Böhmische Siedlung Puhoi

Böhmische Siedlung Puhoi

Die Böhmische Siedlung Puhoi in Neuseeland entstand im Jahr 1863 rund 50 km nördlich von Auckland und ging auf eine Initiative von Martin Krippner, eines aus Böhmen stammenden Sohn eines Schmieds, zurück. Krippner, der mit seiner Frau schon 1860 nach Neuseeland ausgewandert war, gilt als der Gründervater von Puhoi. Die Siedlung zählt heute zu den wenigen historischen Orten in Neuseeland, in denen Geschichte, Tradition und Brauchtum der Siedler jener Tage noch aktiv gepflegt werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Martin Krippner, der mit 42 Jahren von seinem Schwager Pynson Wilmot Longdill zur Auswanderung nach Neuseeland überredet wurde, erreichte Auckland mit seiner Frau und seinen vier Kindern am 22. März 1860. [1] Er siedelte in Orewa, wurde dort Postmeister und soll mit Gouverneur George Edward Grey in gutem Kontakt gewesen sein. [2] Das Problem der noch jungen Kolonie Neuseeland, zuverlässige Arbeitskräfte zu bekommen, im Blick, warb Krippner über seinen noch in Böhmen lebenden Bruder Michael für ein Ansiedlungsprojekt, das er mit dem damaligen Provinzrat von Auckland ausgehandelt hatte. Der Provinzrat stellte Krippner auf Basis des Waste Land Act nördlich von Auckland hügeliges Buschland zu Ansiedlungszwecken zur Verfügung.

Unter dem Versprechen, 40 Acres freies Land für jeden Erwachsenen plus 20 Acres für jedes Kind im Alter zwischen fünf und 18 Jahren zu erhalten, machten sich am 26. Februar 1863 von Staab aus 82 Siedler auf den Weg über Prag, Hamburg und London nach Neuseeland. Auf der War Spirit unter Kapitän Lückes erreichten sie vier Monate später am 27. Juni 1863 Auckland[1], Krippners Bruder mit dabei. Wenige Tage später trug sie ein kleines Boot zum Mündungsgebiet des Puhoi River, vom dem aus Māori sie anschließend per Kanu flussaufwärts zum Puhoi-Block brachten.

Der Kulturschock für die Siedler war groß, denn erstmals mit Ureinwohnern des Landes konfrontiert zu sein und nur schwer kultivierbares Land vorzufinden, ließ viele der Ankömmlinge verzweifeln. Sich von den Erträgen des Bodens und der Natur zu ernähren, war hart und verkaufbare Produkte zu erwirtschaften anfänglich nicht möglich. Ein Überleben war in den Anfangsjahren dann auch nur mit der Unterstützung durch die ortsansässigen Māori des Nga Whetu-Stammes möglich. Ihr Chief, Te Hemara Tauhia, Mitunterzeichner des Treaty of Waitangi, war den Siedlern freundlich gesinnt. Nach drei Jahren harten Aufbaus kamen am 5. März 1866 weitere 31 Siedler mit der Liverpool nach Neuseeland, um in Puhoi zu siedeln. Weitere vier Siedlergruppen sollten in den nächsten zehn Jahren folgen (s. Tabelle).

Anfang der 1880er konnte die Siedlung als komplett und überlebensfähig angesehen werden. Bereits 1872 wurde eine Schule errichtet, 1876 folgte die Eröffnung einer Schule unter der Kontrolle der Kolonialregierung sowie der Bau eines Hotels und die Einrichtung eines Postservice. Anfang 1880 begann man mit dem Bau der Kirche St. Peter und Paul und 1882 wurde eine regelmäßiger Postkutschendienst nach Devonport eingerichtet, heute ein Vorort von Auckland. Die Anbindung an das Telefonnetz erfolgte im Jahr 1887.

Obwohl sich die Siedler in den Gründungsjahren je nach Zugehörigkeitsgefühl selbst als Österreicher, Deutsche, Tschechen, Bayern oder Egerländer bezeichnet hatten, so waren sie doch historisch gesehen Staatsbürger des Kaisertums Österreich und nachfolgend der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. In Neuseeland jedenfalls wurden sie als arbeitssame und fleißige Deutsche dieser Tage angesehen und in der Öffentlichkeit dafür sehr geschätzt. [3]

Gruppen böhmischer Siedler

Gruppe Anzahl Abreise Hafen Schiff Anzahl Ankunft Hafen Anmerkung
1.
12
8. November 1859
London
Lord Burleigh
12
22. März 1860
Auckland
Martin Krippner mit Familie und Angestellten
2.
82
12. März 1863
London
War Spirit
83
27. Juni 1863
Auckland
eine Person starb, 2 Kinder wurde geboren
3.
31
8. November 1865
London
Liverpool
31
5. März 1866
Auckland
4.
17
16. Juli 1872
London
Queen Bee
17
26. Oktober 1872
Auckland
5.
12
10. Mai 1875
Hamburg
Friedeburg
12
24. August 1875
Napier
6.
30
17. Oktober 1875
Hamburg
Shakespeare
0
23. Januar 1876
Wellington
7.
11
15. November 1875
Hamburg
Terpsichore
11
15. März 1876
Wellington

Quelle: Puhoi Historical Society Inc. [4]

Heute

1976 wurde die Puhoi Historical Society Inc. mit dem Ziel gegründet, das historische Interesse an der Siedlung Puhoi zu wahren, weitere Nachforschungen zu betreiben und die eigene Identität zu pflegen. [5] Am 29. Juni 2013 soll in Erinnerung der ersten Besiedlung von Puhoi durch die böhmischen Siedler der 150. Jahrestag mit einer Feier begangen werden. Zur 100-Jahrsfeier im Jahr 1963 kamen dazu über 6.000 Besucher in den kleinen Ort. [6]

Literatur

  • Judith Williams: Puhoi, the Bohemian Settlement. In: James N. Bade (Hrsg.): The German Connection - New Zealand and the German-speaking Europe in the Nineteenth Century. Chapter 8, Oxford University Press, Auckland 1993, ISBN 0-19-558283-7, S. 65–72.

Weblinks

  • History of Puhoi. Puhoi Historical Society Inc, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).

Einzelnachweise

  1. a b Nancy Swarbrick: Martin Krippner (1817–1894). In: Dictionary of New Zealand Biography. New Zealand Ministry for Culture and Heritage, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).
  2. History of Puhoi. Puhoi Historical Society Inc, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).
  3. Judith Williams: Puhoi, the Bohemian Settlement. In: James N. Bade (Hrsg.): The German Connection - New Zealand and the German-speaking Europe in the Nineteenth Century. Chapter 8, Oxford University Press, Auckland 1993, S. 71.
  4. Bohemian Puhoi Arrivals. Puhoi Historical Society Inc, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).
  5. The Puhoi Historical Society Inc.. Puhoi Historical Society Inc, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).
  6. Earlier Years & Previous Celebrations. Puhoi Historical Society Inc, abgerufen am 28. August 2011 (HTML, englisch).

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