- Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
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Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS), engl.: police and judicial cooperation in criminal matters (PJCCM), frz.: coopération policière et judiciaire en matière pénale (CPJMP), war ein Politikbereich der Europäischen Union. Sie wurde unter dieser Bezeichnung mit dem Vertrag von Amsterdam 1997 eingeführt und bildete seitdem die dritte der drei Säulen der EU. Gemeinsam mit den Bestimmungen über die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen und die flankierenden Maßnahmen zum freien Personenverkehr diente die PJZS dem übergeordneten Konzept eines „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“.
Während jedoch die übrigen Politikfelder des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im EG-Vertrag geregelt waren und bei der europäischen Gesetzgebung dem Mitentscheidungsverfahren unterlagen, galten für die PJZS besondere Bestimmungen, die im EU-Vertrag festgeschrieben waren. Insbesondere hatten das Europäische Parlament und die Europäische Kommission hier deutlich geringere Mitspracherechte. Beschlüsse fielen allein im Rat der EU (in der Formation als Rat für Justiz und Inneres), der grundsätzlich einstimmig entschied.
Mit dem Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, wurde dieser Sonderstatus der PJZS abgeschafft. Der Politikbereich wurde nun in den AEU-Vertrag übernommen und das ordentliche Gesetzgebungsverfahren eingeführt. Zugleich wurde die PJZS in der Vertragsstruktur in zwei neue Bereiche aufgeteilt, nämlich die polizeiliche Zusammenarbeit und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die Politik der inneren Sicherheit wurde traditionell als ein Kernstück der staatlichen Souveränität betrachtet. Von jeher bestanden deshalb auf diesem Gebiet erhebliche Vorbehalte der Mitgliedstaaten gegen eine europäische Integration, die sich nicht zu einer irgendwie gearteten Zusammenarbeit entschließen konnten.
Mit dem Fortschreiten der Entwicklung des Europäischen Binnenmarkts und der damit verbundenen Freizügigkeit verstärkte sich jedoch auch die Wahrnehmung der damit verbundenen Risiken und Gefahren. In Anbetracht dessen wurde auf einem Treffen des Europäischen Rates im Rom am 1. und 2. Dezember 1975 beschlossen, in den Bereichen Inneres und Sicherheit enger zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zweck wurde die sogenannte TREVI-Gruppe (steht für Terrorisme, Radicalisme, Extrémisme et Violence Internationale oder aber für den ersten Tagungsort Trevi) eingerichtet. Diese Gruppe bestand aus den Innenministern der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften und stand außerhalb des institutionellen Rahmens der Europäischen Gemeinschaften, deren Organe an der Tätigkeit der TREVI-Gruppe nicht beteiligt waren. Im Sinne intergouvernementaler Zusammenarbeit konnte die TREVI-Gruppe keine verbindlichen Beschlüsse fassen; sie konnte lediglich Übereinkommen ausarbeiten, die jedoch einer Ratifikation der Mitgliedstaaten bedurften.[1][2]
Das Schengener Abkommen, das einige der EG-Mitgliedstaaten 1985 unterzeichneten, sah eine vollständige Öffnung der Binnengrenzen und den Wegfall der Grenzkontrollen vor. Dies rief Sorgen vor einer Zunahme internationaler Kriminalität und Terrorismus hervor. Daher wurde das Abkommen 1990 durch das Schengener Durchführungsübereinkommen ergänzt, das erstmals eine Abstimmung der polizeilichen Aktivitäten in den Teilnehmerstaaten vorsah. Beide Abkommen traten 1995 in Kraft.
Parallel dazu sah der EU-Vertrag seit dem Vertrag von Maastricht 1992 eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Justiz und Inneres vor. Diese intergouvernementale Zusammenarbeit galt als die dritte der drei Säulen der Europäischen Union (die anderen beiden waren die Europäischen Gemeinschaften und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik). Rechtsetzungsaktivitäten der EU waren für die Justiz- und Innenpolitik jedoch zunächst ausdrücklich ausgeschlossen worden. Gemeinsame Gesetze konnten deshalb anfangs nur durch eigene völkerrechtliche Verträge (sogenannte Übereinkommen oder Konventionen) geschlossen werden, die von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden mussten.
