- Škoda Pilsen
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Škoda [ˈʃkɔda] ist ein 1859 gegründetes tschechisches Maschinenbauunternehmen mit Sitz in Pilsen. Der ursprüngliche Konzern Škoda wurde nach der Samtenen Revolution 1993 privatisiert. Dabei wurden mehrere Bereiche in selbständige Unternehmen ausgegliedert. Die meisten von denen führen weiter den Namen Škoda.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ernst Graf von Waldstein gründete das Werk 1859 und produzierte mit über 100 Angestellten Einrichtungen für Zuckerfabriken, Brauereien und Bergwerke, sowie Kessel, Dampfmaschinen, Brücken und diverse Eisenbahneinrichtungen.
1866 wurde Emil Škoda leitender Ingenieur und kaufte im Juni 1869 Graf Waldstein den Betrieb ab. Emil Škoda modernisierte das Werk gründlich, 1871 wurde es um eine neue Gießerei erweitert, 1872 um eine neue Maschinenbauhalle, 1882 um eine Schmiede und 1886 um ein neues Stahlwerk. Im Jahre 1876 wurde die erste Auslandsvertretung in Kiew eröffnet, wohin Škoda hauptsächlich Zuckerfabriken lieferte. Neben Zuckerfabriken, Brauereien oder Dampfmaschinen orientierte sich Škoda immer mehr hin zur Rüstungstechnik. Ab 1886 wurden in Pilsen Kanonentürme für Schlachtschiffe hergestellt, drei Jahre später dann auch die Kanonen. Ab den 1880er Jahren befasste sich Škoda auch mit dem Brückenbau. Ab 1890 arbeitete eine neue Rüstungsabteilung, für die 1896 ein neues Werk erbaut wurde. 1899 wurde der Betrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, Emil Škoda behielt aber die Aktienmehrheit. Am 8. August 1900 starb Emil Škoda bei einer Zugreise in den Kurort Bad Gastein. Zur dieser Zeit arbeiteten im Betrieb 3211 Arbeiter und ca. 250 Verwaltungsangestellte.
Zu den besonderen Leistungen der Jahrhundertwende gehören zum Beispiel Teile für Schleusen des Suezkanals, Teile des Niagara-Kraftwerks oder Teile für japanische, russische und südamerikanische Schlachtschiffe sowie für französische und deutsche Handelsschiffe. Škoda spezialisierte sich immer mehr auf Rüstungstechnik. Andere Geschäftsfelder wurden in die dafür gegründete Aktiengesellschaft Spojené strojírny, früher Škoda, Ruston, Bromovský, Ringhoffer ausgegliedert. Škoda wurde so zum reinen Stahl- und Rüstungskonzern. Das Werk stieg zur größten Waffenschmiede der habsburgischen Monarchie Österreich-Ungarn auf. Es produzierte unter anderem Kanonen aller Größen, bis hin zu Bordkanonen der k.u.k. Marine und Mörsern im Kaliber 380 mm. Škoda erprobte selbst neue Geschütze in der k.u.k. Artillerie-Schießschule in Hajmáskér (bei Veszprém). In den Jahren 1914 bis 1918 lieferte das Werk 12.693 Kanonen an die k.u.k. Armee. Im Jahre 1914 arbeiteten bei Škoda ca. 10.000 Angestellte, 1917 waren es schon 32.000. Im Mai 1917 kam es zu einem schweren Unfall in der Munitionsfabrik im Pilsner Stadtteil Bolevec, bei dem über 200 Menschen ums Leben kamen.[1]
Nach Kriegsende war Škoda ein überdimensionierter und voll auf die Rüstungsindustrie orientierter Mammutkonzern. Die benötigten Finanzmittel zum Richtungswechsel in Richtung ziviler Industrieproduktion kamen vom französischen Rüstungskonzern Schneider & Cie. Die ersten Nachkriegsprodukte waren Lokomotiven. Es entstanden die Geschäftsfelder Lebensmittel-, Tabak-, Automobil- und Flugzeugindustrie. Škoda baute in aller Welt Zuckerfabriken, Mühlen, Brauereien, Kraftwerke, Bergwerke oder Schlachthöfe auf. 1921 fusionierte Škoda wieder mit Spojené Strojírny. In den Konzern wurden Betriebe in Königgrätz und Prag eingegliedert, dazu kamen zwei Kohlebergwerke. Im Jahre 1925 fusionierte Škoda mit dem Automobilhersteller Laurin & Klement in Jungbunzlau (das Werk ist heute der Automobilhersteller Škoda Auto), 1926 wurde der Flugzeughersteller Avia eingegliedert und ab 1927 besaß Škoda eine eigene Fluggesellschaft. Im Jahre 1930 beschäftigte der Konzern 36.000 Angestellte.
