Βασιλεία του Θεού

Βασιλεία του Θεού

Das Reich Gottes (hebr. מלכות malchut, griech. Βασιλεία του Θεού basileia tou theou) ist ein Begriff aus dem Tanach, der hebräischen Bibel. Er bezeichnet als Königtum einen Wesenszug, als Königreich einen räumlich vorgestellten Herrschaftsbereich oder als Königsherrschaft die konkrete Machtausübung JHWHs, des Gottes der Israeliten, als sich durchsetzendes Geschehen.[1]

Jesus von Nazaret hat nach den Evangelien des Neuen Testaments das Reich Gottes als „nahe herbeigekommen“ (Mk 1,15 EU) verkündet (siehe auch Parusie) und diese Botschaft auf vielfältige Weise veranschaulicht: etwa in Heilungswundern, Gleichnissen und Lehrreden wie der Bergpredigt.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Der Begriff knüpft an die altorientalische Bezeichnung des höchsten Gottes El als „König“ (hebr. מלך melech) an. Dieses Gottesprädikat tauchte in der Geschichte Israels seit der Königszeit (um 1000–586 v. Chr.) auf und wurde in der exilischen und nachexilischen Prophetie und Apokalyptik mit Vorstellungen wie der von Gott durchgesetzten universalen Herrschaft seines in der Tora geoffenbartem Heilswillens, der Befreiung aller Israeliten von Synkretismus, Exil und Fremdherrschaft, mit dem Endgericht und einer umstürzenden transzendenten Neuschöpfung der Welt verbunden.

Im NT beginnt Jesus im Anschluss an Johannes den Täufer sein öffentliches Auftreten mit der Botschaft (Mk 1,15f EU):

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“

In seiner Verkündigung stehen Aussagen, nach denen Gottes Reich als Ankunft Gottes zum Endgericht unmittelbar bevorstehe (Mk 13 EU), neben präsentischen Zusagen dieses Reiches für die Armen und Gewalt Erleidenden (Mt 5,3-9 EU). Nach Lk 11,20 EU beginnt sich Gottes Reich in Jesu eigenem heilvollen Handeln, besonders seinen Dämonenaustreibungen (siehe Wunder Jesu) auf Erden bereits zu realisieren. Schließlich erscheint in der Formulierung des Lukasevangeliums (Lk 17,20-21 EU) das "Reich Gottes" als bereits vorhanden, wenn auch nicht in der Form eines räumlich und zeitlich eingegrenzten Ereignisses. Noch klarer ist die Formulierung dieser Aussage Jesu im Thomasevangelium, wo es ergänzend heißt: Sondern das Königreich des Vaters ist ausgebreitet über die Erde, und die Menschen sehen es nicht. (Logion 113)

Gottes Reich verhält sich nach jüdischer wie christlicher Tradition nicht ergänzend, überbietend und absichernd, sondern alle menschliche Machtausübung und alle irdischen Herrschaftssysteme transzendierend. Der Begriff "Reich Gottes" spielt in der Christentumsgeschichte, im Chiliasmus, Messianismus und in politischer Theologie eine bedeutende Rolle.

Altorientalische Herkunft

Der Tanach redet nur an wenigen Stellen von einem „Königtum“ JHWHs. Im Pentateuch werden diese verstreuten Belege zudem einer späteren Bearbeitungsschicht zugewiesen (Ex 15,17f EU; Num 23,21 EU; Dtn 33,5.26 EU). Als vermutlich ältester Beleg gilt Jes 6,5 EU (vor 722 v. Chr.). Andererseits gibt es für biblische Aussagen etwa einer Thronbesteigung Gottes, Ehrung durch einen himmlischen „Hofstaat“ und Huldigung durch „Göttersöhne“ bzw. Fremdgötter (Ps 29,1f.9 EU; Ps 97,7 EU u.a.) bis in den Wortlaut hinein Parallelen auf Tontafelfunden von Ugarit. Auch Bilder eines königlichen Gottesberges Zaphon, auf dem der Wetter- und Fruchtbarkeitsgott Baal throne, ähneln biblischen Aussagen (z. B. Ps 48,3 EU).

