Bund Freier evangelischer Gemeinden

Bund Freier evangelischer Gemeinden
Freie evangelische Gemeinde "Holstenwall" (Hamburg) mit Emblem des Gemeindebundes

Der Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland (BFeG), eine evangelische Freikirche, versteht sich als Dachverband evangelischer Gemeinden in Deutschland, die unabhängig von den evangelischen Landeskirchen bzw. der EKD sind.

Der Bund ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis). Ihm gehören derzeit ca. 420 Ortsgemeinden mit ca. 36.000 Mitgliedern an.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung und Geschichte

Freie evangelische Gemeinde Wuppertal-Vohwinkel

Die erste „Freie evangelische Gemeinde“ Deutschlands wurde 1854 von Hermann Heinrich Grafe in Elberfeld, heute Stadtteil von Wuppertal, gegründet. Grafe entwickelte seinen theologischen Zentralbegriff der "freien Gnade" vor dem Hintergrund von Erfahrungen, die er in der - von Adolphe Monod gegründeten - Église libre évangélique in Lyon sammeln konnte. Die christliche Gemeinde sollte das "Terrain der freien Gnade in Christo Jesu" sein, denn die "freie Gnade" bildet den Mittelpunkt, um den sich alle Kinder Gottes versammeln. Sie begründet auch die "Einheit der Kinder Gottes", für die Grafe im Sinne Tersteegenscher Frömmigkeit und der 1846 in London begründeten Evangelischen Allianz eintrat. Der Einheitsgedanke ist für Grafe der Dreh- und Angelpunkt seiner Auffassung von der Gemeinde als Darstellung des Leibes Christi; er spiegelt sich auch in seinem bekanntesten Lied:

Ein einig Volk von Brüdern, / das ist das Volk des Herrn,
verzweigt in seinen Gliedern, doch eins in seinem Kern;
von oben her geboren, / vom heil'gen Geist getränkt,
von Gott selbst auserkoren, / der liebend sein gedenkt.

Zentrum der durch Christus verbürgten Einheit ist das Abendmahl, das die vielen Kinder Gottes zu der einen Gemeinschaft des Leibes Christi zusammenschließt. Grafe vertrat die Meinung, dass das Abendmahl gemäß der Bibel exklusiv für diejenigen vorgesehen ist, die um die Vergebung ihrer Sünden durch das Sterben und die Auferstehung von Jesus Christus wissen. Er wehrte sich gegen die Praxis der evangelischen Kirche, das Abendmahl ohne Hinweis oder Rückfrage an jeden Gottesdienstbesucher auszuteilen. Ihm war es wichtig, den Gottesdienstbesuchern klarzumachen, dass die Befreiung von der Sünde nicht durch das Ritual, sondern durch die persönliche Beziehung zu Jesus Christus bewirkt wird. Als Grafe feststellte, dass er mit seiner Ansicht in der Kirche auf taube Ohren stieß, sah er, nachdem ein Zusammengehen mit den Baptisten sich als nicht realisierbar erwiesen hatte, als einzige Konsequenz und „Akt des Gewissens“ die Gründung einer eigenen Glaubensgemeinschaft.

20 Jahre nach Gründung der ersten Freien evangelischen Gemeinde schlossen sich 22 Gemeinden (Abendmahlsgemeinschaften) zusammen und gründeten 1874 den „Bund Freier evangelischer Gemeinden in Deutschland“.

Die weitere Entwicklung des Gemeindebundes wurde sehr stark von der durch Friedrich Fries (1856 - 1926) begründeten Freien evangelischen Gemeinde Witten bestimmt. Hier entstanden neben einigen neuen Gemeinden das freie evangelische Diakoniewerk Bethanien, das zunächst in Wetter (Ruhr) seinen Sitz hatte, sowie der Bundes-Verlag.

Im Jahr 1896 wurde unter Otto Schopf in Vohwinkel, heute Stadtteil von Wuppertal, ein Predigerseminar gegründet. 1904 entstand die Inlandsmission.

Von großer Bedeutung für das Wachstum des Bundes Freier evangelischer Gemeinden war der Anschluss der Hamburger Holstenwallgemeinde mit 3000 Mitgliedern. Diese hatte sich 1934 durch den Austritt des Hamburger Gemeinschaftsverbandes aus der dortigen evangelischen Landeskirche gebildet. Dieser Verband, der auch über zahlreiche Zweiggemeinden im Umland Hamburgs verfügte, brachte auch ein eigenes Diakoniewerk, das Mutterhaus Elim, in den Freien evangelischen Gemeindebund ein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige neue diakonische Einrichtungen gegründet. 1946 zog das 1912 in Wuppertal gegründete Predigerseminar unter seinem Rektor Walter Quiring nach Ewersbach um.

Lehre

Freie evangelische Gemeinden leiten ihr Selbstverständnis vom Neuen Testament her. Danach gehören zur Gemeinde Jesu nur solche, die eine persönliche Glaubensentscheidung für die Nachfolge Jesu getroffen haben. Freie evangelische Christen wissen sich mit allen Menschen, die sich zu Jesus Christus als ihrem Herrn bekennen, geschwisterlich verbunden.

Hinsichtlich der Taufe setzen die Freien evangelischen Gemeinden einen anderen Akzent als die mit ihnen ansonsten vielfältig verbundenen Baptistengemeinden. Zwar lehren sie wie diese, dass eine Taufe erst nach der persönlichen Glaubensentscheidung eines Menschen erfolgen kann, akzeptieren es aber, wenn ein Mensch, der an Jesus Christus gläubig geworden ist, seine Kindertaufe nachträglich als gültig ansieht. Die Gläubigentaufe ist für die Freien evangelischen Gemeinden deshalb keine Voraussetzung für die Gemeindemitgliedschaft.

