- 1. Vaticanum
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Erstes Vatikanisches Konzil Datum 8. Dezember 1869 – 20. Oktober 1870 Akzeptiert von Römisch-Katholische Kirche Vorangehendes Konzil Konzil von Trient Nächstes Konzil Zweites Vatikanisches Konzil Einberufen von Papst Pius IX. Präsidium Papst Pius IX. Beteiligung 744 Kleriker Diskussionsthemen Rationalismus, Liberalismus, Materialismus; Inspiration des Geschriebenen; Unfehlbarkeit des Papstes Konzilsdokumente z.B. Dei Filius, Pastor Aeternus Liste ökumenischer Konzile Das Erste Vatikanische Konzil (Vaticanum I), das von der katholischen Kirche als das 20. Ökumenische Konzil angesehen wird, begann am 8. Dezember 1869. Es verkündete im Sommer 1870 ein Lehrdokument über den katholischen Glauben, den päpstlichen Jurisdiktionsprimat und erhob die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes definitiv zum Dogma. In der Sitzungspause begann Frankreich einen Krieg gegen Preußen, worauf die italienische Nationalbewegung den Kirchenstaat auflöste. Das Konzil wurde nicht wieder aufgenommen und am 20. Oktober 1870 unbestimmt vertagt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das erste Vatikanische Konzil wurde am 29. Juni 1868 von Papst Pius IX. einberufen. Ziel des Konzils sollte die Abwehr moderner Irrtümer und die zeitgemäße Anpassung der kirchlichen Gesetzgebung sein.
Vorgeschichte
Pius IX. hatte sein Pontifikat seit den Erhebungen in Italien 1848 vor allem dem Kampf gegen das Risorgimento und den Liberalismus gewidmet. Dazu hatte er schon vor dem Konzil die Enzyklika Quanta Cura veröffentlicht, die als Anhang den Syllabus Errorum (über die zu verwerfenden Zeitirrtümer) enthielt. Diesem Kampf sollte sich auch das Erste Vatikanum widmen. Dazu wurden ab dem 6. Dezember 1864 zunächst Kurienkardinäle, dann auch Bischöfe des lateinischen und später auch des orientalischen Ritus geheim zur Abfassung entsprechender Gutachten aufgefordert. Aufgrund dieser Gutachten erarbeiteten ab dem Sommer 1867 fünf Kommissionen, die zu 2/3 mit Kurienangehörigen und zu 1/3 mit Auswärtigen besetzt waren, an den Schemata, die dem Konzil zur Beratung vorgelegt werden sollten. Die letzte Formulierung der Schemata oblag dabei einer Zentralkommission, welche auch über die verwendete Geschäftsordnung zu befinden hatte.
Die Ankündigung des Konzils verschärfte in der katholischen Welt den (vor allem in Frankreich seit ca. 1830 andauernden) Streit zwischen staatsnahen Katholiken und den Ultramontanen bzw. den Anhängern des Syllabus Errorum. Da schnell klar war, dass das Konzil in die Richtung der Ultramontanen weisen würde, verstärkten sich diese Gegensätze in der Folge noch weiter. Besondere Schärfe in die Diskussion brachte ein Buch des katholischen Theologen Ignaz von Döllinger, das dieser unter dem Pseudonym „Janus“ veröffentlichte und sich im Interesse deutschnationaler Identität gegen Primat und Unfehlbarkeit des Papstes wandte. Erst durch die dadurch ausgelöste Kontroverse richtete sich die Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, der bis dahin im ursprünglichen Programm kaum vorgesehen war. Viele Regierungen befürchteten außerdem, dass das Konzil auf der Grundlage des Syllabus, der eine politisch motivierte Trennung von Religion und Staat abgelehnt hatte, von neuem Ansprüche auf weltliche Gewalt erheben würde.
Eröffnung
Nach der Eröffnung des Konzils am 8. Dezember 1869 fanden die Beratungen der Konzilsväter in 89 Generalkongregationen unter Vorsitz von fünf italienischen Kardinälen statt. Der Papst selber präsidierte lediglich an den vier feierlichen Sitzungen (so auch beim Zweiten Vatikanischen Konzil). Als Konzilsaula fungierte der rechte Kreuzarm des Petersdoms.
