EE-Gas

EE-Gas

Als EE-Gas wird ein Brenngas bezeichnet, welches unter dem Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien (EE) hergestellt wird[1]. Je nach Art der eingesetzten erneuerbaren Energie wird ein solches Gas auch Wind-/Solargas o. ä. genannt. Je nach chemischer Zusammensetzung des Gases wird statt des Suffix "Gas" auch "Methan" oder "Wasserstoff" verwendet.

Ausgangsmaterialien für die Herstellung des Gases sind Wasser und Kohlendioxid (bei Methan), welche in Zeiten überschüssiger erneuerbarer Energie u.a. zur Netzstabilisierung mittels Wasserelektrolyse in Wasserstoff[2] und anschließend per Methanisierung in Methan umgewandelt werden. Mögliche Kohlendioxidquellen sind mit fossilen und biogenen Energieträgern befeuerte Kraftwerke, Industrieprozesse und eine Direktabscheidung aus der Umgebungsluft.[3][1]

Bei Kohlenwasserstoffen als Energieträger wird auch von Biokraftstoff der 3. Generation gesprochen.[4]

Dem synthetisch hergestellten Methangas wird auf Grund seiner Speicherfähigkeit eine besondere Rolle im Bereich der regenerativen Energien zugeschrieben. Wie synthetisches Erdgas kann es in das bereits vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden und ermöglicht so die Speicherung und den Transport der Energie zum Verbraucher und kann so das elektrische Netz entlasten.

Inhaltsverzeichnis

EE-Gas-Gewinnung und -Speicherung

Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser erzeugt und möglichst direkt in das Gasnetz eingespeist (die derzeit zulässige Obergrenze für die Wasserstoffkonzentration im deutschen Erdgasnetz beträgt 5 Volumenprozent, im Stadtgasnetz waren etwa 50 % Wasserstoff enthalten) oder in Großspeichern wie Salzkavernen zwischengespeichert[2]. Alternativ kann der Wasserstoff zusammen mit Kohlendioxid in Methangas umgewandelt werden, das bis zu 100 % in das Gasnetz eingespeist oder in Gasspeichern gelagert werden kann.[5] Die zur Elektrolyse benötigte elektrische Energie wird mittels einer Windkraftanlage oder durch Solarzellen erzeugt.

\mathrm{2\;H_2O + Energie \leftrightharpoons 2\;H_2 + O_2}
  • Methan als EE-Gas: benötigt EE-Wasserstoff und wandelt diesen per chemischer Reaktion von Wasserstoff mit Kohlendioxid (CO2) zu Methan (CH4) und Wasser (H2O)
\mathrm{CO_2 + 4\;H_2 \rightarrow CH_4 + 2\;H_2O}

Als Quelle für das Kohlendioxid, das bei der anschließenden Methanisierung durch den Wasserstoff zu Methangas reduziert wird, können beispielsweise Industrieabgase verwendet werden, aus denen das Kohlendioxid abgetrennt wird. Zwei Verbundeffekte ergeben sich jedoch bei der Kombination mit einer Biogasanlage. Zum einen kann der Einspeisepunkt in das Erdgasnetz gemeinsam genutzt werden, zum anderen enthält Rohbiogas neben Methan als Hauptbestandteil erhebliche Mengen CO2. Letzteres müsste vor der Einspeisung abgetrennt werden. Dieser Schritt kann durch Methanisierung eingespart werden. Das schon vorhandene Methan stört dabei nicht, wohl aber Spuren von Schwefelwasserstoff, die für diese Nutzung abgetrennt werden müssen,[1] etwa durch Aktivkohle. Ein oxidatives Verfahren, wie bei der Rauchgasentschwefelung wäre ungeeignet, da der notwendige Lufteintrag den Ertrag schmälern würde.

Allerdings ist dann, wenn der Strompreis gerade hoch ist, das bisherige Verfahren der Abtrennung von CO2 wirtschaftlicher, und eine Lagerung des CO2 für Zeiten eines Stromüberschusses ist in aufkonzentrierter Form einfacher als in der Mischung mit Methan.

Während Wasserstoff als EE-Gas lediglich der Elektrolyse bedarf, laufen die meisten Verfahren zur EE-Gas-Produktion in Form von Methan chemisch ab und erfordern eine hohe Temperatur, Druck, CO2-Konzentration und -Reinheit. Es gibt auch die Möglichkeit, die Methansynthese in Bioreaktoren mithilfe von Archaeen durchzuführen. Durch die hohe Selektivität der Mikroorganismen kann auch bei niedrigeren Konzentrationen methanisiert werden.[6]

Speicherkapazität des deutschen Erdgasnetzes

Eine große Bedeutung bei der Nutzung von Windgas wird der Möglichkeit der Speicherung des Wasserstoff-/ Methangases in einem bereits vorhandenen Erdgasnetz zugerechnet.