Dies änderte sich mit dem Vertrag von Amsterdam. Darin wurden die Inhalte der Schengener Abkommen in den EU-Vertrag übernommen und fanden sich nun unter dem Konzept des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Die meisten Bereiche der Justiz- und Innenpolitik wurden nun „vergemeinschaftet“, d. h. in den EG-Vertrag aufgenommen; für sie galt somit das Mitentscheidungsverfahren, bei dem das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union gemeinsam Gesetze erlassen konnten. Lediglich für die PJZS erhielten einige Mitgliedstaaten Souveränitätsvorbehalte aufrecht, sodass sie als einziger Politikbereich in der dritten Säule verblieb. Allerdings wurden auch hier die Entscheidungsverfahren vereinfacht, indem nun der Rat der EU durch einstimmigen Beschluss Recht setzen konnte, ohne dass eine nationale Ratifizierung notwendig war. Die PJZS war damit der einzige Bereich, in dem die Europäische Union Gesetze erlassen konnte, ohne dass das Europäische Parlament oder nationale Parlamente daran beteiligt waren. Sie galt deshalb häufig als Beispiel für das Demokratiedefizit der Europäischen Union.
Die Grundausrichtung der PJZS wurde vom Rat der EU in sogenannten Rahmenprogrammen festgelegt, etwa GROTIUS, STOP, FALCONE und AGIS. Wichtige Schritte bei der Entwicklung der PJZS waren insbesondere die Errichtung des europäischen Polizeiamts Europol (1995, zunächst noch durch ein Übereinkommen gegründet und 2009 in den PJZS-Rahmen überführt) und der europäischen Justizbehörde Eurojust (2002). Der Schwerpunkt der Aktivitäten von Europol bestand im Sammeln und Auswerten von Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität sowie in der Kriminalitätsforschung und der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten. Eurojust unterstützte die Koordinierung der Mitgliedstaaten etwa bei Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen und wirkte auf die Erleichterung von Rechtshilfe- und Auslieferungsersuchen hin.
Obwohl im Rahmen der PJZS mehrere bedeutende Beschlüsse gefasst wurden (siehe unten), wurden immer wieder auch Defizite bei der Nutzung und Umsetzung der neu geschaffenen Instrumente beklagt. Nationale Polizeibeamte hegten gegenüber einer europäischen Zusammenarbeit häufig Vorbehalte, was die grenzüberschreitende Kommunikation und Kooperation erschwerte. Die Zusammenarbeit der Justizbehörden wurde hingegen meist besser eingeschätzt als die der Polizeien.
Im EU-Verfassungsvertrag 2004 einigten sich die Mitgliedstaaten schließlich darauf, die PJZS als eigenständige Säule der EU abzuschaffen und auch für diesen Bereich das ordentliche Gesetzgebungsverfahren einzuführen, das Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit im Rat und ein gleichberechtigtes Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments vorsah. Zugleich sollte der organisatorische Rahmen der Zusammenarbeit in Strafsachen vereinfacht werden, indem etwa die bis dahin rechtlich eigenständigen Institutionen Europol und Eurojust als Agenturen der Europäischen Union anerkannt würden. Obwohl der Verfassungsvertrag 2005 nach gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden aufgegeben wurde, wurden die entsprechenden Bestimmungen in den Vertrag von Lissabon 2007 übernommen. Mit dessen Inkrafttreten 2009 hörte die PJZS auf zu existieren und wurde in die polizeiliche Zusammenarbeit und die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen aufgeteilt, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU-Vertrag) geregelt sind.
Zeittafel
Unterz.
