Abchasier

Abchasier
Abchasen (violett)

Die Abchasen sind eine Volksgruppe im Kaukasus, die sprachlich und kulturell eng mit den Tscherkessen verwandt sind. Sie umfasst rund 150.000 Menschen. Von ihnen leben rund 95.000 in Abchasien[1] und etwa 39.000 in der Türkei[2]. Weitere Abchasen leben in Europa und im Nahen Osten, im Nordkaukasus, in Sibirien und in weiteren Gebieten der GUS.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In Chroniken zu Beginn unserer Zeitrechnung finden die Stämme der Abasgen und Apsilen, Misimianer und Sanigen, der unmittelbaren Vorfahren des abchasischen Volkes, Erwähnung. Im Altertum und Mittelalter war Abchasien unaufhörlich den Einfällen fremdländischer Eroberer – Römer, Byzantiner, Chasaren, Araber – ausgesetzt, gegen die sich die Abchasen zu behaupten hatten.

Die Quellen überliefern, dass in der hellenischen Epoche (3. - 1. Jh. v.u.Z.) hier Dutzende von Stämmen und Völkern Verträge schlossen. Die Legenden über die märchenhafte Kolchis (z.B. die Legende über die Argonauten) ließen die Altgriechen bereits vor 2500 Jahren schwierige Fahrten nach Abchasien antreten. Immer mehr griechische Kolonien entstanden an der Küste. Zu Beginn unserer Ära kamen in die Handelsstädte Abchasiens zunächst römische und dann byzantinische Eroberer.

Im 6.- 8. Jh. erlangten die transkaukasischen Handelswege besondere Bedeutung, sodass das Territorium Abchasiens von der Seidenstraße erreichbar war. Am Ende des 8. Jh. nutzten die Chasaren die Schwächung von Byzanz aus und schlossen den Nordkaukasus in ihr Reich ein. Auch die nachfolgende Geschichte des Abchasischen Kaiserreichs war mit Byzanz verbunden, das seinen Einfluss bis zu seinem Niedergang im 15. Jh. ausübte. Das 14. bis 17. Jh. wird in der Geschichte des Landes durch eine Wiederbelebung und Erweiterung der Beziehungen mit dem Mittelmeer gekennzeichnet.

In der 2. Hälfte des 8. Jh. wurde ein mächtiges Abchasisches Königreich unter König Levan/Leon II aus der Bagratiden-Dynastie gebildet, das nicht nur allein Abchasien, sondern auch das ganze Westgeorgien umfasste.

Ab Ende des 10. bis zum 13. Jh. wurde ganz Georgien durch die Vermählung des georgischen Prinzen mit der abchasischen Prinzessin Teil des georgischen Königreiches. Die Vermählung der abchasischen Thronanwärterin mit den georgischen Prinzen wurde vom abchasischen König Bagrat den Dritten gewünscht, da er keinen männlichen Nachfolger hatte. Er sorgte dafür, dass das vereinte Königreich als Abchasien in die Geschichte eingehen wird und dass der neugeborene Thronfolger von seiner mütterlichen Familie erzogen wird. Um die Macht des fremden Königshauses zu stärken, erbaute man die alte Herrscherstadt Kutaisi von neuem auf, so war das fremde abchasische Königshaus immer am Ort des möglichen Geschehens. Im 16. Jahrhundert wurde das abchasische Fürstentum zur osmanischen Provinz. Während der osmanischen Herrschaft kam es zur zwangsweisen und mittelbar zwangsweisen Konversion (um den stark diskriminierenden Dhimmi-Status abzulegen, der im Geltungsbereich der Scharia für Christen galt) weiter Bevölkerungsteile zum Islam. Im Jahre 1810 mussten die Osmanen das abchasische Fürstentum an das konkurrierende russische Zarenreich abtreten. Von 1804-1864 kam es zu einer Phase kriegerischer Auseinandersetzungen der Abchasen und anderer nordkaukasischer Völker mit dem russische Zarenreich. 1864 war das Jahr der endgültigen Niederlage und der Beginn der Deportation von ca. 80 % der abchasischen Bevölkerung.

Die Diaspora

Der russische Zar stellte den Abchasen ein kurzfristiges Ultimatum um ihre Heimat zu verlassen, sollten sie dies jedoch nicht vorhaben, so müssten sie damit einverstanden sein nördlich des Kaukasus an einem vom Zaren bestimmten Ort neuangesiedelt zu werden. Des Weiteren wurde allen Abchasen, die Ansiedelung in Küstennähe verboten, die enteigneten Häuser und Grundstücke in den besagten Gebieten wurden russischen Funktionären und russischen wie auch georgischen Siedlern übergeben, damit diese einen Anreiz hatten nach Abchasien überzusiedeln. Sehr bedeutend waren die Aufstände der abchasischen Bauern in den Jahren 1866 und 1877 gegen die soziale und koloniale Unterdrückung, nach deren Niederlage wieder die gewaltsame Massendeportation von Abchasen, Tscherkessen, Tschetschenen, Awaren, Osseten und anderen Völkern des Kaukasus in die Türkei und in die Staaten des Morgenlandes folgte. Dort, sowie in Europa und USA gibt es heutzutage eine starke kaukasische Diaspora.

