- Ungarn
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Magyar Köztársaság
Republik UngarnFlagge Wappen Amtssprache Ungarisch Hauptstadt Budapest Staatsform Parlamentarische Republik Staatsoberhaupt Staatspräsident Pál Schmitt Regierungschef Ministerpräsident Viktor Orbán Fläche 93.036 km² Einwohnerzahl 10.005.000 (Mai 2010)[1] Bevölkerungsdichte 107,5 Einwohner pro km² Bruttoinlandsprodukt
– Total (Nominal)
– Total (PPP)
– BIP/Einw. (Nominal)
– BIP/Einw. (PPP)2005 (geschätzt)
(44.) 107,1 Mrd. US-$
(50.) 162,3 Mrd. US-$
(45.) 10.814 US-$
(41.) 16.823 US-$Human Development Index 0,805 (36.) [2] Währung Forint (HUF) Unabhängigkeit am 31. Oktober 1918 Nationalhymne Himnusz Zeitzone UTC+1 MEZ
UTC+2 MESZ (März bis Oktober)Kfz-Kennzeichen H Internet-TLD .hu Telefonvorwahl +36 Ungarn (ungarisch Magyarország [ˈmɒɟɒrorsaːɡ]), Langform Republik Ungarn (Magyar Köztársaság), ist ein Binnenstaat in Mitteleuropa, der zum Großteil im Pannonischen Becken liegt. Nachbarstaaten sind Österreich, die Slowakei, die Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien.
Ungarn ist seit dem 1. Mai 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union und seit dem 12. März 1999[3] Mitgliedstaat der NATO. Der Human Development Index zählt Ungarn zu den sehr hoch entwickelten Staaten. Die Hauptstadt ist Budapest.
Inhaltsverzeichnis
Staats- und Landesname
Die Eigenbezeichnung der Ungarn weicht stark von den ausländischen Namen für Ungarn ab. Der Begriff magyar (Aussprache /madjar/ von ung. magyar [ˈmɒɟɒr]; früher magyeri) taucht schon im 9. und 10. Jahrhundert in islamischen Quellen auf und ist wahrscheinlich ein Kompositum aus magy (< ugrisch *mańćε = „Mensch, Mann, Geschlecht“) und er(i) (ebenfalls „Mensch, Mann, Geschlecht“). Der Name bezeichnete anfangs nur einen von sieben halbnomadischen Stämmen, die im 9. sowie im beginnenden 10. Jahrhundert räuberische Überfälle in Europa, bis über die Pyrenäen unternahmen. Diese Stämme hießen Megyer (Magyar), Tarján, Jenő, Kér, Keszi, Kürt-Gyarmat und Nyék; sie sind auch unter dem Stammesbundnamen hétmagyar bekannt. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts ist es dem Stamm der Magyaren – das heißt den Nachkommen Árpáds – gelungen, die restlichen Stämme unter seiner Oberherrschaft zu vereinigen. Von da an kann von Magyaren gesprochen werden.
Der Name „Ungarn“ gelangte vermutlich aus dem Slawischen in die anderen europäischen Sprachen. Das slawische Wort lässt sich auf die bolgarotürkische Stammesbezeichnung onogur (on = „zehn“ + ogur = „Stamm“) zurückführen, die dadurch entstand, dass die Vorfahren der Ungarn im 5. und 6. Jahrhundert in enger Verbindung mit dem Reich der Onoguren lebten, dessen führender Stammesverband „Onoguren“ hieß. Das „H-“ im lateinischen hungarus (und dadurch auch in manchen anderen Sprachen) entstand dadurch, dass der Name irrtümlicherweise mit den Hunnen (Hunni) gleichgesetzt wurde.
Besonderheiten im Gebrauch des Namens vor und nach dem Ersten Weltkrieg
Das Königreich Ungarn, das in wechselnden Grenzen von 1001 bis 1918 bestand, heißt auf Ungarisch Magyar Királyság, da magyar im Ungarischen sowohl als Staats- als auch als Volksbezeichnung fungiert. Das heutige Ungarn heißt in der Landessprache Magyarország. Von magyar wird im Deutschen auch das Adjektiv „magyarisch“ abgeleitet. In den meisten Sprachen der Welt – so auch in der deutschen Sprache – werden sowohl für das Königreich als auch das heutige Ungarn gleichartige Bezeichnungen gebraucht, die auf den lateinischen Begriff hungarus zurückgehen, beispielsweise im Englischen, in dem das Königreich Kingdom of Hungary und das heutige Land Hungary heißt, oder im Französischen, in dem Royaume de Hongrie und Hongrie verwendet werden.
Die Slowaken, Slowenen, Kroaten und Serben, die ganz oder teilweise im Vielvölkerstaat Königreich Ungarn (nach dem Ausgleich in Österreich-Ungarn) lebten, differenzieren in ihrem Sprachgebrauch bei der Staats- und Volksbezeichnung jedoch zwischen „ungarisch“ und „magyarisch“. Für den Vielvölkerstaat vor 1918 werden Bezeichnungen verwendet, die auf hungarus beruhen: Uhorsko (slowakisch), Ogrska (slowenisch) und Ugarska/Угарска (kroatisch/serbisch). Für den 1920 entstandenen Staat beruhen die Bezeichnungen auf Ableitungen der ethnischen Begrifflichkeit Magyaren: Maďarsko (slowakisch), Madžarska (slowenisch) bzw. Mađarska/Мађарска (kroatisch/serbisch). Die Österreicher, Rumänen und Ukrainer nehmen diese begriffliche Differenzierung in ihrem Sprachgebrauch nicht vor. Das Königreich und die heutige Republik heißen dementsprechend auf Rumänisch Regatul Ungariei bzw. Ungaria und auf Ukrainisch Королівство Угорщина oder Угорщина.
Geographie
Die Länge der Außengrenze beträgt 2009 Kilometer. Davon entfallen auf Österreich 366 Kilometer, die Slowakei 515 Kilometer, die Ukraine 103 Kilometer, Rumänien 443 Kilometer, Serbien 151 Kilometer, Kroatien 329 Kilometer und Slowenien 102 Kilometer.
Tiefebenen
Die Donau teilt Ungarn in das westliche Transdanubien mit der Kleinen Ungarischen Tiefebene (ungarisch Kisalföld) und die von der Theiß durchflossene Großen Ungarischen Tiefebene (ungarisch Alföld) im zentralen und östlichen Teil des Landes. Die fruchtbare Kleine Ungarische Tiefebene im Nordwesten Ungarns besteht hauptsächlich aus dem Becken von Győr (Raab). Die abwechslungsreiche Landschaft wird bestimmt durch leicht welliges Terrain, kleine Hügel und zerschnittene Platten. Durch fruchtbare Lössböden und auf Grund des milden Klimas kann intensiv Landwirtschaft betrieben werden.
Die Große Ungarische Tiefebene nimmt nahezu die Hälfte des gesamten Staatsgebiets Ungarns ein. Sie ist eine ebene, weiträumige Fläche und ist mit in vorgeschichtlicher Zeit aufgeschütteten Geröllen und Sanden bedeckt. Das Alföld ist entlang der Theiß von Auenlandschaften durchzogen und mit einzelnen Waldinseln durchsetzt. Die Trockenlegung der Auen und die Rodung der Wälder haben zur zunehmenden Versalzung der Böden geführt. So entstand die typische Puszta mit Ziehbrunnen, Einzelgehöften und extensiver Weidewirtschaft. Aufgrund aufwendiger Bewässerungsmaßnahmen entstanden fruchtbare Böden, die den Anbau von Tabak, Mais und Sonnenblumen ermöglichen. Der Nationalpark Hortobágy wurde geschaffen, um die ursprüngliche Puszta-Landschaft zu schützen.
Siehe auch: Nationalparks in UngarnGebirge
Die ungarischen Mittelgebirge verlaufen vom Zemplén-Gebirge im Nordosten bis zum Bakonywald im Westen. Fast alle Mittelgebirge in Ungarn tragen in höheren Lagen dichten Laubwald. Die Hänge und Becken sind mit fruchtbaren Böden bedeckt, die Acker-, Obst- und Weinbau ermöglichen. Thermalquellen, die an den Rändern der Mittelgebirge auftreten, sind Zeugnisse eines vergangenen und lebhaften Vulkanismus. Dies bestätigen auch die vulkanischen Gesteine des Bakonywaldes und des Mátragebirges im Norden. Bis auf diese Ausnahmen bestehen die sonstigen Mittelgebirge in Ungarn aus Dolomit und Kalkstein. Das bewaldete Mecsekgebirge im Südwesten Ungarns erhebt sich inselartig und ist bis zu 682 m hoch. Im Mátragebirge steht auch die mit 1.014 m höchste Erhebung Ungarns, der Kékes.
Höhenverhältnisse:- Größte Höhe: Kékes im Mátra-Gebirge, Komitat Heves, bis 1.014 m
- Niedrigster Landesteil: an der Theiß, im Komitat Csongrád, 78 m
- Etwa die Hälfte des Landes liegt tiefer als 120 m (dazu Große Ungarische Tiefebene).
Städte
Die mit Abstand größte Stadt in Ungarn ist die Hauptstadt Budapest mit 1,69 Millionen Einwohnern. Somit leben gut 17 % der Bevölkerung in der Hauptstadt. Die nachfolgend größten Städte sind Debrecen (ca. 225.000 Einwohner), Miskolc (ca. 180.000 Einwohner), Szeged (ca. 165.000 Einwohner), Pécs (Fünfkirchen, ca. 160.000 Einwohner) und Győr (Raab, ca. 130.000 Einwohner).
Siehe auch: Liste der Städte und Orte in UngarnFlüsse und Seen
Der längste Fluss in Ungarn ist die Donau (ung. Duna), zu deren Einzugsgebiet das gesamte ungarische Staatsgebiet gehört. An ihrem Flusslauf liegen unter anderem die wichtigen Städte Komárom (Komorn), Esztergom (Gran), die Hauptstadt Budapest (Ofen-Pest), Dunaújváros, Baja und Mohács. Die Donau erreicht Ungarn im Nordwesten und fließt zunächst als Grenzfluss zur Slowakei in Richtung Osten. Nach dem Donauknie, einer 90°-Wendung des Flusses bei Visegrád, fließt sie von Norden nach Süden und verlässt Ungarn in Richtung Serbien.
Der zweite Hauptfluss Ungarns ist die Theiß, die das Land im Nordosten aus der Ukraine kommend erreicht und im weiteren Verlauf östlich parallel zur Donau nach Süden fließt, um schließlich in Serbien in die Donau zu münden. Größere Städte an ihrem Lauf sind Tokaj, Tiszaújváros (früher Leninváros), Szolnok, Csongrád und Szeged. Weitere wichtige Flüsse in Ungarn sind die Drau (ung. Dráva), der Hernád, die Körös (dt. Kreisch), die Mur, die Raab (ung. Rába), Sajó und Zala.
Alle größeren Flüsse entspringen außerhalb Ungarns: Mur und Raab in Österreich, die Drau in Südtirol, die Zala in Slowenien, der Hernád in der Slowakei, die Körös in Siebenbürgen (West-Rumänien). Ungarns Hauptflüsse Donau und Theiß entspringen im Schwarzwald (Süddeutschland) oder in der Ukraine.
Der größte See in Ungarn ist der Plattensee (ungarisch Balaton) im hügeligen Westungarn. Er ist zugleich der größte See in Mitteleuropa. Der Plattensee ist neben der Hauptstadt Budapest das wichtigste Tourismusgebiet Ungarns, vor allem wegen seiner Strände und Thermalquellen.
In seiner Nähe liegt der Velencer See (ungarisch Velencei-tó), der trotz seiner Ähnlichkeit zum Balaton touristisch wenig erschlossen ist. Im Nordosten des Sees erstreckt sich ein unbegehbares Vogelschutzgebiet, das vielen bedrohten Vogelarten Schutz bietet.
Der Neusiedler See (ungarisch Fertő-tó) liegt nur zu einem Teil in Ungarn. 75 % der Wasserfläche gehören zum Staatsgebiet Österreichs. Der Nationalpark Fertő-Hanság umfasst den ungarischen Teil des Sees sowie die Sümpfe im Süden und den Hanság und wurde 2001 zusammen mit dem österreichischen Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel zum UNESCO-Welterbe ernannt.
Der größte künstlich geschaffene See Ungarns ist der Theiß-See (ungarisch: Tisza-tó) in der Tiefebene im östlichen Teil des Landes.
Klima
Wegen der Binnenlage und der abschirmenden Wirkung der Gebirge hat Ungarn ein relativ trockenes Kontinentalklima mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die mittleren Temperaturen liegen im Januar zwischen –3 °C und –1 °C sowie im Juli zwischen +21 °C und +23 °C. Im Frühsommer sind die ergiebigsten Niederschläge zu verzeichnen. Die mittlere Niederschlagsmenge beträgt im Westen auf Grund der vorherrschenden, Regen bringenden Westwinde rund 800 Millimeter, während in den östlichen Landesteilen in trockenen Jahren 500 Millimeter unterschritten werden können. Die Niederschlagsmenge nimmt generell von Westen nach Osten ab.
Flora und Fauna
In Ungarn sind etwa 45.000 Tierarten und 2200 Pflanzenarten beheimatet. Vereinzelt gibt es nord-, ost- und südeuropäische Arten, die Mehrheit sind aber mitteleuropäische Arten. 855 Tierarten und 535 Pflanzenarten stehen unter Schutz. Seltene geschützte Blumen sind beispielsweise die mediterrane Nieswurz, die wilde Pfingstrose im Hügelland vom Mecsek und die ungarische Windblume in der Nyírség-Gegend. Wildschweine, Hirsche, Rehe und Füchse sind ebenfalls in den ungarischen Wäldern beheimatet. Auf den landwirtschaftlichen Landflächen und im Tiefland leben vor allem Hasen, Fasane, Rebhühner und Wachteln. Im Frühling ziehen riesige Vogelschwärme von Norden nach Süden. Zu ihnen gehören Schwalben und Störche, die in Afrika den Winter verbringen. Geschützte Vogelarten sind beispielsweise der Stelzenläufer, die Trappe, die vor allem in der südlichen Tiefebene verbreitet ist, und der Säbelschnäbler. Die ungarischen Flüsse und Seen sind sehr fischreich. Beheimatet sind Brassen, Karpfen und Hechte. Aale und Amuren wurden aus fremden Seen und Flüssen übergesiedelt und leben mittlerweile zahlreich in ungarischen Gewässern. Um die ungarische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, hat man auf einer Gesamtfläche von 816.008 ha neun Nationalparks, 38 Landschaftsschutzgebiete und 142 Naturschutzgebiete eingerichtet.
