- Zinngeschirr
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Als Zinngerät bezeichnet man Haushalts- und Gebrauchsgegenstände wie Geschirr und Besteck, Vasen und Ziergegenstände, die aus Zinnlegierungen (Hartzinn oder Britanniametall) hergestellt wurden. Im Süddeutschen wird auch der Begriff Zinngeschirr verallgemeinernd für alles Zinngerät verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zinngerät hat eine lange Tradition und ist bereits seit ca. 2000 Jahren nachgewiesen, wenn auch wenige sehr alte Stücke (z. B. als Grabbeigaben) erhalten geblieben sind, da das Material schon immer wieder eingeschmolzen wurde, wenn das Gerät nicht mehr nutzbar war. Erhalten geblieben ist insbesondere kirchliches Zinngerät, das weniger begüterte Gemeinden in Gebrauch hatten.
Zinn wurde wegen seiner Korrosionsbeständigkeit immer dann verwendet, wenn Silber zu kostbar war. Reines Zinn hat einen silbernen Glanz und ähnlich positive Eigenschaften bei Beständigkeit gegen Lebensmittel. Ursprüngliches Zinngerät hat wenig gemein mit den meist künstlich gealterten historisierenden Ziergegenständen unserer Tage. Zinngerät war oft Gebrauchsgeschirr, an dem überladener Zierrat störend gewesen wäre. Es zeigte aber sehr wohl den Wohlstand des Bürgertums und war sozusagen das Silber des kleinen Mannes.
Herstellung
Das meiste Zinngerät wird gegossen. Zinn kann in allen gebräuchlichen Gießverfahren verarbeitet werden (z. B. Sand-, Kokillen-, Schleuder-, Druckguss). Gebräuchlich ist aber auch das Pressen, insbesondere Fließpressen für Becher u.a. rotationssymmetrische Teile. Hämmern und Treiben ist weniger gebräuchlich. Einzelteile werden oft durch Löten zusammengefügt. Grate oder unsaubere Oberflächen werden durch spanende Verfahren wie Drehen oder Schleifen nachbearbeitet.
Pflege des Zinngeräts
Bleifreies Zinn ist in hohem Maße anlaufbeständig, patiniertes (gealtertes) Zinngerät verändert sich nur sehr langsam. Zinngerät, das nicht in ständigem Gebrauch ist, sollte jedoch regelmäßig abgestaubt werden, da sich durch Feuchtigkeit im Staub durchaus Korrosion ergeben kann. Zum Spülen eignen sich handelsübliche Spülmittel ohne bleichende Zusätze, von der Reinigung in der Spülmaschine ist abzuraten. Da Zinn ein weiches Metall ist, sollte man nur weiche Lappen verwenden. Für störende Anlaufstellen ist spezielles Zinnputzmittel im Handel erhältlich.
Zinnlegierung und „Bleifreiheit“
Reines Zinn ist für Lebensmittel absolut unbedenklich. Zinn wird aber wegen der besseren Verarbeitbarkeit, der höheren Festigkeit und um Zinnpest zu vermeiden fast immer als Legierung verarbeitet. Verbreitete Legierungen sind Legierungen mit Antimon und Blei (insbesondere bei Loten). Spätestens seit dem Mittelalter ist die Giftigkeit von Bleiverbindungen bekannt. Giftig sind insbesondere Bleisalze, die bei Kontakt mit Lebensmitteln (Fruchtsäften, Wein, Essig…) entstehen können. Die Legierung hatte daher von Alters her in der Regel höchstens 10% Bleigehalt (z. B. das englische Pewter), was von den Zünften überwacht wurde. Zinngeschirr mit diesem relativ hohen Bleigehalt dürfte nur noch selten zu finden sein, da es üblich war, altes, abgestoßenes Zinngerät für neues wieder einschmelzen zu lassen. Im 18. Jahrhundert kam in England das weitgehend bleifreie Britanniametall auf. Seit dem Zink-Blei-Gesetz von 1887 ist in Deutschland nur noch Zinngerät mit maximal 0,5% Blei (max. 2% Kupfer, max. 7% Antimon) zugelassen. Bei Simulationen mit Zitronensäure, Bier und Cola wurden bei 24-stündigem Kontakt bei 20°C 0,3-0,9 ppm (Cola!) in der Lösung nachgewiesen. Für gelegentlichen Gebrauch ist die Benutzung also ungefährlich, insbesondere ist keine akute Bleivergiftung zu befürchten. Vor allem wenn das Gefäß bereits vielfach in Gebrauch war und das oberflächlich vorliegende Blei bereits längst gelöst ist, droht keine wesentliche Belastung mehr. Da sich Blei aber auch in Spuren im Körper anreichert, sollte dieses Geschirr (nach DIN 17810) nicht mehr benutzt werden. Auch der Engel mit Waage (altes RAL-Gütesiegel) ist heute kein Gütesiegel für Unbedenklichkeit.
Neues Zinngeschirr für den Gebrauch mit Lebensmitteln darf kein Blei enthalten bzw. abgeben.
Quelle
Müller, Berthold F. (Hg.): Zinn-Taschenbuch. Metall-Verlag, Berlin 1975, S. 163ff.
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