Liste griechischer Phrasen/Beta

Liste griechischer Phrasen/Beta

Inhaltsverzeichnis

Βάλανε το λύκο να φυλάει τα πρόβατα.

Gustave Doré: Der Wolf als Schäfer
Βάλανε το λύκο να φυλάει τα πρόβατα.
„Der Wolf wurde angestellt, um die Schafe zu beschützen.“

Diese neugriechische Redewendung mit der Bedeutung „den Bock zum Gärtner machen“ geht auf die Äsopsche Fabel Der Wolf als Schäfer zurück, die auch vom französischen Fabeldichter Jean de La Fontaine bearbeitet wurde und bei dem es in der deutschen Übersetzung heißt:

Ein Wolf, dessen Geschäft in Schafen etwas flau
nachgrade ging, mochte wohl meinen,
gut wär's, in anderer Gestalt, wie'n Füchslein schlau,
und nur vermummt noch zu erscheinen.

Βαπτίζοντες αὐτοὺς εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ ῾Αγίου Πνεύματος.

Eine der frühsten Darstellungen einer Taufe in der Calixtus-Katakombe (3. Jh.)
Βαπτίζοντες αὐτοὺς εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ ῾Αγίου Πνεύματος.
Baptizontes autous eis to onoma tou Patros kai tou Hyiou kai tou Hagiou Pneumatos.
„Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“

Mit diesen Worten setzte Jesus die Taufe als Sakrament ein. Das Evangelium nach Matthäus endet mit dem so genannten Tauf- oder Missionsbefehl:

18 καὶ προσελθὼν ὁ ᾿Ιησοῦς ἐλάλησεν αὐτοῖς λέγων· ἐδόθη μοι πᾶσα ἐξουσία ἐν οὐρανῷ καὶ ἐπὶ γῆς. 19 πορευθέντες μαθητεύσατε πάντα τὰ ἔθνη, βαπτίζοντες αὐτοὺς εἰς τὸ ὄνομα τοῦ Πατρὸς καὶ τοῦ Υἱοῦ καὶ τοῦ ῾Αγίου Πνεύματος, 20 διδάσκοντες αὐτοὺς τηρεῖν πάντα ὅσα ἐνετειλάμην ὑμῖν· καὶ ἰδοὺ ἐγὼ μεθ᾿ ὑμῶν εἰμι πάσας τὰς ἡμέρας ἕως τῆς συντελείας τοῦ αἰῶνος. ἀμήν.
18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 19Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes 20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Amen[1]

Die Taufe wird im Neuen Testament als etwas Bekanntes vorausgesetzt. Auch die Essener kannten ähnliche Riten. Die rituelle Waschung wurde regelmäßig ausgeführt. Taufriten wurden ohne öffentliches Bekenntnis vorgenommen. Jedoch galt wohl die erste dieser Waschungen als offizielle Aufnahme eines Novizen.

Die Taufformel „auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ kommt nicht in den Tauferzählungen der Apostelgeschichte und der Briefe des Paulus, vor. Dort, wo die Taufhandlung selbst näher beschrieben wird, lautet die Taufformel schlicht: „auf den Namen Jesu Christi[2]

Βασιλεία τῶν Ρωμαίων

Gebietsveränderungen des Byzantinischen Reiches
Βασιλεία τῶν Ρωμαίων
Basileia tōn Rōmaiōn
„Königreich der Römer“

Das Byzantinische Reich führte auch den inoffiziellen Namen Βυζαντινή Αυτοκρατορία, der oft zu Byzanz (Βυζάντιο[ν]) verkürzt wurde. Dieses auch auf Grund der historischen Herkunft als Oströmisches Reich bezeichnete Kaiserreich im östlichen Mittelmeerraum entstand in der Spätantike aus der östlichen Hälfte des Römischen Reiches und endet mit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen im Jahr 1453.

Das Oströmische Reich mit seiner Hauptstadt Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) blieb staatsrechtlich noch bis in das 15. Jahrhundert erhalten – und die Griechen bezeichnen sich noch heute volkstümlich auch als rhomoi („Römer“). Der katholische Westen bevorzugte die Bezeichnung „Reich der Griechen“, da man den vom Papsttum abtrünnigen orthodoxen Christen des Ostens keineswegs das Erbe des Römischen Reiches zusprechen wollte, vielmehr dies für sich selbst beanspruchte (z. B.: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation).