Bevölkerung
Demografische Struktur
Wie in anderen westlichen Industrienationen zeigt sich auch in Ungarn eine Alterung der Gesellschaft. So sind 15,9 % der Bevölkerung unter 15 Jahre, die Mehrheit der Einwohner 15 bis 65 Jahre (68,6 %) und 15,5 % über 65 Jahre alt. Die zusammengefasste Geburtenziffer ist ähnlich wie in Mitteleuropa extrem niedrig und beträgt pro Frau 1,3 Kinder. Die Lebenserwartung lag 2005 bei der männlichen Bevölkerung bei 68,3 Jahren und bei der weiblichen Bevölkerung bei 76,5 Jahren.
Hatte Ungarn laut Volkszählung 2001[4] in jenem Jahr noch knapp 10,2 Millionen Einwohner, so setzt sich der seit den 1980er Jahren zu verzeichnende Rückgang der Einwohnerzahl auch nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts[5] fort. Gemäß der jüngsten Schätzung der CIA[6] leben in Ungarn inzwischen weniger als 10 Millionen Menschen.
Für 2001 wurde ein Bevölkerungsrückgang von 0,32 % geschätzt. Ursache ist die niedrige Geburtenrate (rund 10 Geburten auf 1.000 Einwohner).
Ethnien
→ Hauptartikel: Volksgruppen in UngarnDie Bevölkerung Ungarns laut Volkszählung 2001[7]:
- Magyaren (92,3 %)
- Roma (1,9 %)
- Ungarndeutsche (u. a. Donauschwaben) (0,6 %)
- Slowaken (0,2 %)
- Kroaten (0,15 %)
Alle anderen Ethnien sind laut dieser Statistik mit weniger als 10.000 Personen vertreten. Zahlenmäßig folgen Rumänen, Ukrainer, Serben, Slowenen und Wenden, Polen, Griechen, Bulgaren, Russinen und Armenier. Weitere Auswahlmöglichkeiten waren nicht vorhanden. Über 27.000 Personen gaben „Unbekannt“ an. Allerdings wurde die Frage von über 5 % der Befragten nicht beantwortet.
Außerhalb Ungarns leben im Karpatenbecken etwa 2,4 Millionen Magyaren. Ihre Siedlungsgebiete liegen auf Grund des Vertrages von Trianon als Folge des Ersten Weltkrieges jenseits der heutigen Staatsgrenzen. Dies führt noch heute gelegentlich zu politischen Verstimmungen zwischen den Nachbarländern und Ungarn.
Religionen und Konfessionen
Im Rahmen der Volkszählung 2001 wurde auch nach der Konfession gefragt.[8] Die Mehrheit der Bevölkerung (54,5 %) bekannte sich zur römisch-katholischen und zur ungarischen griechisch-katholischen Kirche. 15,9 % der Bevölkerung waren Calvinisten, 3 % Lutheraner. Im Land lebten vor dem Holocaust rund 800.000 Juden. Von den heute in Ungarn lebenden Juden bekannten sich bei der letzten Volkszählung knapp 13.000 zum jüdischen Glauben. Ungefähr 25 % der Bevölkerung machten keine Angaben oder sagten, dass sie konfessionslos seien. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Ungarn keine Kirchenmitgliedschaft im eigentlichen Sinne. Es gibt keine Kirchensteuer. Allerdings besteht die Möglichkeit, 1 % der Einkommensteuer einer Religionsgemeinschaft zuzuweisen. Von dieser Möglichkeit haben 2008 zugunsten der katholischen Kirche 0,5 Mio. Steuerzahler Gebrauch gemacht. Danach folgen die Reformierten mit 160.000 und die Lutheraner mit 50.000 Steuerzahlern. Auf Platz 4 liegt die Krischna-Bewegung (11.000), auf Platz 5 folgen die jüdischen Gemeinden (5.000).[9]
Alle Zahlen in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Volkszählung 2001.
Religionszugehörigkeit laut Volkszählung 2001:[10]
- Christen und christlich Orientierte: 7.584.175 (74,37 %)
- Katholiken: 5.558.961 (54,51 %)
-
- Römisch-Katholisch: 5.289.521 (51,87 %)
- Griechisch-Katholisch: 268.935 (2,64 %)
- Sonstige Katholiken: 505 (< 0,01 %)
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- Evangelisch-Reformierte (Calvinisten und Mitglieder der Ungarischen Reformierten Kirche): 1.622.796 (15,91 %)
- Evangelisch-Lutherische: 304.705 (2,99 %)
- Zeugen Jehovas: 21.688 (0,21 %)
- Baptisten: 17.705 (0,17 %)
- Orthodoxe und orientalische Christen: 15.298 (0,15 %)
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- Rumänisch-Orthodoxe: 5.598 (0,05 %)
- Russisch-Orthodoxe: 3.502 (0,03 %)
- Sonstige Orthodoxe und Orientalische: 6.198 (0,06 %)
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- Pfingstgemeinden: 8.428 (0,08 %)
- Unitarier: 6.541 (0,06 %)
- Adventisten: 5.840 (0,06 %)
- sonstige Christen und christlich Orientierte: 22.213 (0,22 %)
- Katholiken: 5.558.961 (54,51 %)
- Juden: 12.871 (0,13 %)
- Buddhisten: 5.223 (0,05 %)
- Muslime: 3.201 (0,03 %)
- sonstige: 5.143 (0,05 %)
- ohne Religionszugehörigkeit: 1.483.369 (14,55 %)
- keine Angaben oder unbekannt: 1.104.333 (10,83 %)
Sprache
Die in Ungarn gebräuchliche Sprache ist Ungarisch. Sie gehört zum finno-ugrischen Zweig der uralischen Sprachen, dem die nicht-indogermanische Sprachen angehören, die im mitteleuropäischen Raum gesprochen werden. Die Dialekte des Ungarischen unterscheiden sich weniger stark voneinander als etwa die deutschen Dialekte. Im gesamten ungarischen Sprachraum werden neun große Dialektgruppen unterschieden. Aus der Zeit der Herrschaft der Habsburger (1699 bis 1867 und 1918) in Ungarn stammt der Einfluss der deutschen Sprache. Neben Ungarisch sind die Sprachen der Minderheiten verbreitet: Zum Romani, der Sprache der Roma, variieren die Angaben. 0,4 % der Bevölkerung sprechen Kroatisch.
Geschichte
9. bis 15. Jahrhundert
Die Magyaren wanderten, angeführt von dem Großfürsten Árpád, Ende des 9. Jahrhunderts, angeblich im Jahre 896 in das Karpatenbecken ein und führten Raubzüge durch ganz Europa. Diese wurden auch von Árpáds Nachfolgern erfolgreich weitergeführt, bis 955 Otto I. die Angriffe der Ungarn durch einen vernichtenden Sieg auf dem Lechfeld zurückschlagen konnte. Das Königreich Ungarn wurde am 20. August 1000 von Stephan I. gegründet, der das Land gegen den erbitterten Widerstand des alten Adels nach karolingischem Vorbild gestaltete (Begründung des bis heute bestehenden Komitatswesens).
Im „Mongolensturm“, wie die Angriffe der Goldenen Horde der Mongolen unter dem Heerführer Batu Khan in den Jahren 1241 und 1242 bezeichnet werden, wurde das Land verwüstet und in weiten Teilen entvölkert; 50 % der Bevölkerung Ungarns kamen dabei ums Leben. König Béla IV. rief für die Neubesiedlung deutsche Siedler (Schwaben) ins Land, die sich in der Folgezeit teilweise magyarisierten.
Im Jahre 1301 starb Andreas III., der letzte Herrscher des Hauses Árpád. 1370–1386 und 1440–1444 wurde Ungarn von den Anjou und Jagiellonen in Personalunion mit Polen regiert.
In der Folgezeit hatte Ungarn nur noch einen ungarischen König, Matthias Corvinus, der das Land von 1458 bis 1490 regierte. Unter dem hochgebildeten Matthias stieg Ungarn zur politischen Großmacht und zu einem Zentrum der Renaissancekultur sowie des Humanismus auf. Als Renaissancefürst zog er Gelehrte und Künstler aus Italien an seinen Hof, gründete die Universität in Pressburg (Pozsony, heute Bratislava) und die Bibliothek Corvina in Ofen (Budapest); sein Großreich zerfiel nach seinem Tod.
Zwischen 1490 und 1526 regierten die polnisch-litauischen Jagiellonen Ungarn und Böhmen in Personalunion.
16. bis 19. Jahrhundert
Das Ende der Unabhängigkeit Ungarns kam um die Mitte des 16. Jahrhunderts mit den osmanischen Eroberungen. Am 29. August 1526 besiegte Sultan Süleyman I. bei Mohács (dort befindet sich seit 1976 eine Gedenkstätte) König Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, der auf der Flucht ertrank. Der größte Teil Ungarns kam unter türkische Herrschaft, wobei die noch nicht eroberten Teile entweder in Kontinuität des ungarischen Königtums als Königliches Ungarn unter habsburgische Herrschaft kamen (darunter der Westen Oberungarns) oder von Ungarn getrennt wurden und als Fürstentum Siebenbürgen unter osmanische Oberhoheit gestellt wurden.
Nach 145 Jahren türkischer Besetzung Ungarns fiel Buda im Jahre 1686, und Ungarn wurde von den Habsburgern zurückerobert. Die Ungarn missbilligten aber die harte Herrschaft der Habsburger, so dass es von 1703 bis 1711 zum Kuruzenaufstand unter Fürst Franz II. Rákóczi kam, einem Adeligen aus Siebenbürgen. Da die Spannungen zwischen dem ungarischen Adel und dem Wiener Hof nicht beseitigt werden konnten, entluden sie sich (nach scheinbar einvernehmlichen Verhandlungen und Zugeständnissen des Kaisers gegenüber den Ungarn) in der Revolution von 1848/49, die mit Hilfe Russlands (mit Berufung auf die „Heilige Allianz“) blutig niedergeschlagen wurde, was das Klima in der Monarchie dauerhaft verschlechterte.
Nach anhaltenden Unruhen im Land wurde Ungarn durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 gleichberechtigter Teil der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Franz Joseph I. nannte sich nun gleichrangig Apostolischer König von Ungarn (er ließ sich nun in Buda krönen) und Kaiser von Österreich (bis dahin war der ungarische Königstitel dem Kaisertitel untergeordnet). Diese Personalunion, de jure begründet durch die Pragmatische Sanktion, wurde durch gleichlautende österreichische und ungarische Grundgesetze, Außenpolitik und Armee sowie deren Finanzierung betreffend, zur Realunion. Eine freiwillige Zoll- und Handelsunion folgte, die Gulden-, später Kronenwährung blieb gemeinsam (Österreichisch-ungarische Bank). Führend am Erfolg des Ausgleichs für die ungarische Seite beteiligt waren Ferenc Deák und Graf Gyula Andrássy. Zur ungarischen Reichshälfte gehörten die Länder der heutigen Slowakei und Kroatien (ohne Dalmatien), die Vojvodina, ein großer Teil Rumäniens (Siebenbürgen im weiteren Sinne) sowie kleine Teile Polens und der Ukraine (Karpatenukraine). In der Folge kam es zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung des Landes und besonders seiner Hauptstadt, der nicht zuletzt in den Millenniumsfeiern der magyarischen Landnahme und der Budapester Millenniumsausstellung 1896 zum Ausdruck kam.
Allerdings war der Vielvölkerstaat Königreich Ungarn durch innere Spannungen (Selbständigkeitsbestrebungen der nichtmagyarischen Völker, Nationalitätenkonflikte im Zuge der Magyarisierungspolitik) gekennzeichnet. Die führende Rolle bei der Industrialisierung hatten zwar vielfach Repräsentanten von Minderheiten (Deutschsprachige und Juden) inne, die eher zur freiwilligen Magyarisierung neigten, für die slawische und rumänische Bevölkerung der ungarischen Reichshälfte galt dies aber nicht. Dies begünstigte die Zerschlagung des heterogenen Staatsgebildes nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg. Die Entscheidungen der Siegermächte führten dazu, dass in der Tschechoslowakei (heute in der Slowakei), in Rumänien und im Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (heute vor allem in Serbien) aufgrund des Vertrages von Trianon ungarische Minderheiten leben. Allerdings verblieben auch slowakische, rumänische und deutsche Minderheiten in Ungarn.
Von 1918 bis 1945
Ungarn erklärte am 31. Oktober 1918 den Austritt aus der Realunion mit Österreich und rief die ungarischen Truppen von der italienischen Front zurück. Damit war die österreichisch-ungarische Monarchie aufgelöst. Auf dringende Forderungen der ungarischen Spitzenpolitiker erklärte König Karl IV. am 13. November 1918 auf Schloss Eckartsau (Niederösterreich) seinen Verzicht auf jeden Anteil an den ungarischen Staatsgeschäften, so wie er dies als Kaiser Karl I. zwei Tage zuvor für Österreich erklärt hatte. Er dankte aber nicht formell ab.
Am 16. November 1918 wurde eine demokratische Republik ausgerufen. Erster Präsident wurde Graf Mihály Károlyi. Die sozialen Missstände in Folge des verlorenen Krieges hielten jedoch an. Die Regierung wurde von Kommunisten unter Führung Béla Kuns gestürzt und eine Räterepublik gegründet, die allerdings nicht lange Bestand haben sollte.
Kun wurde im Dezember 1918 von den Bolschewiki nach Ungarn entsandt, um dort für eine kommunistische Revolution zu wirken. Kun wurde dort bald von der Regierung des Grafen Mihály Károlyi inhaftiert, jedoch in Folge der Wirren, die nach Ende des Ersten Weltkrieges ausbrachen, am 21. März 1919 wieder freigelassen. Kun bildete darauf eine Räteregierung aus Sozialisten und Kommunisten, die Banken, Industriebetriebe und landwirtschaftliche Güter verstaatlichte. Die Regierung wurde bald von den Kommunisten dominiert und entwickelte sich zu einer Diktatur, die mit Einsatz von Gewalt regierte. Eine ungarische „Rote Armee“ marschierte in die Slowakei ein, um die Revolution nach dorthin auszudehnen, wurde jedoch von den Alliierten zum Rückzug gezwungen. Nach anfänglichen Erfolgen brach die Bewegung rasch zusammen, als im Ungarisch-Rumänischen Krieg tschechoslowakische, rumänische und serbische Truppen unter Billigung der Entente-Staaten Budapest besetzten und die Räteregierung am 1. August 1919 stürzten.
Kun floh nach Österreich, wo er zunächst in Drosendorf und anschließend in Karlstein an der Thaya interniert wurde. Von dort gelang ihm die Flucht in die Sowjetunion, wo er in den nächsten Jahren für die KPdSU und die Komintern in verschiedenen Funktionen tätig war. Unter anderem nahm er erfolglos an den Märzkämpfen in Mitteldeutschland 1921 teil. 1928 war er wieder in Wien, von wo aus er gleichfalls ohne Erfolg versuchte, sozialistische Strömungen in Ungarn zu organisieren. 1939 wurde er im Rahmen der Stalinschen Säuberungen in der Sowjetunion ermordet.
