Brigitta (Stifter)

Brigitta (Stifter)

Brigitta ist Name und zugleich Titelgestalt einer zuerst 1844, in überarbeiteter Form dann 1847 im vierten Band der Studien erschienenen Erzählung von Adalbert Stifter.

Brigitta ist bei aller Vernunft und Tatkraft auf ungewöhnliche Weise benachteiligt: als Kind so hässlich, dass sich selbst die Mutter von ihr abwendet, wächst sie einsam und unverstanden auf, und auch ihre Ehe steht vorerst unter keinem guten Stern. Der Leser wird Schritt für Schritt in die Ereignisse eingeweiht und erkennt erst im Rückblick vom Ende her die Protagonisten ganz.

Personen

  • Ich-Erzähler (männlich, Name bleibt ungenannt): Beobachter des Geschehens, nimmt nur am Rand teil. Erzählt von seiner Reise nach Ungarn zu seinem Freund, dem Major, den er auf einer Italienreise kennengelernt hatte. Er ist relativ jung im Vergleich zu den Hauptakteuren des Geschehens.
  • Stephan Murai: Major, Rang im Krieg erworben. Um die 50 und lebt nach langen Reisen auf dem Hofe Uwar in Ungarn. Hatte als reicher Sohn geheiratet. Bewirtschaftet das Land und handelt mit Bodengütern.
  • Brigitta Marosheli: Hat Nachnamen nach Umzug auf das Schloss übernommen. 40 Jahre und hässlich, aber angenehm im Umgang. Lebt mit hübschem Sohn allein und bewirtschaftet, regelt alles. Nachbarin vom Major.
  • Gustav Marosheli: Wunderbar hübscher Jüngling, Sohn von Brigitta. Nicht verheiratet.
  • Milosch: Ist Brigittas Bediensteter. Führt den Ich-Erzähler zum Major.
  • Gabriele: hübsche, junge Tochter eines greisen Grafen in der Nachbarschaft zu Murai und Brigitta. Hatten kein wirkliches Verhältnis, Murai fühlte sich bloß hingezogen und lief rot an, als er sie an einem ihrer gewohnten Gesellschaftstreffen sah.
  • Gömör: Nachbar von Marosheli und Murai, ebenfalls im Bund der Landwirtschaftsförderer. Haben zu dritt einen Verein gegründet, um Landschaft besser und freundlicher zu machen und zu nutzen. Erzählt von Brigittas Vergangenheit.

Inhalt

Der Ich-Erzähler folgt der schriftlichen Bitte des Majors, ihn zu besuchen und eine Weile, Monate oder sogar Jahre, zu bleiben. Er durchstreift zuerst Ungarn, um einen Einblick in dessen Umgebung zu erhalten. Die beiden hatten sich auf einer Italienreise auf dem Vesuv kennengelernt und waren eine Zeit lang unzertrennlich. Der Erzählende trifft zuerst auf eine Frau in Männerkleidern, welche er zuerst für einen Verwalter hält, wird aber dann von dem dazu von ihr angewiesenen Milosch zum Gutshofe des Majors geführt. Drei hübsche Zimmer stehen schon extra für den Erzähler bereit, da er schon früher erwartet worden war. Nach tagelanger Begleitung des Majors lernt er die Umgebung und Tätigkeiten kennen, ebenso wie Hirten und Arbeiter. Sie reiten am Tag und manchmal sogar in der Nacht umher. Der Major hat sein Ziel endlich nach langem Herumirren gefunden, eine Arbeit, in der er sich verwirklichen konnte. Er bewirtschaftet das Land, errichtet Gewächshäuser, pflanzt Reben und Mais, legt Straßen an und Sümpfe trocken. Inspiriert wurde er durch Brigitta Marosheli, die die Anfänge in dieser öden und doch prachtvollen Ebene machte.

Der Ich-Erzähler lernt nach einer Weile diese tatkräftige, mit beiden Beinen auf dem Boden stehende Frau endlich kennen. Brigitta und der Major gehen wie Liebende miteinander um, unmerklich zu Beginn, doch allmählich immer deutlicher. Die Vergangenheit Brigittas wird in den Verlauf der Geschichte eingeschoben: Mit ihrer Familie lebte sie auf einem Schloss, war wohlhabend doch hässlich. Sie bekam wegen ihrer Hässlichkeit nie die Liebe ihrer Eltern, und lebte in sich zurückgezogen, vor allem in ihrem selbst eingerichteten Zimmer. Der Ruf eines hübschen Jünglings eilte Stephan Murai voraus, durch das ganze Land. Während Gesellschaften, Zusammenkünften und dergleichen wurde sie ausschließlich vom reichen Sohn eines Immobilienmaklers(?) beachtet. Lange brauchte er um sie von seiner Liebe zu ihr zu überzeugen und ihre Zuneigung zu erlangen. Sie forderte eine grenzenlose Liebe, was seine Leidenschaft noch mehr entfachte. Sie heirateten und bekamen einen Sohn. Allerdings traf Stephan Murai beim Bestellen seiner Länder eine hübsche, junge Tochter eines alten Greises. Zu dieser fühlte er sich hingezogen und wagte es einmal, sie herzhaft zu drücken. Solches ahnt die hässliche Brigitta und lebt fortan wieder allein, weil Murai sich nicht an ihre Bedingung gehalten hat. Sie erzog allein ihren Sohn und kam so nach Marosheli, welchen Namen sie auch übernahm. Erst als sie todkrank zu Bette liegt, macht sich Murai, der nach einigen Jahren auch hier wohnt, auf den Weg um sie gesund zu pflegen. Tag und Nacht weilt er an ihrem Bett. Seit da verbindet die beiden eine wahre Freundschaft.

Häufig werden Wachhunde und Wolfshunde erwähnt, die die Häuser vor Wölfen schützen sollen. Ein harter Winter treibt diese dazu, auf Menschen loszugehen. Der Major erwischt ein Rudel gerade dabei, als es Brigittas Sohn Gustav attackiert. Er kommt mit einer Bisswunde und Blutverlust davon, ist allerdings ans Bett gefesselt. Brigitta besucht sofort den Major auf seinem Gut Uwar und meint, sie liebe ihren Sohn. Der Major, der weinte, weil er am liebsten auch einen Sohn hätte, bringt den Freundschaftsvertrag der beiden in Bruch. Die beiden sind wie Verheiratete, welche sich getrennt und wieder gefunden haben! Glücklich schließen sie sich in die Arme und erleben nun die völlige Erfüllung der Liebe. Murai, der Major, konnte sie all die Jahre nie vergessen und nie an eine andere denken. Der Ich-Erzähler steht nur beiläufig dabei und fühlt sich als störendes Glied, erhält allerdings darauf eine Tätigkeit auf dem Schlosse, welcher er zusagt und so noch eine weitere Zeit auf Uwar mit dem glücklich neuen, alten Ehepaar verbringt.

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