Während des zweiten Weltkrieges gehörte die Aktienmehrheit von Škoda und den Waffenwerken Brünn zuerst den Vereinigten Stahlwerken und der Dresdner Bank, später den Reichswerken Hermann Göring AG. 1942 entsteht die Holdinggesellschaft Waffen-Union Škoda-Brünn mit Sitz in Berlin. Allein im Werk Pilsen arbeiteten 1944 45.000 Arbeiter, im ganzen Konzern waren es um 101.000. Am 25. April 1945 wurde das Werk in Pilsen durch einen Luftangriff der Alliierten fast vollständig zerstört.[1]
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Škoda wie auch andere wirtschaftlich bedeutende Betriebe verstaatlicht und einige Zweige des Leichtmaschinenbaus (Automobile, Flugzeuge usw.) abgetrennt. Nicht mehr zum Konzern gehörte seit 1945 die Pkw-Sparte (später Škoda Auto). 1950 wurde der Konzern in sieben Unternehmen geteilt. Das Pilsener Hauptwerk beschäftigte sich danach überwiegend mit Schwerindustriegütern, zuerst Dampf- und später elektrischen Lokomotiven, Turbinen und Einrichtungen für Kraftwerke. Nach wie vor baute die Firma schlüsselfertige Industrieanlagen im Ausland. Ab den 1950er Jahren wurde in Pilsen ein ziviles Nuklearprogramm betrieben.
Nach der Samtenen Revolution 1989 wurde der Konzern 1990 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1990 entschied das Ministerium für Maschinenbau und Elektrotechnik über die Ausgliederung des Betriebs für Kraftwerksbau (Závod výstavba elektráren Škoda) aus dem Konzern, der zu einem selbstständigen staatlichen Unternehmen mit dem Namen „Škoda Praha“ wurde. 1993 wurde der Konzern Škoda privatisiert, mehrere Bereiche wurden in Tochterunternehmen ausgegliedert. Im Jahr 2000 wurde die Aktiengesellschaft in eine Holdinggesellschaft umgewandelt. 2007 wurden die Kernenergie-Sparte Škoda JS, die Schmieden und Hüttenwerke an die russische OMZ Group verkauft. In der Škoda-Holding blieben die Sparten Energie (Kraftwerke) und Fahrzeugtechnik (Schienenfahrzeuge, Oberleitungsbusse) vereint.
Als eine Kuriosität können die von Škoda gelieferten Teile (die Drehachse und die Stützen) des neuen Londoner Riesenrads gelten.
Lokomotivbau
Die erste gebaute Lokomotive (Fabriknummer 1/1920) entstammt der österreichischen Reihe 270 und zählt heute zum Sammlungsbestand des Technischen Nationalmuseums in Prag. Die Lok 434.1100 wird in Tschechien mehrmals jährlich für besondere Veranstaltungen eingesetzt. Ab den 1950er Jahren stellte Škoda Elektrolokomotiven her. In der Gegenwart hat der Teilbetrieb Škoda Transportation nach einigen Jahren Unterbrechung den Bau von Elektrolokomotiven mit der Mehrsystemlok 109 E wieder aufgenommen. Die ČD hat 20 Lokomotiven dieses Typs (Reihe 380) für den grenzüberschreitenden Einsatz bestellt. Die ersten Exemplare wurden 2008 fertiggestellt und sollen 2009 in den Plandienst gehen. Seit 2005 gehört auch der Eisenbahn- und Triebwagenhersteller Vagonka Studénka zur Škoda-Holding.
Nukleartechnik
Škoda beteiligte sich stark am Nuklearprogramm der Tschechoslowakei und produzierte Kernreaktoren der sowjetischen Bauart WWER für Kernkraftwerke des Ostblocks.