Sprachen Byzantiner selbst von den Griechen (Έλληνοι - „Hellenoi“), waren stets die vorchristlichen Griechen der Antike gemeint. Auch bei den Einwohnern der muslimischen Reiche war der Name „Rum“ („Römisches Reich“) üblich, wenn das Byzantinische Reich gemeint war.

Die Urum sind eine kleine turksprachige Minderheit im Kaukasus, der Südwestukraine, der Krim und dem Balkan. Die Angehörigen dieser Volksgruppe sind aus ethnischer Sicht als Griechen (türkisch Rum = Grieche) anzusehen, deren Vorfahren um das Jahr 1780 die tatarische Sprache annahmen. Bei Volkszählungen werden die Urum in Georgien aufgrund ihres orthodoxen Glaubens als Griechen und nicht als Turkvolk aufgeführt.

βασιλεία τῶν οὐρανῶν

βασιλεία τῶν οὐρανῶν
basileia tōn ouranōn
„Himmelreich“

Die erste und die achte Seligpreisung in der Bergpredigt schließen jeweils mit der Verheißung des Himmelreichs, für das Matthäusevangelium ein zentraler Begriff. Der Evangelist Matthäus verwendet anstelle des in den anderen Evangelien sonst üblichen Ausdrucks Reich Gottes den ehrfurchtsvollen jüdischen Ausdruck Himmelreich. Die erste Seligpreisung im Matthäusevangelium lautet zum Beispiel:

Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν. [3]
Makarioi hoi ptōchoi tō pneumati, hoti autōn estin hē basileia tōn ouranōn.
Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.
βασιλεία τοῦ Θεοῦ
basileia tou Theou
„Reich Gottes“

Während Matthäus den Ausdruck Himmelreich gebraucht, sprechen die drei anderen Evangelisten vom Reich Gottes. So beginnt Jesus im Anschluss an Johannes den Täufer sein öffentliches Auftreten mit der Botschaft:

καὶ λέγων ὅτι πεπλήρωται ὁ καιρὸς καὶ ἤγγικεν ἡ βασιλεία τοῦ Θεοῦ· μετανοεῖτε καὶ πιστεύετε ἐν τῷ εὐαγγελίῳ.[4]
und sprach: Die Zeit ist erfüllet, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium![5]

Der Begriff Reich Gottes bezeichnet ein Geschehen, in dem Gott seine Herrschaft aufrichtet und kommt im Neuen Testament insgesamt 122 Mal vor.

Mit der Seligpreisung „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Μακάριοι οἱ εἰρηνοποιοί, ὅτι αὐτοὶ υἱοὶ Θεοῦ κληθήσονται.) warnt Jesus möglicherweise militante Kreise davor, das Reich Gottes mit Waffengewalt herbeizuführen.

Βελλεροφόντης τά γράμματα

Bellerophontes auf dem Pegasus tötet die Chimäre
Βελλεροφόντης τά γράμματα
Bellerophontēs ta grammata
„Bellerophontusbrief“

Brief mit dem Auftrag, den Überbringer zu töten. Bellerophontes war ein Enkel des Sisyphos. Die Frau des Königs Proitos beschuldigte ihn, er habe versucht, sie zu verführen. Der König schickte Bellerophontes darauf zu seinem Schwiegervater Iobates, mit der verschlüsselten Nachricht, ihn zu töten. Iobates freundete sich mit ihm an. Nachdem er aber den Brief seines Schwiegersohns gelesen hatte, stellte er Bellerophon schwierigste Aufgaben, in der Hoffnung, dass dieser dabei umkomme. Zunächst befahl er Bellerophon die Chimäre zu töten. Bellerophon spürte sie auf und tötete die Chimäre. Als nächstes musste Bellerophon gegen das Nachbarvolk der Solymer zu Felde ziehen. Bellerophon besiegte sie ebenso wie danach die Amazonen.