Während die Speicherkapazität des Erdgasnetzes einschließlich der Erdgasspeicher in Deutschland im April 2010 von der Fraunhofer-Gesellschaft mit über 200 Terawattstunden (TWh) angegeben wurde, was einem Verbrauch von mehreren Monaten entspricht.[7], kann das deutsche Gasnetz nach neueren Angaben des der Juwi-Gruppe nahe stehenden 100% erneuerbar-Verein e.V. sogar 514 TWh speichern.[5]

Die deutschen Pumpspeicherkraftwerke haben eine Kapazität von 0,04 TWh und sind für eine Nutzungsdauer im Stundenbereich ausgelegt.[5] Zwar haben Pumpspeicherwerke einen deutlich höheren Wirkungsgrad (zwischen 70% und 85%), die Wirtschaftlichkeit wird aber auch durch die erheblichen Investitionskosten und den Flächenverbrauch bestimmt. Die installierte Leistung wird ausgebaut, kann aber in Deutschland aufgrund topographischer wie auch politischer Gründe nicht in die Größenordnung der Speicherfähigkeit des Erdgasnetzes kommen. Großes Potential für Speicherkapazitäten existiert dagegen in Nordeuropa. In Norwegen gibt es z.B. für Speicherwasserkraftwerke nutzbare Reservoire mit einer potentiellen Speicherkapazität von insgesamt etwa 84 TWh, in Schweden von ca. 34 TWh.[8] Diese Speicherkapazitätliegt in einer ähnlichen Größe, wie die Speicherkapazität des deutschen Gasnetzes.

Verwendung von EE-Gas

Wirkungsgrad je nach Verwendung des Stroms
(ggf. Methanisierung von Biogas)[1]
Weg Wirkungsgrad Anmerkung
Strom → Gas
Wasserstoff 54–72 % mit 200 bar komprimiert
Methan (SNG) 49–64 %
Wasserstoff 57–73 % mit 80 bar komprimiert
(Erdgasleitung)
Methan (SNG) 50–64 %
Wasserstoff 64–77 % ohne Kompression
Methan (SNG) 51–65 %
Strom → Gas → Strom
Wasserstoff 34–44 % mit 80 bar komprimiert
und zu 60 % verstromt
Methan (SNG) 30–38 %
Strom → Gas → Strom & Wärme (KWK)
Wasserstoff 48–62 % mit 80 bar komprimiert und
Strom/Wärme anteilig 40/45 %
Methan (SNG) 43–54 %

Erzeugung elektrischer Energie

Die chemische Energie des Wind- bzw. Solargases kann bei Bedarf in elektrische Energie umgewandelt werden.[9]

Das so gewonnene Gas lässt sich damit für viele Anwendungen einsetzen. Es kann in Brennstoffzellenfahrzeugen oder auch zum Antrieb von Gasfahrzeugen, zum Kochen oder Heizen eingesetzt sowie in unterschiedlichen Arten von Gaskraftwerken und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen rückverstromt werden. Die Windgas- und Solargas-Technologie verbindet somit Märkte für Strom, Wärme und Mobilität miteinander.[2][5]

Mit EE-Gas können sehr hohe Leistungen transportiert werden. Große Erdgasleitungen können Leistungen von 70 GWth transportieren, eine Hochspannungsleitung bestehend aus einem 380-kV-Doppelsystem hingegen nur etwa 3,5 GWel.[10]

Mobilität

Die wichtigste Anwendung von Windgas in Form von EE-Wasserstoff wird voraussichtlich die Mobilität in Form von Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge sein. Dies erklärt sich aus folgenden Gründen:

  • Die Gewinnung von EE-Wasserstoff erfolgt in Zeiten hohen Energieangebotes aus Wind- bzw. Solarenergie mit dem Ziel, Energie aus dem elektrischen System herauszutransferieren: eine Rückführung dieser Energie in das elektrische System ist logischerweise mit hohen Verlusten verbunden und sollte unterbleiben bzw. Engpasszeiten (zu wenig Stromangebot) vorbehalten bleiben.
  • Die Nutzung von EE-Wasserstoff in der Mobilität erzielt mit ca. 50 % den höchsten Wirkungsgrad und den besten wirtschaftlichen Effekt – letzteres insbesondere, weil Brennstoffzellenfahrzeuge nur etwa 10–20 kWh Energie (ca. 0,35–0,7 kg Wasserstoff) auf 100 km benötigen.[11][12] Während Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren etwa 50–150 kWh Primärenergie auf 100 km benötigen, verbrauchen Brennstoffzellenfahrzeuge damit auch unter Berücksichtigung der Umwandlungsverluste zu Wasserstoff nur ca. 30 kWh primären Wind- oder Solarstromes. Bei Einsatz von Windstrom im Wert von ca. 0,10 €/kWh sind Windwasserstoffpreise von ca. 8 €/kg erzielbar, was etwa 0,27 €/kWh entspricht. Somit sind Treibstoffkosten von 8 bis 16 € pro 100 km erzielbar, was mit heutigen Kosten vergleichbar ist.
  • Während Öl immer knapper und teuerer wird, sinken die Preise für Wind- und Solarstrom ständig. Es werden immer mehr Windkraft- und Solaranlagen errichtet, so dass es immer häufiger zu einem Überangebot von Strom kommt. Diese Energie steht damit preisgünstig für die Mobilität bereit. Gleichzeitig dient die Ingegration von Wasserstoff-Elektrolyseuren in die elektrischen Energieversorgungssysteme der Entlastung der Leitungen und der Netzstabilität, denn Elektrolyseure können als regelbare Last eingesetzt werden.