Teilnehmer
Am Konzil nahmen zu Anfang 774 Prälaten teil. Insgesamt 1089 hätten eine Teilnahmeberechtigung gehabt. Später nahmen im Schnitt 700 Prälaten an den Sitzungen teil, gegen Ende waren es nur mehr 600. Ein Drittel von ihnen kam aus außereuropäischen Ländern, unter ihnen befanden sich 61 aus den unierten Ostkirchen, 121 aus Amerika, 41 aus Asien, 18 aus Ozeanien und neun aus Afrika. Die meisten von ihnen hatten aber eine europäische Bildung, weswegen das Konzil im Prinzip von europäischen Interessen dominiert wurde. Deutschland und Österreich entsandten beispielsweise 77 Vertreter, die Vertreter der Italiener (35%) und Franzosen (17%) machten zusammen mehr als die Hälfte aller Teilnehmer aus. Trotzdem war dieses das bislang teilnehmerstärkste Konzil.
Verlauf
Von Anfang an bestimmte die Debatte über die päpstliche Unfehlbarkeit das Konzilsgeschehen und teilte die Konzilsväter in zwei Lager. Vor allem Bischöfe forderten die Verabschiedung eines solchen Dogmas. Die Gegner der Unfehlbarkeitserklärung machten 20% aus. Zu ihnen gehörte aber fast der ganze deutsch-österreichische Episkopat und ein Teil des französischen Bischofskollegiums.
Der Konzilsmehrheit gelang es, die Gegner des Unfehlbarkeitsdogmas von der für diese Frage bedeutendsten Kommission, der Kommission Deputatio Fidei, auszuschließen. Die Gegner des Dogmas bezweifelten meist nicht dessen Wahrheit, sondern aus politischer Rücksicht die Opportunität der Definition.
Am 28. Dezember 1869 begann die Prüfung der ersten Vorlage einer dogmatischen Konstitution gegen den Irrtum des modernen Rationalismus. Sie fiel in den Beratungen durch und wurde von den Kommissionspräsidenten zur Neuvorlage an die betreffende Kommission zurückverwiesen. Die Beratungen in der Konzilsaula erwiesen sich als schwierig, da man die Redezeit nicht begrenzt hatte und sich folglich in Einzelheiten verlor. Dies wurde beim Zweiten Vatikanum anders gehandhabt. Im März 1870 stand die Konstitution zur Wiedervorlage an und wurde am 24. April 1870 angenommen und durch den Papst als Konstitution Dei Filius proklamiert.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Konzilsmehrheit längst ihre Kräfte gebündelt, um die Frage der päpstlichen Unfehlbarkeit auf die Tagesordnung zu setzen. Schon Ende Dezember 1869 war eine entsprechende von 450 Konzilsvätern unterschriebene Petition an den Papst gesandt worden. Die Konzilsminderheit versuchte daraufhin, die Mehrheit durch theologische Broschüren und Abhandlungen von ihren Plänen abzubringen. Sie brach dazu sogar das Konzilsgeheimnis und begann eine Pressekampagne gegen das Vorhaben.