Nachdem all diese Versuche, Bellerophon umkommen zu lassen, fehlgeschlagen waren, glaubte Iobates, Bellerophon sei ein Liebling der Götter und gab ihm seine Tochter zur Frau und schenkte ihm die Hälfte seines Königreichs.

Ähnlich geht die alttestamentarische Geschichte vom Urijasbrief. Urija war einer der 30 Helden König Davids. Urija befand sich an der Front, als sich David in seine Frau Batseba verliebte. David ließ Urija an die Front schicken und übergab ihm einen Brief an den Feldherrn. Darin ordnete er an, dass Urija während der Schlacht in vorderster Linie eingesetzt werden sollte und die Mitkämpfer sich schlagartig zurückziehen sollten. Urija wurde, wie beabsichtigt, getötet; Batseba wurde Witwe.

βῆ βῆ

βῆ βῆ
bē bē
„bäh bäh“

Auszug aus dem Dionysalexandros des Komödiendichters Kratinos:

Ὁ δ᾿ ἠλίθιος ὥσπερ πρόβατον βῆ βῆ λέγων βαδίζει.
Ho d' ēlithios hōsper probaton bē bē legōn badizei.
Der Idiot bewegt sich wie ein Schaf und sagt dabei bäh, bäh.

Die Humanisten des 16. Jahrhunderts befehdeten sich heftig, wie altgriechische Texte zu lesen wären. Auf der einen Seite standen die Etazisten wie Erasmus von Rotterdam, die für die Aussprache „ä“ plädierten, während sich die Itazisten um Johannes Reuchlin für die neugriechische Aussprache „i“ stark machten. Nach der neugriechischen Lesung hätten aber die Schafe „wi, wi“ blöken müssen.

Der Philosoph Georg Christoph Lichtenberg griff in diese Auseinandersetzung ein, indem er eine Satire gegen Johann Heinrich Voß richtete, in der es heißt:

To bäh or not to bäh, that is the question“. [6]

Herodot berichtet in seinen Historien, dass Pharao Psammetich wissen wollte, welches die ersten Menschen waren und dafür ein Experiment durchführte. Er ließ zwei neugeborene Kinder von einem Hirten in einer einsamen Hütte aufziehen, wo sie nur stumm gefüttert wurden. Nach etwa zwei Jahren riefen beide Kinder, als der Hirte kam:

Bekos!

Der Hirte berichtete dies dem König, und dessen Nachforschungen nach der Ursprache ergaben, dass „bekos“ bei den Phrygern in Kleinasien Brot heißt. Man folgerte daraus, dass die Phryger älter seien als die Ägypter. Dieses Experiment wurde übrigens vom Stauferkaiser Friedrich II. wiederholt, wobei die Kinder jedoch wegen mangelnder Zuwendung starben.

Zur Aussprache griechischer Wörter schreiben Werner van Gent und Paul L. Walser in ihrem Griechenlandbuch Zimt in der Suppe:

Vom Altertum bis zur Rechtschreibereform am Ende des 20. Jahrhunderts wurden alle Vokale zu Beginn eines Worts mit einem ‘Hauchzeichen’ versehen, das die Humanisten der Renaissance in Westeuropa in vielen Fällen als h übersetzt haben: So erscheint in lateinischer Schrift der Begriff Ellas oder Elláda (Griechenland) als Hellas, der antike Held Eraklis als ‘Herakles’ (das -klis wird zu -kles, weil der Laut ita gemäß der Aussprache, die angeblich Erasmus von Rotterdam bestimmt haben soll, als ä daherkommt, während ihn die Griechen wie ein lang gezogenes i aussprechen.[7]

βιβλιοθήκη ἔμψυχος

imaginäre Debatte zwischen Averroes und Porphyrios
βιβλιοθήκη ἔμψυχος
bibliothēkē empsychos
„beseelte Bibliothek“

Der Philosoph Longinos sagte von seinem Lehrer Porphyrios, einem umfassend gebildeten Universalgelehrten, er sei „eine beseelte Bibliothek und ein wandelnder Musenhain“. Der Kirchenvater Augustinus nannte ihn den „gelehrtesten der Philosophen“. In seinen mehr als 60 Werken befasste er sich mit Religion und Mythos, Rhetorik und Grammatik, Literarkritik, Mathematik, Musik und Astronomie.