EE-Gas ist damit sowohl Treibstoff als auch Energiespeicher und Regelenergie in einer Welt mit immer mehr erneuerbaren Energien.

Windgasanlagen in Deutschland

Der Energieversorger Greenpeace Energy wird ab dem 1. Oktober 2011 Erdgas mit einer Wasserstoff-Windgas-Beimischung (max. 5% Volumenprozent) zu Heizzwecken anbieten.

Zu den ersten Anwendern der Windgas-Technologie gehören neben Enertrag (Wasserstoff-Fokus; Betreiber einer Pilotanlage in der Uckermark[13]), die Juwi-Gruppe, die SolarFuel GmbH (Methan-Fokus) sowie die SunFire GmbH (Methan-, Methanol-, Benzin-, Diesel- und Kerosin-Synthese)[14].

Enertrag bevorzugt Windwasserstoff als EE-Gas und stellt dieses im eigens dafür errichteten Hybridkraftwerk her. Die Leistung des Elektrolyseurs beträgt 500 kW bei ca. 75% Wirkungsgrad.

Juwi und SolarFuel haben gemeinsam eine 25-kW-Windgasanlage in der Morbacher Energielandschaft im Hunsrück installiert, die im März 2011 in Betrieb genommen wurde. Diese kombiniert eine SolarFuel-Anlage, einen Windpark und eine Biogasanlage.[15] Die technische Grundlagenentwicklung wurde von den Forschungsinstituten Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) Baden-Württemberg und dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) durchgeführt.[7][16] Bei der Umwandlung von Strom zu Gas erreicht die Anlage einen Wirkungsgrad von über 60 Prozent.[5]

Im Auftrag der Audi AG errichtet die SolarFuel in Werlte neben einer bestehenden Biogasanlage eine industrielle Pilotanlage zur Umwandlung von Ökostromüberschüssen in erneuerbares Erdgas, von Audi „e-gas“ genannt.[17]

Siehe auch

Weblinks

Berichte

Einzelnachweise

  1. a b c d Michael Sterner, Mareike Jentsch und Uwe Holzhammer: Energiewirtschaftliche und ökologische Bewertung eines Windgas-Angebotes. Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) Kassel, Feb. 2011.
  2. a b c /Rittmar von HelmoltSustainable transportation based on electric vehicle concepts: a brief overview (Eberle, U. / von Helmolt, R.). Royal Society of Chemistry (14. Mai 2010). Abgerufen am 8. Juni 2010.
  3. Michael Sterner: Bioenergy and renewable power methane in integrated 100 % renewable energy systems. Kassel University Press, 2009.
  4. Auf dem EcoSummit werden die Projekte GreenThitan und SunFire unter der Überschrift 3G bio fuel vorgestellt, außerdem gibt es noch SolarFuel
  5. a b c d e 100% erneuerbar-Verein e.V.: Windgas – oder wie man mit fluktuierendem Ökostrom eine sichere Energieversorgung ermöglicht. Abgerufen am 27. März 2011.
  6. Alexander Krajete pitches Bio Power Storage Cleantech Startup Greenthitan, Vortrag beim EcoSummit im März 2011 (englisch)
    VDI nachrichten Nr. 18: Technik & Finanzen, 6. Mai 2011
    Sonne in den Tank, Wirtschaftswoche am 4. Mai 2011
  7. a b "Fraunhofer Presseinformation: Strom-Ergas-Speicher". Abgerufen am 2011. März 27.
  8. G. Czisch: Storage Hydro Power in Europe. Rated Power, Storage Capacity and Annual Energy Production. Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET), 2000, abgerufen am 24. Oktober 2011 (englisch/deutsch).
  9. Windgas bei Greenpeace Energy
  10. Mareike Jentsch, Tobias Trost, Lukas Emele, Dr. Michael Sterner: Power-to-Gas als Langzeitspeicher. In: Energy 2.0. Nr. 5, Juli 2011, S. 46-49 (http://www.energy20.net/PDF/E20611700, abgerufen am 23. Oktober 2011).
  11. http://www.golem.de/0906/67826.html
  12. http://www.bluewin.ch/de/index.php/1432,461865/Mercedes_S-Klasse_f%C3%BCr_2025/de/automobil/
  13. Enertrag Wind-Wasserstoff-Hybridkraftwerk. Abgerufen am 18. Januar 2011.
  14. SunFire-Verfahren. Abgerufen am 20. November 2011.
  15. Erdgas aus Ökostrom: juwi und SolarFuel testen Verfahren zur Stromspeicherung. Abgerufen am 27. März 2011.
  16. SNG-Erzeugung am ZSW
  17. SolarFuel errichtet bis 2013 für Audi Pilotanlage zur Produktion von „e-gas“. Abgerufen am 5. November 2011.

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