Am 1. März 1920 führte der von der Nationalversammlung zum Reichsverweser gewählte Miklós Horthy die Monarchie formal wieder ein. In der Folge versuchte Karl IV. von seinem Exil in der Schweiz aus zweimal, die Herrschaft in Ungarn wieder zu übernehmen. Beide Male weigerte sich Reichsverweser Miklós (Nikolaus) Horthy, ein ehemaliger k.u.k. Admiral, dem gekrönten König die Macht zu übergeben. Die Restauration der habsburgischen Monarchie wurde Ungarn im Zuge der Friedensverhandlungen (Pariser Vorortverträge) verboten (Vertrag von Trianon). Am 6. November 1921 beschloss der Reichstag im sogenannten Dethronisationsgesetz die formelle Absetzung der Dynastie Habsburg-Lothringen. Die Regierung erkannte daraufhin den Friedensvertrag von Trianon an, nach dessen Bedingungen Ungarn zwei Drittel seines Staatsgebiets an die Tschechoslowakei, Rumänien, den südslawischen Staat und Österreich abtreten musste. Die meisten nun de jure abgetretenen Gebiete hatten sich de facto schon 1918/1919 von Ungarn getrennt und waren den neuen Nachfolgestaaten der Donaumonarchie beigetreten oder von ihnen in Besitz genommen worden; das spätere Burgenland kam aber erst im Herbst 1921 zu Österreich.
Ungarn näherte sich aufgrund wirtschaftlicher Krisen und revisionistischer Propaganda politisch immer mehr dem nationalsozialistischen Deutschland an. In den von NS-Deutschland diktierten Wiener Schiedssprüchen erhielt Ungarn 1940/41 die ungarisch bewohnte Südslowakei (entlang der Donau) und einen beträchtlichen Teil Siebenbürgens (von Rumänien) zurück. (Diese Gebietsrückerwerbungen mussten 1945 wieder aufgegeben werden.)
Als Gegenleistung trat Horthy am 27. Juni 1941 auf Seiten der Achsenmächte in den Krieg gegen die Sowjetunion ein, musste jedoch aufgrund unzureichender Ausrüstung schwere Verluste hinnehmen. Man nahm Verbindung mit den Westalliierten auf, die jedoch auf Moskau verwiesen. Als diese Kontakte den Deutschen bekannt wurden, besetzten sie ab Mitte März 1944 das Land und setzten eine Kollaborationsregierung unter Döme Sztójay ein, die sofort mit der Deportation der jüdischen Bevölkerung begann. Über 200.000 der auf dem Staatsgebiet von 1937 lebenden jüdischen Ungarn kamen in Konzentrations- und Vernichtungslagern ums Leben. Weitere über 200.000 Opfer stammten aus den Gebieten, die Ungarn nach den Wiener Schiedssprüchen besetzt hatte. Nach der Kapitulation Rumäniens entschloss sich Horthy am 28. September 1944, eine Abordnung mit einem Kapitulationsangebot an Moskau zu entsenden, die Verhandlungen führten am 15. Oktober zur Proklamation des Waffenstillstandes im Rundfunk. Nach der Festnahme Horthys im Herbst 1944 wurde die Kriegsbeteiligung unter der faschistischen Bewegung der Pfeilkreuzler von Ferenc Szálasi fortgesetzt. Für Ungarn endeten die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs mit der Eroberung des Landes durch die Rote Armee, die bis zum 4. April 1945 abgeschlossen war.
Ostblock, Ungarnaufstand und Wende
Ungarn kam auf Grund des Vertrages von Jalta unter sowjetischen Einfluss, und am 20. August 1949 wurde eine Verfassung nach sowjetischem Vorbild beschlossen. Bis 1953 verfolgte Ungarn unter Mátyás Rákosi einen stalinistischen Kurs.
Am 23. Oktober 1956 kam es zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf Imre Nagy, der bereits von 1953 bis 1955 Ministerpräsident gewesen war, erneut dieses Amt erlangte. Er bildete eine Mehrparteienregierung und forderte die parlamentarische Demokratie sowie die Neutralität Ungarns. Der Aufstand wurde jedoch durch die sowjetische Armee blutig niedergeschlagen. Viele Ungarn verließen daraufhin das Land und emigrierten nach Westeuropa oder Nordamerika. Nagy wurde hingerichtet (seine Asche wurde erst 1989 feierlich in Ungarn beigesetzt). János Kádár, bis dahin stellvertretender Ministerpräsident, wurde Generalsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei sowie Ministerpräsident. Den anfänglichen Repressionen gegen die Beteiligten des Aufstandes folgten in den Jahren zwischen 1959 und 1963 Amnestien, die zu Freilassungen führten. 1968 beteiligte sich Ungarn am militärischen Eingreifen der Warschauer Pakt-Staaten in der für den Ostblock gefährlich liberal gewordenen Tschechoslowakei.
Seit den 1960er Jahren erlaubte Kádár, der bis 1988 Generalsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei und von 1956 bis 1958 sowie von 1961 bis 1968 auch Ministerpräsident war, gewisse Liberalisierungen im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich, die unter dem Begriff „Gulaschkommunismus“ bekannt wurden. 1987/1988 bildeten sich Oppositionsgruppen, die den friedlichen Systemwechsel vorantrieben und die Legitimität der sowjetischen (faktisch russischen) Vorherrschaft in Frage stellten (erwähnt sei Imre Pozsgay, der im Amt eines Staatsministers öffentlich der Doktrin von der „Konterrevolution von 1956“ widersprach).
1988 trat der nun schon greise Kádár unter dem Druck der Verhältnisse auf einem Sonderparteitag der Staatspartei USAP zurück, Nachfolger wurde Károly Grósz. Auch in der kommunistischen USAP gab es oppositionelle Stimmen, die freie Wahlen und den Abzug der sowjetischen Truppen forderten. Dies leitete die Grenzöffnung nach Österreich und damit die Zerschneidung des Eisernen Vorhangs ein. Am 27. Juni 1989 durchtrennte Gyula Horn, der ungarische Außenminister, zusammen mit seinem österreichischen Amtskollegen Alois Mock in einer symbolischen Aktion den Stacheldraht an der Grenze zwischen Österreich (Klingenbach) und Ungarn (Sopron)[11]. DDR-Bürger, die in Ungarn Urlaub machten, nutzten die Gelegenheit, über Österreich nach Westdeutschland zu gelangen.
Ungarn hatte entscheidenden Anteil an der politischen Wende von 1989 in den ehemaligen Ostblockstaaten und damit auch an der friedlichen Revolution in der DDR, die den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands ebnete.
Geschichte seit 1989 und aktuelle Politik
Nach 1989/90 wurde Ungarn (politisch gesehen) Teil des westlichen Staatensystems. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989/90 wurde auch das ungarische Staatswesen erneuert. Am 23. Oktober 1989 – dem Jahrestag des Ungarischen Volksaufstands von 1956 – wurde die Republik Ungarn ausgerufen, und eine modifizierte Version der sozialistischen Verfassung von 1949 trat in Kraft. Vorbild dieser geänderten Fassung war unter anderem das deutsche Grundgesetz. Die Regierung ist dem Parlament verantwortlich, für die Regierungstätigkeit trägt der Ministerpräsident Verantwortung. Um eine möglichst große Stabilität der Regierung zu gewährleisten, wurde die Institution des konstruktiven Misstrauensvotums geschaffen. Im März 1990 fanden die ersten freien Parlamentswahlen Ungarns seit 1947 statt. Ministerpräsident wurde József Antall, Staatspräsident Árpád Göncz.
Im März 1999 wurde Ungarn Mitglied der NATO, nachdem das Parlament am 9. Februar mit überwältigender Mehrheit für einen Beitritt gestimmt hatte. Das Land gehörte damit zu den ersten Staaten des früheren Ostblocks, die der Allianz beitraten.[12] Zum 1. Mai 2004 folgte – mit der Zustimmung einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung – der Beitritt zur Europäischen Union im Zuge der EU-Osterweiterung. Die anfängliche Begeisterung wich aber angesichts der sich wirtschaftlich verschlechternden Lage zahlreicher Menschen (insbesondere alter Menschen) einer Ernüchterung. Die Folge sind Resignation und politisches Desinteresse, was sich auch schon in der Wahlbeteiligung des Referendums zum EU-Beitritt am 12. April 2003 ausdrückte: Zwar stimmten 84 % für den Beitritt, aber lediglich 45,6 % der acht Millionen Wahlberechtigten gingen zur Abstimmung.
Das ungarische Parlament wählt den Präsidenten der Republik, den Ministerpräsidenten, die Mitglieder des Verfassungsgerichts, den Ombudsmann der Minderheiten, den Präsidenten des Obersten Gerichts und den Generalstaatsanwalt. Das Einkammerparlament hat 386 Abgeordnete, die auf vier Jahre gewählt werden. In Ungarn gibt es ein gemischtes Wahlsystem, ähnlich wie in Deutschland. Seit August 2000 war der parteilose Ferenc Mádl als Präsident, der für fünf Jahre gewählt wird, im Amt. Im Juni 2005 gewann László Sólyom die Wahl zum Präsidenten. Er ist ehemaliger Präsident des ungarischen Verfassungsgerichts.
Die ungarische Politik war seit der Einführung freier und geheimer Wahlen 1990 von ständigen Mehrheitswechseln geprägt.
Péter Boross war der Nachfolger von József Antall als Ministerpräsident der Republik Ungarn von Dezember 1993 bis Juni 1994. Er war zuvor Innenminister. Mit der Abwahl von Boross 1994 endete die Regierungsverantwortung des Ungarischen Demokratischen Forums. Boross war in der Regierungszeit von Viktor Orbán (Fidesz) 1998–2002 als dessen Berater tätig, distanzierte sich aber später von Orbán. Nach den Wahlen 2002 übernahm wieder die MSzP (Ungarische Sozialistische Partei) zusammen mit dem SzDSz die Regierungsverantwortung. Der neue Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány, der seit dem 29. September 2004 amtierte, war Nachfolger von Péter Medgyessy, der nach Versuchen der Regierungsumstrukturierung zurückgetreten war. Außenminister wurde Ferenc Somogyi, der am 2. November 2004 die Nachfolge von László Kovács, dem ungarischen Mitglied der EU-Kommission Barroso I, angetreten hatte.
Die Regierung von MSzP und SzDSz wurde bei den Parlamentswahlen vom 9. und 23. April 2006 wiedergewählt. Damit schaffte es eine Regierung erstmals, im Amt zu bleiben.
Ab September 2006 befand sich Ungarn in einer innenpolitischen Krise. Seit Gyurcsány eingestanden hatte, vor den Wahlen im April 2006 gelogen zu haben, forderte die Opposition seinen Rücktritt. Im September und Oktober 2006 kam es vor allem in Budapest wiederholt zu gewalttätigen Ausschreitungen, die auch die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Volksaufstands von 1956 überschatteten. Gyurcsány bot am 21. März 2009 seinen Rücktritt an.
Die neue Regierung wurde unter Wirtschaftsminister Gordon Bajnai gebildet, der dabei die Unterstützung des Bundes Freier Demokraten (SzDSz) unter Gábor Fodor erhielt. Der SzDSz toleriert die Minderheitsregierung der MSzP. Bajnai bildete eine Regierung aus überparteilichen Fachleuten.[13] Im Parlament stimmten am 14. April 2009 bei einem konstruktiven Misstrauensvotum 204 der 386 Abgeordneten gegen Gyurcsány und für Bajnai als neuen Ministerpräsidenten.[14]
Bei der Europawahl in Ungarn 2009 errang das Parteienbündnis Fidesz/KDNP 56,37 % der Stimmen (14 Mandate), die regierende MSzP erhielt nur noch 17,38 % (4 Mandate). Auf dem dritten Platz mit 14,77 % folgt die rechtsradikale und offen antiziganisch und judenfeindlich auftretende Partei Jobbik, die damit drei Abgeordnete in das neu gewählte Europäische Parlament entsendet. Ein Mandat entfiel auf das MDF (5,3 %) mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Lajos Bokros als Spitzenkandidaten.[15] Das derzeitige ungarische Mitglied der EU-Kommission (Barroso II) ist der Wirtschaftswissenschaftler László Andor, der noch von der Regierung Bajnai nominiert wurde und der MSzP angehört.
Bei den zwei Runden der Parlamentswahlen am 11. und 25. April 2010 siegte das Wahlbündnis aus Fidesz und KDNP mit überwältigender Mehrheit, so dass die Fraktionsgemeinschaft beider Parteien über 263 der 386 Mandate des ungarischen Parlaments und damit über eine Zweidrittelmehrheit verfügt, mit der sie die Verfassung ändern kann. Die Sozialisten von der MSZP landeten weit abgeschlagen auf Platz 2 vor der rechtsextremistischen Jobbik. Mit einem Achtungserfolg von 7,44 % zog die erst 2009 gegründete grün-liberale LMP ins ungarische Parlament ein und bildet dort die kleinste Fraktion.[16]
Das Ergebnis der Wahlen hatte eine gewaltige Machtverschiebung im Parlament zu den rechtsgerichteten Parteien zur Folge. Am 29. Mai 2010 wählte das neue Parlament Viktor Orbán zum neuen Ministerpräsidenten. Mit etwas mehr als der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im ersten Wahlgang wählte das Parlament den Kandidaten der Regierungsparteien, Pál Schmitt, am 29. Juni 2010 zum Staatspräsidenten. Am 18. April 2011 wurde mit den Stimmen der FIDESZ eine ab dem 1. Januar 2012 gültige neue Verfassung verabschiedet. So werden unter anderem Gott, Krone (Stephanskrone) und Vaterland, Christentum, Familie und Nationalstolz beschworen. Zudem wird der Staat von Republik Ungarn in Ungarn umbenannt.
Außenpolitik
Mit dem Beitritt Ungarns 1999 zur NATO und im Zuge der EU-Osterweiterung 2004 auch zur Europäischen Union wurden zwei grundlegende Ziele der ungarischen Außenpolitik erreicht. Ungarn ratifizierte am 17. Dezember 2007 als erstes Land den Vertrag von Lissabon und bekundete damit öffentlich seine pro-europäische Haltung. Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány sprach sich stark für ein integriertes Europa aus und befürwortete die Stärkung des gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesses nach dem Motto Fortschritt durch Kompromiss. Im ersten Halbjahr 2011 übernahm Ungarn erstmals den Vorsitz im Rat der Europäischen Union; im Mittelpunkt dieser ungarischen Ratspräsidentschaft steht unter anderem die EU-Energiepolitik. Allerdings kam es, vor allem aufgrund des umstrittenen ungarischen Mediengesetzes, zu Beginn der Ratspräsidentschaft auch zu Kontroversen mit anderen EU-Partnern.