Der Schriftsteller E. T. A. Hoffmann machte daraus den Begriff „lebendiges Conversations-Lexikon“ für den Geheimen Kanzleisekretär Tusmann in der Brautwahl, der in der Form „wandelndes Lexikon“ zum geflügelten Wort wurde. Von Tusmann wird dort erzählt:

Er las, wo er ging und stand, auf dem Spaziergange, in der Kirche, in dem Kaffeehause, er las ohne Auswahl alles, was ihm vorkam, wiewohl nur aus der ältern Zeit, da ihm das Neue verhaßt war. So studierte er heute auf dem Kaffeehause ein algebraisches Buch, morgen das Kavallerieregiment Friedrich Wilhelms des Ersten und dann das merkwürdige Buch »Cicero, als großer Windbeutel und Rabulist dargestellt in zehn Reden« aus dem Jahre 1720. Dabei war Tusmann mit einem ungeheuren Gedächtnisvermögen begabt. Er pflegte alles, was ihm bei dem Lesen eines Buches auffiel, zu zeichnen und dann das Gezeichnete wieder zu durchlaufen, welches er nun nie wieder vergaß. Daher kam es, daß Tusmann ein Polyhistor, ein lebendiges Konversationslexikon wurde, das man aufschlug, wenn es auf irgendeine historische oder wissenschaftliche Notiz ankam.[8]

Βίβλος γενέσεως ᾿Ιησοῦ Χριστοῦ, υἱοῦ Δαυῒδ υἱοῦ ᾿Αβραάμ.

Stammbaum Jesu im Book of Kells (lateinisch: Liber generationis - Βίβλος γενέσεως)
Βίβλος γενέσεως ᾿Ιησοῦ Χριστοῦ, υἱοῦ Δαυῒδ υἱοῦ ᾿Αβραάμ.
Biblios geneseōs Iēsou Christou, hyiou Dauid hyiou Abraam.
„Dies ist das Buch von der Geburt Jesu Christi, der da ist ein Sohn Davids, des Sohnes Abrahams.“

Anfang des Evangeliums nach Matthäus, des ersten Buchs des Neuen Testaments der christlichen Bibel, das für gläubige Juden ursprünglich in hebräischer Sprache geschrieben wurde. Das Matthäusevangelium hat ein großes Interesse daran, Jesus von Nazaret als den Messias der alttestamentlichen Prophetie zu zeigen und beginnt mit dem Stammbaum Jesu:

Mt 1,1-17 EU nach der Einheitsübersetzung:

1 Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams:
2 Abraham war der Vater von Isaak, Isaak von Jakob, Jakob von Juda und seinen Brüdern.
...
16 Jakob war der Vater von Josef, dem Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus (der Messias) genannt wird.
17 Im Ganzen sind es also von Abraham bis David vierzehn Generationen, von David bis zur Babylonischen Gefangenschaft vierzehn Generationen und von der Babylonischen Gefangenschaft bis zu Christus vierzehn Generationen.

Der Evangelist Matthäus führt Jesu Stammbaum bis auf Abraham zurück, während der Evangelist Lukas noch weiter bis auf Adam zurückgeht. [9] Abraham war der Stammvater Israels, mit dem Gott einen Bund bis hin zu seinen Nachkommen schloss, dessen Erfüllung nun durch Christus erfolgte. Matthäus stellt damit das auserwählte Volk in den Vordergrund, während Lukas den Anspruch an alle Menschen bekundet.

Matthäus weist die rechtliche Herkunft Jesu in der Linie Josefs nach, während Lukas möglicherweise die Herkunft über Maria darlegt. Die Stammbäume weichen nach David voneinander ab, decken sich dann wieder und gehen bis zu Josef abermals auseinander. Von Abraham bis Josef nennt Matthäus 42 Namen. Für dieselbe Spanne nennt Lukas aber 56 Namen. Die unübersehbaren Unterschiede zwischen den Stammbäumen bereitete der Theologie Probleme, die sie nicht befriedigend lösen konnte.

