- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert
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Die Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert e. V. wurde am 9. November 1983 gegründet. An diesem Tag fand auch die erste Gedenkfeier für die 14.500 ermordeten jüdischen KZ-Häftlinge der 11 KZ-Lager des KZ-Kommandos Kaufering auf dem KZ-Friedhof des ehemaligen Konzentrationslagers „Kaufering I“ in der Stadt Landsberg am Lech statt.
Inhaltsverzeichnis
Gründung und Anfänge
Acht Bürger hatten sich zusammengeschlossen, um die Erinnerung an den Judenmord vor der eigenen Haustür zu bewahren. Unter den Gründungsmitgliedern befanden sich ein ungarisch-jüdischer Überlebender von Auschwitz-Birkenau und ein politisch Verfolgter des „Dritten Reichs“.
Die Gründung der Bürgervereinigung geht auf eine Anregung des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß zurück. Er vertrat die Auffassung, der Erhalt und Denkmalschutz der letzten KZ-Erdbunker des ehemaligen Konzentrationslagers „Kaufering VII“ könne am besten von Bürgern vor Ort betrieben werden: als Aufgabe gegen Totalitarismus und Rassismus.
Seit dieser Gründung bemüht sich die Bürgervereinigung um den Erhalt der Überreste des ehemaligen Konzentrationslagers Kaufering VII und erreichte mit Unterstützung von Ministerpräsident Franz Josef Strauß den Denkmalschutz für die KZ-Erdbunker.
Gedenkstätte
1985 konnte die Bürgervereinigung einen Teil des Areals des ehemaligen KZ-Geländes erwerben und begann im folgenden Jahrzehnt mit dem Ausbau zur Europäischen Holocaustgedenkstätte, um eine Erinnerung an den Holocaust auf Dauer und in Würde zu ermöglichen. Schließlich wurde die Gedenkstätte im Jahr 2009 an die Europäische Holocaustgedenkstätte Stiftung übergeben. Die Bürgervereinigung wurde derzeit von der Stiftung als Geschäftsleitung bestellt.
Forschung
Seit 1983 sichert die Bürgervereinigung die letzten Spuren des Konzentrationslagerkomplexes der 11 KZ-Kommandos in Stadt und Landkreis Landsberg und sammelte Materialien, Dokumente, Quellen und Zeitzeugenberichte zu folgenden Forschungsgebieten:
- Antijüdische Tradition im Landsberg des 19. Jahrhunderts
- Hitlers Festungshaft in Landsberg: 1923/1924
- Landsberg „Stadt der Jugend“ – „Hitlerstadt“ – nationalsozialistischer Wallfahrtsort 1935 -1945
- Die KZ-Kommandos Kaufering/Landsberg: 1944/1945
- Kriegsverbrechergefängnis (War Crime Prison Nr. 1) in Landsberg: 1945 - 1955
- Das DP-Lager (Displaced Persons Camp) Landsberg: 1945 -1951
- Besatzungszeit und demokratischer Neubeginn seit 1945
- Geschichte der Verdrängung und Aufarbeitung – die unbewältigte Vergangenheit des 20. Jahrhunderts
Publikationen
Teile der Forschungsergebnisse werden in den „Themenheften Landsberger Zeitgeschichte“ publiziert. Neben der Weitergabe von Wissen über die Geschichte an die jüngere Generation hatten und haben die Themenhefte auch die Aufgabe, weitere Zeitzeugen zu erreichen und sie dazu zu ermutigen, ihre Lebensgeschichte aufzuzeichnen („Oral History“)
Im Laufe der Jahre entstand eine Vielzahl an Filmen, Fernsehproduktionen und Rundfunkberichten im In- und Ausland. Einige dieser Produktionen hatten auch die Arbeit des Bürgervereinigung selbst zum Thema.
Veranstaltungen, Ausstellungen und Gedenkfeiern
Daneben setzt sich die Bürgervereinigung von Anfang an für die Förderung von demokratischem Bewusstsein ein und stellt sich gegen Totalitarismus, Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus. Dies geschah und geschieht vor allem in einer Vielzahl von Veranstaltungen, Ausstellungen und Gedenkfeiern.
Sie veranstaltet Führungen auf der Europäischen Holocaustgedenkstätte und zu den archäologischen Überresten der 11 Konzentrationslager von Landsberg/Kaufering. Besichtigungen und Führungen auf der Europäischen Holocaustgedenkstätte sind jederzeit nach Absprache mit dem Vorstand der Bürgervereinigung möglich. Die Europäische Holocaustgedenkstätte hat keine festgelegten Öffnungszeiten.