Ungarn ist an der wirtschaftlichen und politischen Stabilität seiner südlichen Nachbarn interessiert, es setzte sich schon vor dem Sturz Slobodan Miloševićs für die demokratische Opposition in Jugoslawien ein. Die Infrastrukturverbindungen, insbesondere die Autobahnen zu den Nachbarn, sollen weiter ausgebaut und die wirtschaftlichen Beziehungen zu den zukünftigen EU-Mitgliedsstaaten intensiviert werden. Zudem setzt sich Ungarn für den Beitritt Kroatiens zur EU ein. Innerhalb der Europäischen Union soll die Zusammenarbeit innerhalb der Visegrád-Gruppe (mit Tschechien, der Slowakei und Polen) soll fortgesetzt werden. Ungarn hatte 2001 und 2002 den Vorsitz inne.
Beziehungen zu den Nachbarn und den magyarischen Minderheiten
Von den gut 12,5 Millionen autochthonen Magyaren im Gebiet des Karpatenbeckens leben als Folge des Friedensvertrags von Trianon und der Pariser Friedenskonferenz 1946 ca. 3 Millionen außerhalb der Landesgrenzen. Seit der Novellierung der ungarischen Verfassung von 1989 sind die ungarischen Regierungen verpflichtet, sich um die Belange und Interessen der magyarischen Minderheiten jenseits der Grenzen zu kümmern und die ungarisch-auslandsungarischen Beziehungen und den kulturellen sowie wirtschaftlichen Austausch zu fördern.[17]
Daraus ergeben sich zwischenstaatliche Konflikte mit den Nachbarn, die sich besonders nach 2000 artikulierten. 2001 wurde ein Gesetz mit Begünstigungen für Auslandsungarn verabschiedet. Zwar schloss Ungarn zugleich auch Minderheitenabkommen und Grundlagenverträge über freundschaftliche Beziehungen mit seinen Nachbarstaaten, um die Minderheitenfrage der im Ausland lebenden Ungarn zu lösen. Im Zuge der Zunahme nationalistischer und patriotischer Strömungen sowohl in Ungarn als auch in den Nachbarstaaten, die sich auch durch die parlamentarische Anwesenheit rechtsnationalistischer Parteien bzw. deren Regierungsbeteiligung äußerte, verschlechterte sich jedoch das bilaterale Verhältnis insbesondere zur Slowakei, in der die Magyaren fast 10 % der Bevölkerung stellen.[18] Die bilateralen Verstimmungen zwischen der Slowakei und Ungarn zeigten sich am Konflikt um die verweigerte Einreise des ungarischen Staatspräsidenten László Sólyom am 21. August 2009 in das slowakische Komárno[19], an der Novellierung des slowakischen Sprachgesetzes[20], mit dem die offizielle Benutzung der ungarischen Sprache in der Slowakei deutlich eingeschränkt wurde, und am Inkrafttreten des Patriotismusgesetzes in der Slowakei.[21]
In Einlösung eines zentralen Wahlversprechens des Gewinners der Parlamentswahl 2010, Fidesz, verabschiedete das neu konstituierte ungarische Parlament am 26. Mai 2010 ein Gesetz zur doppelten Staatsangehörigkeit, mit der Auslandsmagyaren unabhängig von einem ungarischen Wohnsitz die ungarische Staatsbürgerschaft beantragen können.[22] Die sofortige Reaktion des slowakischen Parlaments war die Verabschiedung eines Gesetzes, das slowakischen Staatsbürgern bei Erlangung der ungarischen Staatsbürgerschaft die Entziehung ihrer bisherigen und die Entfernung aus öffentlichen Ämtern und der Verwaltung androht.[23]
Mit dem Sieg eines Bündnisses aus konservativ-liberalen Parteien, zu denen auch die auf eine friedliche Koexistenz von Magyaren und Slowaken ausgerichtete slowakisch-magyarische Partei Most-Híd gehört, bei den Parlamentswahlen in der Slowakei 2010 wird eine Entspannung der slowakisch-ungarischen Beziehungen erwartet.[24]
Militär
Ungarn hat ein Berufsheer von etwas über 30.000 Mann (im Friedensvertrag von 1947 wurden 65.000 Mann für das Heer und 5.000 für die Luftwaffe als Maximum festgelegt). Diese verteilen sich wie folgt:
- 23.600 Mann im Heer (einschließlich Donauflottille)
- 7.700 Mann bei der Luftwaffe
- 2100 Mann in den zentralen Kommanden und Stäben
Hinzu kommen 12.000 Mann Grenztruppen und eine Reserve von 60.000 Mann.[25] Der Oberbefehl liegt beim Verteidigungsminister.
Von Seiten der NATO wird kritisiert, die Streitkräfte könnten den Schutz des eigenen Landes nicht gewährleisten.[26]
Seit März 2006 ist in Ungarn die neue Saab JAS-39 Gripen aus Schweden im Einsatz, die ab 2009 aktiv an den NATO-Übungen teilnehmen wird. Mit der Erprobung der Flugzeuge wurde im Dezember 2005 begonnen.
Ein kleines Detachement ungarischer Soldaten dient im Irak. Die Reservebasis der ungarischen Luftwaffe in Kaposvár wurde vor dem Irak-Krieg von der US-Luftwaffe gemietet. Es bleibt offen, ob dort auch US-Geheimdienstmitarbeiter auf den Krieg im Irak vorbereitet oder dafür ausgebildet wurden. Im NATO-Rahmen sind zudem auf dem Balkan ungarische Stabilisierungstruppen stationiert, außerdem engagiert sich Ungarn auch in Afghanistan mit eigenen Truppen.
Wikinews: Politik in Ungarn – in den NachrichtenVerwaltungsgliederung
Ungarn ist in 19 Komitate (Gespanschaften) und die Hauptstadt Budapest eingeteilt. Innerhalb der Komitate gibt es 24 Städte mit Komitatsrecht. Diese gehören verwaltungsrechtlich zum Komitat, ihre Einwohner wählen jedoch die Komitatsvertretung (Megyei Közgyűlés) nicht mit. 1999 wurde das Land in sieben Regionen eingeteilt, auch um die Auflagen der Europäischen Union zu erfüllen. Die Komitate wiederum sind in Kleingebiete unterteilt, die im NUTS-System der EU der Ebene LAU-1 entsprechen.
Städte mit Komitatsrecht
(seit)Komitate, Komitatssitz - Budapest
- Békéscsaba (1990)
- Debrecen (1954)
- Dunaújváros (1990)
- Eger (1990)
- Érd (2005)
- Győr (1970)
- Hódmezővásárhely (1990)
- Kaposvár (1990)
- Kecskemét (1990)
- Miskolc (1954)
- Nagykanizsa (1990)
- Nyíregyháza (1990)
- Pécs (1954)
- Salgótarján (1996)
- Sopron (1990)
- Szeged (1954)
- Székesfehérvár (1990)
- Szekszárd (1996)
- Szolnok (1990)
- Szombathely (1990)
- Tatabánya (1990)
- Veszprém (1990)
- Zalaegerszeg (1990)
- Bács-Kiskun, Kecskemét
- Baranya, Pécs
- Békés, Békéscsaba
- Borsod-Abaúj-Zemplén, Miskolc
- Csongrád, Szeged
- Fejér, Székesfehérvár
- Győr-Moson-Sopron, Győr
- Hajdú-Bihar, Debrecen
- Heves, Eger
- Jász-Nagykun-Szolnok, Szolnok
- Komárom-Esztergom, Tatabánya
- Nógrád, Salgótarján
- Pest (Budapest selbst gehört nicht zum Komitat Pest)
- Somogy, Kaposvár
- Szabolcs-Szatmár-Bereg, Nyíregyháza
- Tolna, Szekszárd
- Vas, Szombathely
- Veszprém, Veszprém
- Zala, Zalaegerszeg
Regionen Komitate in der Region - Nyugat-Dunántúl
(Westtransdanubien)
- Közép-Dunántúl
(Mitteltransdanubien)
- Dél-Dunántúl
(Südtransdanubien)
- Észak-Magyarország
(Nordungarn)
- Közép-Magyarország
(Mittelungarn)
- Észak-Alföld
(Nördliche Große Tiefebene)
- Dél-Alföld
(Südliche Große Tiefebene)
- Győr-Moson-Sopron
Vas
Zala - Fejér
Komárom-Esztergom
Veszprém (Komitat) - Baranya
Somogy
Tolna - Borsod-Abaúj-Zemplén
Heves
Nógrád - Budapest (Hauptstadt)
Pest (Komitat) - Hajdú-Bihar
Jász-Nagykun-Szolnok
Szabolcs-Szatmár-Bereg - Bács-Kiskun
Békés
Csongrád (Komitat)
Infrastruktur
Straßenverkehr
Die Infrastruktur wird sukzessive ausgebaut. Viele Autobahnen und Schnellstraßen befinden sich in Planung und Bau. Es gibt fünf Autobahnen, die Richtung Budapest verlaufen. Drei Autobahnen davon sind komplett fertiggestellt, die M1, die M5 und die M7. Die M1 verläuft von der österreichischen Staatsgrenze bei Hegyeshalom zur Hauptstadt Budapest. Von ihr zweigt die M15 in Richtung Bratislava ab. Sie ist seit 1998 einbahnig befahrbar. Die M5 verläuft von der serbischen Grenze bei Röszke im Süden nach Budapest. Die M7 ist besonders aus touristischer Sicht wichtig, da sie Budapest mit dem Tourismusgebiet des Balaton und mit Kroatien (oder über die M70 mit Slowenien) verbindet. Schon 1964 wurde mit dem Bau dieser ersten ungarischen Autobahn begonnen. Die Strecke endete bis 2005 kurz nach Siófok.
Andere bereits bestehende Autobahnen werden nach und nach bis an die Staatsgrenzen verlängert, wie beispielsweise die M3. Die M3 ermöglicht die Durchquerung des Landes von West nach Ost, sie verläuft von Budapest nach Nyíregyháza. Über die M3 und M30 ist Budapest mit Miskolc und mit Nordostungarn verbunden. Die Verlängerung zur ukrainischen Grenze ist bis 2015 geplant. Über die M35 ist Debrecen an die M3 angebunden. Die erste Teilstrecke der M6 Richtung Pécs wurde im Sommer 2006 zwischen Budapest und Dunaújváros eröffnet. Seit Frühjahr 2010 sind 193 der geplanten 212 Kilometer (Budapest–Grenze zu Kroatien) für den Verkehr frei gegeben.
Eine weitere wichtige Autobahn ist die M0, die bis 2015 zu einem kompletten Ring um Budapest ausgebaut werden und den Durchgangsverkehr aufnehmen soll. 2010 sind 79 Kilometer der geplanten 108 Kilometer befahrbar . Die M0 verbindet dann die Autobahnen (gegen den Uhrzeigersinn) M1, M7, M6, M5, M4, M31, M3 und M2 um Budapest. Am Ende der derzeitigen Ausbaustufe werden die M2 und die Landstraße 11 (Richtung Esztergom) angeschlossen.Weitere Autobahnen von und nach Budapest wie die M10 (Budapest–Esztergom) oder ein weitläufiger Ring um Budapest wie die M11 (Esztergom–Hatvan) sind derzeit in Planung.
In Ungarn lässt sich nahezu jede Gemeinde per Bus erreichen. Zwischen größeren Städten verkehren Buslinien in einem Takt von 30–60 Minuten, kleinere Städte und Dörfer werden meist im Takt von 1–2 Stunden angefahren. Die größte Busverkehrsgesellschaft in Ungarn ist Volán, sie befördert pro Tag etwa 1,6 Millionen Fahrgäste.
Schienen- und Flugverkehr
Die Eisenbahnlinien laufen, wie die Autobahnen auch, sternförmig auf die zentral gelegene Hauptstadt zu. Betreibergesellschaften sind die ungarische MÁV (Magyar Államvasutak Rt.) und in Westungarn die österreichisch-ungarische GySEV/ROeEE (Győr-Sopron-Ebenfurthi Vasút Rt./Raab-Ödenburg-Ebenfurther Eisenbahn AG).
Internationale Flughäfen sind Budapest Liszt Ferenc südöstlich von Budapest (Terminals 1, 2a, 2b), der gleichzeitig der Sitz der größten ungarischen Fluggesellschaft Malév ist, und seit dem Frühjahr 2006 der Flughafen Balaton bei Sármellék in Südwestungarn, der seit einigen Monaten aus mehreren europäischen Ländern angeflogen wird.
Darüber hinaus gibt es in Ungarn noch eine Reihe von Binnenflughäfen, von denen immer mehr für den Personenverkehr genutzt werden, wie etwa der Flughafen von Debrecen.
Siehe auch: Liste ungarischer FlughäfenEnergieversorgung
Die Energieversorgung beruht hauptsächlich auf Wärmekraftwerken, in denen aus Kohle und größtenteils importiertem Erdöl und Erdgas Strom erzeugt wird.
Im Gegensatz zu anderen Donau-Anrainerstaaten wie beispielsweise Österreich oder der Slowakei besitzt Ungarn keine Wasserkraftwerke an der Donau. Dies liegt vor allem daran, dass der zusammen mit der Slowakei geplante Bau des Donauwasserkraftwerks Gabčíkovo-Nagymaros auf großen Widerstand seitens der ungarischen Bevölkerung stieß. Danach wurden Pläne für weitere Wasserkraftwerke in Ungarn verworfen.
Kernenergie
Ungarn deckt ca. 38 % seines Energiebedarfes über Kernenergie. Das einzige Kernkraftwerk Ungarns, das Kernkraftwerk Paks 100 Kilometer südlich von Budapest, ist der mit Abstand größte Arbeitgeber in der Region um Paks. Die radioaktiven Abfälle werden im Lager Püspökszilágy zwischengelagert. 1982 ging in Paks der erste und 1984 der zweite Reaktorblock in Betrieb. Eine Erweiterung um zwei weitere Blöcke fand 1986/87 statt. Diese wurden wie auch die ersten beiden Reaktoren mit sowjetischer Unterstützung errichtet. Jährlich werden im Kernkraftwerk Paks zwischen 11.000 und 14.000 GWh Strom erzeugt.
Das Kraftwerk machte nur einmal Schlagzeilen, als sich am 10. April 2003 ein Störfall ereignete. Beim Reinigen von Brennstäben im Block 2 des Kernkraftwerks soll deren Umhüllung beschädigt worden sein, wodurch radioaktives Gas austrat.
Geothermie
Wie überall in Europa versucht man auch in Ungarn, die Energie aus dem Erdinneren zur Stromerzeugung zu nutzen. So prüft der ungarische Ölkonzern MOL zur Zeit nahe der Stadt Iklódbördöce im Komitat Zala, ob unterirdische Thermalquellen zur Energieerzeugung nutzbar gemacht werden können. Falls das mit 1 Mrd. Forint (zirka 4.000.000 Euro) veranschlagte Forschungsprojekt positive Ergebnisse bringen sollte, plant das Konsortium um MOL in Iklódbördöce, bis 2008 das bis dahin erste geothermische Kraftwerk Mittelosteuropas zu errichten. In Berechnungen wird davon ausgegangen, dass man mit dem Kraftwerk eine Leistung von 3–5 Megawatt erreichen wird.
MOL nimmt an, dass in Ungarn in den nächsten zehn Jahren bis zu sechs Geothermie-Kraftwerke entstehen könnten.