An der Stelle zwischen Josef und Jesus bricht die natürliche Generationenfolge ab:

Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria, von der geboren ist Jesus, der da heißt Christus.

Aus dem restlichen Evangelium, geht hervor, dass Matthäus davon ausging, dass Josef nicht der leibliche Vater Jesu ist.

βίοι παράλληλοι

Druck aus dem Jahr 1470
βίοι παράλληλοι
bioi parallēloi
„parallele Leben“
„vitae parallelae“

Die Parallelen Lebensbeschreibungen sind biografische Arbeiten des griechischen Historikers Plutarch, in denen jeweils ein Grieche mit einem Römer verglichen wird. Es handelt sich um 23 Biografienpaare, die jeweils einen Griechen und einen Römer zusammenstellen, deren Leben Ähnlichkeiten aufweisen (z. B. Alexander der Große und Caesar, Demosthenes und Cicero), die er mit negativen und positiven Eigenschaften beschreibt.

Plutarch grenzt seine biografische Arbeit deutlich von der Geschichtsschreibung ab. So schreibt er beispielsweise in der Einleitung seiner Doppelbiografie zu Alexander und Caesar:

Denn ich bin nicht Geschichtsschreiber, sondern Biograph, und es sind durchaus nicht immer die großen Heldentaten, in denen sich die Tüchtigkeit oder die Verworfenheit offenbart. Oft sagt ein unbedeutender Vorfall, ein Ausspruch oder ein Scherz mehr über den Charakter eines Menschen aus als die blutigsten Schlachten, die größten Heeresaufgebote und die Belagerungen von Städten.
Griechen

  1. Theseus
  2. Lykurg
  3. Solon
  4. Themistokles
  5. Perikles
  6. Alkibiades
  7. Timoleon
  8. Pelopidas
  9. Aristides
  10. Philopoimen
  11. Pyrrhus
  12. Lysander
  13. Kimon
  14. Nikias
  15. Eumenes
  16. Agesilaos
  17. Alexander der Große
  18. Phokion
  19. Agis und Kleomenes
  20. Demosthenes
  21. Demetrius
  22. Dion
  23. Aratus und Artaxerxes
Römer

  1. Romulus
  2. Numa Pompilius
  3. Poplicola
  4. Camillus
  5. Fabius Maximus
  6. Coriolanus
  7. Aemilius Paulus
  8. Marcellus
  9. Cato der Ältere
  10. Flamininus
  11. Gaius Marius
  12. Sulla
  13. Lucullus
  14. Crassus
  15. Sertorius
  16. Pompeius
  17. Julius Caesar
  18. Cato der Jüngere
  19. Tiberius Gracchus
  20. Cicero
  21. Mark Anton
  22. Brutus
  23. Galba

1579 wurden die Parallelen Lebensbeschreibungen aus dem Französischen ins Englische übersetzt, was der Heldenverehrung im damaligen England entgegenkam. In dieser Zeit orientierte sich William Shakespeare vor allem in seinen Dramen Julius Caesar, Coriolanus und Antonius und Cleopatra zu großen Teilen an Plutarch.

Im 17. und 18. Jahrhundert waren Plutarchs Parallelbiografien die meistgelesene Schrift aus der Antike. Beispielsweise beschäftigte sich Friedrich Schiller mit Plutarchs Werken, in dessen Drama Die Räuber Karl Moor seinen Ärger äußert:

Mir ekelt vor diesem tintenklecksenden Säkulum, wenn ich in meinem Plutarch lese von großen Menschen.[10]

Nach dem Vorbild Plutarchs veröffentlichte der britische Historiker Alan Bullock 1991 ein Buch mit dem Titel Hitler and Stalin: Parallel Lives (deutsch: Hitler und Stalin. Parallele Leben), in dem er auf Plutarchs Konzept der Doppelbiografie zurückgreift. [11]

Βίος ἀνεόρταστος μακρὰ ὁδὸς ἀπανδόκευτος.