In Kraft
Vertrag1948
1948
Brüsseler
Pakt1951
1952
Paris1954
1955
Pariser
Verträge1957
1958
Rom1965
1967
Fusions-
vertrag1986
1987
Einheitliche
Europäische Akte1992
1993
Maastricht1997
1999
Amsterdam2001
2003
Nizza2007
2009
LissabonEuropäische Gemeinschaften Drei Säulen der Europäischen Union Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) → ← Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) Vertrag 2002 ausgelaufen Europäische Union (EU) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Europäische Gemeinschaft (EG) → Justiz und Inneres (JI) Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) ← Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) → Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) ← Militärbündnis Westeuropäische Union (WEU) Vertrag 2010 beendet Ziele
Übergeordnetes Ziel der PJZS war nach Art. 29 EU-Vertrag die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit durch ein gemeinsames Vorgehen der Polizei- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten bei der Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität, insbesondere des Terrorismus, des Menschen-, Waffen- und Drogenhandels, von Korruption, Betrug und Straftaten gegenüber Kindern und Frauen.
Erreicht werden sollte dieses Ziel nach Art. 30, 31 EU-Vertrag unter anderem durch eine Zusammenarbeit der Polizeibehörden im operativen Bereich, bei der Datenerhebung, bei Aus- und Weiterbildung und bei der Bewertung von Ermittlungstechniken sowie den Austausch von Personal. Im Justizbereich wurde die Erleichterung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei Gerichtsverfahren und bei der Vollstreckung von Entscheidungen angestrebt. Auch die Erleichterung der Auslieferung, die Harmonisierung von Rechtsvorschriften und der Abbau von Kompetenzkonflikten waren Ziele der PJZS. Außerdem sollten Mindestanforderungen an die Tatbestandsmerkmale und Strafen für bestimmte Straftaten eingeführt werden.
Akteure
Zentrales Gewicht kam im Bereich der PJZS dem Rat der Europäischen Union zu, der nach Art. 34 EU-Vertrag für den Beschluss sämtlicher politischer Maßnahmen zuständig war. Übernommen wurde dies von der Formation als Rat für Justiz und Inneres. Die Regierungen der Mitgliedstaaten hatten damit die vollständige Kontrolle über diesen Politikbereich. Art. 33 EU-Vertrag stellte zudem ausdrücklich klar, dass die PJZS nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit berührte.
Nach Art. 36 EU-Vertrag wurde der Rat von einem aus hohen Beamten der Mitgliedstaaten bestehenden Ausschuss unterstützt, dem Koordinierungsausschuss für den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (kurz „Artikel-36-Ausschuss“). Dieser Ausschuss richtete Stellungnahmen an den Rat und wirkte bei der Vorbereitung seiner Beschlüsse im Rahmen der PJZS mit.
Die operative Tätigkeit im Rahmen der PJZS erfolgte im Wesentlichen durch Europol und Eurojust. Daneben gab es eine Taskforce der europäischen Polizeichefs, die jedoch nur zwei Mal jährlich tagte und selbst bei ihren eigenen Mitgliedern unter Akzeptanzproblemen litt. Eine Europäische Polizeiakademie im englischen Bramshill schließlich befasste sich mit der Aus- und Weiterbildung von Polizeibeamten in Themenbereichen mit europäischem Bezug.
Die Rolle der Europäischen Kommission war in der PJZS vergleichsweise schwach ausgeprägt. Sie besaß nach Art. 34 Abs. 2 EU-Vertrag lediglich ein Initiativrecht und wurde nach Art. 36 Abs. 2 EU-Vertrag an den Arbeiten des Rates „in vollem Umfang beteiligt“. Außerdem konnte sie beim Europäischen Gerichtshof Nichtigkeitsklage gegen PJZS-Maßnahmen erheben. Das Europäische Parlament schließlich musste nach Art. 39 EU-Vertrag vor dem Erlass bestimmter Maßnahmen des Rates angehört werden; es wurde regelmäßig über die Arbeit im Bereich der PJZS unterrichtet und konnte Anfragen und Empfehlungen an den Rat richten. Einmal jährlich führte es eine Aussprache zu den Fortschritten der PJZS durch, es hatte jedoch keine eigenen Mitentscheidungsrechte.