Solarenergie
Die Photovoltaik findet in Ungarn nur wenig Erwähnung. In Ráckeve produziert das einheimische Unternehmen KORAX Machinery Ltd. Solarmodule, deren Gesamtkapazität pro Jahr 10 MW beträgt. Es ist anzunehmen, dass nicht alle Module in den Export gehen.
Wasserwirtschaft
Wasserversorgung
Aufgrund seiner beckenartigen Struktur verfügt Ungarn im Vergleich zu anderen Staaten Mitteleuropas über relativ große Wasserressourcen, die bei ungefähr 120 Milliarden m³ Frischwasser im Jahr liegen. Davon entfallen jedoch 90 % auf Flüsse, die außerhalb der Staatsgrenzen entspringen (Donau, Drau, Theiß). Das bedeutet, dass die Wasserqualität dieser Flüsse nur in begrenztem Ausmaß durch nationale Maßnahmen zu beeinflussen ist. Darüber hinaus hat Ungarn nationale Probleme, die vor allem aus der langjährigen Vernachlässigung der Abwasserbehandlung resultieren.
In Ungarn stammen 90 % des Trinkwassers aus Grundwasserressourcen. Insgesamt beträgt die jährliche Wasserentnahmemenge etwa 5.500 Mio. m³, wovon etwa 85 % Oberflächenwasser und 15 % Grundwasser sind. Die durchschnittliche Gesamtwasserentnahme pro Kopf liegt in Ungarn bei etwa 550 m³ im Jahr oder 1500 Liter pro Tag, was ungefähr dem Doppelten der Werte von Polen, Rumänien oder Tschechien entspricht und leicht über dem deutschen Verbrauch (500 m³/Jahr/Person) liegt. Von dieser Menge entfallen auf die öffentliche Wasserversorgung etwa 13 % (195 l/Tag/Person), auf die Industrie und Energieerzeugung etwa 78 % und auf die Landwirtschaft ungefähr 9 %. Vor der Systemwende war der Wasserverbrauch noch bedeutend höher. Der deutliche Rückgang ist bedingt durch die Stilllegung von Bauxit- und Kohlebergwerken, den rückläufigen Bedarf der Industrie und den stetigen Anstieg der Wasserpreise, die seit 1990 von den Gemeinden festgelegt werden und durch den Abbau von Subventionen erheblich gestiegen sind. In Budapest zum Beispiel betrugen im Jahre 2004 die Gebühren für Frischwasser 0,56 €/m³ und die Abwassergebühren 0,73 €/m³ (Umrechnungskurs vom 12. Mai 2004). Viele Kommunen wenden inzwischen außerdem einen progressiven Wassertarif an, der hohen Wasserverbrauch bestraft.
Von den 10,2 Millionen Ungarn sind mittlerweile 98 % an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Allerdings entspricht die Trinkwasserqualität noch nicht in allen Gebieten des Landes den Mindestanforderungen der Europäischen Union. Gerade in ländlichen Gebieten bestehen oft erhebliche, teilweise regionalspezifische Schwierigkeiten bei der Versorgung. Große Probleme gibt es mit der Belastung des Trinkwassers mit Arsen, Nitraten, Nitriten und anderen Stoffen wie Asbest, Eisen, Mangan, Antimon, Bor, Fluoriden oder Iodiden. Eine Ursache davon sind die zahlreichen wilden Mülldeponien, die in Trinkwassergebieten liegen und wegen mangelnder Abdichtung das Grundwasser verunreinigen.
Abwasserentsorgung
Der Anteil der Haushalte, die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind, liegt bei etwa 51 % und betrifft etwa 60 % der Bevölkerung. Die Quote der an das Kanalnetz angeschlossenen Haushalte schwankt jedoch je nach Größe der Stadt. In der Hauptstadt Budapest liegt sie bei etwa 90 %, in anderen Großstädten Ungarns bei 75 %. In mittelgroßen Städten erreicht die Anschlussquote 45 bis 50 %, und in Dörfern liegt sie lediglich bei 35 %. Der Anschluss ans Kanalnetz besagt allerdings noch wenig über die anschließende Aufbereitung des Wassers. Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung ist bisher auch an Kläranlagen angeschlossen, von denen drei Viertel sowohl mit einer primären als auch sekundären Reinigungsstufe ausgestattet ist. Eine tertiäre Behandlungsstufe, in der Phosphor und Stickstoff entfernt werden, findet man nur in den wenigsten Anlagen. Die Abwässer derjenigen Haushalte, die nicht an ein öffentliches Kanalnetz angeschlossen sind, werden etwa zu einem Drittel dezentral behandelt, überwiegend in Kleinkläranlagen, meistens Mehrkammerabsetzgruben. Etwa 3200 Gemeinden in Ungarn haben überhaupt kein Abwassersystem und keine Kläranlage. Dagegen werden Industrieabwässer zu mehr als 90 % ordnungsgemäß behandelt.
Jährlich fallen in Ungarn durch kommunale Abwässer über 100.000 t Klärschlamm in Trockenmasse an, die zum Großteil auf Deponien verfüllt werden, aber auch in der Landwirtschaft als Dünger zum Einsatz kommen oder kompostiert werden.
Wirtschaft
Ungarn erwirtschaftet ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 20.414 Mrd. Forint (2004, etwa 81 Mrd. Euro), was rund 8.000 Euro pro Kopf entspricht. Im Vergleich mit dem BIP der EU ausgedrückt in Kaufkraftstandards erreicht Ungarn einen Index von 60,9 (EU-25 = 100; 2005). [27] 3,8 % des Bruttoinlandsprodukts entstanden in der Landwirtschaft, 31,2 % in der Industrie und 65 % im Dienstleistungssektor. Mit einer Exportquote (Warenausfuhren in Prozent des BIP) von 65 % ist die Wirtschaft sehr offen. Ungefähr ein Drittel der Ausfuhren gehen nach Deutschland, etwa 8 % nach Österreich und jeweils etwa 6 % nach Italien, Frankreich und Großbritannien. Über die Hälfte der Ausfuhren entfallen auf Güter des Maschinenbaus und der Fahrzeugindustrie. Ein hoher Teil der Ausfuhren wird von Unternehmen in ausländischem Besitz getätigt. Wichtige Industriestandorte sind vor allem der Raum Budapest und die Grenzregion zu Österreich. Die größte ungarische Unternehmung ist der Mineralölkonzern MOL, an zweiter Stelle folgt die Audi Hungaria Motor Kft.
Eine wichtige Rolle als Einnahmequelle spielt der Tourismus in Budapest, in der Puszta und am Plattensee (Balaton). Da Ungarn auch über 350 Thermalquellen verfügt, setzt der Tourismus vermehrt in diese Angebote.[28]
Wirtschaftsdaten
- Bruttoinlandsprodukt (BIP) (2004): 80,9 Mrd. € (1)
- Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2004): 7.997 € (1)
- Wirtschaftswachstum (2007): 1,4 % (2)
- Monatliches Bruttoeinkommen (Anfang 2007): 849 € (2)
- Import (2009): 55 518 Mio. €
- Export (2009): 59 4676 Mio. €
- Inflationsrate (2007): 8 % (2)
- Arbeitslosenquote (2008): 8,5 % (3)
- Beschäftigungsverteilung (2004) (2)
- Industrie: 32,8 %
- Land-/Forstwirtschaft: 5,3 %
- Dienstleistungen: 61,9 %
- Selbstständigenrate: 13,8 %
1 Quelle: Statistisches Zentralamt Ungarn 2 Quelle: Bundesagentur für Arbeit / Zentrale Auslands- und Fachvermittlung Bonn 3 Quelle: Eurostat
Wirtschaftliche Entwicklung
Das Wachstum der Wirtschaft Ungarns hat sich 2004 auf knapp 4,6 % beschleunigt, verlangsamte sich aber 2007 auf nur 1,4 % und lag damit unter dem Durchschnitt der Eurozone. Es blieb damit schwächer als der durchschnittliche Produktionsanstieg in den osteuropäischen EU-Beitrittsländern, der auf rund 5 % anzog. Hauptantriebskraft für das Wachstum in Ungarn waren 2004 neben den deutlich höheren Exporten die Investitionen. Der private Verbrauch stieg nicht mehr so stark wie im Vorjahr.
Der Anstieg der Verbraucherpreise beschleunigte sich 2004 auf 6,8 % und 2007 auf 8 %. Das Inflationstempo war damit deutlich höher als in der Gesamtheit der Beitrittsländer (+4 %). Hintergrund für den rascheren Preisanstieg als im Vorjahr waren zum Teil nur „Einmaleffekte“, die durch den Beitritt zur EU bedingt waren, aber auch – wie überall – gestiegene Rohstoffpreise. Außerdem wurden staatlich regulierte Preise angehoben sowie Umsatz- und Verbrauchsteuern erhöht. So wurden zum 1. Januar 2004 drei Mehrwertsteuersätze eingeführt. Der allgemeine Steuersatz beträgt weiterhin 25 %, während der ermäßigte Satz (beispielsweise für Zeitungen, Bücher und Lebensmittel) auf 15 % angehoben und ein weiterer Steuersatz für die bisher steuerbefreiten Medikamente von 5 % eingeführt wurde. 2005 dürften die Preise daher nur noch um rund 3½ % steigen. Zum 1. Januar 2006 wurde der Hauptsatz der Mehrwertsteuer von 25 % auf 20 % gesenkt, um das europäische Mittel von 20 % zu erreichen. Dies geschah auch vor dem Hintergrund der Bemühungen Ungarns, die Maastricht-Kriterien einzuhalten.
Die Arbeitslosenquote konnte in Ungarn bis 2001 knapp unter 6 % gedrückt werden. Sie hält sich seither mit geringen Schwankungen auf diesem Niveau, stieg aber 2007 auf über 7 %. Abgesehen von Slowenien weist kein anderes ostmitteleuropäisches EU-Beitrittsland eine ähnlich niedrige Arbeitslosenquote aus. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote in den EU-Beitrittsländern lag 2004 demgegenüber bei rund 14 %, die Arbeitslosenquote in den EU-15-Staaten war mit rund 8 % auch höher. Wegen unterschiedlicher Methoden bei der Ermittlung der Arbeitslosenzahl sind die nationalen Arbeitslosenquoten international allerdings nur eingeschränkt vergleichbar.
Schwachpunkte der ungarischen Wirtschaft sind die hohen Defizite im Staatshaushalt und in der außenwirtschaftlichen Leistungsbilanz. Da die Importe 2004 erneut deutlich stärker stiegen als die Exporte, hielt sich das Defizit in der Leistungsbilanz mit rund 9 % des Bruttoinlandsprodukts auf sehr hohem Niveau.
Das Haushaltsdefizit konnte von 2002 bis 2004 von gut 9 % des Bruttoinlandsprodukts auf knapp 5 % halbiert werden, lag aber 2007 mit 4,9 % des Bruttoinlandsprodukts noch deutlich über dem Referenzwert von 3 % des BIP, den der Maastricht-Vertrag für eine Qualifikation für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion verlangt. Auch die Gesamtverschuldung des Staates lag 2007 mit 70 % deutlich über dem Referenzwert von 60 %. Ungarn verfehlt damit sämtliche Euro-Beitrittskriterien.
Auseinandersetzungen über die Haushaltssanierung stehen im Zentrum der ungarischen Wirtschaftspolitik. Sie waren ein Grund für den Rücktritt von Ministerpräsident Péter Medgyessy im Herbst 2004 und sind auch Teil der Kontroversen zwischen der ungarischen Regierung und der Zentralbank.
Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány nannte in seiner Antrittsrede 2004 im Parlament als sein wirtschaftspolitisches Ziel die Übernahme des Euros bis zum Jahr 2010. Dafür wird angesichts des hohen Budgetdefizits eine konsequente Sparpolitik verfolgt werden müssen. Wirtschaftspolitische Themen spielten auch bei den Parlamentswahlen 2006 eine große Rolle, wobei keine Partei damit warb, die Staatsfinanzen mit Steuererhöhungen sanieren zu wollen.
Im September 2006 wurden Details über eine Rede publik, die Gyurcsány nach den Parlamentswahlen im April vor seiner Fraktion gehalten hatte. In dieser Rede sprach Gyurcsány davon, dass die Regierung in den vergangenen Jahren nur gelogen habe, um den wahren Zustand der Staatsfinanzen zu verschleiern. Mit dieser Rede wollte Gyurcsány seine Partei dazu bringen, die von ihm geplanten Konsolidierungsmaßnahmen mitzutragen (Mehrwertsteuererhöhung, Praxisgebühr, Entlassungen im öffentlichen Dienst …). Nach Bekanntwerden der Rede wurden in Budapest, aber auch anderen ungarischen Städten, Protestdemonstrationen organisiert, die teilweise in massive Gewalttätigkeiten mündeten.
Von der Finanzkrise ab 2007 ist Ungarn besonders stark betroffen. Wegen des hohen Doppeldefizits (Leistungsbilanz und Staatshaushalt) und der hohen Verschuldung der privaten Haushalte, die zu erheblichen Teilen in Fremdwährungen erfolgte, erlitt der Forint gegen den Euro im Oktober 2008 erhebliche Kursverluste. Die Zentralbank erhöhte daraufhin den Zins um 3 Prozentpunkte. Außerdem musste die Europäische Zentralbank Ungarn einen Swap in Höhe von 5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, weil ungarische Banken die Vergabe von Devisenkrediten weitgehend eingestellt hatten.[29] Nachdem auch der Markt für ungarische Staatsanleihen wegbrach, bat Ungarn den IWF um Hilfe. Am 27. Oktober 2008 gab der IWF bekannt, Ungarn mit einem Rettungspaket zu unterstützen, um den sonst unausweichlichen Staatsbankrott Ungarns zu verhindern.[30][31] Die Europäische Union und die Weltbank beteiligen sich ebenfalls an dem Rettungspaket; insgesamt wurde Ungarn ein Kredit über 20 Milliarden Euro zugesagt.[32]
- Entwicklung des BIP und des Außenhandels
Die wichtigen Wirtschaftskennzahlen Bruttoinlandsprodukt und Außenhandel entwickelten sich in den letzten Jahren folgendermaßen:
Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP), real in % gegenüber dem Vorjahr Jahr 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Veränderung in % gg. Vj. 4,9 4,2 5,2 3,8 3,5 3,4 4,6 4,2 3,9 1,1 0,5 −5,5* Quelle: bfai [33] * = geschätzt Entwicklung des Außenhandels in Mrd. Euro und seine Veränderung gegenüber dem Vorjahr in % 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Mrd. Euro % gg. Vj. Einfuhr 42 6 49 15 53 9 43 16 51 21 53 3 Ausfuhr 38 4 45 17 50 12 44 19 48 11 50 3 Saldo −4,2 −3,9 −2,9 +0,9 −3,1 −3,5 Quelle: bfai [34] Staatshaushalt
Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 59,3 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 54,1 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 4,1 % des BIP.[35]
Die Staatsverschuldung betrug 2009 98,0 Mrd. US-Dollar oder 78,0 % des BIP.[35]2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:
Kultur
Architektur
Einige der wichtigsten erhaltenen Bauten Ungarns sind im spätromanischen Stil erbaut. Sie sind stark von westeuropäischen Einflüssen (Rheinland/Köln) geprägt, etwa die Kirchen in Zsámbék und Ják aus dem 13. Jahrhundert. In der Gotik sind besonders zwei- und dreischiffige Hallenkirchen aus dem 15. Jahrhundert charakteristisch. Unter König Sigismund (ung. Zsigmond) entstand in Buda ein Fürstensitz, den König Matthias Corvinus in florentinischem Stil ausbauen ließ. Eines der bedeutendsten Werke dieser Epoche ist das Schloss des Fürsten Esterházy in Fertőd, dessen Vorbild Schloss Versailles war. Mihály Pollack, einer der Hauptbaumeister des Klassizismus in Ungarn, stammte aus Wien. Miklós Ybl, der vornehmlich im Renaissancestil baute, ließ diese Epoche in Ungarn noch einmal aufleben (etwa beim Opernhaus in Budapest).
