- Zusammenarbeit in Zivilsachen
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Die Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen (JZZ; englisch: Judicial Cooperation in Civil Matters, französisch: Coopération judiciaire en matière civile), ist eine Politik der Europäischen Gemeinschaft. Gemeinsam mit den Bestimmungen über die Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die Flankierende Maßnahmen zum freien Personenverkehr dient sie dem übergeordneten Konzept eines „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Justizpolitik wird traditionell als Kernstück der staatlichen Souveränität betrachtet. Von jeher bestanden deshalb auf diesem Gebiete erhebliche Vorbehalte der Mitgliedstaaten gegen eine europäische Integration. Aus diesem Grund war lange Zeit keine irgendwie geartete Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet vorgesehen.
Mit der Fortschreitung der Entwicklung des Binnenmarkts und der Freizügigkeit traten jedoch sehr bald die hiermit verbundenen Risiken und Gefahren zutage. Die Öffnung der Binnengrenzen führte zu einem Zuwachs auch an rechtlichen Kontakten zwischen Angehörigen verschiedener Mitgliedstaaten, die damit unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen unterlagen.
Auch in Reaktion hierauf hat die EU das Konzept eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts etabliert, dessen Teil die JZZ ist. 1992 wurden mit dem Vertrag von Maastricht entsprechende Bestimmungen in die intergouvernemental geprägte 3. Säule der EU aufgenommen. Während die Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen dort verblieb, wurde die JZZ gemeinsam mit dem Freien Personenverkehr 1997 durch den Vertrag von Amsterdam in die supranational ausgerichtete 1. Säule überführt ("vergemeinschaftet").
Aufgrund der Protokolle Nr. 3 bis 5 zum EU-Vertrag nehmen die Mitgliedstaaten Großbritannien, Irland und Dänemark an der Kooperation im Bereich der JZZ nur sehr eingeschränkt teil.
Europäische Union – Geschichte, Struktur und Verträge 1951 * 1957 1965 1986 1992 1997 2001 2007 ** Europäische Gemeinschaften (EG ***) E U R O P Ä I S C H E U N I O N ( E U ) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS bzw. Montanunion) (2002 ausgelaufen → EG) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Europäische Gemeinschaft (EG) *** EG: EGKS, EWG (EG seit 1993), Euratom Justiz und Inneres (JI) (JZZ und Personenverkehr → EG) Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Europäische Atomgemeinschaft (EAG bzw. Euratom) Vertrag von
Paris (* Jahr der Unterzeichnung)Vertrag von
RomFusions-
vertragEEA Vertrag von
MaastrichtVertrag von
AmsterdamVertrag von
NizzaVertrag von
Lissabon (** noch nicht in Kraft)
„DREI SÄULEN“ – EG (EGKS, EWG / EG, Euratom), GASP, PJZSZiele
Ziele der JZZ ist nach Art. 65 EGV die Erleichterung der Abwicklung von Zivilverfahren mit grenzüberschreitendem Bezug, soweit dies zur Gewährleistung eines reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes erforderlich ist.
Erreicht werden soll dies durch Verbesserung und Vereinfachung der grenzüberschreitenden Zustellung, der Zusammenarbeit bei der Beweiserhebung sowie der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher wie außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen. Weiter sollen die der Kompetenzabgrenzung zwischen den Rechtsordnungen dienenden Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaat harmonisiert werden. Auch soll, ggf. auch durch Harmonisierung zivilprozessualer Normen, eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren angestrebt werden.