Der Papst beschloss aber am 1. März 1870, dass dem Schema „De Ecclesia“ (über die Kirche) ein Zusatz (Caput addendum de Romani Pontifice Infallibilitate) hinzugefügt werden solle, das die Unfehlbarkeit des Petrusnachfolgers behandeln sollte. Nach mehreren Schritten der Konzilsmehrheit entschied er am 27. April 1870, dass dieser Zusatz eine Konstitution werden solle, die vor dem Konzilsplenum beraten werden solle. Am 13. Mai begann die Beratung über die Konstitution, die sich mit der Opportunität der Definition, theologischen Fragen und praktischen Fragen nach Vor- und Nachteilen befasste. Der Text wurde dabei oftmals verbessert, jedoch nicht zur Zufriedenheit aller. Bei einer Abstimmung am 13. Juli 1870 erhielt die Konstitution 88 Gegenstimmen. Die endgültige Abstimmung sollte am 18. Juli 1870 in Anwesenheit des Papstes bei der 4. öffentlichen Sitzung erfolgen. Um dort nicht gegen das Dokument stimmen zu müssen, verließen um die 60 Bischöfe vorher die Stadt. In der Sitzung stimmten 533 für die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit, nur 2 stimmten dagegen. Die Gegner unterwarfen sich alsbald. Diese Konstitution besagt u. a.: „Der Papst übt als Nachfolger Petri, Stellvertreter Christi und oberstes Haupt der Kirche die volle ordentliche, unmittelbare bischöfliche Gewalt über die Gesamtkirche und über die einzelnen Bistümer aus (Primat, Universalepiskopat). Diese erstreckt sich sowohl auf Sachen des Glaubens und der Sitten als auch auf die Disziplin und Kirchenleitung. …“
Die Diskussion über diese Frage war jedoch mit der Abstimmung nicht beendet, nunmehr aber Dogma, an dessen absolute Verbindlichkeit sich zu halten war. Es kam daher zur Abspaltung der Altkatholiken, die das Dogma nicht anerkennen wollten. Nach dieser Sitzung sollte das Konzil zwar weitergehen, doch hatte der Papst einen Urlaub bis 11. November 1870 erteilt, von dem bis auf knapp 100 Bischöfe alle Gebrauch machten. In zwei Generalkongregationen wurde noch über das Schema De Sede Episcopali vacante (über die Sedisvakanz) verhandelt.
Doch nachdem Frankreich Preußen den Krieg erklärte und dazu die bisherige Schutzmacht des Kirchenstaats ihre Truppen von dort abzog, nutzten die Italiener die Gelegenheit den Kirchenstaat am 20. September 1870 zu annektieren. Einen Monat später vertagte der Papst das Konzil „sine die“, es wurde nicht wieder aufgenommen.
Konzilsdokumente
- Dogmatische Konstitution über den katholischen Glauben (Dei Filius, 1870)
- Die Konstitution über die Kirche Christi (Pastor Aeternus, 1870)
Reaktionen
Die Verkündung des Universalepiskopats und der Unfehlbarkeit des Papstes führte vielerorts zu ablehnenden Reaktionen. Österreich etwa kündigte ein 1855 mit der Kurie geschlossenes Konkordat unter Berufung auf die clausula rebus sic stantibus auf. Auch kam es zur Kirchenabspaltung der sodann Altkatholiken genannten.
Literatur
- Das Vatikanische Konzil, seine Geschichte von innen geschildert in Bischof Ullathorn Briefen von Dom Cuthbert Butler übersetzt und erweitert von Hugo Lang, 1933, Josef Kösel & Friedrich Pustet, München, 465 S.
- Lexikon für Theologie und Kirche, Hrsg: Josef Höfer, Karl Rahner, 2. Auflage, Herder 1965
- Klaus Schatz: Art. Vatikanum I. In: Theologische Realenzyklopädie 34 (2002), S. 532-541
- Klaus Schatz: Vaticanum I: 1869 - 1870. Konziliengeschichte Reihe A. Schöningh, Paderborn u.a. 1992ff
- (Teil 1: Vor der Eröffnung, 1992 ISBN 3-506-74693-6; Teil 2: Von der Eröffnung bis zur Konstitution "Dei Filius", 1993 ISBN 3-506-74694-4; Teil 3: Unfehlbarkeitsdiskussion und Rezeption, 1994 ISBN 3-506-74695-2)
- Viktor Conzemius: « Pourquoi l'autorité pontificale a-t-elle été définie précisément en 1870 ? », Concilium, n° 64 (1971) ;
- J. Gadille: « Vatican I, concile incomplet ? », Le Deuxième concile du Vatican, Actes du colloque de l'École française de Rome, Rome, 1989, 33–45 ;
- H. Rondet: Vatican I, le concile de Pie IX. La préparation, les méthodes de travail, les schémas restés en suspens, Lethielleux, Paris, 1961 ;
- Gustave Thils: Primauté et infaillibilité du Pontife romain à Vatican I et autres études d'ecclésiologie, Presses de l'Université de Louvain, Louvain, 1989
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