Imre Steindl errichtete 1885–1902 das Parlamentsgebäude in Budapest im neugotischen Stil, wodurch dieser in Ungarn wieder kurzzeitig in Mode kam. Um die Jahrhundertwende wurden vor allem in der Hauptstadt viele Bauten im Jugendstil errichtet, zum Beispiel das Blindeninstitut. In Kecskemét ist ein schönes Beispiel für den Jugendstil der Cifra Palota, 1902 nach den Plänen von Géza Márkus mit Fassadenschmuck aus Zsolnay-Keramik gebaut. Für den Baustil der Wohnhäuser in Budapest um die Jahrhundertwende sind Häuser mit Innenhof und offenen Gängen (gang) typisch; die Wohnungen in bürgerlichen Häusern ähneln sehr den heutigen „Altbauwohnungen“ in Wien. Sie sind vorwiegend in den linksufrigen Pester Bezirken am „Großen Ring“ (nagykörút) zu finden. In den Jahren der kommunistischen Herrschaft wurden diese Häuser (besonders im 7. und im 8. Bezirk) sehr vernachlässigt und viele befinden sich bis heute in heruntergekommenem Zustand (die meisten Substandardwohnungen befinden sich in diesen Bezirken). In den 1930er Jahren erbaute man mehrere Mustersiedlungen im Bauhausstil, vor allem auf dem Svábhegy (Schwabenberg) (im 12. Bezirk) zu finden.
Ein architektonisches Juwel ist die kurz vor der Jahrhundertwende und vor der Wiener Stadtbahn errichtete erste U-Bahn-Linie Österreich-Ungarns, die vom Vörösmarty tér zur Mexikói út führt. Auch Bauten im Stadtwäldchen (Széchenyi-Bad, Zoo) sind erwähnenswert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten ungarische Architekten vorwiegend im Sozialistischen Realismus, wodurch auch einige Plattenbauten (auf Ungarisch panelház) entstanden. Mit diesen Bauten sollte rasch eine Lösung gegen die Wohnungsnot gefunden werden. Derzeit befinden sie sich jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Der Einfluss internationaler Strömungen nahm später immer weiter zu, da es nun erlaubt war, private Architekturbüros zu eröffnen und sich das Land wirtschaftlich zunehmend öffnete. Imre Makovecz und Dezső Ekler bauten in den 1980er Jahren in einer organischen, anthroposophischen Architektur. Andere Architekten wandten sich internationalen Trends zu oder suchten den Anschluss an die Architektur der Vorkriegszeit. Der neueste Trend ist die Errichtung von „Wohnparks“, Wohnanlagen mit guter Infrastruktur, deren Stil dem in den westeuropäischen Ländern ähnlich ist. Ein interessantes Bauprojekt war der Bau des neuen Nationaltheaters in Budapest nach den Plänen von Mária Siklós, das 2002 fertiggestellt wurde.
Die traditionelle Architektur auf dem Lande ist heute noch in einigen Ortschaften authentisch erlebbar, wie in Hollókő, das als Museumsdorf Teil des Welterbes der UNESCO ist. Die strohgedeckten Häuser in Tihany am Balaton sind ebenfalls denkmalgeschützt – im Ortskern dürfen Häuser nur in alter Bauweise errichtet werden. Die Vielfalt der ungarischen dörflichen Baukultur kann man im Freilichtmuseum in Szentendre bewundern – hier wurden abgetragene Originalhäuser aus allen Gebieten Ungarn wieder aufgebaut und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Malerei
Der bekannteste ungarische Maler des 15. Jahrhunderts war Michele Ongaro (auch Pannonio). Er arbeitete am Hof von Ferrara in Italien. Die ungarischen Maler des 17. und 18. Jahrhunderts arbeiteten ebenfalls hauptsächlich im Ausland. Im 19. Jahrhundert kam die nationale Historienmalerei auf (mit bekannten Malern wie Gyula Benczúr, Bertalan Székely, Mór Than). Miklós Barabás, einem Porträtisten, gelang es als erstem ungarischem Maler, im eigenen Land Anerkennung zu finden. Die Bilder von Mihály Zichy und von Géza Mészöly sind vor allem von der Romantik geprägt. Mihály Munkácsy verband in verschiedensten Kompositionen aus dem bäuerlichen Volksleben die den Impressionismus vorbereitende Freilichtmalerei mit realistischen Elementen. Ähnlich gestaltet sind auch die Werke von Pál Szinyei Merse.
Um die Jahrhundertwende erlangten die Künstlerkolonie Nagybánya, die von Károly Ferenczy geführt wurde, sowie einige andere Gruppen Bedeutung, hauptsächlich als Künstler einer realistisch gefärbten oder romantisierenden „Naturmalerei“. Die sozialistisch-realistischen Genre- und Historienmalerei war in den 1950er und 1960er Jahren besonders beliebt. Danach kamen unterschiedliche internationale Strömungen ins Spiel, hauptsächlich aber die Medienkunst und die abstrakte und realistische Malerei (beispielsweise Imre Bak oder Dóra Maurer). Mit Victor Vasarely, Zsigmond Kemény und László Moholy-Nagy stammen einige der führenden, im Ausland arbeitenden Künstler des 20. Jahrhunderts aus Ungarn. Heutzutage bekannte Maler aus Ungarn sind István Szőnyi, Jenő Barcsay, László Lakner und Aurél Bernáth.
Literatur
Aus der Zeit, in der die Magyaren noch nicht christianisiert waren (bis ca. 950–1000), sind lediglich einige Inschriften in ungarischen Runen erhalten. Seit der Christianisierung durch Stephan I. (Szent István) wurde nur das lateinische Alphabet verwendet. Die Literatursprache war ebenfalls das Lateinische. Der älteste vollständig erhaltene sakrale Text in ungarischer Sprache ist die „Grabrede“ (halotti beszéd) und ein angefügtes Gebet, das um 1200 entstand. Im 13. und 14. Jahrhundert dominierte die lateinische Geschichtsschreibung. Hier sind vor allem die Gesta Hungarorum aus dem 13. Jahrhundert zu nennen. Der Autor nannte sich „Anonymus“. Wer er wirklich war, ist bis heute umstritten. Nach der Blüte der Geschichtsschreibung gelangte die christliche Hymnendichtung in den Vordergrund. Das erste vollständig erhaltene Gedicht in ungarischer Sprache ist die „Altungarische Marienklage“ (Ómagyar Máriasiralom), sie wurde erst 1922 entdeckt.
Mit dem Renaissancekönig Matthias Corvinus (1458–1490) setzte in Ungarn ein kultureller Aufschwung ein, und für die Bibliotheca Corviniana entstanden zahlreiche Prachtcodices mit ungarischen Passagen. Bedeutende lateinisch schreibende Ungarn waren Janus Pannonius (1434–1472) und Bálint Balassi (1554–1594). Der wichtigste Vertreter der Gegenreformation war Péter Pázmány (1570–1637), er hatte Vorbildwirkung für die ungarische Prosa. Sein Hauptwerk, der „Führer zur göttlichen Wahrheit“ (1613), war ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung einer ungarischen Philosophiesprache. Erst in dieser Zeit setzte sich das Ungarische als Schriftsprache endgültig durch. Miklós Zrínyi (1620–1664) schrieb das Nationalepos „Die Belagerung von Sziget“ (Szigeti veszedelem, 1645/46), das 1821 auf Deutsch erschien und das erste Epos überhaupt in ungarischer Sprache war.
Neben Sándor Baróczi (1735–1809) und Ábrahám Barcsay (1742–1806) waren es vor allem György Bessenyei (etwa 1747–1811), die sich in der Aufklärung und der Romantik in den Vordergrund stellten und den Anschluss an die allgemeine europäische Entwicklung fanden. Pest wurde zum literarischen Zentrum Ungarns. Der Wiener Hof blieb aber nicht untätig und baute ein weit verzweigtes Netzwerk von Zensoren auf. Mihály Csokonai Vitéz (1773–1805) war ein großer Lyriker, der in Ungarn seltene lyrische Formen einsetzte und einführte, etwa das erste jambische Gedicht. Er schrieb das erste ungarische ironische Epos „Dorothea“ (Dorottya, 1795), in dem er die adelige Lebensweise karikiert.
Die Zeit zwischen 1823–1848 war eine Glanzzeit der ungarischen Literatur. Mit Mihály Vörösmarty (1800–1855), János Arany (1817–1882) und Sándor Petőfi (1823–1849) gab es eine Reihe bedeutender Dichter. Das Gedicht Szózat (1838) von Mihály Vörösmarty, das während der Märzrevolution 1848 als ungarische Nationalhymne diente, war eines der bedeutendsten Werke dieser Zeit. Mór Jókai (1825–1904) war ebenfalls ein Vertreter der Romantik. Ferenc Kölcsey schrieb 1823 die Nationalhymne Himnusz.
Endre Adys (1877–1919) wichtiges Werk sind die „Neuen Gedichte“ aus dem Jahr 1906. Er war die überragende Gestalt am Beginn des 20. Jahrhunderts in der ungarischen Literatur. Gyula Krúdy (1878–1933) war ein stilbildender Prosaist der ungarischen Moderne, dessen umfangreiches literarisches Werk etwa 100 Bände Romane und Erzählungen umfasst. Géza Csáth zählt zu den bedeutenden Vertretern der modernen Literatur in Ungarn im 20. Jahrhundert. In seinen Novellen, Erzählungen und Tagebüchern brach er mit den Tabus seiner Zeit und thematisierte psychologische Abgründe. Sein Werk hat zahlreiche ungarische Schriftsteller beeinflusst.[37]Mihály Babits (1883–1941) übersetzte Dantes Göttliche Komödie und schrieb Romane, Lyrik und Essays. Dezső Kosztolányi (1885–1936) übersetzte zeitgenössische Werke der Weltliteratur in „Moderne Dichter“ (1913). Ferenc Molnár (1878–1952) ist der bedeutendste ungarische Dramatiker, am bekanntesten ist sein Theaterstück Liliom (1909). 1937 musste er ins Exil in die USA. Sándor Márai (1900–1989) war nach Zweiten Weltkrieg gezwungen im Exil zu leben.
Nach der kommunistischen Machtergreifung verstummten zahlreiche ungarische Schriftsteller, oder sie emigrierten. Dem Dogma des sozialistischen Realismus beugten sich aber nicht alle Schriftsteller. Mit dem Kommunismus setzten sich in ihren Werken Péter Nádas, Tibor Déry und Magda Szabó kritisch auseinander.
Imre Kertész (* 1929) verarbeitete die Erfahrung, die er als Überlebender des Holocaust im KZ Auschwitz-Birkenau erfahren hatte, in seinem literarischen Meisterwerk Roman eines Schicksallosen (Sorstalanság, 1975). Er wurde dafür 2002 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt.
Weitere zeitgenössische Autoren sind Ferenc Juhász und György Konrád und Lyriker wie László Nagy, Sándor Weöres und János Pilinszky. István Eörsi und László Krasznahorkai setzten sich nach dem Ende des kommunistischen Regimes in Ungarn mit der Machtausübung in totalitären Systemen auseinander. Als der bekannteste nach dem Krieg geborene Autor gilt Péter Esterházy (* 1950) mit seiner „Harmonia Caelestis“ und der „Verbesserten Ausgabe“ derselben. Neben ihnen ist auch der rechtsradikale Politiker, István Csurka ein berühmter Schriftsteller.
Musik
Aus Ungarn stammen wesentliche Beiträge zur europäischen Musikgeschichte. Zu erinnern ist an Komponisten wie Franz Liszt, Imre Kálmán, Franz Lehár, Leó Weiner, Ernst von Dohnányi, Béla Bartók, Zoltán Kodály und György Ligeti. Als bedeutende Dirigenten sind Antal Doráti, Ferenc Fricsay, Georg Solti und György Széll zu nennen, als bekannte Pianisten Géza Anda, György Cziffra, Andor Foldes, Zoltán Kocsis, und András Schiff und schließlich, als bedeutende Gesangssolisten, die Sopranistin Sylvia Geszty und der Tenor Sándor Kónya.
Film
Ungarische Kinospielfilmproduktion[38] Jahr Anzahl 1975 19 1985 21 1995 19 2005 26 Die ungarische Filmgeschichte begann Anfang des 20. Jahrhunderts, als etwa Michael Curtiz und Alexander Korda ihre ersten Filme inszenierten. In den turbulenten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, mit der Errichtung der kurzlebigen Diktatur von Béla Kun und auch nach der Abschaffung der Räterepublik im August 1919, flüchteten viele Ungarn ins Ausland – meist ins nahe Österreich. Auch zahlreiche Filmschaffende belebten in den 1920er-Jahren den österreichischen Film: neben den bereits erwähnten Michael Curtiz und Alexander Korda, die es später in Hollywood und Großbritannien zu Berühmtheit brachten, auch Schauspielstars wie Lucy Doraine, María Corda, Oskar Beregi, Vilma Bánky, Marika Rökk, Marta Eggerth oder auch der Filmtheoretiker Béla Balázs. Ebenfalls ungarischer Abstammung war der amerikanische Weltstar Tony Curtis.
Gastronomie
Die ungarischen Speisen gelten im Vergleich zu anderen europäischen Speisen als relativ „schwere Kost“. Ein beliebtes Gericht der Ungarn (häufig als Nationalgericht tituliert) ist pörkölt (nicht zu verwechseln mit dem gulyás). Pörkölt wird nicht nur im deutschsprachigen Raum fälschlicherweise auch als Gulasch bezeichnet. In Ungarn gibt es dieses sowohl als disznó-pörkölt (mit Schweinefleisch) als auch als marhapörkölt (mit Rindfleisch). Pörkölni bezeichnet das Verfahren der Fleischzubereitung (Schmoren in Zwiebeln, Paprika und Fett). Die Beilagen zu diesem Gericht sind variabel und von Region zu Region verschieden.