Die PJZS unterlag der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs in geringerem Maße als die Politiken der Europäischen Gemeinschaften, aber erheblich stärker als die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Er entschied nach Art. 35 Abs. 1,2 EU-Vertrag im Wege der Vorabentscheidung über Auslegung und Gültigkeit von PJZS-Maßnahmen, soweit die Mitgliedstaaten ihre nationalen Gerichte zu entsprechenden Vorlagen ermächtigt haben. Daneben konnten nach Art. 35 Abs. 6 EU-Vertrag die Mitgliedstaaten und die Kommission beim EuGH Nichtigkeitsklage gegen bestimmte PJZS-Maßnahmen erheben. Art. 35 Abs. 7 EUV schließlich sah ein Verfahren vor, wenn Mitgliedstaaten die PJZS-Maßnahmen nicht in angemessener Weise umsetzten (entsprechend dem Vertragsverletzungsverfahren für den Bereich der Europäischen Gemeinschaften).
Instrumente
Dem Rat stand bei Durchführung der PJZS folgendes Instrumentarium zur Verfügung:
- Gemeinsame Standpunkte, die allgemein das Vorgehen der Union in einer bestimmten Frage bestimmten,
- Rahmenbeschlüsse, die die Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten vorsahen und (ähnlich wie die Richtlinien im Bereich der Europäischen Gemeinschaften) nur hinsichtlich des Ziels, nicht aber der Vorgehensweise bindend waren,
- Beschlüsse, die der Verwirklichung der übrigen, nicht auf Rechtsangleichung gerichteten Ziele der PJZS dienten und bindend, aber nicht unmittelbar wirksam waren,
- Übereinkommen, die der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten bedurften und erst wirksam wurden, wenn sie von mindestens der Hälfte der Mitgliedstaaten angenommen worden waren, und auch dann nur für diese,
- Durchführungsbeschlüsse, die der Konkretisierung der Beschlüsse und Übereinkommen dienten.
Entscheidungen wurden dabei grundsätzlich einstimmig getroffen; eine Ausnahme bildeten nur die Durchführungsbeschlüsse: Diese wurden mit qualifizierter Mehrheit gefasst, soweit sie Beschlüsse konkretisierten; soweit sie der Umsetzung von Übereinkommen dienten, war eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.
Als ein weiteres Instrument konnte der Rat nach Art. 38, 24 EU-Vertrag auch völkerrechtliche Verträge mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen abschließen. Die Verhandlungen wurden dabei (anders als bei Vertragsverhandlungen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften) nicht von der Kommission geführt, sondern vom Ratsvorsitz, der sich aber der Unterstützung durch die Kommission bedienen konnte.
Auch im Bereich der PJZS war grundsätzlich eine verstärkte Zusammenarbeit einzelner Mitgliedstaaten möglich. Art. 40-40b EU-Vertrag stellten hierfür jedoch besondere, über den allgemeinen Rahmen der Art. 43ff. EU-Vertrag hinausgehende Anforderungen auf. Letztlich kam es in keinem Fall dazu.
Finanziert wurden die Verwaltungsausgaben für die PJZS nach Art. 41 EU-Vertrag vollständig vom EU-Haushalt. Operative Ausgaben gingen ebenfalls zulasten der EU, soweit der Rat nicht einstimmig einen Beschluss fasste, dass die Mitgliedstaaten die operativen Entscheidungen für eine bestimmte Maßnahme übernahmen.
Beschlüsse im Rahmen der PJZS
Polizeiliche Zusammenarbeit
Einen wichtigen Schritt bei der Erleichterung der polizeilichen Zusammenarbeit im operativen Bereich stellte das 2005 in Kraft getretene Übereinkommen über Rechtshilfe in Strafsachen dar, das unter anderem Regeln für die Übergabe gestohlener Gegenstände, die Überstellung von Personen, die Zeugenvernehmung in anderen Mitgliedstaaten per Videoschaltung, die Telefonüberwachung und die Einrichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen vorsieht. 2002 unterbreitete Spanien einen Vorschlag für ein Übereinkommen zur Bekämpfung des Drogenhandels auf hoher See.