Βίος ἀνεόρταστος μακρὰ ὁδὸς ἀπανδόκευτος.
Bios aneortastos makra hodos apandokteutos;
„Ein Leben ohne Feste ist ein langer Weg ohne Herbergen.“

Sentenz des Philosophen Demokrit, [12] zu der Norbert Wokart in seinem Buch Die Sandalen des Empedokles schreibt:

Dieser Vergleich leuchtet jedem eine, der schon einen langen Weg ging, womöglich noch bei schlechtem Wetter und ohne Möglichkeit zu erholsamer Rast und Einkehr. Der Spruch lobt allerdings dir Rast auf Kosten des Weges, der nur noch unter dem Aspekt betrachtet wird, mühsam und beschwerlich zu sein, und er diffamiert das alltägliche Leben, weil er nur seine Unterbrechungen, die sporadischen Feiertage und seltene Feste als erfreuliche Momente gelten lässt.

Wokart folgert:

Nimmt man solche Sprüche ernst, findet das wahre Leben nicht im Alltag statt, sondern in Ausnahmesituationen als mehr oder weniger rarer Sonderfall.[13]

Βλὰξ ἄνθρωπος ἐπὶ παντὶ λόγῳ ἐπτοῆσθαι φιλεῖ.

Βλὰξ ἄνθρωπος ἐπὶ παντὶ λόγῳ ἐπτοῆσθαι φιλεῖ.
Blax anthrōpos epi panti logō eptoēsthai philei.
„Einem blöden Menschen fährt bei jedem sinnvollen Wort der Schrecken in die Glieder.“

Zitat aus den Werken des Philosophen Heraklit, der eine scharfe Grenze zwischen menschlicher und göttlicher Weisheit zieht, denn „der weiseste Mensch wird gegen Gott gehalten wie ein Affe erscheinen in Weisheit, Schönheit und allem andern.[14]

Βοιώτιον οὖς

Böotien heute
Βοιώτιον οὖς
Boiōtion ous
„böotisches Ohr“

Ein batavisches Ohr war im antiken Athen der Inbegriff an Geschmacklosigkeit und Mangel an Bildung. Die Athener verachteten ihre nördlichen Nachbarn in Böotien als ungebildet und ungehobelt. Der Humanist Erasmus von Rotterdam schreibt in seiner Sprichwörtersammlung Adagia:

Wie die Griechen von einem böotischen Ohr sprechen und damit ein stumpfes und unempfängliches meinen, so sagt Martial im 6. Buch der Epigramme Bataverohr für einen bäurischen, undifferenzierten und spießerhaften Geschmack.[15]

Weitere Begriffe, die die Böotier herabwürdigen, sind:

  • Böotische Rätsel (verworrene, schwer verständliche Aussprüche, wie das Rätsel, das die Sphinx dem Ödipus vorlegte. Lateinisch: Boeotica aenigmata)
  • Böotisches Genie (Böotischer Geist, alles Törichte hieß böotisch. Lateinisch: Boeoticum ingenium)
  • Böotisches Lied (Wenn jemand in Glück lebt, sein Ende aber stürmisch ist, wie der Gesang der Böotier, die mit Jubelliedern begannen und mit Klagegesängen endeten. Lateinisch: Boeotica cantilena)
  • Böotisches Schwein (Ungeschliffener Mensch mit bäurischen Sitten. Lateinisch: Boeotica sus)

Βουλεύου δὲ πρὸ ἔργου, ὅπως μὴ μῶρα πέληται.

Illustration zu der Fabel Der Fuchs und der Bock
Βουλεύου δὲ πρὸ ἔργου, ὅπως μὴ μῶρα πέληται.
Bouleuou de pro ergou, hopōs mē mōra pelētai.
„Überlege vor der Tat, damit nichts Törichtes daraus entstehe.“

Dieser Satz wird auf Äsops Fabel 45 zurückgeführt und findet sich in den pseudo-pythagoräischen Goldenen Sprüchen sowie dem apokryphem Buch Jesus Sirach:

Bei allem, was du tust, denk an das Ende, so wirst du niemals sündigen.[16]