Das in Ungarn gekochte gulyás ist im Gegensatz zum pörkölt eine Suppe. Die deutsche Bezeichnung „Gulaschsuppe“ ist also korrekt (ungarisch gulyásleves). Traditionell wird die Suppe im Kessel (bogrács) zubereitet. Das Kochen in diesem Gerät geht auf die Nomadenzeit zurück und ist verwandt mit der chinesischen Version des Kessels: dem Wok. Das Fleisch wird zunächst wie pörkölt geschmort, jedoch nach ausreichender Garzeit mit Wasser aufgegossen. Außerdem gibt man Kartoffelstücke und Kümmel dazu (nicht so beim pörkölt). Für dieses Gericht wird traditionell nur Rindfleisch verwendet. Dass dies so ist, ergibt sich aus dem Wort gulyás. Das Wort gulya bedeutet „Rinderherde“, der gulyás ist der Rinderhirte (sozusagen der ungarische Cowboy).
Weltberühmt ist neben dem Paprika, der auch gemahlen als Gewürz besonders in der ungarischen und mittlerweile auch in ausländischen Küchen verwendet wird, der Tokajer (ung. tokaji), ein Wein aus dem Tokajer Weingebiet (ung. tokaji borvidék). Für diesen Wein werden nur spätreifende Rebsorten verwendet, so dass die Weintrauben nicht nur von den trockenen, heißen Sommern, sondern auch von den langen, warmen und nebelreichen Herbsten profitieren.
Medien
Presse
In Ungarn erscheinen 40 Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage 1,6 Millionen, was einer Käuferschaft von 194 Zeitungsexemplaren pro 1000 Einwohnern entspricht.[39]
Die bekanntesten Tageszeitungen sind
- Népszabadság (sozialdemokratisch, ehemals Presseorgan der Staatspartei, ca. 100.000 Exemplare)
- Magyar Nemzet (rechtskonservativ, ca. 50.000 Exemplare)
- Magyar Hírlap (früher liberal, heute konservativ, ca. 25.000 Exemplare)
- Népszava (traditionell sozialdemokratisch, ca. 20.000 Exemplare)
Zu den bekanntesten Wochenzeitungen zählen das liberale Literatur- und Politikblatt Élet és Irodalom, die Wirtschaftszeitschrift Heti Világgazdaság (HVG), die bürgerlich-konservativen politischen Zeitschriften Heti Válasz und Demokrata, die liberalen politischen Zeitschriften 168 óra und Beszélő, die Frauenillustrierte Nők Lapja, das Rätselblatt Füles, die Zeitung Reformátusok Lapja der Reformierten Kirche, und die katholische Zeitschrift Új Ember. Das Boulevardblatt Blikk erfreut sich großer Popularität. Die satirische Zeitschrift Ludas Matyi wurde vor einigen Jahren eingestellt. Die Obdachlosenzeitung von Budapest heißt Fedél nélkül.
Deutschsprachige Medien
In Ungarn erscheinen die deutschsprachigen Zeitungen Pester Lloyd (1854 gegründet, seit 1994 wieder in Budapest herausgegeben, seit 1999 mit der Budapester Rundschau und dem Wiener Lloyd), Neue Zeitung und die Budapester Zeitung. Hauptsächlich für Touristen interessant ist die deutschsprachige Monatszeitung Balaton Zeitung. Lesenswert ist auch die Zeitschrift Drei Raben, die in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut in Budapest herausgegeben wird. Deutschsprachige Fernsehsendungen mit ungarischen Untertiteln werden regelmäßig vom öffentlich-rechtlichen Sender MTV (Magyar Televízió) ausgestrahlt.
Rundfunk und Telekommunikation
Die staatliche öffentlich-rechtliche Fernsehgesellschaft Ungarns heißt MTV (Magyar Televízió) und betreibt zwei Kanäle, m1 und m2. Eine weitere öffentlich-rechtliche Fernsehgesellschaft ist die Duna Televízió AG, die die Kanäle Duna TV und Duna II Autonómia betreibt. Außer den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern gibt es zahlreiche Privatsender (Magyar ATV, TV2, RTL Klub, Viasat 3, Hálózat Televízió) und Spartenkanäle wie Minimax, Animax (Kinderkanäle), Hír TV (Nachrichtenkanal), TV Paprika (Gastronomie), Viasat History (Geschichtliche Dokumentationen), Spektrum Televízió (Technische Dokumentationen) und Ableger internationaler Fernsehkanäle (Viva, Music Television Hungary, National Geographic Channel, Nickelodeon, Eurosport, History Channel, Discovery Channel u.v.a.). Von diesen Sendern sind zurzeit Duna TV, Duna II Autonómia und Hír TV per Livestream online. Über Satellit sind Duna TV, Duna II Autonómia, m2, TV Paprika und Budapest TV empfangbar. Das bekannteste Bezahlfernsehprogramm ist HBO Hungary
Im Hörfunk gibt es die staatliche Hörfunkgesellschaft Magyar Rádió, hauptsächlich mit den Sendern Kossuth Rádió (MR1; Kultursendungen, Literatur, Politik) Petőfi Rádió (MR2; vor allem Alternativ- und Ethnosendungen) und Bartók Rádió (MR3; klassische Musik). Hinzu kommen MR4 mit Nationalitätenprogrammen in den Sprachen der 13 anerkannten nationalen Minderheiten, MR5 mit Übertragungen der Parlamentssitzungen (in der übrigen Zeit wird das Programm von MR1 Kossuth ausgestrahlt) und MR6 mit Regionalnachrichten (in der übrigen Zeit wird das Programm von MR1 Kossuth ausgestrahlt, in Miskolc das von MR2 Petőfi). Außerdem gibt es viele Privat- und Regionalsender und Sender, die speziellen Zielgruppen oder Themen gewidmet sind. Popmusik und Unterhaltung senden Danubius – ein Sender, der am Anfang in deutscher Sprache sendete – Roxy Rádió und Juventus Rádió, Musik der 1960er, 70er und 80er Jahre bildet den Schwerpunkt bei Sláger Rádió, auf Unterhaltung und Schlager setzt Tilos Rádió, ein ehemaliger Piratensender. Ein Nachrichtensender ist Info-Rádió, in englischer Sprache sendet Radio Bridge. Die Rundfunk- und Fernsehgebühren wurden in Ungarn 2003 abgeschafft.
Die größte Telekommunikationsgesellschaft ist die Magyar Telekom. Sie ist außerdem als T-Mobile in Ungarn aktiv. Weitere Telekommunikationsanbieter sind Vodafone Magyarország und Pannon GSM.
Medienfreiheit
Am 21. Dezember 2010 verabschiedete das ungarische Parlament ein neues Mediengesetz, das am 1. Januar 2011 rechtsgültig in Kraft trat. Zudem wurde eine neue Medienbehörde geschaffen, die „Staatliche Behörde für Medien und Nachrichtenübermittlung“, Nemzeti Média- és Hírközlési Hatóság (kurz: NMHH). Sowohl das Gesetz als auch die Medienbehörde wurden auf nationaler und internationaler Ebene von zahlreichen Experten, Wissenschaftlern, Journalisten und Politikern kontrovers diskutiert. [40][41]
Sport
Fußball ist in Ungarn die populärste Sportart. Zwischen den 1930er und den 1960er Jahren zählte die ungarische Fußballnationalmannschaft zur Weltspitze. Insgesamt nahm Ungarn neunmal an Fußball-Weltmeisterschaften teil, bei Olympischen Spielen gewann Ungarn dreimal (1952, 1964, und 1968) die Goldmedaille. Bei der WM 1938 und der WM 1954 stand das Team (damals auch Aranycsapat, „Goldene Mannschaft“ genannt) im Finale und wurde Vize-Weltmeister. Das Finale der WM 1954 wird seither als Nationaltragödie behandelt, in dem das hoch favorisierte Ungarn gegen Deutschland 2:3 verlor. 1953 hatte Ungarn als erste Mannschaft überhaupt in England gewonnen, und das mit 6:3. Dieser Sieg galt als Symbol, dem darüber hinaus eine politische Deutung zugeschrieben wurde: Ungarn hatte eine „imperialistische“ Großmacht besiegt. Eine Symbolfigur dieser Mannschaft war Ferenc Puskás (Puskás Öcsi). Seit 1986 hat Ungarn allerdings nicht mehr an einer WM-Endrunde teilgenommen und in den letzten Jahren war die Nationalelf nicht mehr sehr erfolgreich. Erfolgreichster Verein ist Ferencváros Budapest, kurz Fradi, der neben 28 Meistertiteln auch als bis heute einziger ungarischer Verein einen internationalen Titel erringen konnte (1965 Gewinn des Messepokals (Vorläufer des UEFA-Pokals) durch ein 1:0 gegen Juventus Turin). Die finanziellen Schwierigkeiten des Vereins führten 2006 allerdings dazu, dass er in die zweite Liga absteigen musste. Die höchste Spielklasse im ungarischen Fußball ist die Nemzeti Bajnokság I., die aufgrund von Sponsorenvereinbarungen wechselnde kommerzielle Namensgeber aufweist.
Auch der Handball spielt in Ungarn eine wichtige Rolle. So sind bei den Männern die Vereine KC Veszprém und SC Szeged sowie bei den Frauen die Vereine Győri ETO KC und FTC Budapest regelmäßig in der EHF Champions League vertreten. Bekannte Spieler sind László Nagy, Nándor Fazekas, Tamás Mocsai und Ferenc Ilyés sowie Anita Görbicz und Katalin Pálinger. Als Trainer sind Lajos Mocsai und Ildikó Barna zu nennen.
Ungarn hat eine ganze Reihe herausragender Schachspieler hervorgebracht, darunter Rudolf Charousek, Géza Maróczy, László Szabó, Lajos Portisch und András Adorján. In jüngerer Zeit gehören Péter Lékó und Judit Polgár zu den weltweit besten Schachspielern. Bei Schacholympiaden hat Ungarn sechsmal Gold gewonnen.
Seit 1986 werden auf dem Hungaroring Formel-1-Rennen zum Großen Preis von Ungarn ausgetragen. Eine zweite international bekannte Rennstrecke ist der Pannonia-Ring, auf dem vor allem Motorradrennen stattfinden. An der Formel 1 nahm in der Saison 2004/05 auch der Ungar Zsolt Baumgartner teil.
Bei den Olympischen Sommerspielen sind die ungarischen Sportler häufig erfolgreich, und Ungarn belegt im Verhältnis zur Größe des Landes gute Plätze im Medaillenspiegel. Der erste Sportler, der für Ungarn olympische Medaillen gewonnen hat, war der Schwimmer Alfréd Hajós, nach dem das Sportschwimmbad auf der Margareteninsel benannt ist. Besonders erfolgreich sind die Schwimmer (Krisztina Egerszegi, Tamás Darnyi, László Cseh, Ágnes Kovács), die Wasserballmannschaft, die Handballmannschaft der Damen, die Fechter und die Fünfkämpfer. Ein legendärer Boxer war László Papp. Nach dem Turner Zoltán Magyar wurde eine Figur auf dem Pferd benannt: magyar vándor.
Bekannt ist auch der ungarische Tischtennissport. Victor Barna konnte von den 1920er- bis zum Ende der 1930er-Jahre insgesamt 21 Weltmeistertitel gewinnen (5 im TT-Einzel, 7 im TT-Doppel und 9 WM-Titel mit der Mannschaft), was bis heute Weltrekord ist.
Eishockey ist in Ungarn eine wachsende Sportart. Die Anzahl der neu errichteten Eishockeyhallen nimmt international am schnellsten zu. Die ungarische Nationalmannschaft spielte zuletzt bei Weltmeisterschaften in der Division I (früher B-WM), hat sich jedoch zum ersten Mal seit 70 Jahren, wieder für die A-Weltmeisterschaft qualifiziert. Die wichtigsten Teams der obersten Liga sind FTC Budapest, Alba-Volán Székesfehérvár, DAC-Invitel (Dunaújváros), Győri ETO-HC, Miskolci JJSE und Újpest Budapest. Den Meistertitel im Jahre 2006 errang Alba-Volán Székesfehérvár zum vierten Mal in Folge (insgesamt sieben Titel). Rekordmeister ist FTC Budapest (25-mal) vor Újpest TE (13-mal).
Zurzeit hat Ungarn in Person von Ágnes Szávay auch eine Weltklasse-Tennisspielerin. Ihre beste Platzierung auf der WTA-Weltrangliste war 2008 als Nummer 13.
Feiertage
Die offiziellen Feiertage in Ungarn sind die folgenden Tage (an diesen Tagen sind die Geschäfte geschlossen, während sie sonst meistens auch sonntags geöffnet haben):
Datum Bezeichnung Ungarischer Name Anmerkung 1. Januar Neujahrstag Újév 15. März Nationalfeiertag Nemzeti ünnep Märzrevolution 1848 – Ostersonntag Húsvétvasárnap – Ostermontag Húsvéthétfő 1. Mai Tag der Arbeit Munka ünnepe Beitritt zur Europäischen Union 2004 – Pfingsten Pünkösd Sonntag, 50 Tage nach Ostern 20. August Nationalfeiertag Szent István ünnepe Tag des Hl. Stephan, Feier der Staatsgründung 23. Oktober Nationalfeiertag Nemzeti ünnep Volksaufstand 1956 1. November Allerheiligen Mindenszentek 25. und
26. DezemberWeihnachten Karácsony Feiertage vor und nach der Wende
Zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der Wende gab es Feiertage, die mit dem kommunistischen Regime zusammenhingen, den 7. November (Tag der sowjetischen Oktoberrevolution), den 4. April (wurde als „Tag der Befreiung (vom Faschismus)“ gefeiert), oder den 21. März (Tag der Räterepublik 1919, die eine kommunistische Republik war). Am 15. März war nur in den Schulen frei, und man befürchtete immer wieder Unruhen in den Kreisen der Jugend. An diesem Tag ist es üblich, eine Kokarde in den ungarischen Nationalfarben über dem Herzen zu tragen.
Der 20. August wurde in den kommunistischen Jahren als „Tag der Verfassung und des neuen Brotes“ bezeichnet und mit einer großen Militärparade begangen, ferner mussten die neuen Wehrpflichtigen ihren Eid ablegen. An diesem Tag findet immer noch eine Show der Luftwaffe über der Donau statt, heute legen aber an diesem Tag nur noch die jungen Offiziere ihren Eid ab, weil die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wurde. Die Feierlichkeiten am 20. August sind nun (wie vor 1948) eher historischer Natur, im Mittelpunkt stehen die Gedenkfeierlichkeiten um den ersten König Ungarns – überall in Ungarn gedenkt man Stephans des Heiligen, zu dessen Ehren Gottesdienste und Prozessionen abgehalten werden. Der Tag endet traditionell mit einem Riesenfeuerwerk in Budapest, das auch vom Fernsehen live übertragen wird. Der 23. Oktober durfte bis zur Wende nicht gefeiert werden. Am 1. Mai fand ein großer Aufmarsch der Arbeiter statt, der an einer Tribüne vorbeiführte, auf der die wichtigsten kommunistischen Parteifunktionäre standen. Heute finden nur noch Maikundgebungen statt. Einige kirchliche Feiertage (Allerheiligen und Pfingsten) gelten erst seit 1998 wieder als offizielle Feiertage.
