Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy

Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy

Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (übersetzt ungefähr kognitiv-verhaltenstherapeutisch-analytisches Psychotherapie-System, abgekürzt CBASP) ist ein Therapieverfahren der Psychotherapie, das vom US-amerikanischen Psychologen James P. McCullough speziell zur Behandlung von Patienten mit chronischer Depression entwickelt wurde. Zu dem Verfahren werden seit 1980 wissenschaftliche Untersuchungen veröffentlicht.[1] CBASP ist keiner der etablierten Schulen der Psychotherapie zuzuordnen, da sowohl Anteile verhaltenstherapeutischer Vorgehensweisen als auch interpersonelle und psychodynamische Ansätze Teil des Verfahrens sind.[2] CBASP gilt dabei als stark strukturiertes und direktives Therapieverfahren. Ein Hauptunterschied zu vielen kognitiven Therapieansätzen besteht auch in dem geringeren kognitiven Leistungsniveau, das bei den Patienten vorausgesetzt wird.[3]

Inhaltsverzeichnis

Zielgruppe

Das CBASP wurde zur Behandlung von Patienten, die unter einer chronischen Depression leiden, entwickelt. Untersuchungen zeigen, dass ungefähr 30 % der von Depression betroffenen Patienten in diese Kategorie fallen.[4] Diese Patienten zeigen oft einen frühen Beginn ihrer Erkrankung (vor dem 21. Lebensjahr), keinen vollständigen Rückgang der Symptome zwischen einzelnen depressiven Phasen, besonders schwere Phasen sowie häufigeres Auftreten von depressiven Episoden. Ihre Behandlung gilt als schwierig, die genannten Punkte werden als Hinweise auf einen ungünstigen Krankheitsverlauf angesehen.[5]

McCullough beschreibt die Patienten, für die die Behandlungsmethode entwickelt wurde, als Patienten, die schon seit dem frühen Erwachsenenalter immer wieder negative Erfahrungen im Kontakt zu Mitmenschen gemacht haben und die daher eine langanhaltende schwache Depression (Dysthymie) entwickelt haben, die von Phasen mittlerer bis schwerer Depression unterbrochen werden. Dies führe zu Hoffnungslosigkeit und der Einstellung der Patienten, dass sie selbst nichts dazu beitragen können, ihre depressive Stimmung zu kontrollieren. Gleichzeitig zeigen die Betroffenen sehr rigide Verhaltensweisen, die weder durch positive noch durch negative Ereignisse beeinflusst werden.[2]

Zugrundeliegende Theorien

CBASP integriert verschiedene in der Psychologie bedeutsame Denkansätze, u.a. von Piaget, Seligman, Skinner, Kiesler und Bandura.

Als bedeutendsten Einfluss und theoretisches Fundament nennt McCullogh die Entwicklungstheorie von Jean Piaget.[2] Nach dieser Theorie erfolgt im Alter von etwa sieben Jahren normalerweise die Überwindung des „präoperatorischen Denkens“. Kinder lernen in diesem Alter das Prinzip der Perspektivenübernahme, d.h. sie überwinden ihre rein egozentrische Sicht der Dinge und lernen - als Grundlage empathischen Verstehens - sich in andere Personen hineinzuversetzen. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass in einer bestimmten Situation eine bestimmte emotionale Reaktion nur eine von mehreren möglichen Reaktionen darstellt, unterschiedliche Personen in der gleichen Situation durchaus unterschiedlich reagieren können und viele zwischenmenschliche Situationen aufeinander aufbauen, dass also vergangene Situationen die aktuelle Situation mitbeeinflussen. CBASP geht konzenptionell davon aus, dass an chronischer Depression leidende Patienten mit diesem Schritt in ihrer Entwicklung Schwierigkeiten hatten (z.B. aufgrund früher Traumatisierung). Sie erkennen nicht die Wirkung ihres Verhaltens auf andere und somit nicht den Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und seinen Konsequenzen. Die Betroffenen entwickelten daraufhin einen vermeidenden, ängstlichen Lebensstil und können ihre negativ-depressiven Annahmen über das Leben und die Umwelt auch bei wiederholt anderen Erfahrungen nicht korrigieren.[3]

Zur Beschreibung der Art der Interaktion des Patienten mit seiner Umwelt wird zudem das Circumplex-Modell von Kiesler (auch: Kiesler-Kreis) herangezogen. Hier wird das interpersonelle Verhalten auf den zwei Dimensionen "dominant vs. submissiv" und "feindlich vs. freundlich" beschrieben.

Therapie

Der CBASP-Therapeut betrachtet gemeinsam mit den Patienten insbesondere deren Umgang mit anderen Personen (auch dem Therapeuten). McCullough geht in seinem Program davon aus, dass gerade in diesen Situationen ein großer Einfluss durch die chronische Depression sichtbar wird. Daher bezieht sich ein großer Teil der CBASP-spezifischen Interventionen auf diese sozialen Situationen. Insbesondere drei Interventionstechniken zeichnen das CBASP in diesem Bereich aus:

  • Zunächst erfolgt die Erstellung einer Liste prägender Bezugspersonen im bisherigen Leben der Patienten (die sogenannte significant other history). Hier wird vor allem betrachtet, welche grundsätzlichen Annahmen sich durch diese Personen in der Lerngeschichte der Patienten verankert haben.
  • Im Rahmen ausführlicher Situationsanalysen wird u.a. analysiert, wie diese Grundannahmen in der aktuellen Lebenssituation des Patienten den Umgang mit anderen Personen beeinflussen, und ob sein Verhalten zum erfolgreichen Verlauf (d.h. dem vom Patienten erwünschten Ergebnis) der Situation beigetragen hat oder nicht. Problematische Interpretationen des Patienten werden gemeinsam analysiert und durch hilfreichere (d.h. zum erwünschten Ergebnis beitragende) Interpretationen ersetzt. Dieser Teil nimmt etwa 75% der Therapie ein.
  • Durch interpersonelle Diskriminationsübungen (Interpersonal Discrimination Exercise, IDE) lernt der Patient, seine problematischen Interpretationen des Verhaltens anderer zu erkennen und er lernt, solche Fehlinterpretationen zu vermeiden (z.B. die Erwartung, dass seine Ehefrau genauso reagieren wird wie seine Mutter). Da McCullough davon ausgeht, dass sich diese Grundannahmen früher oder später auch in Konflikten in der Therapeut-Patient Beziehung niederschlagen, nutzt das CBASP als Technik das sogenannte disciplined personal involvement(sich kontrolliert-persönlich auf den Patienten einlassen). Hier wird somit eine Übertragungssituation bewusst aufgegriffen und thematisiert. D.h. der Therapeut meldet dem Patienten auf empathische Weise zurück, wie es ihm mit dessen Verhalten geht. [3][6]
    • Zunächst wird anhand des Kiesler-Kreises beschrieben, welches interpersonelle Verhalten beim Patienten vorherrschend ist (häufig unterwürfiges Verhalten mit freundlichen oder feindseligen Aspekten, auf das üblicherweise dominant reagiert wird).
    • Der Therapeut soll auf kontrollierte Weise akomplementär (d.h. nicht dominant) reagieren (kontrollierte Beziehungsaufnahme)
    • Es werden kausaltheoretische Schlussfolgerungen bezüglich jeder prägenden Bezugsperson abgeleitet.
    • Übertragungshypothesen werden formuliert (z.B. "Wenn ich einen Fehler mache bei meinem Therapeuten, dann...")
    • Korrigierende emotionale Erfahrung durch die Wahrnehmung des Unterschieds zwischen dem Therapeutenverhalten und dem früherem Verhalten der prägenden Bezugsperson (Diskriminationstraining: z.B. "Welche Unterschiede können Sie sehen zwischen dem Verhalten ihres Vaters und meinem?")
  • Aufbau von Verhaltensfertigkeiten (z.B. Selbstsicherheitstraining)

Wirksamkeit

Die bisher umfangreichste Studie, die die Wirksamkeit dieses Therapieverfahrens belegt, wurde im Jahr 2000 veröffentlicht. In dieser randomisierten kontrollierten Studie konnte gezeigt werden, dass CBASP genau so wirksam bei chronischen Depressionen ist wie die Gabe des Antidepressivums Nefazodon (das inzwischen jedoch wegen schwerer Nebenwirkungen nicht mehr auf dem Markt ist). In beiden Gruppen profitierten etwa 50 % der Teilnehmer von der jeweiligen Behandlung. Am wirksamsten war jedoch die Kombination von Antidepressivum und CBASP, hier zeigten nach zwölf Wochen 85 % der Teilnehmer eine deutliche Verbesserung ihrer depressiven Symptome.[7]

Literatur

  • J. P. McCullough Jr.: Treatment for Chronic Depression: Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP). Guilford Press, New York 2000, ISBN 1-57230-965-2.
  • J. P. McCullough Jr.: Treating Chronic Depression With Disciplined Personal Involvement: CBASP. Springer, New York 2006, ISBN 0-387-31065-7.
  • E. Schramm, U. Schweiger, F. Hohagen, M. Berger; J. P. McCullough Jr. (Hrsg.): Psychotherapie der chronischen Depression: Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy - CBASP. Elsevier, München 2006, ISBN 3-437-23970-8.

Quellen

  1. J. P. McCullough: Helping depressed patients regain control over their lives. In: Behavioral Medicine. 7, 1980.
  2. a b c J. P. McCullough Jr.: Treatment for Chronic Depression: Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP). Guilford Press, New York 2000, ISBN 1-57230-965-2.
  3. a b c E. Schramm, F. Caspar, M. Berger: Spezifische Therapie für chronische Depression. In: Der Nervenarzt. Nr. 77, 2006, S. 355–371, doi:10.1007/s00115-006-2059-1.
  4. E. S. Paykel, T. Brugha, T. Fryers: Size and burden of depressive disorders in Europe. In: European Neuropsychopharmacology. 15, 2005.
  5. K. Beesdo, H.-U. Wittchen: Depressive Störungen: Major Depression und Dysthymie. In: H.-U. Wittchen, J. Hoyer (Hrsg.): Klinische Psychologie & Psychotherapie. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 3-540-28468-0, 37.
  6. James P. McCullough, Jr.: Behandlung von Depressionen mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP). Therapiemanual. München: CIP-Medien, 2007, ISBN 978-3-932096-54-9.
  7. M. B. Keller, J. P. McCullough, D. N. Klein, B. Arnow, D. L. Dunner, A. J. Gelenberg, J. C. Markowitz, C. B. Nemeroff, J. M. Russell, M. E. Thase, M. H. Trivedi, J. Zajecka, J. A. Blalock, F. E. Borian, C. DeBattista, J. Fawcett, R. M.A. Hirschfeld, D. N. Jody, G. Keitner, J. H. Kocsis, L. M. Koran, S. G. Kornstein, R. Manber, I. Miller, P. T. Ninan, B. Rothbaum, A. J. Rush, A. F. Schatzberg, D. Vivian, D.: A Comparison of Nefazodone, the Cognitive Behavioral-Analysis System of Psychotherapy, and Their Combination for the Treatment of Chronic Depression. In: The New England Journal of Medicine. 342, Nr. 20, 2000.

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