1957 wurde Škoda zum Hauptauftragnehmer für den technologischen Bereich des ersten tschechoslowakischen Kernkraftwerks A-1 ausgewählt.[2] Škoda produzierte ebenfalls den eigentlichen Reaktor. Der verwendete Kernreaktortyp KS-150 wurde vom sowjetischen Alichanow-Institut für Theoretische und Experimentelle Physik entwickelt. Die Erstellung der detaillierten Planungsunterlagen erarbeitete Škoda Pilsen mit technischer Unterstützung des sowjetischen Planungsbüros LOTEP.[3]
In folgenden Jahren war der Konzern in großem Umfang am Kernprogramm der Tschechoslowakei und des Ostblocks beteiligt. Der Betrieb Energiemaschinenbau (Závod energetické strojírenství k.p. Škoda Plzeň) stellte die Kernreaktoren und Turbosätze her und montierte sie vor Ort. Der Betrieb Kraftwerksbau (Závod výstavba elektráren) übernahm die Rolle des Hauptauftragnehmers für den technologischen Teil der Bauvorhaben. Škoda lieferte zwischen 1980 bis 1992 21 Sätze von Reaktoren des Typs WWER-440/V213 (vier für die Blöcke 1–4 des Kernkraftwerkes Paks, zwei für das Kernkraftwerk V2 in Bohunice, je vier für das Kernkraftwerk Dukovany und das Kernkraftwerk Zarnowiec sowie drei für die Blöcke 5, 7 und 8 des Kernkraftwerks Greifswald) und drei Sätze von Reaktoren vom Typ WWER-1000/V320 (zwei für das Kernkraftwerk Temelín und einen für das Kernkraftwerk Belene).[4][5] Daneben wurden mehrere Forschungsreaktoren hergestellt. Für Entwicklungsarbeiten nutzte Škoda den Betriebseigenen Forschungsreaktor ŠR-0 in Vochov bei Pilsen.
Škoda war auch an den Entwicklungsarbeiten des Reaktors WWER-1000 beteiligt und entwickelte einen Linearschrittmotor für die Reaktorsteuerstäbe. Der Motor wurde ursprünglich für eine Weiterentwicklung des Schwerwasserreaktors KS-150 entworfen, wo er die verhältnismäßig schwierigen und anfälligen Teile eines Rotationsmotors ersetze sollte. Der sowjetische Hauptentwickler der Reaktoren OKB Gidropress empfahl, diesen Motor für WWER-1000-Reaktoren anzupassen, aufgrund von Verspätungen bei Škoda wurde aber dennoch eine sowjetische Variante im Ischorskij-Betrieb hergestellt. Weil diese aber schlechtere Eigenschaften hatte, wurde 1980 die gemeinsame Entwicklung eines modernisierten Motors beschlossen. Diese Zusammenarbeit von Škoda und Gidropress stellte die bisher höchste Mitwirkung der Tschechoslowakei an den Entwicklungsarbeiten der WWER-Technologie dar.[6][7]
Heutige Unternehmen
ŠKODA Holding a.s.
ŠKODA Holding a.s. ist das eigentliche Folgeunternehmen des Konzerns Škoda Plzeň. Die Holdinggesellschaft mit Sitz in Plzeň wurde 2000 aus der Škoda AG gegründet. Nach der Privatisierung und Ausgliederung mehrerer Bereiche blieben in der Škoda-Holding die Sparten Energie (Kraftwerke) und Fahrzeugtechnik (Schienenfahrzeuge, Oberleitungsbusse) vereint. Nach 2000 wurden weitere Unternehmen angekauft, wie z. B. 2005 der traditionelle tschechische Eisenbahn- und Triebwagenhersteller Vagonka Studénka. Heute teilt sich der Konzern in zwei Geschäftsfelder.
Geschäftsfeld Power (Energie-Sparte)
- ŠKODA POWER a.s. (Plzeň, Tschechien)
- ŠKODA POWER Pvt. Ltd. (Noida, Indien)
- ŠKODA JINMA TURBINE Ltd. (Guangzhou, China)
Geschäftsfeld Transportation (Lokomotiven und Bahnfahrzeuge, Straßenbahnen, Oberleitungsbusse)
- ŠKODA TRANSPORTATION s.r.o. (Plzeň, Tschechien)
- ŠKODA ELECTRIC s.r.o. (Plzeň, Tschechien)
- ŠKODA VAGONKA, a.s. (Ostrava, Tschechien)
- OOO „Sibelektroprivod“ (Nowosibirsk, Russland)
- VÚKV, a.s. (Prag, Tschechien)
- Ganz – Skoda Electric Ltd. (Budapest und Baja, Ungarn)
Siehe auch: Škoda (Straßenbahn)
ŠKODA JS a.s.