Zerfall des Zarenreiches

Im Dezember 1922 unterzeichnete dann ein Vertreter Abchasiens den sowjetischen Föderationsvertrag zur Vereinigung Abchasiens mit dem sowjetischen Teilstaat Georgien, unter der Voraussetzung der Gleichberechtigung beider Staaten. 1922-1931 wurde der Gleichberechtigungsstatus gemäß des geschlossenen Vertrages eingehalten, jedoch kam nach dem Ableben Lenins der Georgier Josef Stalin gegen den Willen Lenins an die Macht in der Sowjetunion und die Abchasen wurden durch Ermordungen und Deportierungen in Straflager dazu gezwungen, die einseitige Herabstufung des abchasischen Souverenitätsstatuses zu akzeptieren. Somit wurde Abchasien zu einem autonomen Teilstaat Georgiens deklariert.

Ende der Sowjetunion

Am 23. Juli 1992 setzt Abchasien die alte Verfassung von 1925 in Kraft, die besagt das Abchasien gleichberechtigt zu Georgien ist. Um den neuen Status beider Staaten zu einander zu klären, lud der Oberste Sowjet Abchasiens die georgische Regierung zu Gesprächen für den 14. August 1992 ein. Nach zwei gebrochenen Waffenstillständen durch die Separatisten  und 13 Monaten Krieg gelang den Abchasen (mit ihrer Diaspora vereint) und ihren freiwilligen Helfern aus den nordkaukasischen Staaten, die georgische Armee zu besiegen. 

Im georgisch-abchasischen Krieg (1992-1993) konnten sich die nach Unabhängigkeit strebenden abchasischen Rebellen, mit massiver Unterstützung Russlands und tschetschenischer Terroristen gegen die schlecht organisierten Streitkräfte Georgiens behaupten, so dass Abchasien nun de facto ein souveräner Staat ist, wenngleich ihm die internationale Anerkennung versagt bleibt. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen kam es zu schweren Übergriffen auf Zivilisten, ca. 250.000 Menschen nicht-abchasischer Ethnizität - davon 200.000 Georgier- wurden durch ethnische Säuberungen aus Abchasien vertrieben.[3]

Religion

Das Christentum breitete sich unter den Abchasen bereits im 7. Jahrhundert unter dem Einfluss von Byzanz aus, wurde aber im 15. und 16. Jahrhundert durch die Religionspolitik des Osmanischen Reiches teilweise verdrängt; ein großer Teil der Abchasen trat in dieser Zeit zum sunnitischen Islam über. Seitdem bestehen sowohl eine große moslemische als auch eine große christliche Gemeinde. Bis heute ist aber auch der Einfluss der alten paganen Glaubensvorstellungen stark geblieben.[4]

Quellen

  1. (2003) Census statistics (Russisch)
  2. (2001) Johnstone and Mandryk
  3. Human Rights Watch: GEORGIA/ABKHAZIA: VIOLATIONS OF THE LAWS OF WAR AND RUSSIA'S ROLE IN THE CONFLICT
  4. Timothy L. Gall (ed). Worldmark Encyclopedia of Culture & Daily Life: Vol. 4 - Europe. Cleveland, OH: Eastword Publications Development (1998), pp. 15-16.

Bibliographie

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  • Amichba G.A. Abxaziya i abxazy srednevekovyx gruzinskix povestvovatelnyx istochnikov - Tbilissi, 1988
  • Amichba, S.A. Apsua-abaza byzshakua rleksika (Die Lexik der abchasisch-abasinischen Sprachen) – Suchum, 1984
  • Amichba Ch. G. Die Sprache der westeuropäischen abchaso-abasinischen Diaspora- Suchum, 2003
  • Amichba Ch. G. „Deutsch-abchasisch-russischer Sprachführer“- Moskau, 1996
  • Amichba Ch. G. The place of the Abkhazian language in the family of the Caucasian languages - Institut für Sprachwissenschaft, Moskau, 1998
  • Chirikba V.A. 'Common West Caucasian'. Leiden: CNWS Publications, 1996.
  • Chirikba, V. A. 'A Dictionary of Common Abkhaz'. Leiden, 1996.
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  • Shagirov A. K. K vyiavleniu geneticheski obshix elementov leksiki abxazo-adygskix iazykov , Moskau, 1964
  • Schiefner, A. Ausführlicher Bericht über des Generals Baron Peter von Uslars Abchasische Studien – Mémoires de l´Académie Impériale des Sciences de St.-Pétersbourg, VII série, t. VII, No. 12
  • Woronow Y. Abchasen - wer sind sie? Moskau, 1998

Weblinks


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