Čech

Čech
Čech auf dem Berg Říp

Der Urvater Tschech (tschechisch Čech, tʃɛx) ist eine Sagengestalt, die das tschechische Volk in seine neue Heimat geführt haben soll. Der Sage nach hatte er einen Bruder Lech (den Urvater der Polen), einer anderen Version zufolge noch einen Bruder Rus (den Urvater der Russen).

Inhaltsverzeichnis

Ursprung und Entwicklung der Sage

Die sagenhaften Brüder Čech und Lech. Abbildung in der Chronica Polonorum, 1519

Die Figur des Čech fand im 12. Jahrhundert durch die Chronica Boemorum des Cosmas von Prag Eingang in die schriftliche Überlieferung. Nach dieser ältesten und knappsten Fassung des Sagenstoffes kam der im lateinischen Boemus genannte Anführer mit seinen Gefährten auf der Suche nach neuen Wohnsitzen in das unbewohnte Land rund um den Berg Říp. Er fand es überaus geeignet zur Ansiedlung; es sei ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Aus Dankbarkeit wurde das Land nach ihm Boemia benannt.

In den folgenden Jahrhunderten wurde der Stoff von weiteren Autoren aufgegriffen und ausgestaltet. Die Chronik des Dalimil aus dem 14. Jahrhundert schrieb Čech sechs Brüder zu. Die Erzählung ließ ihn nun aus Kroatien abstammen und wegen eines Mordes seine ursprüngliche Heimat verlassen. Ebenfalls noch im 14. Jahrhundert bekam Čech bei Přibík Pulkava einen Bruder namens Lech, der aus Böhmen nach Polen weiterzog und sich dort niederließ.

Moderne Fassung

Auf der Grundlage der Chronik von Cosmas erzählte der Dichter Alois Jirásek am Ende des 19. Jahrhunderts in seinen Alttschechischen Sagen diese Überlieferung nach, wobei er den Stammvater als Praotec Čech bezeichnete.

Nach dieser modernen Sagenfassung stammt das Geschlecht aus den Ländern hinter der Tatra (slowakischer Teil der Karpaten) jenseits der Weichsel. In dieser Gegend lebte zu dieser Zeit das Volk der Chorvaten. Nachdem es immer mehr zu Kriegen zwischen den einzelnen Geschlechtern um Boden und Macht kam, beschlossen die Herzöge Čech und sein Bruder Lech, mit ihren Familien und Freunden das Land zu verlassen und im Westen nach neuer Heimat zu suchen. Erst nach der Überquerung der Moldau fanden sie noch nicht besiedelte Gebiete. Dort soll Čech unter einem aus der Gegend herausragenden Berg ein Ruhelager aufgeschlagen haben. Die mit ihm gereisten Herzöge befanden den Boden für ertragreich. Am Morgen bestieg Čech den Berg (der Sage nach handelt es sich um den Říp) und sah weit und breit unbesiedeltes Land. Am dritten Tag berief er dann seine Herzöge, beriet sich mit ihnen, und sie beschlossen zu bleiben. Auf die Frage, wie sie nun das Land benennen sollen, riefen alle. „Nach Dir, Nach Dir“. Das Land wurde urbar gemacht, Höfe und Festungen wurden erbaut, und die Herzöge achteten auf ein friedliches und gerechtes Leben. Herzog Lech zog dann nach etwa dreißig Jahren nach Norden weiter. Mit 86 Jahren starb Čech und wurde nach einem Totenritual verbrannt. In polnischen Überlieferungen des 14. Jahrhunderts wird Čech auch als jüngerer Bruder mit den beiden anderen mythischen Königsgestalten Lech und Rus in Verbindung gebracht, eine Auffassung, die bald auch in Böhmen übernommen wurde.

Etymologie

Als Ursprung des Namens Čech, der übersetzt auch Tscheche bzw. Böhm(e) bedeutet, gilt das heutige Wort člověk (dt. Mensch, vgl. russ. человек ). Das „-ch“ (ausgesprochen als stimmloser velarer Frikativ) ist ein archaisches Suffix, das Menschen bezeichnet. Es wird noch heute gelegentlich benutzt, z.B. „staroch“ für „stařec“ (Greis) oder „brach“ für bratr (Bruder).[1]

Siehe auch

Liste der böhmischen Herrscher

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Roman Jakobson: Die Reimwörter Čech-Lech. In: Selected Writings: Word and Language. Walter de Gruyter, 1971.

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