ŠKODA JS ist die ehemalige Nuklear-Sparte des Konzerns Škoda. Nach 1993 wurde das Werk aus dem Škoda-Konzern ausgegliedert und es entstand das Tochterunternehmen ŠKODA JADERNÉ STROJÍRENSTVÍ s.r.o. Dieses wurde 1999 in die heutige Aktiengesellschaft umgewandelt. 2004 verkaufte die Škoda-Holding das Tochterunternehmen der russischen OMZ Group.[8]
Zu den derzeitigen Leistungen gehören hauptsächlich Modernisierungen von Kernkraftwerken, Dienstleistungen für Kernkraftwerke, die Herstellung von Komponenten für Kernreaktoren und die Produktion von Atommüllbehältern für Transport und Lagerung. Das Unternehmen hat ihren Sitz in Pilsen.[9]
ŠKODA PRAHA a.s.
1953 wurde das staatseigene Unternehmen Energostroj gegründet, welches 1959 als Montagebetrieb für Energieanlagen in den Konzern Škoda eingegliedert wurde. 1978 wurde der Betrieb für Kraftwerksbau Škoda (Závod výstavba elektráren Škoda) mit dem Bau von Kernkraftwerken mit sowjetischen Reaktoren vom Typ WWER beauftragt. 1990 entschied das Ministerium für Maschinenbau und Elektrotechnik über die Ausgliederung aus dem Konzern Škoda in ein selbstständiges staatliches Unternehmen. 1993 wurde das Unternehmen privatisiert. Seit 2005 gehört es zur Energie-Unternehmensgruppe ČEZ.[10]
ŠKODA PRAHA a.s. ist weltweit tätig im Bereich der Energietechnik. Zu den Leistungen gehören hauptsächlich Anlagenbau und Modernisierungen von Kraftwerken.
Pilsen (ŠKODA) Steel
Infolge der Privatisierung des Konzerns Škoda enststanden 1993 die Tochterunternehmen ŠKODA, HUTĚ, Plzeň, s. r. o. (Hüttenwerke) und ŠKODA, KOVÁRNY, Plzeň, s.r.o. (Schmieden). Beide gehörten zur Škoda-Holding, bis sie 2004 von der russischen OMZ-Gruppe übernommen wurden. 2007 wurden beide im Konsortium ŠKODA STEEL vereint und in Pilsen Steel umbenannt.[11]
ŠKODA VÝZKUM s.r.o.
Im Jahre 1907 richtet Škoda ein eigenes Forschungsinstitut ein. Infolge der Privatisierung wurde das Institut vom Škoda-Konzern abgetrennt. Heutiger Eigentümer ist das Kernforschungsinstitut Řež.
Fußnoten
- ↑ a b D. Bechný u.a.: Historie a současnost podnikání na Plzeňsku. Městské knihy, Žehušice 2002, ISBN 80-86699-01-3
- ↑ Ján Tomčík: Historické aspekty JE A1 – Historic Aspects of A1 NPP. In: Dobroslav Dobák et al.: 50 rokov jadrových elektrární na Slovensku. Jadrová a vyraďovacia spoločnosť und Enel Slovenské elektrárne, 2007. S. 32–55 (PDF)
- ↑ AtomStroyExport.com: Complete projects: Bohunice NPP [1]
- ↑ Škoda JS: Výstavba nových bloků VVER [2]
- ↑ Auskunft von Josef Říha (Škoda JS a.s.) auf schriftliche Anfrage von Benutzer TZV
- ↑ Karel Wagner, František Med: Lineární krokový motor. In: Shrnutí zkušeností z výstavby uvádění do provozu a stabilizace jaderné elektrárny Dukovany. Bd. 4. Praha : Čs. výbor pro energetiku a jadernou techniku ČSVTS, 1987. S. 191 – 198
- ↑ Karel Wagner: Historie účasti společnosti ŠKODA na jaderné energetice [3]
- ↑ Škoda JS: Hlavní milníky historie [4]
- ↑ Škoda JS: References [5]
- ↑ Škoda Praha: Historie [6]
- ↑ Pilsen Steel: Historie [7]
Weblinks
- Geschichte von Škoda in Bildern: 1870–1900, 1900-1938, 1939–1969 (tschechisch)
- Škoda Holding a.s. (tschechisch, englisch)
- ŠKODA JS a.s. (tschechisch, englisch)
- PILSEN STEEL (tschechisch, englisch)
- ŠKODA VÝZKUM s.r.o. (tschechisch, englisch)
- Škoda Praha a.s. (tschechisch, englisch)
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