Akteure und Maßnahmen
Seit Übernahme der JZZ in die supranational ausgerichtete 1. Säule der EU vollzieht sich die Rechtssetzung in diesem Bereich im institutionellen Rahmen und nach den Bestimmung des EGV. Nach Art. 61 lit.c erlässt der Rat hierzu „Maßnahmen“; er ist also nicht auf eine bestimmte Handlungsform, sondern kann zwischen den in Art. 249 EGV genannten Rechtsakten, insbesondere der Verordnung und der Richtlinie frei wählen. Nach Art. 67 Abs. 5 beschließt er in JZZ-Sachen grundsätzlich gemäß dem Mitentscheidungsverfahrens nach Art. 251 EGV. Dies führt dazu, dass die Kommission ein Initiativrecht hat und das Europäische Parlament in der stärksten im Vertrag überhaupt vorgesehenen Form beteiligt wird. In Angelegenheit mit familienrechtlichem Bezug erfolgt die Beschlussfassung dagegen einstimmig und damit ohne Beteiligung des Parlaments.
Maßnahmen im Bereich der JZZ unterliegen grundsätzlich in vollem Maße der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs. Für das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV besteht jedoch die Besonderheit, dass nach Art. 68 Abs. 1 EGV vorlageberechtigt nur solche nationalen Gerichte sind, deren Entscheidungen mit Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden können. Nach Art. 68 Abs. 3 EGV können der Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten beim EuGH auch Gutachten über die Auslegung von Rechtsakten der JZZ einholen.
Erfolge der JZZ
Die grenzüberschreitende Zustellung wurde in VO 1348/00 geregelt, die entsprechende nationale Übermittlungsstellen vorsieht. Mit der Zusammenarbeit der Gerichte unterschiedlicher Mitgliedstaaten bei der Beweiserhebung befasst sich VO 1206/01.
Im Bereich der Erleichterung der Zwangsvollstreckung wurden die bereits vor In-Kraft-Treten der JZZ intergouvernemental geschlossenen Brüsseler Vollstreckungsabkommen von 1968 (allgemein) und 1998 (Ehesachen) in die EG-Verordnungen VO 44/01 bzw. VO 1347/00; 2201/03 überführt. Geplant ist mittelfristig die Abschaffung des Exequaturverfahrens. VO 805/04 sieht einen europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen vor. 2002 hat sich die Kommission in einem Grünbuch mit Fragen des Mahnverfahrens befasst.
Die Harmonisierung der Kompetenz- bzw. Kollisionsnormen des Internationalen Privatrechts war ebenfalls bereits vor In-Kraft-Treten der JZZ erfolgt, nämlich im Abkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht aus dem Jahr 1980. Die Überführung in eine EG-Verordnung ist hier noch nicht erfolgt, aber zu erwarten.
Eine Harmonisierung des materiellen Vertragsrechts ist bislang nur in Randbereichen (z.B. Haustürwiderrufsrecht) erfolgt. 2004 hat die Kommission ein Grünbuch zu den Unterhaltspflichten herausgegeben. Ein Beispiel für die Harmonisierung zivilprozessualer Verfahrensvorschriften stellt die Insolvenz-Verordnung VO 1346/00 dar.
Der 1998 verabschiedete Aktionsplan von Wien sieht als künftige Projekte im Bereich der JZZ u.a. eine Revision der beiden Brüsseler Vollstreckungsabkommen wie auch der Abkommens von Rom über das anwendbare Recht bei vertraglichen Schuldverhältnissen vor. Weiter hat man einen Gegenstück zu letzterem für den Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse ins Auge gefasst („Rom II“); 2003 hat die Kommission einen entsprechenden VO-Vorschlag vorgelegt. Weiter hat man sich auf die Schaffung eines „justiziellen Netzes in Zivilsachen“ analog zu dem in Strafsachen, auf ein Schlichtungsverfahren im Bereich des Familien- und Erbrechts sowie eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Beweisaufnahme verständigt und die Kommission zur Vorlage eines Grünbuchs „Alternative Streitbeilegung“ aufgefordert.
Literatur
- Peter-Christian Müller-Graff/Friedemann Kainer: Zusammenarbeit in Strafsachen; in: Werner Weidenfeld/Wolfgang Wessels (Hsg.), Europa von A bis Z, Berlin 2006, ISBN 3832913785, S. 392 ff.
Weblink
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3. Säule: Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
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