Auch ergingen einige Beschlüsse über den polizeilichen Informationsaustausch, so etwa im Bereich des Terrorismus, der Bewegung von Gruppen sowie des Schutzes von Personen des öffentlichen Lebens. Wiederholt vorgeschlagen wurden vergleichbare Maßnahmen für den Bereich des Fußballrowdytums.
Im Bereich des Zolls wurden das Neapel-Übereinkommen über Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen sowie ein Zusatzübereinkommen über den Einsatz von Informationstechnologie geschlossen.
Justizielle Zusammenarbeit
Zur Erleichterung der Zusammenarbeit bei Gerichtsverfahren und Vollstreckung wurden u.a. der Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anerkennung von in anderen Mitgliedstaaten verhängten Geldstrafen und Geldbußen, das Übereinkommen 98/C 216/01 über die Anerkennung des Entzugs der Fahrerlaubnis sowie der Beschluss 2003/335/JI über die Zusammenarbeit bei der Verfolgung von Völkermord angenommen.
Zur Erleichterung der Auslieferung wurde durch den Rahmenbeschluss 2002/584/JI ein Europäischer Haftbefehl geschaffen. Er ist auf Festnahme und Übergabe von sich in anderen Mitgliedstaaten aufhaltenden Personen zum Zwecke der Strafverfolgung bzw. –vollstreckung gerichtet. Seine Vollstreckung darf vom ersuchten Staat nur unter bestimmten Voraussetzungen verweigert werden.
Durch diverse Rahmenbeschlüsse wurden Mindestanforderungen an die Tatbestandsmerkmale und Strafen für bestimmte Verbrechen niedergelegt, so etwa für
- Drogenhandel (Nr. 2004/757/JI)
- Geldfälschung (Nr. 2003/383/JI)
- Menschenhandel (Nr. 2002/629/JI)
- Beihilfe zu unerlaubter Einreise bzw. unerlaubten Aufenthalt (Nr. 2002/946/JI)
- Sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie (Nr. 2004/68/JI)
Des Weiteren erging 2005 ein Rahmenbeschluss 2005/212/JI über die Einziehung von Tatwerkzeugen und Tatfrüchten. Grünbücher befassten sich mit Alternativen zur Untersuchungshaft bzw. der Gewährleistung verfahrensrechtlicher Mindestgarantien. 1999 hat sich die Kommission mit Fragen des Opferschutzes befasst.
Literatur
- Stefan Braum: Europäische Strafgesetzlichkeit. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 2003.
- Peter-Christian Müller-Graff, Friedemann Kainer: Zusammenarbeit in Strafsachen; in: Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.), Europa von A bis Z, Berlin 2006, S. 388ff., ISBN 3832913785
- Svenja Kahlke: Eurojust. Auf dem Weg zu einer europäischen Staatsanwaltschaft? Die Justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen innerhalb der Europäische Union. Berlin: Logos Verlag 2004.
- Thomas Oppermann: Europarecht, München 2005, S. 510ff., ISBN 3406535410
- Andreas Rasner: Erforderlichkeit, Legitimität und Umsetzbarkeit des Corpus Juris Florenz. Eine Analyse am Beispiel des Art. 1 (Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und gleichgestellte Straftaten). Berlin: Duncker & Humblot 2005.
- Helmut Satzger: Die Europäisierung des Strafrechts. Eine Untersuchung zum Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das deutsche Strafrecht. Köln, Berlin, Bonn, München: Carl Heymanns 2001.
- Martin Wasmeier (Hrsg.): Das Strafrecht der Europäischen Union. Europäische Kommission, GD Justiz und Inneres. Baden-Baden: Nomos 2003.
Einzelnachweise
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