Weiteres Engagement
Bei der Bayerischen Justiz setzte die Bürgervereinigung – zwölf Jahre nach der Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II – die weltliche Rehabilitierung des Jesuitenpaters Rupert Mayer durch.
Sie war und ist KZ-Überlebenden, deren Kindern und Enkeln bei der Suche nach verschollenen Familienmitgliedern behilflich.
Sie fördert nationale und internationale Jugendbegegnungen, hält Vorträge und veranstaltet Führungen für Schüler und Studenten.
Veröffentlichungen
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Von Hitlers Festungshaft zum Kriegsverbrecher-Gefängnis N° 1: Die Landsberger Haftanstalt im Spiegel der Geschichte 1993, ISBN 3-9803775-0-4.
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Todesmarsch und Befreiung - Landsberg im April 1945: Das Ende des Holocaust in Bayern, 1993, ISBN 3-9803775-1-2.
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Der nationalsozialistische Wallfahrtsort" Landsberg: 1933 - 1937: Die "Hitlerstadt" wird zur "Stadt der Jugend" 1993, ISBN 3-9803775-2-0.
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Das KZ-Kommando Kaufering 1944/45: Die Vernichtung der Juden im Rüstungsprojekt "Ringeltaube" 1993, ISBN 3-9803775-3-9.
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Das SS-Arbeitslager Landsberg 1944/45: Französische Widerstandskämpfer im deutschen KZ , 1995, ISBN 3-9803775-4-7.
- Bürgervereinigung Landsberg im 20. Jahrhundert: Landsberg 1945 - 1950: Der jüdische Neubeginn nach der Shoa - Vom DP-Lager Landsberg ging die Zukunft aus, 1996, ISBN 3-9803775-5-5.
Berichte zu den geschichtlichen Hintergründen
Manfred Deiler:
- Hitlers Festungshaft in Landsberg am Lech
- Dokumente Hitlers Festungshaft 1923/1924 in Landsberg: Eine Fotodokumentation von Manfred Deiler
- Das Ende der Konzentrationslager um Landsberg/Kaufering
- Frauen im KZ-Kommando Kaufering – Die (Über)Lebensgeschichte der Gisela Stone
- Tarnname Wolke A1 – Wie der Plan, noch Tausende jüdische KZ-Häftlinge zu vernichten, vereitelt wurde
- Großbunkerbaustelle Weingut II 1944/1945 in Landsberg: Eine Fotodokumentation von Manfred Deiler
- SS-Arbeitslager Landsberg: Die Erlebnisse des Viktor Boulerot
- Landsberg wird zum Wallfahrtsort des Nationalsozialismus – Die Lechstadt vermarktet „ihre Hitlerzelle“
- Wallfahrtsort Hitlerzelle Landsberg: Eine Fotodokumentation von Manfred Deiler
- Der „jüdische Aufstand“ 1946
Anton Posset:
- Die amerikanische Armee entdeckt den Holocaust
- Das Ende des Holocaust in Bayern - KZ-Lager Kaufering IV
- Das Moll-Kommando: Ein Synonym für Tod und Vernichtung
- Deckname "Ringeltaube" - Entstehung der OT Rüstungsbauten in Landsberg
- Das verschwundene „Stadion der Jugend“ – Wer hat Angst vor einem Modell aus der NS-Zeit?
- Vom DP-Lager Landsberg ging die Zukunft aus
- Kriegsverbrechergefängnis Nr. 1 in Landsberg - Kronzeuge Morgenschweiß
Michael Strasas:
- Kriegsverbrechergefängnis Nr. 1 in Landsberg: Sekt und Tulpen für Krupp und Co.
- Kriegsverbrechergefängnis Nr. 1 in Landsberg: Die letzten sieben Hingerichteten
- 1951: Begnadigung für Kriegsverbrecher - 4000 demonstrieren auf dem Landsberger Hauptplatz
- Die jüdische Zeitung im DP-Lager Landsberg: „Jidisz Wort, mit unz bisto geworn bafrait“
Dr. phil. Hermann Kriegl
Film
- Original-Filmaufnahme der US-Streitkräfte: KZ-Kommando Kaufering IV - 27. April 1945: Die amerikanische Armee entdeckt den Holocaust. Auf Anordnung des US-Oberst E. Seiler wird davon ein siebenminütiger Dokumentarfilm erstellt. Flash-Player Video online.)
- Tonfilmausschnitt aus "Der Marsch zum Führer": Abschlußkundgebung in Landsberg Flash-Player Video online 6 Min.)
Weblinks
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