Deshalb gehen Alttestamentler meist davon aus, dass der biblische Motivkomplex der Königsherrschaft JHWHs den Israeliten in der polytheistischen Religion Kanaans vorgegeben war. Dessen Bewohner lebten in monarchisch beherrschten Stadtstaaten und pflegten Kulte eines hierarchischen Pantheons mit dem Gott El an der Spitze: Dieser wurde mit dem Königstitel als Oberhaupt der Götterversammlung, über ihr thronend und von den übrigen Göttern Ehrerbietung fordernd dargestellt. Baal, sein „Sohn“, wird in kanaanäischen Göttermythen eine Königsherrschaft von unbegrenzter Dauer zugesagt (vgl. Ps 145,13 EU). Beider Züge wurden von den Israeliten auf den aus der Wüste mitgebrachten Gott JHWH übertragen, um die ansässigen Götter zu entmachten.

Der Alttestamentler Werner H. Schmidt fasst den Befund wie folgt zusammen:[2]

„Erkennt man, dass ein göttliches „Königtum“ in Israel vor der Landnahme nicht sicher bezeugt, aber der kanaanäischen wie überhaupt der altorientalischen Religion geläufig ist und eine Reihe von Verbindungen zwischen ugaritischen und alttestamentlichen Texten besteht, so ist die Schlussfolgerung nicht zu umgehen: Jahwes „Königtum“ ist ein Erbe Kanaans. Israels Gott hat das Königtum beider Götter, Els und Baals, auf sich vereinigt.“

Schmidt nimmt ferner an, dieser Prozess habe mit der Wahl Jerusalems als Hauptstadt des Großreichs Gesamtisrael unter König David zu tun gehabt, sei aber auch schon in älteren Kultorten wie Schilo denkbar gewesen, da dort bereits die von David nach Jerusalem gebrachte vorstaatliche Bundeslade als Thron JHWHs aufgefasst worden sei.

Hebräische Bibel

Trotz vieler Bildmotive, mit denen JHWH im Tanach als „König“ erscheint, kommt das Substantiv „Königsherrschaft“ (hebr. malkuth, griech. basileia) nur sehr selten vor, und zwar meist mit dem Possessivpronomen auf Gott und sein Handeln bezogen, nicht als für sich stehender Begriff. Diesen findet man erst in späten apokalyptischen oder apokryphen Texten wie Dan 2,44 EU, Dan 7,13.27 EU oder Obd 21 EU.

Als Ursprung des Motivs wird die aus kanaanäischen Kulten übernommene Aussage „JHWH ist König (geworden)“ angenommen. Dieses Bekenntnis findet sich oft in den sogenannten Königspsalmen, darunter Ps 93 EU, Ps 96 EU–99 EU. In Ps 95,1ff EU heißt es etwa:

„Kommt, lasst uns jubeln vor dem Herrn und zujauchzen dem Fels unsres Heiles! Lasst uns mit Lob seinem Angesicht nahen, vor ihm jauchzen mit Liedern! Denn der Herr ist ein großer Gott, ein großer König über allen Göttern.“

Dies wird mit dem Hinweis auf die Schöpfung näher erläutert:

„In seiner Hand sind die Tiefen der Erde, sein sind die Gipfel der Berge. 5 Sein ist das Meer, das er gemacht hat, das trockene Land, das seine Hände gebildet. 6 Kommt, lasst uns niederfallen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem Herrn, unserm Schöpfer!“

Die geforderte Anerkennung (Proskynese) des Götterkönigs schließt an die kanaanäische Vorstellung des höchsten Gottes im Götterbereich an, begründet seine Macht aber nicht mit einem Sieg nach mythischen Götterkampf, sondern mit seiner Herrschaft über die ganze Erde, die sich dem erwählten Gottesvolk durch dessen wunderbare Führung bis zur Landnahme gezeigt hat:

„Denn er ist unser Gott, wir sind das Volk seiner Weide, die Herde, von seiner Hand geführt.“

Daraus folgt die Bitte:

„Ach, würdet ihr doch heute auf seine Stimme hören!“

Gottes universale Königswürde ist hier mit der besonderen Erwählung Israels begründet. Die Depotenzierung der Fremdgötter zielt auf die Mahnung an Israel, Gottes Recht zu verwirklichen; die Tora-Offenbarung ist also vorausgesetzt. Ähnlich, aber mit Betonung des vorbildlichen Gehorsams Israels und seiner Führer heißt es etwa in Ps 99,1ff EU:

„Der Herr ist König: Es zittern die Völker. Er thront auf den Kerubim: Es wankt die Erde. Groß ist der Herr auf Zion, über alle Völker erhaben. Preisen sollen sie deinen großen, majestätischen Namen. Denn er ist heilig. Stark ist der König, er liebt das Recht. Du hast die Weltordnung fest begründet, hast Recht und Gerechtigkeit in Jakob geschaffen. Rühmt den Herrn, unseren Gott; werft euch am Schemel seiner Füße nieder! Denn er ist heilig. Mose und Aaron sind unter seinen Priestern, Samuel unter denen, die seinen Namen anrufen; sie riefen zum Herrn und er hat sie erhört. Aus der Wolkensäule sprach er zu ihnen; seine Gebote hielten sie, die Satzung, die er ihnen gab. Herr, unser Gott, du hast sie erhört; du warst ihnen ein verzeihender Gott, aber du hast ihre Frevel vergolten. Rühmt den Herrn, unsern Gott, werft euch nieder an seinem heiligen Berge! Denn heilig ist der Herr, unser Gott.“

Königswürde Gottes und gesicherte Existenz des Volkes im „gelobten Land“, Tempelkult und Abgrenzung von anderen Göttern bilden hier eine motivische Einheit (vgl. Ps 24,7–10 EU, 29,9f EU, 68,25 EU).

In der Aussage JHWH ist König über die ganze Erde ist seine Herrschaft über alle Völker mitgedacht (z. B. Ps 47,8f EU, Jos 3,11.13 EU, Ps 97,5 EU). Entgegen älterer religionsgeschichtlicher Hypothesen, wonach JHWH schon von den semitischen Nomaden als Volkskönig verehrt und nach der Landnahme zum Weltherrscher geworden sei, war dieser Universalismus schon in Kanaans Religion angelegt. Er wurde aber in Israel entfaltet und gesteigert (z.B. in Ps 103,19 EU; Ps 145,13 EU). Dabei seien, so Werner H. Schmidt, eventuell Mythen vom Götterkampf zum Völkerkampf umgeprägt worden. [3] Zugleich wurde aber anders als in kanaanäischen Parallelen der personale Bezug des Königtums Gottes auf den Einzelnen und das Volk bewahrt (Ps 5,3 EU, Ps 84,4 EU, Ps 103,1f.19 EU, Ps 145,1 EU, Jes 33,22 EU).

In Texten, die nach dem babylonischen Exil entstanden sind, wird die Königsherrschaft Gottes immer mehr von einer gegenwärtigen Zustandsbeschreibung zur Zukunftsverheißung: so besonders bei Deuterojesaja (z. B. Jes 52,7 EU), in der kleinen Apokalypse (Jes 33 EU), in der Jesaja-Apokalypse (Jes 24 EU–27 EU) sowie in mehreren außerkanonischen Texten der apokalyptischen Tradition des Judentums.

Neues Testament

Der Begriff "Reich Gottes" spielt in den Evangelien eine zentrale Rolle. Der jetzige Papst schreibt: Das Wort "Reich Gottes" kommt im Neuen Testament insgesamt 122-mal vor; davon finden sich 99 Stellen in den drei synoptischen Evangelien, und davon wiederum gehören 90 Texte Worten Jesu zu. [4]

Im Johannesevangelium spricht Jesus an nur einer Stelle vom Reich Gottes .(Joh 3,3-5 EU)

Im Matthäusevangelium wird der Begriff "Reich Gottes" - Βασιλεια του θεου (basileia tou theou)- ersetzt durch das gleichbedeutende "Himmelreich" - βασιλεια των ουρανων (basileia ton ouranon).