In Äsops Fabel Der Fuchs und der Bock geht es um einen Fuchs und einen Ziegenbock, die an einem heißen Tag zusammen in einen Brunnen springen und dann nicht mehr herauskommen. Da hat der Fuchs die Idee, auf den Rücken des Ziegenbocks zu steigen, herauszuklettern und ihm dann ebenfalls herauszuhelfen. Doch als der Fuchs draußen ist verspottet er den Bocks und sagt voll Schadenfreude zum Abschied:

Ich sehe schlechterdings keinen Ausweg zu deiner Rettung, mein Freund! Höre aber zum Dank meine Ansicht: Hättest du so viel Verstand gehabt als Haare im Bart, so wärest du nie in diesen Brunnen gestiegen, ohne auch vorher zu bedenken, wie du wieder herauskommen könntest!

Als Moral von der Geschichte heißt es dann:

Vorgetan und nachbedacht, hat manchen in groß Leid gebracht!“ [17]

Diese Moral ist Vorbild für die berühmte lateinische Sentenz:

Quidquid agis prudenter agas et respice finem.“ - „Wie auch immer du handelst, handele klug und bedenke die Folgen“.

Βοῦς Κύπριος εἶ.

Βοῦς Κύπριος εἶ.
Bous Kyprios ei.
„Du bist ein zyprisches Rind.“
„Bos Cyprius es.“

Die Rinder von der Insel Zypern galten im antiken Griechenland als besonders schmutzig. Man sagte ihnen sogar nach, dass sie von menschlichen Exkrementen lebten.

βοῶπις Ἧρα

βοῶπις Ἧρα
boōpis Hēra
„kuhäugige Hera“

Epitheton ornans des Dichters Homer für die Göttin Hera, der die Kuh heilig war. Diese Bezeichnung war als Kompliment gedacht. Die Augen der Kuh sind besonders groß und galten als schön. Das Wort βοῶπις selbst ist abgeleitet von βοῦς (boûs = Rind, Kuh) und ὤψ (ops = Auge).

Wolfgang Koydl, Brüssel-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung sieht eine andere Ableitung des Wortes kuhäugig und bezieht es auf die mythische Prinzessin Europa, die Zeus in Gestalt eines Stiers nach Europa entführt hatte:

Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen - mit einer Liebelei des griechischen Göttervaters Zeus und der phönizischen Prinzessin Europa. Sie war streng genommen eine frühe illegale Einwanderin aus dem Nahen Osten, als Zeus mit ihr - verwandelt als Stier - vom heutigen Libanon aus nach Kreta schwamm.
Im weitesten Sinne mit Rindern hat auch der Name der jungen Dame zu tun: das griechische euro steht für breit, die Silbe op- für Auge (wie beim Optiker). Je nachdem wie galant man sein will, lässt sich Europa mit kuhäugig oder weitherzig übersetzen.
[18]

Siehe auch:

Βρήκε ο Φίλιππος τον Ναθαναήλ.

W.J. Morgon: Philipp und Nathanael
Βρήκε ο Φίλιππος τον Ναθαναήλ.
„Da ist Philip auf Nathanael gestoßen.“

Dieses neugriechische Sprichwort entspricht dem deutschen „Da haben sich zwei gesucht und gefunden“. Sie geht zurück auf ein Stelle aus dem Evangelium nach Johannes, wo von der Berufung der ersten Jünger durch Jesus berichtet wird:

Εὑρίσκει Φίλιππος τὸν Ναθαναὴλ.[19]
Philippus findet Nathanael.

Im Kontext zu dieser Bibelstelle heißt es:

43 Des andern Tages wollte Jesus wieder nach Galiläa ziehen und findet Philippus und spricht zu ihm: Folge mir nach! 44 Philippus aber war von Bethsaida, aus der Stadt des Andreas und Petrus. 45 Philippus findet Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Moses im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesum, Joseph's Sohn von Nazareth.