Die Gesamtsynode der Freien evangelischen Gemeinden Deutschlands, der sogenannte Bundestag und das höchste Entscheidungsgremium dieser Freikirche, lehnte bei ihrer Zusammenkunft in Dietzhölztal 2008 die künftige Zulassung von Pastorinnen zum Gemeindedienst ab. Zwar votierten die Abgeordneten der Gemeinden mit einer deutlichen Mehrheit für den durch die Bundesleitung gestellten Antrag. Die geforderte Zweidrittelmehrheit kam jedoch nicht zustande.

Organisation

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts könnte der Bund Freier evangelischer Gemeinden Kirchensteuer erheben. Aufgrund des Selbstverständnisses als Freikirche ist dies nicht der Fall; die Freien evangelischen Gemeinden finanzieren sich durch freiwillige Spenden.

Die einzelnen Freien evangelischen Gemeinden sind theologisch eigenständig und nicht weisungsgebunden, pflegen aber einen theologischen Konsens. Gremien des Bundes sind die Bundeskreise, der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesleitung.

Bundeskreise sind regionale Zusammenschlüsse nahe beieinander liegender Gemeinden. Die Ortsgemeinden und Bundeskreise wählen den Bundestag und den Bundesrat, und beide Gremien wählen die Bundesleitung mit dem Präses als geistlichem Leiter. Die Bundesleitung nimmt die laufenden Geschäfte wahr und vertritt den Bund nach außen.

Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden war von 1991 bis 2007 Pastor Peter Strauch, der von 2000 bis Anfang 2007 auch der Deutschen Evangelischen Allianz vorstand und über die Grenzen des „Bundes“ hinaus auch als Komponist christlicher Lieder bekannt ist. Sein Vorgänger war von 1973 bis 1991 Karl Heinz Knöppel. Der Bundestag am 16. September 2006 wählte Ansgar Hörsting, Leiter der Allianz-Mission, zu seinem Nachfolger. Er übernahm das Amt im Januar 2008.

Institutionen und Werke (in Auswahl) sind:

Internationale Verbindungen

Der Bund ist Mitglied der International Federation of Free Evangelical Churches (IFFEC, Internationaler Bund Freier evangelischer Gemeinden). Sein Schwesterbund in der Schweiz ist der Bund Freier Evangelischer Gemeinden in der Schweiz.

Durch die Tätigkeit der Auslandshilfe bestehen Gemeindepartnerschaften mit Gemeinden auf der Balkanhalbinsel.

Ökumene

Entsprechend ihrer Betonung des persönlichen Glaubens laden die Freien evangelischen Gemeinden alle Menschen, die sich zu Christus bekennen, zur Gemeinschaft im Abendmahl ein und messen der Zugehörigkeit zu bestimmten Glaubensgemeinschaften keine große Bedeutung bei.

Der Bund ist Mitglied der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, Gastmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland und Partner der Kategorie III der Deutschen Evangelischen Allianz (deren Vorsitzender war von 2000 bis 2007 Bundespräses Peter Strauch).

Seit 1978 verwenden Freie evangelische Gemeinden und der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden ein gemeinsames Gesangbuch. Bis 2003 waren dies die sogenannten Gemeindelieder und seit 2003 Feiern & Loben. Die Gemeindelieder.

Die Gemeinden und ihre Mitglieder engagieren sich nach eigenem Ermessen in örtlichen zwischenkirchlichen Vereinigungen und Vorhaben.

Statistik

Mit Stand vom 12. September 2006 gehören dem Bund 420 Gemeinden mit rund 36.000 Mitgliedern und ca. 20.000 Kindern und Jugendlichen an. Nach einer „FeG-Vision“ der Bundesleitung von 2005 will der Bund bis 2015 100 weitere Gemeinden gründen, vorwiegend als „Tochtergemeinden“ bestehender Gemeinden.

Seit seiner Gründung im Jahr 1874 ist der Bund mit einer Ausnahme um 1970 fast kontinuierlich gewachsen. Die durchschnittliche Mitgliederzahl einer Freien evangelischen Gemeinde liegt über die Jahrzehnte recht stabil bei 80 bis 85 Mitgliedern. "Ausreißer" wie die FeG Bonn, die seit den 80er Jahren trotz Gründung mehrerer Tochtergemeinden auf rund 500 Mitglieder und 700 Gottesdienstbesucher gewachsen ist, sind die Ausnahme.

Jahr 1874 1900 1920 1941 1960 1970 1980 1990 2000 2006
Gemeinden 22 38 96 206 248 243 270 323 392 420
Mitglieder 1275 3718 8973 17916 21492 21032 22948 26644 32078 36000

Quelle: idea Spektrum 38/2006

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Peter Strauch: Typisch FeG. Freie evangelische Gemeinden unterwegs ins neue Jahrtausend. Witten: Bundes-Verlag, 1997. ISBN 3-926417-49-8
  • Arndt Schnepper/Peter Strauch: Das FeG-Buch. Wege und Visionen der Freien evangelischen Gemeinden in Deutschland. Witten: Bundes-Verlag, 2004. ISBN 3-933660-59-9
  • Hartmut Lenhard: Studien zur Entwicklung der Ekklesiologie in den Freien evangelischen Gemeinden in Deutschland, Witten 1977 (Teilveröffentlichung unter dem Titel: Die Einheit der Kinder Gottes. Der Weg Hermann Heinrich Grafes (1818-1869) zwischen Brüderbewegung und Baptisten, Wuppertal/Witten 1977)



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