern beschrieben. Literarhistorisch berühmt ist die raffinierte Beschreibung (ekphrasis) des weiß-schwarzen Zelters der Enite in Hartmann von Aues Erec-Roman (um 1180/90).

Literatur

  • Andrea-Katharina Rostock und Walter Feldmann: Islandpferde-Reitlehre. 2. Auflage, mit einem Anhang zu Tölt und Pass von Mary-Ann Zyderfeld (S. 285–337). Bad Honnef 1987.
  • Rudolf Kilian Weigand: „Schône sam ein schef enzelt („Erec“ V. 1439) oder: Wie ging Enites Pferd?“ In: „Mystik – Überlieferung – Naturkunde“. Eichstätter Symposion am 16. und 17. April 1999. Hg. von Robert Luff und Rudolf Kilian Weigand, Hildesheim 2002 (= Germanistische Texte und Studien. 70), S. 77–108. ISBN 3-487-11805-X

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