Synthetic Natural Gas

Synthetic Natural Gas

Synthetic Natural Gas bzw. Substitute Natural Gas (SNG) (Umgangssprachlich auch synthetisches Erdgas) ist ein Erdgassubstitut, das auf der Basis von Kohle, vor allem Braunkohle, oder Biomasse (Bio-SNG bzw. Biomethan) über Synthesegas hergestellt wird. Um Erdgas ersetzen zu können muss SNG diesem in seiner Zusammensetzung und seinen Eigenschaften möglichst weitgehend entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Verfahren zur Herstellung von SNG aus Kohle wurden bereits 1902 entwickelt[1] und während der Ölkrise in den 1970er Jahren zur Industriereife gebracht. Diese Anstrengung entstammte der Angst, dass erreichbare Quellen für Erdgas nicht für eine dauerhafte Versorgung der Industrienationen ausreichen könnten.[2] Erdgas stellte zu diesem Zeitpunkt den Hauptteil der Rohstoffversorgung für die Energieerzeugung und sollte durch günstig verfügbare Kohle ersetzt werden. 1984 startete ein erstes Werk mit einer Tagesproduktion von 3,9 Mio. m3 SNG in North Dakota (Great Plains Synfuels Plant) die Produktion auf der Basis von Braunkohle.[2] In dieser Anlage wird heute in 14 parallelen Vergasern SNG mit einer thermischen Leistung von je 150 MW produziert und methanisiert. Die Gesamtproduktion beträgt etwa 15 TWh/a. Weitere Anlagen wurden aufgrund der hohen Investititionskosten und neuer Funde von Erdgasquellen nicht aufgebaut.[2]

Insbesondere in den letzten Jahren kam es zunehmend zur Nutzung von Biogas zur Herstellung von biomassebasiertem Erdgasersatz, der als Bio-SNG, Bioerdgas oder Biomethan bezeichnet wird. Vorwiegend in der Entwicklung und Erprobung befindet sich die Erzeugung von Bio-SNG aus der Holzvergasung.

Technik

Synthetic Natural Gas auf der Basis von Braunkohle wird über eine Kohlevergasung und auf der Basis von Biomasse über eine Biomassevergasung zu Synthesegas produziert. In beiden Fällen wird das entstehende Synthesegas nach einer Reinigung von Partikeln, Kohlendioxidanteilen und Schwefel- und Chlorverbindungen einer anschließenden Methanisierung zugeführt. Diese erfolgt exotherm und findet bei Temperaturen von 300 bis 450 °C und einem Druck zwischen einem und fünf bar in Anwesenheit eines geeigneten Katalysators statt. Dabei laufen die folgenden Reaktionen ab:[1]

\mathrm{CO + 3H_2 \leftrightharpoons CH_4 + H_2O:\ \Delta H = -217\ kJ/mol}
\mathrm{CO + H_2O \leftrightharpoons CO_2 + H_2:\ \Delta H = -40,9\ kJ/mol}

Das Verhältnis zwischen Wasserstoff und Kohlenmonoxid kann bereits beim Eintritt in die Methanisierungsphase stark schwanken, wodurch die Gefahr der Kohlenstoffbildung über die Boudouard-Reaktion besteht, dem durch erhöhte Wasserdampfgehalte entgegengesteuert werden kann. Das resultierende Gasgemisch enthält bis zu 50 % Kohlendioxid und muss für die Nutzung als SNG durch Abtrennung von Wasserstoff und Kohlendioxid weiter aufbereitet werden.

Nutzung

Während Synthetic Natural Gas auf der Basis von Braunkohle in den USA bereits seit langer Zeit produziert und in das Erdgasnetz eingespeist wird, ist dies bei Bio-SNG bislang nicht der Fall. Hier existieren nur Demonstrationsanlagen wie bsp. in Güssing, wo das entstehende Synthesegas allerdings vor allem der direkten thermischen Nutzung zugeführt wird.

Aufbereitetes SNG muss ebenso wie aus Biogas gewonnenes Biomethan dem Erdgas weitestgehend entsprechen, um als Substitut genutzt werden zu können (siehe Biomethan#Nutzung). Das in North Dakota produzierte SNG hat folgende Zusammensetzung: 96,3 % Methan, 0,02 % Kohlenmonoxid, 1,38 % Wasserstoff, 1,1 % Stickstoff und Argon und 1,2 % Kohlendioxid.[2]

Speicherung von Wind- und Sonnenenergie im Erdgasnetz

Hauptartikel: EE-Gas

Im Jahr 2010 veröffentlichte das Fraunhofer-Institut die Idee, die unregelmäßig anfallende Wind- und Sonnenenergie im Erdgasnetz mit Hilfe von SNG zu speichern.[3] Dazu wird Wasserstoff auf elektrolytischem Wege erzeugt, der dann „in Verbindung mit CO2 (z. B. aus der Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen oder aus der Aufbereitung von Biogas) in einer Methanisierungseinheit zu SNG konvertiert und im Erdgasnetz gespeichert wird.“[4]

Umgangssprachlich wird auf diese Weise gewonnenes Gas als „Windgas“ oder „Solargas“ bezeichnet.

Die Speicherkapazität des deutschen Erdgasnetzes „beträgt über 200 Terawattstunden – der Verbrauch von mehreren Monaten. Das Stromnetz verfügt nur über 0,04 Terawattstunden.“[3] Für das Jahr 2012 ist der Bau einer Anlage mit zehn Megawatt Leistung geplant.[3] Im März 2011 wurden die Speicherkapazität laut Fraunhofer Institut durch den 100% erneuerbar-Verein e.V. auf 514 TWh nach oben korrigiert.[5]

Einzelnachweise

  1. a b SNG-Synthese. In: Martin Kaltschmitt, Hans Hartmann, Hermann Hofbauer (Hrsg.): Energie aus Biomasse. Grundlagen, Techniken und Verfahren. Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-85094-6, S. 664–665.
  2. a b c d Heinz Hiller et al.: Gas Production. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, doi:10.1002/14356007.a12_169.pub2.
  3. a b c Ökostrom als Erdgas speichern. Abgerufen am 6. Mai 2010.
  4. SNG-Erzeugung. Abgerufen am 6. Mai 2010.
  5. "100-prozent-erneuerbar.de: Windgas". Abgerufen am 27. März 2011.

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