Christentumsgeschichte

Patristik

Der Kirchenvater und Kirchenlehrer, der die Auffassung der Urchristen vom Reich Gottes veränderte, war unter anderen Augustinus von Hippo (354—430 n. Chr.). Er schrieb in seinem berühmten Werk Der Gottesstaat: „Die jetzige Kirche auf Erden ist sowohl das Königreich Christi als auch das Königreich der Himmel.“

In dem Werk The New Bible Dictionary wird erklärt, welche Auswirkungen dieser Standpunkt auf die katholische Theologie hatte: „Ein bezeichnendes Merkmal der römisch-katholischen Theologie besteht darin, dass das Königreich Gottes als die Kirche auf Erden identifiziert wird — eine Identifikation, die in erster Linie dem Einfluss des Augustinus zuzuschreiben ist. Durch die Hierarchie der Kirche wird Christus als der König des Königreiches Gottes verwirklicht. Das Gebiet des Königreiches reicht so weit wie die Grenzen der Macht und der Autorität der Kirche. Das Königreich der Himmel wird durch die Mission und durch das Vordringen der Kirche in der Welt ausgedehnt.“


Referenzen

  1. Martin Karrer: Die Gottesherrschaft. In: Jesus Christus im Neuen Testament, Göttingen 1998, S. 224
  2. Werner H. Schmidt: Alttestamentlicher Glaube in seiner Geschichte, 4. Auflage 1982, S. 154
  3. Werner H. Schmidt, a.a.O. S. 155
  4. Benedikt XVI.: Jesus von Nazareth. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Herder, 2007, S. 77, ISBN 3-451-29861-9

Siehe auch

Literatur

allgemein

  • Åke V. Ström, Erich Zenger, Louis Jacobs, Andreas Lindemann, Rudolf Mau, Michael Beintker, Christian Walther: Art. Herrschaft Gottes/Reich Gottes I. Religionsgeschichtlich II. Altes Testament III. Judentum IV. Neues Testament und spätantikes Judentum V. Alte Kirche bis Reformationszeit VI. Neuzeit VII. Systematisch-theologisch. In: Theologische Realenzyklopädie 15 (1986), 172-244

Bibelexegese

  • Watson E. Mills: Jesus' Teachings on the Kingdom. Bibliographies on the life and teachings of Jesus. 6. Mellen Biblical Press, Lewiston, NY [u.a.] 2002, ISBN 0-7734-2456-3 (Bibliographie)
  • Michael Hauser: Die Herrschaft Gottes im Markusevangelium. Europäische Hochschulschriften 23/647. Lang, Frankfurt a.M. 1998, ISBN 3-631-33903-8
  • Peter Wolff: Die frühe nachösterliche Verkündigung des Reiches Gottes. FRLANT 171. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-53854-5
  • Wilfried Härle, Reiner Preul (Hrsg.): Reich Gottes. Marburger Jahrbuch Theologie 11. Marburger theologische Studien 53, Elwert, Marburg 1999, ISBN 3-7708-1125-9
  • Werner Zager: Bergpredigt und Reich Gottes. Neukirchener-Verl., Neukirchen-Vluyn 2002, ISBN 3-7887-1896-X
  • Gottfried Vanoni, Bernhard Heininger: Das Reich Gottes. Die Neue Echter Bibel 4, Echter, Würzburg 2002, ISBN 3-429-02170-7

Systematische Theologie

  • Hans-Joachim Kraus: Reich Gottes, Reich der Freiheit. Grundriß Systematischer Theologie. Neukirchener Verlag, 2. Auflage Neukirchen-Vluyn 1984, ISBN 3-7887-0441-1
  • Markus Mühling: Grundinformation Eschatologie. Systematische Theologie aus der Perspektive der Hoffnung, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-03619-8, 292–317
  • Joachim Ringleben (Hrsg.): Gottes Reich und menschliche Freiheit. Ritschl- Kolloquium. (Göttingen 1989) Vandenhoeck + Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-87400-6

Praktische Theologie

  • Uwe Dittmer: Die Utopie des Reiches Gottes. Politik mit der Bibel. Lembeck Otto GmbH, 2001, ISBN 3-87476-329-3
  • Claus Petersen: Die Botschaft Jesu vom Reich Gottes. Aufruf zum Neubeginn. Kreuz-Verlag, Gütersloh 2005, ISBN 3-7831-2591-X

Weblinks


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