Bezeichnend ist Nathanaels Reaktion:

46 Und Nathanael sprach zu ihm: Was kann von Nazareth Gutes kommen? Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh es! 47Jesus sah Nathanael zu sich kommen und spricht von ihm: Siehe, ein rechter Israeliter, in welchem kein Falsch ist. 48 Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe denn dich Philippus rief, da du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich. 49 Nathanael antwortete und spricht zu ihm: Rabbi, du bist Gottes Sohn, du bist der König von Israel![20]

Βρῶμα θεῶν

Grüner Knollenblätterpilz als „Mahl der Götter“ - Βρῶμα θεῶν
Βρῶμα θεῶν
Brōma theōn
„Mahl der Götter“

Angeblicher Ausspruch Neros über die vergifteten Pilze, mit denen seine Mutter Agrippina die Jüngere ihren Onkel und Ehemann Kaiser Claudius ermordete.

Laut Sueton soll Agrippina dreimal versucht haben, Claudius durch Gift zu töten, um für Nero, ihren Sohn aus erster Ehe, die Thronfolge zu sichern. In den ersten Jahren übte sie starken Einfluss auf Neros Regierungsarbeit aus, den sie aber in den folgenden Jahren verlor. Im Jahr 59 ließ der bereits deutliche Anzeichen von Caesarenwahn aufweisende Nero schließlich seine Mutter ermorden.

Der Historiker Sueton schreibt:

Man ist sich darüber einig, daß Claudius durch Gift beseitigt wurde; aber wo es ihm gegeben wurde und von wem, darüber gehen die Meinungen auseinander. Einige berichten, daß es bei einem Mahl mit den Priestern auf der Burg geschehen sei durch seinen Vorkoster, den Eunuchen Halotus ; andere, bei einem Gastmahl bei ihm zu Hause durch Agrippina selbst, die ihm ein vergiftetes Pilzgericht – Pilze liebte er sehr – vorgesetzt habe.

Weiter heißt es bei Sueton:

Viele sagen, er habe gleich nach Genuß des Giftes die Sprache verloren, hätte während der ganzen Nacht furchtbare Schmerzen ausgestanden und sei dann gegen Morgen gestorben. Nach andern ist er zuerst eingeschlummert und hat dann, da sein Magen überladen war, alles erbrochen; darauf wurde ihm nochmals Gift beigebracht, vielleicht in einem Brei, gleichsam um den Erschöpften dadurch zu stärken, oder durch ein Klistier, um ihm angeblich so zu helfen und seinen überladenen Magen zu erleichtern.[21]

Für den Giftmord reicherte Agrippina das Essen ihres Mannes mit dem Extrakt des Grünen Knollenblätterpilzes an. Die tödliche Dosis liegt bei 0,1 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, kann also schon in einem einzelnen Pilz enthalten sein. Die ersten Symptome treten in der Regel erst nach acht bis zwölf Stunden auf.

Quellennachweis

  1. Evangelium nach Matthäus 28,18-20
  2. Apostelgeschichte, 2,38
  3. Evangelium nach Matthäus, 5.3ff
  4. Evangelium nach Markus, 1.15f
  5. http://www.bibel-online.net/buch/41.markus/1.html#1,15
  6. Hans Poeschel: „Die griechische Sprache“
  7. Werner van Gent, Paul L. Walser: Zimt in der Suppe. Überraschendes Griechenland. Zürich: Rotpunktverlag, 2004. ISBN 3-85869-283-2. S. 36f.
  8. http://gutenberg.spiegel.de/?id=12&xid=572&kapitel=3&cHash=f81309fdd42
  9. >Evangelium nach Lukas, 3,23-38
  10. Die Räuber, 1. Akt, 2. Szene
  11. Alan Bullock: Hitler und Stalin. ISBN 3-442-75504-2
  12. Stobaios III, S. 485,13
  13. Norbert Wokart: Die Sandalen des Empedokles. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag, 2001. ISBN 3-7466-8056-5
  14. DK 22 B 83
  15. Erasmus von Rotterdam: Ausgewählte Schriften. Band 7. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 1972
  16. Jesus Sirach, 7.36
  17. http://literaturnetz.org/pages/1005.html
  18. http://www.sueddeutsche.de/ausland/kolumne/786/129566/index.html/ausland/artikel/38/119890/article.html
  19. Evangelium nach Johannes, 1.45
  20. http://www.bibel-online.net/buch/43.johannes/1.html#1,45
  21. Sueton: Leben der Caesaren. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1972. ISBN 3-423-06005-0

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