Andere Feste und Feiertage
In Ungarn feiert man den Muttertag (Anyák napja) nicht wie in vielen anderen Ländern am zweiten, sondern bereits am ersten Sonntag im Mai. Am ersten Sonntag im Juni ist Pädagogentag, in der darauf folgenden Woche wird den Lehrern gratuliert.
Namenstage werden in Ungarn sowohl in der Familie als auch im Kreis der Freunde und Kollegen groß gefeiert, sie haben oft einen größeren Stellenwert als die Geburtstage. Inzwischen haben auch Feste aus den angelsächsischen Ländern (Halloween, Valentinstag) in Ungarn Einzug gehalten.
Die meisten Bräuche an den kirchlichen Feiertagen sind denen in anderen mitteleuropäischen Ländern ähnlich. Eine wichtige Tradition ist es, dass Männer am Ostermontag die Frauen mit Parfüm begießen (locsolkodás), was auf einen alten Brauch zurückzuführen ist. Früher war es vor allem auf dem Lande üblich, junge Frauen mit einem Eimer kaltem Wasser zu übergießen, damit sie nicht „verwelken“. Dieses Motiv ist in den meisten kleinen Osterreimen (locsoló vers) zu finden, die aus diesem Anlass gerne aufgesagt werden: Zöld erdőben jártam, kék ibolyát láttam, el akart hervadni, szabad-e locsolni? („Ich ging im grünen Wald und fand ein blaues Veilchen, es wollte verwelken, darf ich es begießen?“ eine andere Übersetzung: „Im grünen Wald war ich/Blaue Blumen sah ich/Sie wollten verwelken/Darf ich Dich begießen?“). Die Frauen müssen den Männern für das Begießen ein rotes Ei oder ein kleines Geschenk (Schokolade) geben. Heutzutage gibt man Kindern Kleingeld, Männern einen Schnaps dafür.
Schulsystem
Das ungarische Schulsystem wies in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch viele Ähnlichkeiten mit dem Schulsystem in Österreich auf und übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg viele Elemente des sowjetischen Schulsystems. Somit wurde ein System mit zwölf Jahrgangsstufen geschaffen, das im Gegensatz zum sowjetischen Gesamtschulsystem in eine achtjährige Grundschule und in eine drei- oder vierjährige weiterführende Schule gegliedert war, und das Notensystem von 1 bis 5 eingeführt, bei dem die Eins die schlechteste und die Fünf die beste Note ist. Dieses Notensystem gilt bis heute.
Alle Kinder mussten von der 5. Klasse an Russischunterricht teilnehmen. Viele Sprachlehrer wurden in den 1950er Jahren zu Russischlehrern umgeschult. Nach der Wende im Jahre 1989 wurde Russisch als Pflichtfach aus dem Lehrplan gestrichen, und stattdessen konnten andere Sprachen gewählt werden, was wieder Umschulungsprogramme nach sich zog; diesmal mussten sich Russischlehrer zu Deutsch- oder Englischlehrern umschulen lassen.
Das Schulsystem wurde liberalisiert: Derzeit gibt es neben den vierjährigen immer mehr sechs- und achtjährige Gymnasien. Die „Oberstufe“ (die Klassen 5–8) der achtjährigen Grundschule wird immer mehr den Haupt- und Realschulen im deutschsprachigen Raum ähnlich. Neben den Gymnasien gibt es „Fachmittelschulen“ (szakközépiskola), in denen neben dem Erwerb der Hochschulreife noch ein Beruf erlernt werden kann. Diese Ausbildungsform wird oft um ein zusätzliches Jahr ergänzt, in dem die Fachkenntnisse vertieft werden, diese Einrichtungen nennt man Technikum. Es gibt auch berufsbildende Schulen ohne Hochschulreife, die man besucht, wenn man eine Lehre macht. Die Anzahl der bilingualen Mittelschulen wächst ständig. Interessant ist, dass es im sonst sehr auf Budapest zentrierten Ungarn viele zweisprachige Gymnasien auf dem Lande gibt. Es gibt auch Schulen für Minderheiten, ein positives Beispiel ist das Gandhi-Gymnasium in Pécs, das talentierten Roma-Kindern die Möglichkeit bietet, die Reifeprüfung abzulegen.
Die Prüfungen zum Erwerb der Hochschulreife werden im ganzen Land einheitlich und zentralisiert abgehalten. Seit 2005 gibt es die Möglichkeit, eine Art „Leistungsmatura“ in einigen Fächern abzulegen, die gleichzeitig als Aufnahmeprüfung für die Universität gilt. Der Erwerb der Hochschulreife ermöglicht ein Studium an Universitäten und Fachhochschulen. Für viele Studienzweige gelten Zugangsbeschränkungen, es gibt Aufnahmeprüfungen, und auch die Leistungen in der Mittelschule oder die Sprachkenntnisse können bei der Aufnahme entscheidend sein. Allerdings gibt es auch Studienrichtungen, die ohne Aufnahmeprüfung belegt werden können, wenn die beträchtlichen Kosten selber getragen werden.
Die bekannteste Universität in Ungarn ist die Loránd-Eötvös-Universität, sie hat eine Philosophische sowie eine Juristische Fakultät, ferner verfügt sie über eine Pädagogische Hochschulfakultät. Die medizinische Ausbildung in Ungarn genießt international einen sehr guten Ruf. Die Semmelweis-Universität ist hierbei als humanmedizinische Universität weltweit bekannt. Sie bietet, wie die Universitäten von Pécs und Szeged die medizinische Ausbildung in ungarischer, deutscher und englischer Sprache an. Die Anzahl der privaten und konfessionellen Universitäten wächst ständig. Private Universitäten verlangen hohe Studiengebühren. Auch ein Zweitstudium oder PhD-Programm an einer öffentlichen Universität oder Hochschule muss teilweise von den Studierenden finanziert werden.
Bräuche an ungarischen Schulen und die Reifeprüfung
An den ungarischen Mittelschulen werden viele Traditionen gepflegt, von denen die meisten mit dem Schulabschluss und mit der Reifeprüfung zusammenhängen. Einige Monate vor der Prüfung lassen sich die Abschlussklassen in festlichem Gewand (die Jungen tragen meistens einen Anzug, die Mädchen ein Matrosenkleid) einzeln fotografieren und arrangieren die Bilder zusammen mit den Lehrerfotos auf einer Holztafel. Diese Tafeln (die érettségi tablók, „Reifetafeln“) werden bis zur Matura in verschiedenen Schaufenstern von Geschäften ausgestellt. Etwa im Februar finden die Maturabälle statt, die szalagavató bál („Bändchenweihe“) heißen, weil die Maturanten ein Bändchen mit den Jahreszahlen, zwischen denen sie die Schule besuchten, auf die Jacke aufgesteckt bekommen. Das Bändchen muss bis zur Prüfung getragen werden, sonst, so heißt es, fällt man durch. Am letzten Schultag der Abschlussklassen (vor den schriftlichen Prüfungen) findet das Fest ballagás statt: ein Abschlussfest, bei dem die Schüler in einer Polonaise durch das Schulgebäude marschieren. Dabei singen sie alte Studentenlieder, wie zum Beispiel Gaudeamus igitur oder melancholische Volkslieder übers Abschiednehmen. Sie bekommen von den Familien und Freunden Blumen. Am gleichen Abend besuchen die Abschlussklassen ihre Lieblingslehrer zu Hause und geben ihnen unter dem Fenster ein Ständchen (szerenád). Die meisten Lehrer laden sie dann auf eine Kleinigkeit ein. Die schriftlichen Maturaprüfungen sind allerdings in Ungarn zentral, das heißt jeder Schüler bekommt um die gleiche Zeit exakt die gleichen Aufgaben, die über das Internet und den Rundfunk bekannt gegeben werden. Es gab allerdings in den letzten Jahren mehrere Maturaskandale, weil die Aufgaben vor den Prüfungen bekannt wurden.
Siehe auch
Literatur
- Thomas Bauer: Wo die Puszta den Himmel berührt. Auf Umwegen durch Ungarn. F. A. Herbig Verlag, München, 2007, ISBN 3-7766-2512-0
- Steven W. Sowards: Moderne Geschichte des Balkans. Der Balkan im Zeitalter des Nationalismus. BoD 2004, ISBN 3-8334-0977-0
- Matthias Eickhoff: Ungarn. DuMont Reise-Taschenbuch, Ostfildern 2005, ISBN 3-7701-3149-5
- Janos Hauszmann: Ungarn. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Regensburg 2004, ISBN 3-7917-1908-4
- Paul Lendvai: Die Ungarn. Eine tausendjährige Geschichte. Goldmann 2001, ISBN 3-442-15122-8
- Paul Lendvai: Auf schwarzen Listen. Goldmann 2001, ISBN 3-442-15110-4
- Andreas Schmidt-Schweizer: Politische Geschichte Ungarns von 1985 bis 2002. Von der liberalisierten Einparteienherrschaft zur Demokratie in der Konsolidierungsphase. München 2007, ISBN 978-3-486-57886-7
- Deutsche und Ungarn – eine besondere Beziehung. Zukunftschance oder Auslaufmodell? Dokumentation des Potsdamer Forums vom 13. Mai 2004 in der Vertretung des Freistaats Thüringen beim Bund, Berlin. Deutsches Kulturforum östliches Europa e. V., 1. Aufl., Potsdam 2005, 50 S., ISBN 978-3-936168-22-8
- Beke, László: Abstrakt – Konkret – Konstruktiv. 6 Positionen aus Ungarn. Ausstellungskatalog. Deutsches Kulturforum östliches Europa e. V., 1. Aufl., Potsdam 2006, 20 S., ISBN 978-3-936168-40-2
Weblinks
Wiktionary: Ungarn – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenCommons: Ungarn – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikiquote: Ungarische Sprichwörter – ZitateWikimedia-Atlas: Ungarn – geographische und historische KartenWikinews: Ungarn – in den NachrichtenWikisource: Ungarn – Quellen und Volltexte- Verwaltungsportal der ungarischen Regierung (ungarisch/deutsch)
- Bildungs- und Informationsportal (ungarisch/deutsch)
- Ungarische Botschaft Berlin
- Länderinformationen des Auswärtigen Amtes zu Ungarn
- Reiseinformation zu Ungarn des österreichischen Außenministeriums
- Deutsche Botschaft Budapest
- Österreichische Botschaft in Ungarn
- Bilaterale Abkommen zwischen Österreich und Ungarn seit 1921
- Österreichisches Kulturforum in Budapest (auf Ungarisch)
- Kulturabkommen zwischen Österreich und Ungarn
- CIA World Factbook (Informationen zu verschiedenen Bereichen Ungarns)
- Öffentlicher Verkehr in Ungarn
- Projekt KOSI Komitate und Siedlungen in Ungarn
- [10] Allgemeine Wirtschaftsdaten Ungarn
Einzelnachweise
- ↑ http://portal.ksh.hu/pls/ksh/docs/hun/xstadat/xstadat_evkozi/e_wdsd001a.html
- ↑ International human development indicators auf http://hdrstats.undp.org
- ↑ Christoph Hasselbach: Jubiläum für die Neuen in der NATO. In: Deutsche Welle. 12. März 2009, abgerufen am 20. Juni 2010.
- ↑ Volkszählungsdaten, 1870–2001. In: Statistisches Zentralamt Ungarn. Abgerufen am 21. Januar 2010 (ungarisch).
- ↑ http://www.destatis.de/download/d/veroe/laenderprofile/lp_ungarn.pdf
- ↑ Hungary. In: World Fact Book. Juli 2009, abgerufen am 21. Januar 2010.
- ↑ http://www.nepszamlalas.hu/eng/volumes/24/tables/load1_4_1.html
- ↑ Volkszählungsdaten
- ↑ Angaben zu Steuerzahlern
- ↑ Census
- ↑ So viel Anfang vom Ende in der Presse vom 19. Juni 2009 abgerufen am 26. Mai 2011
- ↑ vgl. Associated Press Worldstream: Ungarisches Parlament stimmt klar für Nato-Beitritt. 9. Februar 1999, 12:39 Eastern Standard Time, National political
- ↑ faz.net – Ungarn: Regierungskrise offenbar beigelegt Datum: 30. März 2009 (Zugriff am 30. März 2009).
- ↑ Tagesschau – Parlament wählt neuen Regierungschef – Bajnai will Ungarn aus der Wirtschaftskrise führen (nicht mehr online verfügbar) vom 14. April 2009.
- ↑ Website des Europäischen Parlaments zur Europawahl 2009 (Zugriff am 12. Juni 2009).
- ↑ [1] (Zugriff am 3. Juni 2010).
- ↑ Zsolt K. Lengyel: Ungarn und seine Nachbarn. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 29–20/2009, Bundeszentrale für politische Bildung
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- ↑ Website des österreichischen Verteidigungsministeriums
- ↑ http://www.tagesschau.de/ausland/natoungarn100.html (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ http://www.eds-destatis.de/de/database/nms_hueu05.php?th=3
- ↑ Ungarn, Land der 1000 Thermalquellen! auf mycentrope abgerufen am 24. April 2011
- ↑ N-TV: Finanzkrise beutelt Ungarn, EZB hilft mit Milliarden, 16. Oktober 2008.
- ↑ Tagesschau – IWF eilt Ungarn und Ukraine zur Hilfe, 27. Oktober 2008. (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ [9] FTD: Rettung vor Staatsbankrott Welt stützt Ungarn mit 20 Mrd. Euro, 29. Oktober 2008
- ↑ Der Standard: 20-Milliarden-Kredit soll Ungarn helfen, 29. Oktober 2008.
- ↑ Entwicklung des BIP von Ungarn bfai, 2006, Navigation zu Wirtschaftsdaten kompakt
- ↑ Entwicklung des Außenhandels von Ungarn: bfai 2009, Wirtschaftsdaten kompakt
- ↑ a b c d The World Factbook
- ↑ Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten, Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4
- ↑ László F. Földényi: Melancholie und Mord. Die Erzählungen des Morphinisten Géza Csáth. Neue Zürcher Zeitung, 27. Juli 2000
- ↑ Weltfilmproduktionsbericht (Auszug), Screen Digest, Juni 2006, S. 205–207 (eingesehen am 15. Juni 2007)
- ↑ http://www.pressreference.com/Gu-Ku/Hungary.html
- ↑ Angst vor der Orbanisierung. In: Der Spiegel, Nr. 52/2010, S. 118
- ↑ Ungarn zensiert, Europa schweigt, Zeit-Online, 22. Dezember 2010, abgerufen am 22. Dezember 2010
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